"Vergänglichkeit! Wort, das Gott-Welt enthüllt!
Wer dürfte dauern, den ein Ziel erfüllt?"
(Christian Morgenstern)
Vergänglichkeit ist ein Ergebnis von Tatenabfolgen, das durch die allgemeine Entwicklung ausnahmslos eintritt. Kein Ding, keine Sache, steht für sich allein in der Welt. Kein Ding und keine Angelegenheit kann in sich bestehenbleiben, wenn irgendwo eine Veränderung vorgenommen wird.
Die Planeten verändern ihre Stellung und Bahnen in jedem Augenblick, ebenso die Tierkreiszeichen. Damit soll charakterisiert sein, daß es Veränderlichkeit immer ist. Es ist dies ein unabänderliches Geschehen. Ich will in diesem Sinn hier deshalb dafür den Begriff natürliche Obsoleszenz setzen.
„Tempus edax rerum“, wußte Ovid schon zu formulieren.
Zeit ist das unbewußte Wahrnehmen der Mannigfaltigkeit von Taten auf dem Plan einer Dimension, der Taten selbst nicht angehören. Es verhalten sich die Taten zum Wahrnehmen des Zeiteindrucks, wie der unbewußt spontane, perspektivische Tiefeneindruck auf einem zweidimensionalen Gemälde. Hier ist die Tiefe nicht gegeben, und dort nicht die Zeit.
Inzwischen kennen wir technische Obsoleszenz als eine Methode innerhalb der Produktion von Produkten, diese so auszurüsten, daß sie nur eine begrenzte Zeit ihre Gebrauchseigenschaften behalten und danach möglichst im Wesentlichen so geschädigt sind, daß sie unbrauchbar sind.
Was mir innerhalb der Politik auffällt, ist ganz ähnlich. Regelungen, Satzungen, Gesetze, die von vornherein genau so konstruiert sind, daß sie binnen kürzester Zeit untauglich sind und Ersatz brauchen. Seit einigen Jahrzehnten ist dafür der Begriff „Reformen“ in Mode.
Kann es sein, daß politisch Obsoleszenz eine ebensolche absichtsvolle Methode ist, die Politikern ihre Pfründe sichern, so, wie dem Kapitalisten die Einnahmen aus obsoleszenten Produkten?
Kann es sein, daß Absehbarkeiten, simple noch dazu, von seiten der Politik über Verklausulierungen camoufliert werde, und dann verkauft werden als unerwartbare Ereignisse? Ist Politik wirklich ein so diffiziles, schwieriges Geschäft, welches derart kompliziert ist, daß keine Ursachen-Wirkungs-Geschehnisse vorhersehbar sind? Dann, wenn das so ist, könnte man ja getrost auf sie vollends verzichten. Was soll Politik denn dann bringen, was sie auszeichnen, was nicht auch Anarchismus ebenso zu erschaffen in der Lage wäre?
Das Böse ist zeitversetztes, d.h. vorzeitig zur Tatsachenwirkung gewordenes Gutes.[1]
Wir sind Zeitzeugen davon, wie im sozialen, im politischen Leben, sich exponentiell Entwicklungen vollziehen, die sich kulturell nicht mehr etablieren (können) als Grundlagen zur Befähigung gemeinsam getragener Urteilsbildungen für die Ausgestaltung des sozialen Verkehr zueinander, was die Sitte ist.
Durch Beschleunigungen des menschlichen Verkehrs untereinander, durch politische Obsoleszenz , durch nicht nachhaltig eintretende Konsolidierungen, - das, was früher in Traditionen und Konventionen sich als kultureller Bestand kollektiver Sitte ausgelebt hat und was als solche, entgegen vielfacher irriger, weil eben voreiliger Auffassungen, auch niemals etwas auf Ewigkeit beharrlich Festgeschriebenes war, sich vielmehr in Art von konzertierender Interferenzen wandelnd fortentwickelt hat -, kommt es zu unausgereiften und in Folge zu chaotischen Verhältnissen innerhalb des sozialen Lebens.
