Fragwürdige Reaktion des Irans

Paris Während die Welt einstimmig das Blutbad verurteilt, stellt Irans Außenministerium die Frage in den Raum, ob die Opfer wirklich unschuldig seien

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Fragwürdige Reaktion des Irans

Foto: Matt Cardy/Getty Images

Am Mittwoch war Paris Opfer eines schockierenden Terroranschlages. Militante schossen mit Gewehren und Kalaschnikows auf Mitarbeiter des Satiremagazins Charlie Hebdo. 12 Menschen starben und zahlreiche weitere wurden verletzt. Charlie Hebdo war bereits zuvor Ziel von Drohungen und Angriffen islamistischer Extremisten, weil das Blatt Zeichnungen veröffentlicht hatten, auf denen auch Prophet Mohammad karikiert wurde.

Zahlreiche ausländische Regierungen und politische Organisationen gaben Erklärungen heraus, im denen sie den Angriff verurteilten, darunter auch die islamische Republik Iran. Die Sprecherin des iranischen Außenministeriums, Marziyeh Afkham, schloß sich den weltweiten Aussagen von Muslimen an, welche den Angriff auf unschuldige Personen verurteilten, weil dieser Konträr zu den Lehren des Islam ist. Doch Afkham erweiterte diese Aussagen und stellte die Frage in den Raum, ob die Opfer wirklich unschuldig seien und betonte, dass man auch auf die Motive der Tat schauen sollte.

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Das iranische Propagandamedium Press TV erklärte dazu: „Die Sprecherin verurteilte jeglichen Mißbrauch der freien Meinungsäußerung, intellektuellen Radikalismus und den Charakter der Diffamierung von Persönlichkeiten, die in der Religion und von Nationen verehrt werden.“

Anstatt den Angriff einfach nur als terroristischen Akt zu verurteilen, versuchte Afkham die Sache als eine Reaktion auf den Mißbrauch freier Meinung zu titulieren. Sie sagte: „Solch ein Verhalten dient der Fortsetzung der Welle des Extremismus. Die Welle physischer und intellektueller Gewalt findet seit über einem Jahrzehnt in der Welt statt.“

Diese Aussagen lassen daran zweifeln, ob der Iran wirklich den Anschlag verurteilt. Denn aus dem Iran selbst kommen zahlreiche Nachrichten der Unterdrückung von religiösen Minderheiten. Am Mittwoch – am gleichen Tag der Anschläge – berichtete Bos News Life über eine politisch motivierte Inhaftierung von Christen im Iran.

Das christliche Magazin berichtet darüber, dass ein Mitglied der Bewegung der iranischen Hauskirche am 3. Januar auf Kaution freigelassen wurde. Zuvor saß er 10 Monate im Gefängnis. Ein Pentecostal Pastor wurde zu einem Jahr und sechs Monaten verhaftet. Alle wurden wegen der vagen Anklage „Akteur gegen die nationale Sicherheit“ und „Zusammenarbeit mit ausländischen Agenten“ verhaftet. Die neue Strafe wurde verhängt, nachdem Wärter den Pastor, der im Evin Gefängnis mit anderen politischen Gefangenen sitzt, beschuldigten, er habe zwei Liter Alkohol in seiner Zelle. Es war die Grundlage für eine Durchsuchung der gesamten Abteilung.

Bos News Life betont, dass gerade die Zeit um Weihnachten jedes Jahr genutzt wird, um iranische Christen zu verfolgen. 24 Christen wurden alleine dieses Jahr bei Versammlungen und Feiern zu Weihnachten verhaftet. Der Vorsitzende der weltweiten Vereinigung der Solidarität zu Christen, Mervyn Thomas, wurde mit den Worten zitiert, dass diese Durchsuchungen nichts Neues sind und dass die dubiose Zusatzstrafe für Pastor Fathi Malayeri ein „weiterer Beweis dafür ist, dass die freie Religionsausübung weiterhin im Iran unterdrückt wird.“.

Eine solche Unterdrückung ist nicht kompatible mit jeglicher Verurteilung von islamistischem Extremismus durch das iranische Regime, vor allem, wenn die Erklärungen die Opfer zu Tätern machen. Die iranische Oppositionsführerin, Maryam Rajavi, veröffentlichte eine Erklärung, in der sie die Anschläge verurteilte und darauf hinwies, dass der Nationale Widerstandsrat seit vielen Jahren die Freiheit der Religionsausübung und die Trennung von Kirche und Staat befürwortet.

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Geschrieben von

G. Tuellmann

Dr. Greta Tüllmann ist Publizistin in Berlin, Chefredakteurin der Frauenzeitschrift „go40 – Frauen gestalten Zukunftskultur“

G. Tuellmann

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