Iran & die Heuchelei der Grünen-Außenpolitik

Lobby für die Mullahs Vorliebe auf Kosten der Menschenrechte / Hassan Rohani sollte Deutschland besuchen - das fordert keine Partei so vehement wie die Grünen

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„Der Grünen-Außenexperte Omid Nouripour (MdB) hat die grundsätzliche Offenheit seiner Fraktion für eine Einladung des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani nach Deutschland signalisiert.“, heißt es in einer Meldung von Reuters. Der sogenannte moderate Mullah Hassan Rohani passt so wundervoll in die Denkweise der Iran-Experten von den Grünen. Man propagiert den sogenannten moderaten Herrscher als Zukunftsvision für den Iran und verfolgt seine Strategie nicht nur durch Duldung, sondern auch offensiv.

Jedoch bringt sie ein Problem mit sich: Weder Rouhani noch der frühere Favorit Mir Hossein Mussawi (2009 war er Präsidentschaftskandidat der Mullahs, später wurde er unter Hausarrest gesetzt) war und ist moderat. Rouhanis Beteiligung an den Massenhinrichtungen von 30.000 politischen Gefangenen im Iran von 1988 ist – er war schon damals einer der führenden Funktionäre des Landes - ebenso eindeutig bewiesen wie die Tatsache, daß er selbst einen Mann zum Justizminister ernannt hat, der nachweislich zu einer der unfassbar brutalen „Todeskommissionen“ gehörte, welche nach einer Fatwa von Ajatollah Chomeini innerhalb von wenigen Monaten zehntausende Iraner abschlachten ließen. Fast alle Opfer waren Sympathisanten der Volksmojahedin des Iran (PMOI/MEK), doch auch 2000-3000 Dissidenten in anderem Sinne und linke Oppositionsgruppen waren darunter. (https://de.wikipedia.org/wiki/Massenhinrichtung_politischer_Gefangener_im_Iran_von_1988 )

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Claudia Roth (damals Grünen-Bundesvorsitzende) gibt dem iranischen Botschafter Sheikh-Attar „High Five“ (Foto: Storify)

Mir Hossein Mussawi bekleidete damals die Position des Ministerpräsidenten und dürfte allein schon deshalb an einem der größten Massaker der Nachkriegsgeschichte mitschuldig sein. Doch während selbst das unterdrückte iranische Volk und seine Exiliraner, Menschenrechtsaktivisten und Menschenrechtsorganisationen nach der Veröffentlichung des Tonbandmitschnittes eines Gesprächs des damals designierten Nachfolgers Chomeinis, Ali Montazeri, mit drei Mitgliedern des Todeskomitees in Teheran (darunter auch Pour-Mohammadi, dem heutigen iranischen Justizminister, von Rouhani persönlich ernannt) die Welt in Alarm versetzen, bleiben die Außenexperten der Grünen stumm und haben nichts anderes im Sinn, als den damaligen iranischen Spitzenfunktionär Rouhani – und damit einen Teil des Massakerapparates – zu empfangen.

Schon vor dem erbärmlichen Wirtschaftshype mit dem Iran nach dem Atomabkommen vor gut einem Jahr sind führende Grüne und ihre Iran-Experten im Umgang mit dem iranischen Regime sehr negativ aufgefallen. Hier nur die wichtigsten Beispiele:

  • 2008, als die Präsidentin des iranischen Widerstandes zum ersten Mal nach Deutschland kam, brachte Claudia Roth in infamer Weise eine negative Presseerklärung über ihren Besuch heraus, obwohl sie nicht einmal offiziell eingeladen worden war. Damit fütterte man damals regelrecht die Propagandamaschinerie der Mullahs gegen die Opposition.
  • Bei der letzten Münchner Sicherheitskonferenz gab Frau Roth einen lächerlichen „High Five“ mit dem berüchtigten damaligen iranischen Botschafter Sheikh-Attar (bekannt als Schlächter der Kurden).
  • Abgeordnete der Grünen im EU Parlament - wie Angelika Beer - versuchten mehrfach, Resolutionen des EU Parlamentes zum Schutz tausender iranischer Flüchtlinge im Irak (Camp Ashraf) zu verhindern, wo die Oppositionellen mehrere Massaker durch Söldner der Mullahs erlitten. Frau Beer gehörte zu den vom Iran oft gelobten Lobbyisten für Teheran.
  • Der frühere Leiter der UNAMI Martin Kobler (Grünenmitglied und hochrangiger deutscher Diplomat) fiel bei der Aufgabe des Umgangs mit den iranischen Flüchtlingen im Irak mehr durch seine Treffen mit dem Botschafter des Iran auf (was nach den Statuten der UNO verboten ist) als dadurch, daß er für die Sicherheit der Flüchtlinge gesorgt hätte; er lockte die Flüchtlinge mit falschen Berichten in ein verwahrlostes Camp nahe Bagdad (Camp Liberty). Ein hochrangiger Mitarbeiter der UNAMI (Dr. Taher Boumedra) deckte Koblers Machenschaften auf. Dieser wurde danach versetzt.
  • Der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour hat mehrfach versucht, den iranischen Botschafter Sheikh-Attar zu Konferenzen über die Zukunft des Iran zu lotsen. Zu diesen Konferenzen, zu denen vor allem Wirtschaftsvertreter einladen, wurden Oppositionsgruppen, verfolgte Gruppen oder andere Optionen der Zukunft für den Iran niemals eingeladen. Lautstarke Proteste von Menschenrechtsaktivisten konnten die Einladung des Botschafters verhindern.
  • An den zahlreichen Reisen deutscher Vertreter in den Iran war kein Menschenrechtsaktivist beteiligt (Nouripour war einmal dabei, aber bis heute weiß niemand, was er dort tat), keine Frauenbeauftragte, kein Vertreter christlicher Kirchen (Christen werden im Iran massiv verfolgt, vor allem konvertierte Christen, Stichwort Hauskirchenbewegung). Während der Zentralrat der Juden und Teile der Opposition die aktuelle Reise von Gabriel verurteilen, ist von den Grünen kein Wort zu hören, dass dort Herrschern die Hand geschüttelt wird, unter dessen Amtszeit vergewaltigte Frauen hingerichtet, Frauen auf offener Straße mit Säure beschüttet und in jedem Jahr zehntausende Mädchen zwangsverheiratet werden.
  • Es gibt keine Erklärung von Bundestagsabgeordneten der Grünen, in der die verheerende Menschenrechtslage der letzten Monate im Iran verurteilt würde. Der Iran weist unter Hassan Rouhani die höchste Hinrichtungsrate seit 25 Jahren auf: Über 2600 Menschen wurden während seiner bisherigen Amtszeit hingerichtet, darunter viele politische Gefangene, Jugendliche und Frauen, einige sogar öffentlich. Als Grünen-Abgeordneter im Menschenrechtsausschuss sollte Nouripour erklären, warum seine Partei in diesem Ausschuss nie versucht hat, Hassan Rouhani wegen der erschreckend hohen Zahl der Hinrichtungen an den Pranger zu stellen, sondern stattdessen immer als erste bereit waren, ihn zu hofieren.
  • Kein Iranexperte der Grünen hat sich je zu den Massakern von 1988 im Iran geäußert. Keiner von ihnen bezeichnete die Ermordung von 30.000 politischen Gefangenen als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, während Amnesty International, Human Rights Watch und andere bekannte Menschenrechtsgruppen eindeutig diesen Begriff benutzen.

Diese unfassbare Haltung, an dem Leid von Millionen Kurden, Christen, Beluchen, Baha’i, Sunniten und anderen ethnischen Minderheiten vorbeizusehen und zu den 120.000 ermordeten Freiheits- und Widerstandskämpfern unter der Herrschaft der Mullahs und zu dem Elend von Millionen Frauen im Iran zu schweigen, muss aufgedeckt werden! Die Wähler der Grünen müssen erfahren, dass diese Partei mit einem der schlimmsten menschen- und frauenverachtenden, terroristischen und mit Massenmördern besetztem Regime eine Liaison pflegt, die über einen neutralen Meinungsaustausch weit hinausgeht.

Die Grünen ignorieren nicht nur all diese Menschen, sondern auch ihr Verlangen nach Freiheit und einem Ende der schlimmsten Tyrannen, welche die Welt der heutigen Zeit zu sehen bekommt. Es kann nicht angehen, dass durch die einst von Joschka Fischer eingeleitete Kuschelpolitik und die Mär des Hoffens auf einen dem obersten Führer des Iran stets die Treue schwörenden Mullah irgendeine Änderung im Iran zu erwarten ist.

Von dieser Kuschelpolitik profitierten bisher nur die Mullahs und ein paar profitgierige Konzerne - sonst niemand. Die Opfer dieser Politik aber sind nicht nur Millionen Iraner, sondern auch die betrogenen und belogenen Wähler der Grünen, die fest daran glauben, dass sich ihre Partei für Freiheit und Demokratie aller Menschen dieser Welt einsetzt. Dass ihre Führung statt dessen praktizierende Antisemiten, Rassisten und ein frauenfeindliches Regime fördert, muss für jeden Wähler der Grünen ein schlimmer Schlag ins Gesicht sein, ist aber nichts als die Wahrheit.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

G. Tuellmann

Dr. Greta Tüllmann ist Publizistin in Berlin, Chefredakteurin der Frauenzeitschrift „go40 – Frauen gestalten Zukunftskultur“

G. Tuellmann

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