Willkommenskultur für Flüchtlinge?

Doppelstandard Unsere angeblich Toleranzwütige Regierung hat ihre scharfen Grenzen dort, wo Flüchtlinge nicht ins politische und wirtschaftliche Konzept passen

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Millionen Flüchtlinge sind in der Welt auf der Suche nach Heimat, Versorgung ihrer Familien und Flucht vor Unterdrückung, Krieg und Verfolgung. Die Kriege im Mittleren Osten, die untragbare wirtschaftliche Lage in den Staaten des Balkan und die Sicherheitslage in Afghanistan sowie die katastrophalen Lebensumstände in vielen Staaten in Afrika lassen Menschen alles riskieren, um aus ihrer Heimat in ein besseres Leben zu fliehen.

Schaut man auf die Statistik der Asylanträge in Deutschland, dann fällt auf, dass neben Syrern und Albanern viele Menschen aus dem Irak nach Deutschland fliehen. Im Irak wütet nicht nur die Terrorgruppe ISIS, sondern auch vom Iran unterstützte Terrorgruppen wie die Badr Organisation, Kataib Hisbollah und die Asaib Ahl al-Haq begehen schwere Menschenrechtsverletzungen im Stile von ISIS, oft unbeachtet von der Politik und der Weltpresse.

In der breiten Diskussion im Umgang mit den Flüchtlingsströmen wird eine Frage oft unter den Tisch gekehrt: Wie können wir die Ursachen für die Flüchtlingsströme beheben? Worin liegt unser Anteil? Es fällt schon beim Blick auf die nackten Zahlen auf, dass vor allem Menschen aus Ländern zu uns kommen, wo vor Jahren die westliche Staatengemeinschaft aktiv militärisch eingriff. Wir erinnern uns alle an die Invasionen von Afghanistan und dem Irak nach 9/11 und an die NATO - Angriffe in Serbien und wir erinnern uns an die zögerliche Haltung der Obama Administration in Syrien.

Menschenrechtsaktivisten und Experten sind sich längst einig, dass es nur einen Weg zum Ende der Flüchtlingsströme gibt. In den Ursprungsländern müssen die Bedingungen verbessert werden. Nur wenn in diesen Ländern stabile Demokratien herrschen, ein geordnetes Rechtssystem, eine in sich selbst tragende Wirtschaft herrscht, dann wird der Fundamentalismus und der Krieg aufhören und die Nationen werden ihre Probleme Stück für Stück selbst lösen.

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Zwei Demonstrantinnen in Camp Liberty fordern die USA und die UN auf, der vom irakischen Staat verhängten medizinischen Belagerung gegen iranische Flüchtlingen im Camp zu beenden

Eine der größten Hoffnungen für Frieden im gebeutelten Nahen und Mittleren Osten ist die Freiheitsbewegung des iranischen Widerstandes. Das Aktionsbündnis des Nationalen Widerstandsrates Iran (NWRI) hat nicht nur mehrere demokratische iranische Oppositionsgruppen vereinigt, sondern mit dem iranischen Volksmodjahedin (MEK / PMOI) eine Gruppe in seinen Reihen, welche so gut wie niemand den islamistischen Fundamentalismus und die Diktatur kennt und dafür Blut und Tränen opferte und sie stellt nicht nur die Antithese zu den iranischen Mullahs dar, sondern ist ein neuer Weg des Islam, hin zu Toleranz, Gleichberechtigung und Frieden der Völker und Religionen untereinander.

Diese Werte haben die tausenden Volksmodjahedin seit 1986 im Irak vorgelebt. Doch nach dem Abzug der US Armee aus dem Irak 2009 wurden sie Opfer einer unheiligen Allianz von Regierungschef Nuri al-Maliki und dem Teheraner Regime, das den Machterhalt von Maliki sicherte, auch nachdem er längst seine Unterstützung im Volk verloren hatte.