Gewisse Gruppeninteressen, die sich global betätigen, wissen darum, wie Urteilsbildungsbefähigungen in stetem indifferentem Gleichgewicht zu halten sind. Sie betätigen sich mit ihren Geschäftigkeiten als vorgeblich progressive Verbesserer; was sie tatsächlich schaffen ist, ein beständiges Durcheinanderschmeißen von etwas als gültig setzen und dessen sofortiger Aufhebung, so daß keine Konsolidierung entstehen kann. Sie betreiben als Geschäft insbesondere auch das Ausspielen von Kulturen und Traditionen als letztlich Mensch gegen Mensch.
Das was sich einmal konsolidiert, in Tradition als sittlicher Wertekanon etabliert ausgesprochen hat, erfährt seinem genuinen Beharrungsimpuls nach, welcher nur der natürlichen Obsoleszenz unterliegt (s.o.), nun über allerlei Kompensationen in schnellen Befriedigungsmöglichkeiten durch den Materialismus, durch Dinglichkeiten und ihre utilitären Funktionen, kulturelle Surrogate groteskester Art. (Es sind dies allesamt ja Mannigfaltigkeiten von Taten, wie die mannigfaltigen, perspektivischen Linien auf einem Gemälde.) Es kann hier jedoch nicht von neuer Sitte gesprochen werden, es sei denn, man will nihilistischer Relativierung Sittlichkeit zusprechen, was ein Paradox ist.
Komplikationen sind Zusammenfügungen von Mannigfaltigkeiten.
Sie sind nicht per se Erschwernisse, Verschlimmerung oder unvorhergesehene Schwierigkeiten.
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[1] Ein charakterisierendes Gleichnis dazu:
Ein Wissenschaftler beobachtete einen Schmetterling und sah, wie sehr sich dieser abmühte, durch das enge Loch aus dem Kokon zu schlüpfen. Stundenlang kämpfte der Schmetterling, um sich daraus zu befreien. Da bekam der Wissenschaftler Mitleid mit dem Schmetterling, nahm sein Taschenmesser und weitete vorsichtig das Loch im Kokon damit sich der Schmetterling leichter befreien konnte. Der Schmetterling entschlüpfte dadurch sehr schnell und sehr leicht. Doch was der Mann dann sah, erschreckte ihn doch sehr: Der Schmetterling der da entschlüpfte, war verkrüppelt. - Die Flügel waren ganz kurz und er konnte nur flattern aber nicht richtig fliegen.
Da ging der Wissenschaftler zu einem Freund, einem Biologen, und fragte diesen: "Warum sind die Flügel so kurz und warum kann dieser Schmetterling nicht richtig fliegen?"
Der Biologe fragte ihn, was er denn gemacht hätte.
Da erzählte der Wissenschaftler daß er dem Schmetterling geholfen hatte, leichter aus dem Kokon zu schlüpfen.
"Das war das Schlimmste was du tun konntest. Denn durch die enge Öffnung, ist der Schmetterling gezwungen, sich hindurchzuquetschen. Erst dadurch werden seine Flügel aus dem Körper herausgequetscht und wenn er dann ganz ausgeschlüpft ist, kann er fliegen. Weil du ihm geholfen hast und den Schmerz ersparen wolltest, hast du ihm zwar kurzfristig geholfen, aber langfristig zum Krüppel gemacht." (Unbekannt)
Kommentare 32
Vorsätzlich produzierter Murks dient dem maximierten Gewinn und zur Gewinnerzielung sind die Wirtschaftsunternehmen vom Fiskus verpflichtet - ein Pakt auf Gegenseitigkeit.
Was dem Kapitalisten der Gewinn,
ist dem Bürokraten der Dienstposten.
Warum sollten sich die Methoden unterscheiden?, in aller Regel haben beide an den gleichen Hochschulen studiert.
Ich kann das Rätsel des unbekannten Erfinders des sehr zu Herzen gehenden Gleichnisses aufklären: Es ist von - GEBE!!!
Zumindest die von Dir so genannte "natürliche Obsoleszenz" ist eine, die "berechenbar" ist. Diese Veränderungen (Bewegungen usw.) sind nicht willkürlich, sondern zeitlich langfristig stabil, kurz: vertrauenswürdig in der realen Welt.
