Pünktlich zum Weltnichtdenker...äh, Weltnichtrauchertag am 31. Mai fordern die Weltgesundheitsorganisation WHO und so mancher deutsche Politiker Schock-Bilder auf Zigarettenpackungen, auch Nichtraucherorganisationen möchten abschreckende Fotos von Kehlkopfgeschwüren und Lungentumoren auf der Verpackung der Glimmstängel sehen.
Doch warum? Weil man den Rauchern zeigen muss, was passieren kann, wenn diese selbstbestimmt ihre Gesundheit ausblenden? Weil ein Raucher die kleingedruckten Schachteltexte in verrauchten Kneipen und miefigen Wohnzimmern ohnehin nie lesen konnte?
Seit Jahren zieren bereits Sätze wie „Rauchen kann tödlich sein“ die Zigarettenpackungen. Doch zeigen die Texte irgendeine Wirkung? Hat jemand schon mal erlebt, wie ein sehr männlicher Raucher an der Supermarktkasse eine Schachtel mit dem Text „Rauchen macht impotent“ stumpf abgelehnt hat mit „Nee, da geben Se mir mal lieba die mit Krebs“?
Ist also die Bebilderung der Folgen des Rauchens wirklich nötig? Bei genauerer Betrachtung sähen doch all unsere Laster nicht gerade schön aus. Wie wäre es zum Beispiel dann mit Bildern vom letzten Vatertagsausflug auf Bierflaschen, dicken Kindern auf Chipstüten oder Aufnahmen von Verkehrsunfällen im Autohaus? Oder einfach „Leben tötet!“ als Aufdruck auf alles?
Ob die drastischen Bilder dann wirklich ein Umdenken bei den bereits Abhängigen bewirken, weiß noch niemand so genau, obwohl es bereits in Belgien, Kanada oder Brasilien gesetzliche Pflicht ist, farbenfrohe Bildchen auf die Schachteln zu drucken.
Wahrscheinlich wird so mancher Raucher seine Lungenbrötchen einfach in eine schmucke Handysocke oder Pappverpackung stecken, in der man dann weder Bild noch Marke erkennen kann. Wir Menschen sind ja erfinderisch, wenn's um Problemverdrängung geht. Oder der Raucher passt sich an und denkt: „Da muss man jetzt aber ganz schön viel rauchen, um die hässlichen Bilder nicht mehr zu sehen!“
Vielleicht wird aber auch die Sammelleidenschaft selbst Nichtraucher in Deutschland übermannen und auf wertvolle Fehldrucke hoffen lassen (zum Beispiel ein Bild von einem verbrannten Grillsteak statt einer Raucherlunge). Wird es dann auch die passenden Panini-Sammelalben dazu geben? (Tausche ein amputiertes Raucherbein gegen zwei Lungenkarzinome.) Oder ein Memory-Spiel?
Oder sollte man nicht einfach die Zahl der Zigarettenautomaten reduzieren, die Steuern auf alle Tabakprodukte anheben, die Werbung für Zigaretten verbieten, gesundheitliche Aufklärung in Schulen intensivieren und den Verkauf an Jugendliche strikt unterbinden – kurz: ernsthafte Prävention betreiben?
...fragt Friedland...
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19:01 26.05.2009
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Geschrieben von
Friedland
Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten.
So hab' ich es in der Schule gelernt - inklusive der dummen Antworten.
Ich frage, um überhaupt Antworten zu bekommen - richtige, falsche, schlaue, dumme.
Z. B.: Wenn Staubsaugervertreter Staubsauger verkaufen, was verkaufen dann Volksvertreter?
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Kommentare 6
Tja, ernsthafte Prävention fällt nicht so auf, macht nichts her.
Deshalb muss man ganz viele spektakuläre Sachen in die Wege leiten. Je weniger Macht die Politiker haben, umso mehr solches Theater veranstalten sie.
Dabei ist es so einfach, sich das Rauchen abzugewöhnen (nee, jetzt kommt nicht dieser Mark Twain Spruch)
Seit 23. Februar 1998 rauchen mein Mann und ich nicht mehr. Wir hattens einfach satt. Und ich muss sagen, ich bin noch heute heilfroh, dass wir beide das geschafft haben. Nur manchmal träume ich, ich habe wieder angefangen zu rauchen und dann bin ich beim Aufwachen so froh, dass es nicht wahr ist.
