50€ für ein Bachelorzeugnis? Genau

Gebührenordnung Der Wert eines Zeugnisses in Geldeinheiten ist doch bemerkenswert. Vor allem, wenn es sich dabei um die besondere Art der Zweitausfertigung handelt

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Vor noch nicht allzu langer Zeit bekam ich mein Bachelorzeugnis zusammen mit der Urkunde zur Verleihung des akademischen Grades endlich ausgehändigt. Natürlich war ich freudig gestimmt, als ich das - ja, gute - Zeugnis in den Händen hielt. Zweiseitig bedruckt, mit einem - leicht unscharfen - Universitätslogo auf der Vorderseite und der genauen Modulaufschlüsslung auf der Rückseite. Nicht zu vergessen: das amtliche Siegel, wiederum mit dem Namen der Universität.

Nun wartete nicht nur ich auf den Erhalt des Zeugnisses, sondern auch das für die BAföG-Zahlungen zuständige Studentenwerk, die Universitätsverwaltung und die Familienkasse. Um die nötigen Kopien zu erstellen, die ich, um Nachfragen zu entgehen, auch gleich beglaubigen ließ, suchte ich das dafür zuständige Einwohnermeldeamt auf. Alles lief soweit seinen gewohnten Gang, bis die Mitarbeiterin das Zeugnis in den Einzug des Kopierers legte, dieser es einzog, aber nicht wieder ausgab. Aus den Walzen befreit, sah ich es schließlich sichtlich lädiert wieder - das Zeugnis leicht geschwärzt und geknittert, die Mitarbeiterin peinlich berührt. Ich beruhigte, so schlimm wäre das alles nicht, das Zeugnis ließe sich erneut ausdrucken und dann wäre die ganze Sache behoben. Ich verließ das Meldeamt und ging kurze Zeit später zum zuständigen Prüfungsamt meiner Universität. Dort schilderte ich den Vorgang und bat darum, das Zeugnis erneut auszustellen. Die Mitarbeiterin des Prüfungsamtes zog leicht die Augenbrauen hoch und erklärte mir, so einfach wäre das alles nicht. Ich sollte doch versuchen die schwarzen Walzenspuren mit einem Radiergummi zu entfernen und es zu glätten. Auf erneute Nachfrage, was an einer Neuausstellung so schwierig wäre, teilte sie mir mit, dass dafür eine Gebühr von 50€ an die Universität zu entrichten wäre. Das wäre ein Faktum, was sie nicht ändern könnte; es handle sich dabei um eine Zweitausfertigung und um die Gebühr käme ich in keinem Fall herum.

Daraufhin verließ ich das Prüfungsamt kurz und rief auf dem Einwohnermeldeamt an. 50€ Gebühr. Schweigen. Ja, ich erkundige mich, ob sich da was machen lässt. Wartezeit. Gut, die Gemeinde übernimmt die Kosten. Danke.

Zurück ins Prüfungsamt: Sie können die Zweitausfertigung anfertigen lassen, die Gemeinde übernimmt die Kosten. Gut, dann geben Sie mir doch die Adresse der Gemeinde, dann schicken wir die Rechnung gleich dorthin. Erst, wenn die Summe beglichen und verbucht ist, können wir das Zeugnis ausstellen und Sie können es abholen. Ich nickte leicht verstört, schrieb die Adresse auf und ging.

Es dauerte keine Woche, da bekam ich eine E-Mail vom Prüfungsamt: Sie können Ihr Zeugnis abholen. Überrascht über die Schnelligkeit ging ich am darauffolgenden Tag hin; mit weniger Vorfreude als beim ersten Mal, obwohl die Zweitausfertigung offensichtlich eine Wertsteigerung beinhaltet.

Dann hielt ich es in der Hand: ZWEITAUSFERTIGUNG stand in der Kopfzeile, leicht schief gedruckt, Universitätslogo erneut leicht unscharf, amtliches Siegel leicht schräg gestempelt. Zwei Unterschriften, die Vorsitzende des Prüfungsausschusses und der Dekan des Fachbereiches. Doppelseitig bedruckt, ein offizielles Dokument, 50€.

Was wird wohl eine Drittausfertigung kosten?

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Geschrieben von

Garbo

»Die Zeit der Kunst ist eine andere Zeit als die der Politik. Das berührt sich nur manchmal, und wenn man Glück hat, entstehen Funken«

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