Politik der Gestaltung oder Politik der Reaktion? Reaktion als Übernahme der Forderungen starker Interessenverbände verstanden. Ich kenne den Politikbetrieb nicht von Innen, um sagen zu können, wie genau es da abläuft. Es vermittelt sich aber der Eindruck, als ob es mehr eine Fabrik der Gesetzesproduktion ist, die diese so ausgestalten, als ob es darum ginge, die Bürger ständig zu maßregeln (auch zu ignorieren, missachten, ggf. lächerlich machend), um vorgeblich höheren Werten der Rationalität der Ökonomie zu dienen, die vermittels der (anonymen) Marktkräfte auftritt und sich daher nicht mehr subjektivieren lässt. So wird es jedenfalls gesagt und so sieht es am Ende aus, wenn z.B. Arbeitnehmer entlassen werden, da die Produktion billiger werden soll.
Man hat sich also ein Spiel ausgedacht, wobei die Legislative die Regeln vorgegeben hat, die Exekutive den Schiedsrichter stellt und die Spieler (Bürger) nur dann mitspielen dürfen, wenn sie ständig Spitzenleistung zeigen. Dafür zeichnet der Trainer verantwortlich, der wiederum auch nur solange "mitspielen" darf, solange der Rubel rollt. Das ganze Szenario wird vom großen Geld beherrscht, das mit dieser Analogie zu den Protagonisten der Politik zurückführt.
Denn kein Politiker wird heute längerfristiger im Job bleiben können, wenn er sich gegen diese Kräfte (Mechanismen, System usw.) stellt. Denn wenn er oder sie sich nicht „systemkonform“ verhält, erfährt jene/r die ganze Härte der Medien, die die Person in jeder Form fertig machen. Insoweit sind Einzelkämpfer hoffnungslos unterlegen. Das Ergebnis der Politik hängt also an den Märkten und ist dementsprechend nachlaufend reparierend, improvisierend und nicht gestaltend.
Die Komplexität, die ungeheure Zunahme von Informationshäppchen, die alle in irgend einer Weise betrifft, überfordert einfach, solange keine adäquaten Kulturtechniken entwickelt werden, die damit umgehen können. Die Einfachheit der Welt (- vorstellung) ist Vergangenheit und hat uns nun in eine große Verlegenheit gebracht, da uns die Gemeinsamkeiten verloren gehen (zumindest ist es wesentlich schwieriger geworden), neue zu begründen.
Ehrlicherweise wäre es von großem Vorteil, wenn wir es schaffen würden, jenseits der flachen und verfehlten Priorisierung der Ökonomie, uns zu vergegenwärtigen, was denn wirklich in unserer begrenzten Lebensspanne von Wert ist. Das kann eigentlich nicht so schwierig sein, jedenfalls kommt es mir zumindest so vor.
Glück, Zufriedenheit, Ausgeglichenheit, Freude, Entdeckerlust, Aufgeschlossenheit (Minimierung von Leid und Existenzbedrohungen), um nur einige Faktoren zu nennen, die das Menschsein ausmachen und bereichern würden, betreffen jeden in wünschenswerter Form. Dagegen steht völlig Konkurrenz, Durchsetzung des Stärkeren (= Erfolg!), Maximierung von Besitz und Macht. Ich würde das als evident bezeichnen.
Danke für den beitrag******
Als eine Annwort schon einmal mein Gedicht
Nur der Augenblick orchestriert Ewigkeit
mein ist der Tag nicht,
den andere im Kalender sehen
mein ist der Tag nicht,
der wohl nächtens morgendämmert
möcht im Anzug sein
allein der Augenblick ist mein,
nehm' ich den in acht,
so liegt das Ganze in diesem Einen,
das Tag um Tag Ewigkeit vollbracht
und wie kann es anders sein,
stets von neuem
Joachim Petrick, Hamburg 26. Mai 2016
https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/nur-der-augenblick-orchestriert-ewigkeit
JOACHIM PETRICK 27.05.2016 | 20:14
Nur der Augenblick orchestriert Ewigkeit
Poesie/Lyrik Meine Adaption des Gedichts "Betrachtung der Zeit" Andreas Gryphius (1616-1664) soll mir genug Antwort sein auf GEBEs Beitrag "Tempus edax rerum"
Danke für deinen Kommentar. Er mutet mich an, wie eine bemühte Interpretation eines Gemäldes, dessen Auslegung man sich partout vorgenommen hat, weil es nun mal so da hängt an dem Ort, an dem man gerne schlendert, obwohl man eigentlich nichts damit anfangen kann.^^
P.S.: Den möchte ich sehen, der die Gestirne gezählt hat. Den möchte ich sehen, der die Vorgänge des Kosmos berechnet und dann auch noch aus seinen Berechnungen das Vertrauen für’s reale Leben zieht!^^
Auf Ihren Hinweis hin begann es bei mir zu dämmern und ich habe begonnen, mich peu à peu zart daran erinnern, daß es von mir stammen muß.^^
Das ist die utilitäre Sichtweise. Gibt es keine andere?
