Kampf gegen weibliche Formen

Gender und Sprache Manche finden die gegenderte Sprache so nervig, dass sie auf ihrem Computer ein Programm installieren, das jedes Binnen-I entfernt. Mit unerwarteten Nebenwirkungen

Frauen und Technik passen einfach nicht zusammen. Wenn es dazu noch eines Beweises bedurft hätte, auf „Fefes Blog“ vom Computerexperten Felix von Leitner ist er zu finden: Der Feminismus macht den Rechnern ordentlich zu schaffen! Von Leitner berichtet vor wenigen Tagen über einen Freund, der sich beim Kopieren eines Codes wundert, dass der Zielort gar nicht existiert. Das Problem: Ein Programm, das aus allen gegenderten Worten das Binnen-I entfernt. Und dann auch das Verzeichnis „netinet/in.h“ flugs in ein „netinet.h“ umgewandelt hat.

Besser noch aber ist die Begründung für das ungewöhnliche Programm: „Der Kumpel verteidigt sich damit, dass er Indymedia lesen wollte, ohne "Hornhautablösung" zu erleiden“, berichtet von Leitner. Auf dem alternativen Onlineportal Indymedia gehört es nämlich zum guten Ton, nicht über „Aktivisten“, sondern über „Aktivist/innen“, „AktivistInnen“, „Aktivist_innen“ oder „Aktivistinnen und Aktivisten“ zu schreiben.

Alle haben ihre Schreibweise

Nun ist der Streit um die geschlechtergerechte Schreibweise keinesfalls neu. Auch die Argumente haben sich über die Jahre nicht geändert: Die einen fühlen sich in ihrem Lesefluss gestört, die anderen finden es unerhört, Frauen in der Sprache schlicht zu übergehen. Mit dem Siegeszug des Internets hat sich aber in der Diskussion etwas geändert: Jeder Leser (und jede Leserin) kann sich selbst für eine Schreibweise entscheiden – mit dem entsprechenden Computerprogramm.

Für manche Menschen hat das zweifellos Vorteile, wie auf „Fefes Blog“ nachzulesen ist. Ein weiterer Nutzer des Binnen-I-Entfern-Programms berichtet dort, er sei seitdem „deutlich ausgeglichener“ und lese auch Texte, „die ich sonst wegklicke nach dem ersten rumgegendere“.

Eine Bildungsoffensive?

Wurden solche Texte bislang nicht gelesen, sind die Entfern-Programme eine groß angelegte Bildungsoffensive? Haben sich die Verfechter und Verfechterinnen einer geschlechtergerechten Sprache bisher selbst ins Bein geschossen? Und: Wie wichtig muss einem die nicht-geschlechtergerechte Sprache sein, dass man sich ein solches Programm installiert?

Nun offenbart das Programm aber noch ein ganz anderes Problem: Dadurch laufen alle Bemühungen ins Leere, andere Menschen dafür zu sensibilisieren, dass sich Frauen in unserer Sprache immer nur mitgemeint fühlen dürfen, sollen und müssen.

Nun könnte man einwenden, dass es ausreicht, sich einmal mit der Problematik auseinandergesetzt zu haben. Wer das Entfern-Programm installiert, kennt die Argumente für und gegen eine gegenderte Sprache. Das ändert aber nichts an den Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen: Werden Testpersonen etwa nach berühmten Politikern und Politikerinnen gefragt, nennen sie mehr Frauen, als wenn sie nach berühmten Politikern gefragt werden. Daran etwas zu ändern, dafür gibt es noch kein Computerprogramm.

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