Wo bleibt die überzeugende Begründung für eine Impfpflicht?

Impfpflicht-Debatte Bundespräsident Steinmeier forderte sinnigerweise von der Politik eine überzeugende Begründung für eine Impfpflicht. Die zu liefern wird mit der Verbreitung der Omikron-Variante aber immer schwieriger.

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Eine Impfpflicht ist ein schwerwiegender Eingriff in das Grund- und Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit. Wer eine Impfpflicht in Erwägung zieht, muss überzeugende Gründe vortragen.

Dass sich möglicherweise fast jeder irgendwann mit der Omikron-Variante infizieren wird, wie von Experten immer wieder behauptet, ist vorstellbar. Aber:

Wie hoch ist das Risiko schwer zu erkranken, für Omikron-Infizierte eigentlich?

Seit November ist die Omikron-Variante dabei, die Delta-Variante des SARS-CoV-2-Virus zu verdrängen. Mittlerweile hat sie sich in vielen Ländern Europas durchgesetzt. Um die Gefährlichkeit oder Ungefährlichkeit der Omikron-Variante in etwa einschätzen zu können, genügt ein Blick in die Länder, in denen sie schon länger grassiert und nun dominant ist.

Hier eine Auswahl:

Datenbasis: Hochgerechneter Omikron-Anteil in EU-Ländern ECDC

Aktive Fälle und Hospitalisierungen ( nach Worldometers 18.1.22 )

Dänemark (ca 95.8 Omikron): 298 000 Infizierte – 52 auf der Intensivstation = 0,017% Risiko eines Infizierten eine intensivmedizinischen Behandlung in Anspruch nehmen zu müssen..

Großbritannien : (k.A.) 365 0000 Infizierte - 746 auf der Intensivstation = 0,02%

Finnland: (ca 99,8% ) 351 000 Infizierte – 61 auf der Intensivstation = 0,017%

Irland (ca 96% Omikron ): 458 000 Infizierte – 97 auf der Intensivstation = 0,019%

Niederlande (ca 87,4% Omikron): 645 000 Infizierte – 422 auf der Intensivstation = 0,054%

Schweden (ca 61,5% Omikron): 301 000 Infizierte – 101 auf der Intensivstation = 0,034%

Deutschland (ca 40% Omikron): 903 000 Infizierte – 2744 auf der Intensivstation = 0,30%

Da nicht alle gemeldeten Intensivpatienten wegen einer Covid-Erkrankung auf den Intensivstation behandelt werden müssen, und durch Tests bei weitem nicht alle Omikron-Infizierte erfasst werden können, muss von einem noch deutlich geringerem Risiko ausgegangen werden.

Wie hoch ist das Risiko einer Impfung?

Bis zum 30.11.21 wurden dem Paul-Ehrlich-Institut 26196 Verdachtsfälle schwerwiegender Nebenwirkungen nach Impfungen gegen Covid gemeldet. 123.347.849 Impfungen wurden durchgeführt.

Das Risiko nach einer Impfung zu den gemeldeten schweren Verdachtsfällen zu gehören, beträgt: 0,02%

"Als „schwerwiegend“ definiert das Arzneimittelgesetz Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedro­hend sind, eine stationäre Behandlung erfordern oder zu bleibenden Schäden führen." hier

Zu bedenken dabei ist, dass von Lauterbach eine Pflicht für eine dreifache Impfung befürwortet wird.

Wie wirksam sind die Impfstoffe gegen Omikron?

Im wöchentlichen COVID-19-Lagebericht des RKI vom 13.01.2022 (Seite 26) werden die identifizierten Omikron-Fälle, bei denen der Impfstatus bekannt ist, aufgeführt.

Omikron-Infizierte gesamt, ab 12 Jahren: 33724

Ungeimpfte: 6412 = 19%

Grundimmunisierte: 19056 = 56,5%

Mit Auffrischungsimpfung: 8256 = 24,5%

27312 Geimpfte (gesamt)= 81%

6412 Ungeimpfte = 19%

Nach diesen Zahlen könnte man vermuten, dass „Grundimmunisierte“ ein höheres Risiko haben sich zu infizieren als Ungeimpfte.

Das wird auch durch offizielle Zahlen(S.7) von Omikron-Infizierten in Dänemark nahegelegt:

Infizierte Ungeimpfte: 9,4% - einmal Geimpfte: 2,4% - zweifach Geimpfte: 79,8% - Geboosterte: 8,4%

Wie sieht es in den deutschen Klinken aus?

Hospitalisierte Omikron-Fälle laut RKI: 400 gesamt (in MW 50/2021 bis 01/2022)

Ungeimpft: 115 = 28,75%

Grundimmunisierte: 200 = 50%

Mit Auffrischungsimpfung: 85 = 21,5%

Ungeimpfte: 28,75%

Geimpfte gesamt 71,25%

Das entspricht ungefähr dem Verhältnis Ungeimpfter – Geimpfter in der Bevölkerung. 20 positiv getestete Patienten wurden intensivmedizinisch behandelt.

Eine Impfpflicht ist nach diesen Zahlen m.E. nicht zu rechtfertigen. Sie geben eher Anlass die dezeitigen Maßnahmen und Erstimpfungen infrage zu stellen.

Nun ist das aktuelle Hauptargument der Impfpflicht-Befürworter, dass man sich auf eine möglicherweise gefährlichere Variante im Herbst vorbereiten müsse, Es gibt aber keinerlei Anzeichen, dass so eine kommen würde. Und woher sollen Impfstoffhersteller wissen, gegen welches Virus sie einen Impfstoff für den Herbst entwickeln sollen? Die Entwicklung dauert ja etwas und zugelassen werden muss er ja auch. Auch der angekündigte Omikron-Impfstoff - so er denn kommt - wird erst nach der Omikrom-Welle verfügbar sein - in Großbritannien ist die Welle anscheinend schon wieder am abschwellen, und in Südafrika kann sie kaum mehr als solche bezeichnet werden.

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Geschrieben von

Fro

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