Danke!
Ich geh´ mal davon aus, dass Du ziemlich zuversichtlich bist, morgens wieder in der Welt aufzuwachen, die Du beim Einschlafen "verlassen" hast. Das nenne ich die Zuverlässigkeit der Realität: ich "rechne" damit. :-)
Und so möchte ich eine Probe der Berechnungen auch gerne haben davon^^, da die Erde, indem sie sich durch den Weltenraum bewegt und mit allen möglichen Partien des Erdenumkreises in Beziehung kommt, und da dieses niemals mit gleichen Zuständen des Kosmos korreliert, errechenbar sein soll, was auf die Erde – und damit auch auf die Menschen, welche zudem auch noch, sogar im gleichen Moment, in verschiedenen Regionen auf der Erde leben -, wie, wann, wodurch, welche und warum Wirkung hat.^^
Dafür Zuversicht aufzuwenden, morgens wieder in der Welt aufzuwachen, stellt für meine Auffassung mur eine Zuversicht dem ärgsten Materialismus gegebüber dar. Diesbezüglich benötige ich ganz und gar keine Zuversicht, da ich weiß, daß ich auch dann ich bin, wenn ich hier in der Welt nicht mehr aufwache, sondern in ihren Gründen.^^
P.S.: Hier geht's zu einem schönen Gedicht: https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/nur-der-augenblick-orchestriert-ewigkeit
Im Prinzip schon, aber was nützt eine Vogel Strauß Sicht, wenn die Politiker.Innen nur diese (alternativlose) Sicht der Dinge beherrschen.
Diese Verhältnisse werden sich erst ändern, wenn der Emu fliegt.
Mit Materialismus hat das wenig zu tun, es sei denn Du verbindest mit dem Begriff "Zuversicht" (Erwartung, Glaube, Vertrauen, Wahrscheinlichkeit usw.) gleich ein ganze Welterklärung, die sich aus dieser Philosophie ergibt.
Aber da ich weder etwas über meinen Beginn sagen kann, noch über mein Ende, bleibt mir nur das Schweigen. Alles darüber hinaus lässt sich für mich nicht sicher schließen; dafür bleibt die Hoffnung. Mir reicht das (vorläufig) noch.
Aber es geht auch weniger um unsere Befindlichkeiten, sondern um deine hier formulierte "Durch Beschleunigungen des menschlichen Verkehrs untereinander, durch politische Obsoleszenz , durch nicht nachhaltig eintretende Konsolidierungen, - das, was früher in Traditionen und Konventionen sich als kultureller Bestand kollektiver Sitte ausgelebt hat (..)" Beschreibung.
Und darüber wäre nachzudenken, wie sich das Chaos in eine gewisse Ordnung überführen ließe. Eine, die stabil ist im Kern, aber dennoch dynamisch bleibt für weitere Entwicklungen: so in etwa.
"Und darüber wäre nachzudenken, wie sich das Chaos in eine gewisse Ordnung überführen ließe. Eine, die stabil ist im Kern, aber dennoch dynamisch bleibt für weitere Entwicklungen: so in etwa."
Ja!
Die Fragen des öffentlichen Lebens, insbesondere die des menschlichen Verkehrs zueinander, welcher heute wie ein gehetzter und getriebener sich ausnimmt, wobei diese Hetze durch politische Obsoleszenz im Wesentlichen künstlich erzeugt wird, werden allmählich zu Erkenntnisfragen werden.
Es wird sich entwickeln, ganz unabhängig von Parteiischkeit, unabhängig von Antipathie und Sympathie ein aus den Herzen kommendes allgemeines Bedürfnis nach Konsolidierung. Was sich heute zeigt im Auftreten von Reaktion, von Nationalismus, von territorialen Abgrenzungen, geht auf dieses unerfüllte Bedürfnis nach sittlicher Konsolidierung und Stabilität, nach kultureller Sinnstiftung, nach heilsamen Lebensrhythmen, nach Entschleunigung der Veränderungen auf sozialem Feld durch Fremdbestimmung zurück.
