Drei, zwei, eins ... Dortmund

Fußball Die Rückrunde der Bundesliga-Saison beginnt. Welches Trainermodell ist überlegen? Welche Spieler werden wichtig? Was treiben die Fans? Wie steht's bei den Buchmachern?

Trainer

Ein paar Fragen an den modernen Fußball: Sollte man den Einwurf abschaffen? Kann Arjen Robben vom FC Bayern München noch seinen Move, bei dem er nach innen zieht und mit links abdrückt? (Und falls ja: Wird noch irgendein Abwehrspieler darauf hereinfallen?) Wie wichtig sind Trainer?

Letztere Frage, so glauben wir, entscheidet darüber, ob die Liga noch mal spannend wird. Vereinfacht gesagt stehen sich zwei Modelle gegenüber: Vater vs. Kumpel. Hier der vormoderne Übervater (Louis van Gaal vom FC Bayern, Felix Magath von Schalke 04), der mit strenger Hand seine Spieler wie begabte, aber unmündige Kinder führt. Dort der bewegliche Unternehmensberater (Thomas Tuchel von Mainz 05, Marco Pezzaiuoli von der TSG Hoffenheim, mit Abstrichen auch Jürgen Klopp von Borussia Dortmund), der das Team mit Powerspeeches und flachen Hierarchien wie ein modernes Unternehmen leitet.

Spiritus rector der Unternehmensberater ist und bleibt Jürgen Klinsmann. Wie er mit Joachim Löw den DFB umkrempelte, das Team heiß redete und sich von spielerisch wichtigen, aber gruppendynamisch störenden Altlasten wie Oliver Kahn trennte, war wegweisend für eine Trainergeneration. Thomas Tuchel zeigt, dass ein guter Trainer nicht nur Taktiklehrer ist. Es geht auch um das richtige Umfeld, um eine kluge Zusammenarbeit mit dem Management und nicht zuletzt um die richtige Selbsteinschätzung.

Mainz etwa hat sich positioniert als ein Unternehmen, das die beste Ausbildung bieten will. Keiner faselt von Champions League oder davon, „auf Augenhöhe mit den Bayern“ zu sein. Man will einfach gute junge Leute ausbilden und diese später mit Gewinn weiterverkaufen. Das ist erfrischend ehrlich und für die Spieler offensichtlich befreiend. Dem gegenüber steht das Modell eines van Gaal oder Magath – der Vater, der, wie José Mourinho (Real Madrid), aus behäbigen Millionärskickern Killerkollektive schmiedet. Das Vater-Modell wirkt aber rückwärts gewandt, der Erfolg hängt an der Leistung starker Einzelspieler. Prognose: Die Rückrunde gehört der Zukunft, dem Kumpel. Mikael Krogerus

Spieler

Welche Spieler werden bis Mai die entscheidenden Akzente setzen? Erneut die Schürles, Götzes, Gündogans? Wohl nicht mehr in dem Maß wie in der Hinrunde. Jeder Hype hat seine Halbwertszeit, jede Begabung ihre Beschränkung. Eher unbeschriebene Blätter wie der Bremer Avdic oder der Hoffenheimer Firmino, die neu in der Liga sind? Unwahrscheinlich.

Das Motto der Rückrunde könnte vielmehr lauten: Rückkehr der Langzeitverletzten. Arjen Robben kehrt zu den Bayern zurück, deren Turbo vorne rechts erst stottert, ab Mitte Februar aber rund läuft wie ein junges Kätzchen. Stefan Kießling (Bayer Leverkusen) ist wieder richtig fit, ein Hochtalentierter ohne Medienlobby. Auch WM-Held Arne Friedrich (Wolfsburg) kommt zurück. Am interessantesten könnte aber die Rückkehr eines Halbvergessenen werden: Christian Pander. Der Schalker ist der vielleicht begnadetste Linksfuß der Liga, mit einer Krankenakte, hoch wie das Dach der Veltins-Arena. Für ihn bleibt zu hoffen, dass er gesund bleibt. Das heißt auch: dass er nicht auf Bayern Münchens Neuverpflichtung Luiz Gustavo trifft, der hinten links zwar blass bleibt, von Trainer van Gaal aber ab Februar im defensiven Mittelfeld platziert wird und dann alles kaputt tritt, was kurze Hosen an hat. Mark Stöhr