Die Volksmodjahedin erlitten seit 2009 sechs Massaker bzw. Raketenangriffe, wurden zwangsumgesiedelt, von der irakischen Regierung entführte sieben Angehörige der Volksmodjahedin verschwanden auf Nimmer Wiedersehen und die unbewaffneten und schutzlosen Bewohner von Camp Ashraf (Name ihrer eigenen Stadt) wurden von Sondereinheiten exekutiert und von schiitischen Milizen mit Raketen beschossen und sie leiden bis heute unter Drangsalen und einer medizinischen Blockade, der kürzlich wieder ein Iraner zum Opfer fiel. Abdul Ali Ghanbari starb nach vier Jahrzehnten Kampf gegen die Diktatur und den islamistischen Fundamentalismus, weil irakische Soldaten seine Krebsbehandlung behinderten. Als er nach langen Verzögerungen nach Albanien ausgeflogen wurde, war es zu spät, er verstarb am 2. September.

Die Volksmodjahedin sind von den USA und der UN als Flüchtlinge anerkannt und sie sind die klassischen Asylflüchtlinge. Viele der dortigen MEK-Angehörige sind von Gewalt durch vom Iran finanzierte Terrormilizen bedroht, sie sind von Folter und Hinrichtung im Iran bedroht und sie haben oft ihre ganzen Familien in den Folterkellern und Galgen des Iran verloren. Zudem glauben die MEK-Angehörige an Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung und Trennung von Kirche und Staat und dies leben sie auch in ihrer Gemeinschaft vor.

Sie müssten die ersten sein, die unsere rettenden Tore erreichen dürfen, denken Sie? Weit gefehlt, denn die deutsche Regierung, die UN und die USA glänzen vor allem durch hohle Phrasen und Inaktivität was ihr Schicksal betrifft. Während Politiker aller Parteien in Deutschland mit großen Worten die „Willkommenskultur“ der Flüchtlinge propagieren, sind nicht einmal 100 der iranischen Volksmojahedin in Deutschland gelandet. Weitere 100 mit deutschen Verwandten und der Zusicherung der Versorgung dieser durch den NWRI sitzen immer noch im Pulverfaß Irak, viele von ihnen verletzt, krank und am Ende ihrer Kräfte nach Jahren der Blockaden und Massaker.

Warum die MEK nicht in unsere Willkommenskultur passen, hat seine Gründe. Zum einen sprechen „realpolitische Gründe“ dafür. Das heißt seit vielen Jahren nichts anderes, als dass man die Mullahs um jeden Preis beschwichtigt, eine mehr als fragliche Politikrichtlinie, die sich durch alle deutschen Regierungen zieht. Deals im Rahmen der Atomverhandlungen auf dem Rücken der „Erzfeinde Teherans“ sind in der Vergangenheit nicht selten gewesen und die Inaktivität in Camp Ashraf bzw. Camp Liberty im Irak ist seit vielen Jahren Methode und kein Zufall. Die Mullahs erpressen, drohen und locken mit Milliardenbeträgen und Sigmar Gabriel reiste mit seinen Wirtschaftsdelegationen sofort nach dem Atomdeal in Teheran. In Camp der iranischen Flüchtlinge (Ashraf oder Liberty) hat er sich – wie alle Politiker der Regierung – nie blicken lassen oder auch nur das Wort für sie ergriffen.

Der Fall der Volksmodjahedin zeigt, dass unsere angeblich Toleranzwütige Regierung ihre scharfen Grenzen dort hat, wo Flüchtlinge nicht ins politische und wirtschaftliche Konzept passen, auch wenn sie die hehren Ziele der Menschlichkeit, Freiheit, Demokratie und Gleichberechtigung gegen das aktuell brutalste Regime der Welt vertreten. Die 100 in Deutschland befindlichen iranischen Flüchtlingen aus Camp Liberty (MEK-Angehörige) sind nicht zuletzt ein Ergebnis ständigen Drucks einiger früherer hochrangigen Politiker wie der früheren Parlamentspräsidentin Rita Süssmuth sowie der unermüdlichen politischen Arbeit des Nationalen Widerstandsrates Iran und vieler Menschenrechtsaktivisten, die erkannt haben, welche Hoffnung für den Weltfrieden diese Freiheitskämpfer aus dem Iran tragen und welche Chance diese Flüchtlingen auch für uns und unser demokratisches Selbstverständnis wären.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

G. Tuellmann

Dr. Greta Tüllmann ist Publizistin in Berlin, Chefredakteurin der Frauenzeitschrift „go40 – Frauen gestalten Zukunftskultur“

G. Tuellmann

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