Es sind das ganz besonders die Fremdbestimmungen über alle sozialen Verhältnisse durch Gängelung menschlicher Sitte durch den Utilitarismus. Den Begründungen für die vorgebliche Notwendigkeit von utilitaristischem Handeln ist ja schon als regelrecht zwanghaftes, mechanisches Denken inhärent.
Es wäre in gewisser Weise als heilsam für das soziale und kulturelle Gemeinschaftsgefüge anzusehen, Ideen zu entwickeln, wie dies zu verwirklichen ist. Ideen, die keine Fremdbestimmung zur Krücke brauchen, keine Sublimate, keine Religionen als Heilsversprechungen, sondern praktische Lebenseinrichtungen des Verweilens.
Mir fällt dazu z.B. ein, als politischer Weg, z.B. all die Prozesse, die auf eine Erstarkung der EU, also diejenigen Prozesse, die politische Obsoleszenzen sind, welche auf mehr Zentralisierung, auf mehr Bestimmungsansprüche durch die Wirtschaft hin auslaufen, mitsamt TTIP ect. pp. einzufrieren und Modifikationen am status quo expressis verbis nur noch durch Volksentscheide zuzulassen.
Es gibt keine andere soziale Realität, als die, die durch die gegenwärtige Gemeinschaft gegeben ist. Nur wird sie durch Gängelungen verzerrt und entstellt. Die soziale Gemeinschaft selbst ist niemals selbst verzerrt!
Und ich behaupte, daß selbst Entscheidungsfehler, die durch eine direkt entscheidende Gemeinschaft getroffen werden, weniger Unheil anrichten und auch effektiver wieder geheilt werden, als alle anderen, sozusagen obrigkeitlich aufgegebenen, und seien sie noch so akademisch ausgeklügelt.
Ich vertraue dabei auf die Weisheit des Gemüts der Gemeinschaft. Sie will Solidität und Nachhaltigkeit. Sie ist sich selbst das Korrektiv.
Es wird dieses Gemüt nur dann zur Gefahr, wenn es ihm verunmöglicht wird, sich darleben zu können, und es sich darob in Grimm verzerrt und Ventile sucht. Und nur was aus solchen Ventilen als Aufgestautes dann herauskommt ist zumeist abscheulich, aber auch sehr begreiflich, in seiner zumeist dann menschenverachtenden Eruptivität.
Das sind gute Argumente, auf die lässt sich aufbauen.
Ovid hat uns schon früh beschrieben, wie sich des Menschen Verstand an Bruchstellen aufzulösen scheint. Just in diesem Moment wird die Zeit tatsächlich zur sinnfressenden Furie, da der Körper ad absurdum führt sein Wesen.
Man könnte auch sagen, lang bevor er ging, war er ein Mensch gewesen.
Ich wag zu behaupten, dass sich die politischen Objekte derlei Gedanken gar nicht mehr machen, da sie längst entgeistert, sprich Ihres Verstandes beraubt, das Geschäft der Alphatier im Hordenverbund betreiben, die Instinkte alleine wirken und das was man als Intellekt unterstellt, schlicht die Verschlagenheit und Strategie des cleveren Raubwesens spiegelt.
Daher mag das obige Bild vielleicht in den Kontext eines universalen Ablaufs passen, doch die kleinen Steine in diesem Mosaik sind längst entlebte, leider sehr destruktive "Unaffen" - ich spare mir das Mensch für jene, die es noch betrauern, die ihre Gedanken noch in sich tragen und leider sehr hilflos versuchen, am Leben zu bleiben unter all diesen wütenden Tieren.
Danke - gerne gelesen.
Ich vertraue dabei auf die Weisheit des Gemüts der Gemeinschaft. Sie will Solidität und Nachhaltigkeit. Sie ist sich selbst das Korrektiv.
.... Wenn sie dies schreiben fällt mir der KZ-Oberst ein, der seine Kinder liebevollst behandelte, seinen Hund neben sich im Bette schlafen ließ, kurz der in seinem "Verband" das herzlich-liebevolle Gemüt zeigte - und doch zum Funktionswesen einer Mordmaschine ward - ohne Gefühl wohl, ohne Gemüt, kurz - wie oben von mir angedeutet - längst entlebt.
