Kein Tag, an dem nicht die FDP runter geschrieben wird, wir ihre Pläne für Gesundheits- oder Steuerreform kritisieren, uns darüber aufregen, dass wer Spenden für die Liberalen zahlt auch Anspruch auf eine Gegenleistung hat. Fazit: Die FDP ist in der Krise. Wirklich?
Eigentlich nicht, denn die FDP macht eigentlich das, was man von einer Partei erwartet. Erstens: Sie erfüllt ihre Wahlversprechen. Sie hat eine Steuerreform versprochen und will sie jetzt auch durchsetzen. Sie hat auch den Hoteliers eine Mehrwertsteuersenkung versprochen und sie durchgesetzt. Damit ist sie eher ein Vorbild unter den deutschen Parteien. Und bitte hören wir doch mal auch mit unserer gespielten Empörung über die Steuersenkungsrhetorik der Liberalen, wenn wir uns im stillen Kämmerlein nicht scheuen, jede Quittung für Bücherkauf, Abendessen, CD-Rohlinge ohne Scheu abzusetzen, weil wir alle nicht gern Steuern zahlen. Oder?
Zweitens: Jede Partei macht Politik für ihre Wählerklientel. Manche Partei, zum Beispiel CDU und SPD wissen nur nicht mehr genau, für wen sie wirklich Politik machen wollen. Die FDP weiß das sehr genau, beschrieb es früher mit dem Etikett „Partei der Besserverdienenden“. Würde die Mehrheit von uns Bürgern Unternehmer, Apotheker, Arzt, Steuerflüchtling, Banker wäre, könnten wir uns sehr gut mit dem identifizieren, was die FDP politisch für ihre Parteigänger fordert.
Das Problem sind die Missverständnisse:
Viele der 14 Prozent, die FDP gewählt haben gehören eigentlich nicht zu der Klientel, für die die FDP Politik macht. Das ist aber nicht der Fehler der Partei, sondern des mündigen Bürgers, der einfach keine Wahlprogramme mehr liest, sondern nur die Slogans auf den Wahlplakaten.
Und was die Koalition betrifft, so hatten sich Union und FDP weit auseinander gelebt in der langen Verlobungszeit. Zum Leipziger Parteitag der CDU 2003 hätte es gut gepasst. Damals wollte auch noch Merkel die Kopfpauschale und die Kopfsteuer. Doch nun hat sie ihre Partei im Fahrwasser des Zeitgeistes nach links gesteuert, so dass die CDU kaum noch von der SPD zu unterscheiden ist.
Nur die FDP blieb sich treu. Bis heute.
Kommentare 4
"Die FDP weiß das sehr genau, beschrieb es früher mit dem Etikett „Partei der Besserverdienenden“. Würde die Mehrheit von uns Bürgern Unternehmer, Apotheker, Arzt, Steuerflüchtling, Banker wäre, könnten wir uns sehr gut mit dem identifizieren, was die FDP politisch für ihre Parteigänger fordert."
Genau - dieser Einwurf beweist nur, dass die Zahl der Besserverdienenden offensichtlich geringer wird. Und wenn die dann wählen, dann gibts eben weniger Prozente. Ganz einfach. Die FDP schrumpft auf ihr Klientel zusammen.
Das haben Sie prima herausgearbeitet.
:-))
"Und bitte hören wir doch mal auch mit unserer gespielten Empörung über die Steuersenkungsrhetorik der Liberalen, wenn wir uns im stillen Kämmerlein nicht scheuen, jede Quittung für Bücherkauf, Abendessen, CD-Rohlinge ohne Scheu abzusetzen, weil wir alle nicht gern Steuern zahlen. Oder?"
Das hängt davon ab, wofür die Steuern ausgegeben werden - vielleicht wäre die Steuermoral bei uns allen deutlich höher, wenn wir aus einer langen Liste wählen könnten, wofür speziell unsere Steuern verwendet werden sollen und wofür nicht? Wieviel Prozent wären wohl für Steuererleichterungen für Hoteliers, Erben, Millionäre...
Wir können ja immer nur ein Gesamtpaket wählen. Warum allerdings 15 Prozent der Wähler das Gesamtpaket FDP wählen, ist mir weiterhin ein Rätsel.
Die Slogans auf den Plakaten klingen alle gut! Der Unterschied ist, dass z.B. die Slogans der Linkspartei von den Medien als populistisch, irreal, phantastisch usw. in der Luft zerrissen werden!
Sie werden ihre Wahlversprechen nicht halten (NRW-Wahl abwarten bzw. Steuerschätzung). Auch wenn Westerwelle als Außenminister(!) laut Sozialismus schreit und damit weiter zur restlosen Enteignung der unteren Schichten aufruft, um das so Genommene den besitzenden Schichten zuzueignen, werden die Realitäten auch irgendwan die Fundamentalisten innerhalb der FDP einholen. Denn auch ein Westerwelle, als Vorsitzender der einzig wahren Populistenpartei Deutschlands, kann nicht an den anderen gesellschaftlichen Interessengruppen dieser Republik vorbei bzw. kann dies nicht, ohne das Grundgesetz zu brechen. Wenn er und die Seinen den Sozialstaat diffamieren und quasi abschaffen wollen, dann wäre das also ein klarer Verfassungsbruch und insofern illegal.
Verfassungsändernde Mehrheiten kann aber diese kleine "Klientel-Truppe", die sich euphemistischerweise als "liberal" bezeichnet und einen Freiheitsbegriff vertritt, welcher nur die Freiheiten einer wohlständigen Minderheit meint und die damit einhergehende zunehmende Unfreiheit ("Freiheit geht vor Gleichheit") einer größer werdenden prekär lebenden Mehrheit billigend in Kauf nimmt, schlicht nicht organisieren. Und deshalb sei an dieser Stelle der angeblichen Freiheitspartei bzw. deren Mitgliedern ins Stamm- resp. Parteibuch geschrieben: Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersverdienenden. Genauer, also zeitgemäßer gesagt: Freiheit ist auch die Freiheit der Gering- bis Nichtverdienenden!
Das Welt- und Gesellschaftsbild der Generation Jungschnösel, welche gegenwärtig das Sagen in der FDP hat ist längst obsolet und es ist allenfalls eine Frage der Zeit, bis dies innerhalb dieser Partei auch ankommt. Die FDP vertritt in diesem Sinne eine stark reaktionäre Politik und ich glaube nicht, dass dies für alle Zeiten unbemerkt bleibt.
"Warum allerdings 15 Prozent der Wähler das Gesamtpaket FDP wählen, ist mir weiterhin ein Rätsel."
Da habe ich eine Antwort:
„Guido Westerwelles Atout: Er bietet jedem etwas. Die einen wählen den FDP-Chef, weil sie ihn für einen angepassten Streber halten, die anderen lieben ihn als Krawallkopf mit Profilneurose. Westerwelles Kurs ist dialektisch: Wählen lässt er sich vom kleinen Mann mit Neidkomplex, den er dann für seine asoziale Wahlentscheidung mit Leistungsentzug und Lohnverbot bestraft; das Geld reicht er weiter an jene, die weder finanziell noch politisch auf ihn angewiesen sind und es sich leisten können, Hobbyparteien wie die Grünen zu wählen. So etwas imponiert Westerwelle! Nebenbei bewahrt er sich auf diese Weise seine Unabhängigkeit – Westerwelle nennt sie `das Wichtigste, was es auf dem politischen Markt zu kaufen gibt`“ TITANIC 11/2009; S. 35
... und dem ist wohl nichts hinzuzufügen.