Erstens würden sich nicht so leicht verschworene rechte Gesinnungsgemeinschaften und faschistoide Zellen bilden wie in der jetzigen Bundeswehr. Das nicht nur deshalb, weil Transparenz und „öffentliche“ Kontrolle das behindern würden. Die Rekrutierung für eine Berufsarmee bringt es auch mit sich, dass ein hoher Anteil von „Systemverlierern“ bei der Truppe ist. Und es ist nicht abwegig anzunehmen, dass für einige von ihnen rechte Ideologien attraktiv sind. Zweitens spricht manches, darunter die historische Erfahrung mit dem Vietnamkrieg der USA, dafür, dass sich mit einer Wehrpflichtarmee Auslandseinsätze oder gar Angriffskriege schwerer realisieren lassen oder aber, falls dennoch angezettelt, eher abgebrochen werden müssen, und das nicht nur wegen Kriegsunwilligkeit der Bevölkerung und entsprechendem öffentlichen Druck. Eine Armee von Wehrpflichtigen würde beim heutigen Stand der Militärtechnologie die schnellen Interventionen, wie sie die geopolitische Interessenlage der NATO erfordert, behindern, wenn nicht verhindern. Wehrpflichtige sind dafür kaum tauglich. Nicht von ungefähr hat man die Wehrpflicht ausgesetzt. Der angestrebte Austritt aus der NATO müsste ihre Wiedereinführung zur Konsequenz haben, wenn man nicht von einer entmilitarisierten BRD träumen will. Dass Wehrpflichtige vermutlich auch für Einsätze im Inneren weniger brauchbar wären, könnte ein zusätzlicher Gesichtspunkt sein. Mit der allgemeinen Wehrpflicht (einschließlich alternativem Zivildienst) ließe sich der sog. „Heimatschutz-Dienst“ kaum zusätzlich aufrechterhalten. Solche Argumente nicht wenigstens zu prüfen und von neuem zu diskutieren, halte ich für unvernünftig. Vor der Bundestagswahl ist der Zeitpunkt für eine innerparteiliche Diskussion sicher nicht opportun. Aber das muss Leute, die sich als Linke verstehen, nicht daran hindern.
Georg Auernheimer, Traunstein
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.