Fans

Der "Wutbürger" stand in Stuttgart nicht nur in großer Zahl im Schlosspark. Er stand auch vor der Mercedes-Benz-Arena und wartete darauf, dass Spieler, Trainer und Vereinsverantwortliche vorbeikommen, wenn sie nach einem Spiel nach Hause wollen. Der Fußballvolksaufstand bei miesen Leistungen des eigenen Teams – in diesem Fall des VfB Stuttgart – ist nicht neu. Der VfB wechselte in der Hinrunde gleich mehrmals den Trainer. Mit dieser Trainer-Fixierung sind die Schwaben aber ein Einzelfall. Prinzipiell gilt: Während früher der Einfachheit halber der Kopf des Trainers gefordert wurde, sollen nun häufiger die Spieler und, wie in Köln, der Vorstand dran glauben.

Die Fanwut richtet sich heute eher gegen Strukturen – und sie ist besser organisiert. Mehr als 4.000 Anhänger von knapp 50 Vereinen zogen im Oktober protestierend durch Berlin. Auch solche, die sich normalerweise gegenseitig die Pest an den Hals wünschen. Ihr gemeinsames Ziel: der "Erhalt der Fankultur". Teils drakonische Kollektivstrafen, die keinen Unterschied machten zwischen Ultras und Hooligans, erregten den Unmut. Genau wie der Dauerbrenner jeder Fan-Kritik: die Kommerzialisierung des Sports. Sogar im Paradies der Fußball-Gutmenschen vom FC St. Pauli gibt es deshalb Aufregung. Dort prangerte ein Zusammenschluss von Fangruppen, die "Sozialromantiker Sankt Pauli", die Logenkultur im Stadion an, wo manche Sponsoren während der Spiele lieber Stripperinnen als Spielern zusehen. Auch in Nürnberg stellt eine Gruppierung das Gewissen über das Geld. Die „Clubfans gegen Atom“ gehen bei jeder Gelegenheit den Trikotsponsor Areva an, einen Anbieter von Nukleartechnik.

Bei so viel intelligentem Protest und vereinsübergreifender Solidarität kommen fast die Sticheleien gegeneinander zu kurz. Aber nur fast. Die Dortmund-Fahne auf dem Stadiondach der verhassten Schalker war so eine. Ein Fanal der Fiesheit aus dem Fundus einer gesunden Fankultur. Mark Stöhr

Buchmacher

Wer vor dem Beginn der Saison gewettet hätte, dass ein Tipp auf den FC Schalke 04 als deutscher Meister schon bald deutlich mehr Geld einbringen würde als einer auf Mainz 05, wäre wohl ausgelacht worden. Aber er wäre jetzt um einiges reicher.

Beim Wettanbieter Oddset erhält man für einen Euro Einsatz: 1,35 Euro, wenn Tabellenführer Dortmund Meister wird; 4 Euro für München (vor der Saison hätte man nur 1,45 Euro bekommen); 6 Euro für Leverkusen; 30 Euro für Mainz, die Mannschaft, die überraschend lange die Tabelle anführte; 45 Euro für Hannover; je 150 Euro für den Hamburger SV und Frankfurt; 175 Euro für Schalke (vor der Saison: 6 Euro); je 200 Euro für Hoffenheim und Freiburg; 400 Euro für Bremen; 500 Euro für Wolfsburg. Und je 999 Euro für Stuttgart, Nürnberg, Kaiserslautern, St. Pauli, Köln und Mönchengladbach. Klaus Raab

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