Danke! Diese Verlogenheit ist wirklich unerträglich. Ja, zu rauchen schadet der Gesundheit. (Und stützt die innere Sicherheit - oder wo gehen die Steuern im Moment hin?) Aber dass die Pharmaindustrie- und Schulmedizin-Lobby jede ernsthafte, ganzheitliche, nachhaltige Heilung erschwert, das steht auf keiner Tabletten-Packung. Dass die Nahrungsmittelwerbung Produkte preisen darf, die nachweislich krank machen, die Spätfolgen verursachen, von denen dann wahrscheinlich vor allem wieder die Pharmaindustrie profitieren wird, ist weder auf Mikrowellen noch auf Verpackungen vermerkt. Dass Büroraum-Teppiche, Computerarbeitsplätze, Nähe zu Kopierern und Druckern die Gesundheit beeinträchtigen, steht in keinem Arbeitsvertrag. Und genau deswegen werden Raucher und Nichtraucher mit dieserart Gesetzen gegeneinander in Stellung gebracht. Damit die eigentlich (mindestens) gleichgroßen Probleme als kleineres Übel gesehen werden. Das Schlimmste ist: Es funktioniert.
Herzlich
kk
"Ich stimme meinen Vorrednern vollinhaltlich zu." -
Den Traum, den Magda manchmal träumt, kenne ich in ähnlicher Form: Nichtraucher von Geburt an (kein Rauchervorbild unter meinen frühen Bezugspersonen), träume ich manchmal heute noch, ich hätte mit Hilfe eines Glimmstengels, den mir eine(r) meiner Raucherfreund(inn)e(n) mal kurz zum Halten in die Hand gedrückt hat und den ich dann in einer Art oraler Spontanität zum Munde führe, meine Nichtraucherunschuld verloren. Wahrscheinlich lag es an der Tatsache, dass ich als Nichtraucher kein Raucher-Dissident war, dass ich in Rauchern nie den Feind gesehen habe. Die stinkenden Klamotten nach gemeinsamen Kneipenbesuchen waren eben nicht zu ändern. Man wird ja auch nass, wenn es regnet. Und ich gestehe, dass ich so einen leichten Rauchgeschmack beim Küssen ganz apart finde...
Aber, jetzt kommt das Aber, seit der Diskussion um die angeblichen und die wirklichen Folgen des sog. Nichtraucherschutzgesetzes damals hat meine freundliche Blauäugigkeit einen Stich von Ärgerlich-Gelb bekommen. Jeder, buchstäblich jeder Raucher, einschließlich meiner Raucherfreunde, mit dem ich darüber ins Gespräch kam (die Initiative ging nicht von mir aus), gerierte sich als Opfer von Willkür, greinte wegen der Zumutungen, ließ Sprüche ab, wie 'Das regelt sich doch von selbst, wenn es Nachfrage nach Nichtraucherkneipen gibt' usw. Kein einziger, auch die nicht, die genau wussten, dass sie einem Nichtraucher gegenüberstehen, ließ auch nur den geringsten Anschein von Verständnis für die Situation von NRn erkennen. Erst dachte ich noch, na, ja, ist ja auch 'ne heftige Umstellung, jetzt immer raus zu müssen in die Kälte. Dann aber hatte ich das Vergnügen, mit meiner Tochter (Gelegenheitsraucherin) eine Woche in NYC um die Häuser zu ziehen (sie studiert dort). Wir waren jeden Abend in Kneipen und Klubs, es gibt ja alle Arten von Musik zu hören und enthusiastische Musiker bei der Arbeit zu beobachten. Zurück- und zwecks Wachhalten mittels doppelten Espressos in ein hiesiges Cafe eingekehrt, trafen mich mit Wucht zwei Erkenntnisse: 1. Nach einer Woche NY stinkt man nicht annähernd so wie nach 'ner halben Stunde Kaffeehausbesuch in Dtschl.; 2. Die besagten Kneipen in NY waren knüppelvoll und die Menschen fröhlich, auch die, die vor der Tür standen - ergo: man kann auch ohne Qualm fröhlich sein!
Danke, dass Ihr mir zugehört habt...
@ kai.kloetzer Ja, ist schon seltsam, alle Argumente, die ich von Rauchern höre, kenne ich aus meiner eigenen Raucherzeit.
Und auch ich bin restlos unmilitant als Nichtraucherin, rieche auch warmen, nicht kalten Rauch ganz gern.
Aber, ich habe schon verständnisvoll, aber tränenden Auges unter lauter Rauchern gesessen, die sobald es eben erlaubt ist, loslegen...so war ich selbst auch früher. Dafür folge ich meiner Freundin immer ergeben auf die Terasse, wenn sie rauchen will, damit das Gespräch nicht abreißt.
Insgesamt wird gerade beim Thema Rauchen deutlich: Man kann nicht einerseis gerade bei dieser Frage auf Freiwilligkeit setzen und sie propagieren und auf der anderen Seite den liberalen Spruch: Was nicht verboten ist, das ist erlaubt, anwenden. Es geht einfach nicht.
Wie gesagt ich kenne alle Argumente von Rauchern, sie sind Rationalisierungen eines Suchtverhaltens.
