Es ist eine kolossale Naturzerstörung, die derzeit am Elbufer von Hamburg-Finkenwerder vorangetrieben wird. Die Stadt Hamburg lässt hier ein Drittel des weltweit einzigartigen Süßwasserwatts, die Elbbucht Mühlenberger Loch, zuschütten, um dem deutsch-französischen Flugzeug- und Rüstungskonsortium EADS den Ausbau seiner Betriebsstätten für den Super-Airbus A-380 zu ermöglichen. 665 Millionen Euro an Steuergeldern werden dafür in den Elbschlick gesetzt, so hat es der mittlerweile abgewählte rot-grüne Senat unter Missachtung zahlreicher internationaler Naturschutzrichtlinien durchgesetzt.
Beharrlich treibt auch die neue Regierung unter CDU-Bürgermeister Ole von Beust den Airbus-Werksausbau voran, ungeachtet auch aller
h aller wirtschaftlichen Risiken. Statt der ursprünglich 8.000 Arbeitsplätze, die Airbus neu zu schaffen versprach, ist mittlerweile nur noch von 1.500 Stellen die Rede. Doch nicht mal dafür gibt Airbus eine Garantie. Ein Gutachten hat überdies errechnet, dass, vorausgesetzt die Wettbewerbsbedingungen für den A-380 gestalten sich günstig, nur 1,6 Millionen Euro jährlich in die Steuerkassen Hamburgs zurückfließen würden, was einer Amortisierungsrate von 800 Jahren entspräche. Naturschützer und die Bewohner des angrenzenden Obstanbaugebietes "Altes Land" versuchen seit Jahren die Expansion des Airbus-Werkes zu verhindern. Sie setzen ihre Hoffnung auf das noch ausstehende Hauptklageverfahren am hamburgischen Verwaltungsgericht. Dessen Richter hatten bislang den Airbus-Anrainern wegen "unzumutbarer Lärmbelästigungen", die ihnen durch die A-380-Produktion drohen, die größeren Erfolgsaussichten signalisiert und deshalb Ende 2000 einen Baustopp angeordnet. Der wurde jedoch durch das Oberverwaltungsgericht gleich wieder aufgehoben. Seitdem können im Mühlenberger Loch mit Saugbagger und Dampframmen Tatsachen geschaffen werden. Doch Rechtssicherheit für die Werkserweiterung besteht nach wie vor nicht. Letztinstanzlich könnte sogar noch der Rückbau des Mühlenberger Lochs verfügt werden. Das aber bedeutete für Hamburg schlichtweg die Katastrophe. Abgesehen vom finanziellen Desaster würde ein kaum mehr zu reparierender Imageschaden für die hiesige Standortpolitik entstehen. Möglicherweise wäre die gesamte Hamburger Airbus-Produktion mit derzeit 8.300 Arbeitsstellen gefährdet. Kein Wunder also, dass die Volksvertreter der Hansestadt inzwischen so gut wie alles zu tun bereit sind, um ein Scheitern des Renommier-Projekts zu verhindern. Vergangene Woche stimmte in der Bürgerschaft eine Einheitsfront aus CDU, Schill-Partei, FDP und SPD für einen Senatsentwurf "zum Erhalt und zur Stärkung des Luftfahrtstandorts Hamburg". Kraft dieser "Lex Airbus", wie das Gesetz inzwischen allgemein genannt wird, wird das Hamburger Airbus-Projekt - ein bundesweit bislang einmaliger Vorgang - für gemeinnützig erklärt. Denn nur ein dem Allgemeinwohl dienender Betriebszweck, so das Kalkül des Senats, kann die Rechtsansprüche der Ausbaugegner so weit mindern, dass der ungehemmten Ausdehnung des Airbus-Werksgeländes quasi nichts mehr im Wege steht. Somit steht jetzt der gemeinnützige Flugzeug- und Rüstungskonzern EADS auf der gleichen Stufe wie jeder Schützen- oder Sportverein oder eine sonstwie das Gemeinwohl unterstützende Körperschaft etwa aus den Bereichen Naturschutz, Altenpflege oder auch des Karnevalwesens. Denn Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist bekanntlich die überwiegend selbstlose Förderung von Kunst und Kultur, von Tier-, Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutz, von öffentlichem Gesundheitswesen, sportlichen Aktivitäten oder der Brauchtumspflege, um nur einige Sparten zu nennen. Letzteres immerhin, die Brauchtumspflege, könnte man Airbus zugute halten, vorausgesetzt man betrachtet die uralte Praxis des Geldscheffelns und der Wohlstandsmehrung auf Kosten anderer als ein förderungswürdiges Brauchtum. Gleiches gilt für die gute alte Tradition des Waffenschmiedens, der der Mutterkonzern EADS mittlerweile ein Drittel seiner weltweiten Aktivitäten widmet. Selbst im Bereich Umwelt kann man dem Flugzeug-Unternehmen mit etwas gutem Willen gemeinnützige Bemühungen unterstellen. Schließlich sorgt der Konzern dafür, dass das Mühlenberger Loch, dieses bislang bloß ein paar Wasservögeln reservierte Biotop, für die Allgemeinheit erschlossen wird. Auch um den Schutz und den Erhalt des Obstbaugebietes "Altes Land" scheint die Airbus-Industrie bemüht. Denn statt ihre Flugzeuge mitten durch die Obstrabatten und Dörfer pflügen zu lassen, sorgt der Konzern dafür, dass sie sie in angemessener Höhe überfliegen. In Sachen Lärmschutz setzt sich Airbus ebenfalls sehr vorbildlich für das Gemeinwohl ein, bedeuten doch die umfangreichen Baumaßnahmen am Elbufer eine spürbare Verminderung des zeitweise unerträglichen Geplätschers, das vom Elbstrom aus ins Hinterland hineinlärmt. Vor allem aber machen sich die Flugzeug- und Rüstungsbauer um den Artenschutz verdient, indem sie 1.500 der vom Aussterben bedrohten deutschen Arbeitsplätze schaffen und auf Basis einer ökonomisch und technologisch zuträglichen Weise erhalten. So gesehen hat wohl Airbus die jetzt auch gesetzlich zuerkannte Gemeinnützigkeit verdient. Und endgültig ist die noch weit verbreitete Ansicht widerlegt, am Airbus-Standort Hamburg-Finkenwerder würde bloß eine kleine Clique von Schwerstindustriellen ihr privates Steckenpferd der Ausbeutung von Mensch und Natur reiten. Es ist natürlich alles ganz anders, nämlich gemeinnützig.