#unten - interfilm & die Abgründe der Arbeit

interfilm Festival Beim 34. interfilm Festival, das in 4 Berliner Stadtteilen stattfand, war das Weltgeschehen in über 400 Beträgen präsent - mit überaus präkeren Arbeitsverhältnissen.

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Beim 34. interfilm Kurzfilmfestival, das letzte Woche in 4 Berliner Stadtteilen stattfand, waren nicht nur junge Filmkreative aus aller Welt zu Gast, das Weltgeschehen selbst war in den über 400 Beträgen präsent in Berlin. Die Filme, kaum länger als 20 Minuten, ergaben in den 90-minütigen Themenprogrammen durch Dramaturgie und durch die Würze durch Kürze explosionsartige Erhellungen der Wirklichkeit. Hier ein Streifzug durch Arbeitswelten, die absurder kaum sein können.

"Ready to Assemble" aus Norwegen ist eigentlich eine Komödie. Ein Ehepaar will ein neues Sofa kaufen und gerät in die Marketingfallstricke eines großen Möbelhauses. Die Verkäufer geben ihr Bestes, das Paar kauft viel und deckt zuletzt die üblen Tricks auf, mit denen das Unternehmen die Kunden ködert. In wunderbaren Übertreibungen steht die Konsumwelt Kopf.

Auch "Vihta" aus Belgien (der Film ist online - https://vimeo.com/288991850) scheint lustig, denn die Chefs laden die Belegschaft ein zu einer Landpartie: Es geht in eine Sauna irgendwo in der Pampa. Da sind dann alle nackt und alle gleich und alle sind zwischen Firmenhörigkeit und individueller Freiheit gleichermaßen irritiert. Der Befreiungsschlag des Hauptprogatonisten am Ende darf sich als Systemumsturz feiern lassen.

In der Animation "Lost Property Office" aus Australien wird Befreiung poetisch: Der einsame Angestellte eines Fundbüros baut sich aus den verlorenden Dingen, die er verwaltet, ein Fluggerät und macht sich davon. In der Arbeitsgroteske "Monday" aus Deutschland (der Film ist online - https://www.youtube.com/watch?v=yj4orBFXZ_M) hat der Protagtonist neue Arbeit. Sein Problem ist der Feierabend. Mit dem Nichtstun, der Streßlosigkeit kommt er nicht klar. Die Unwürdigkeit von Arbeit erzählt "Employee of the Month" aus den Philippinen: Armut und Langeweile treiben eine Tankstellenangestellte in die Verzeiflung. Der Film ist sensibel und fast dokumentarisch und legt die Nerven des Neoliberalismus blank. In nächtlicher Hilflosigkeit sprengt die Arbeiterin sich und die Tankstelle in die Luft. Ebenfalls einfühlsam folgt "The worthy man" aus Dänemark (der Film ist auch online - https://vimeo.com/287684225) der Verzweiflung eines Bäckers zwischen Frühaufstehen, Routine und familiärer Ignoranz.

Die Filme liefen im Internationalen beziehungsweise Deutschen Wettbewerb des Festivals. Auch der Konfrontationen Wettbewerb mit Menschenrechtsfilmen und der Dokumentarfilmwettbewerb näherten sich harten Realitäten. Dabei sind Abründe oft munter verpackt oder absurd überhöht. Über 50 Filmprogramme bot das Festival und allein die 18 thematischen Spezialprogramme waren mit Themen von Big Data und Arab Shorts über Sci-Fi und Tanz bis hin zu Queer Fever ein heiterer bis heftiger Spiegel der Welt. Angesichts der 5000 Einreichungen, die das Festival kuratorisch zu bewältigen hatte, zeugte die Programmvielfalt davon, daß Arbeit bei interfilm viel Spaß macht.

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Geschrieben von

mat_man

Natur, Politik und Digitales

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