Ob man Zigarettenschachteln verziert, scheint mir nicht so bedeutsam, aber ein konsequentes Rauchverbot in Kneipen und öffentlichen Räumen wäre schon nicht schlecht.
Ach und jetzt fällt mir wieder ein, wie ich darüber früher gemeckert hätte.
@ meisterfalk - interessante Erfahrungen
Ein Nichtraucher-Kommentar!
Mein Erweckungsdatum war der 9.April 1979. Die letzte Zigarette eine Semper. Rund drei Jahre zuvor die erste: eine Salem - gelb (Ohne Filter). Geraucht im strömenden Regen nach dem ersten halben Jahr Armee. Die wirklich allererste war eine heimliche Filter 100 im schönen Alter von elf Jahren im selbstgebauten Baumhaus. Nie wieder hat eine Zigarette so geschmeckt. So unglaublich beschissen. (Da kannte ich weder Karo, Belomorkanal noch kubanische Ligeros.) Aber es ging um viel. Die Ehre war es nicht. Aber Gruppendruck schon. Die Räucherei flog auf. Die anderen Beteiligten wurden von den Eltern ausnahmslos verprügelt. Ich kam erstaunlicherweise ungezüchtigt davon. Und fand vielleicht auch deswegen, das ich das kein zweites Mal haben müßte.
Mußte ich aber doch. Allerdings nach ungefähr drei Jahren war auch dann wieder Schluß. Ein großer Willens- und Verzichtsakt ist mir nicht in Erinnerung. Es war mir "irgendwie" zu dumm geworden. Diese glimmenden Stengel im Gesicht. Die stinkenden Sachen. Und die noch junge, 23jährige Lunge meldete sich schon hin und wieder mal. Dann gelegentlich bei Feiern, beim Zelten und Faltbootfahren eine. Heute ist es mir extrem fremd und geradezu unvorstellbar, nochmal zu rauchen. Eine Kaffeehausterasse aber, so finde ich, braucht gelegentlich eine leichte Nikotinwolke. Keine Ahnung, warum. "Schlimmer" als die Raucher finde aber die konvertierten, aggressiven Nichtraucher. Diese "Bekehrten und Gerechten". Aber das gilt wohl für fast alle Konvertiten der Welt. Egal in welchem Fach. Gestern Kriegsminister - heute Friedensengel, heute Gentechniker - morgen ? usw.
Über die Frage, "Was wäre denn ernsthafte Prävention?" gelange ich geradewegs zur nächsten: Was geschähe denn, wenn alles(!) erlaubt wäre? Alles, alles erlaubt: Rauch, Drogen, schnelles Autofahren, Müll in die Landschaft kippen, Lügen,...
Ist uns eine Welt ohne Verbote überhaupt vorstellbar? Bekommen wir(?) dann womöglich Angst? Brauchen wir also die vordergründig abgelehnten, ja geradezu bekämpften Verbote und Verbieter vielleicht zur eigenen Stabilisierung? Ist diese verbotsfreie Welt das Paradies? Oder vielleicht doch die Hölle? Oder beides in einem? Wir werden es nicht erfahren.
Wahrscheinlich gibt es zu diesen Fragen schon längst 248 Meter Literatur, die ich nicht kenne. Mir aber sind sie soeben eingefallen.
Eine Antwort heißt: Mit einer Suchterkrankung sollte man zum Therapeuten gehen.
Und diese Gesellschaft ist suchtkrank. Schwer suchtkrank!
Liebe Magda:
Das stimmt schon, dass die Raucher nerven, und ich selbst habe es auch lieber, wenn die Klamotten nicht so grausam stinken. Dennoch genieße ich das Glück einer Raucher-Stammkneipe (noch mehr das des schönen Abendwetters zum Draußensitzen). Ausnahmen sollten einfach drin sein, denn wo historisch sowieso nur Raucher sich zum betreuten Trinken einfinden (es handelt sich um eine Theaterkneipe) und ausschließlich Raucher hinterm Tresen arbeiten, wär’s doch Quatsch, die im Winter alle vor die Tür zu stellen. Es sind nun mal nicht alle überall immer gleich. Ansonsten bin ich absolut Ihrer Meinung - für Nichtraucherschutz und Lebensqualität. Mir geht es aber darum, dass sich nun alles auf die Gesundheitsschädigung durch Rauchen konzentriert und an die anderen Problemfelder – wie eben Essen, engstirnige Schulmediziner, Elektrosmog, Umweltgifte – keiner ran will. Das finde ich verlogen und zu kurz gedacht. Und um die Technikgläubigkeit und Industrieanbetung schön auf Pegel zu halten, wird so getan, als hinge Wohl und Wehe der Zivilisation vom Rauchen ab. Das ist Bevormundung, Anmaßung, Ruhigstellung. Find ich nicht gut. Rauch ich jetzt eine drauf.
Herzlich
kk