Ich fürchte, die Gemeinschaft besteht immer aus einer Gruppe "geführter" - die soziale Anarchie jedoch wäre eine Gemeinschaft lebendiger Geister, wobei der Geist eben der vernunftbegabte, der denkende Mensch ist - solche Wesen begründeten eine völlig andere Welt - und in der Tat, es wäre ein wesentlich kontemplativere, eine der innigen Reflektion und der liebevoll-freudvollen Interaktion zugewandte Welt.
Dort wo sich soziale Gemeinschaft kurz nocht flackernd zeigt, liegt einer letzten Lenbensregung gleich, die Hoffnung - einst möchten sich die Menschen dorthin retten.
Wobei ich hier unterscheide zwischen der sozialen Gemeinschaft des lebendigen Menschen und der Funktionsgemeinschaft der geführten "Unaffen" - kurz der Raubhorde - in der Horde lebt der Mensch fremdbestimmt - leider lebt es sich in der Horde bequemer und hier landen wir wieder bei Ovid - den z.B. bei den Methamorphosen könnte man die erste Kritik an der seelenlosen Funktionsgesellschaft zur Erlangung von Wohlstand und Macht für sich herausziehen
(Dafür liebe ich den Titus Andronicus - ich finde das blutige Wüten spiegelt es besser als die zarte Anspielung im Sommernachtstraum - beide Stücke bedienen sich bei Ovid und den alten Sagen)
Der Mensch müsste sich schlicht zum Menschen zurückverwandeln. (Ach wie wäre das schön!)
.... in Bezug auf die Horde sollte ich hier nicht "lebt" und "Mensch" verwenden..... - aber ich denke hier sollte man nicht einen Hacken ins Sinngespinst treiben......
"Der Mensch müsste sich schlicht zum Menschen zurückverwandeln. (Ach wie wäre das schön!)"
Ja, wäre es, wenn es das jemals gegeben hätte! Wann war der Mensch das denn, außer in idealisierten Vorstellungen und Träumen. Es werden sich sicher kleinere Gemeinschaften finden lassen, die dem Ideal nahe gekommen sind. Aber das hat sich nie durchsetzen können. Warum nicht?
Liegen die Gründe allein bei uns? Da wir aus einer evolutionären Entwicklung hervorgegangen sind (soweit die mehrheitliche Annahme), repräsentieren wir deren augenblicklichen Zustand.
Nehmen wir diesen Standpunkt ein, dann ist unser "Versagen" ein natürlicher Zustand und die Selbstzuschreibung unserer Wertigkeit eine reine Illusion. Aber die gehört dann einfach zu dieser Entwicklung, da wie im Beispiel mit dem Schmetterling, es zur Stabilität beiträgt, jedenfalls der psychischen.
Unser Auftreten auf der Bühne kurz vor 24:00 Uhr der bisherigen Weltexistenz sagt doch genug aus, was es darüber zu sagen gibt. Es sei denn man vertritt die Meinung, alles erhält seine Bedeutung erst dadurch, dass eine Wesenheit wie der Mensch sich darüber Gedanken machen kann.
... in St. Michele an Ezra´s Grab,
einst stand eine junge Frau
flüsterte
why, quod, perché, pourquoi, warum, warum, warum, warum
sie dachte dort
an Ovid, Dante und eben auch Ezra,
der sogar in einem Käfig - wie ein Tier
war er es?
von den Siegern ausgestellt in Pisa
dort wo der Tum steht - schief und krumm
noch heut
sie fühlte sich nicht
dumm,
sie war schlicht
verzweifelt
Pasolini war da schon tod
als kleines Kind
wie für viele andre Kinder
waren die Sterne für Sie
leuchtende Wesen
die einst auf Erden Menschen gewesen
vielleicht überlebt man es ja
neben den Sternen im Dunkel
treiben die Staubplaneten kalt
sie werden genauso
alt
sehr, sehr, alt
doch kalt!
Diese Betrtachtungen sind zweifelsohne legitim,
ja sie liegen so nah,
doch - Verzeihung - ich maße mir an,
das Baby schlüpfte aus dem Kokon (wer weiß vielleicht ist der Kaiserschnitt schon eine verhängnissvolle Procedur.....)
und JEDES Kleinkind ist eine unglaublich fähige Kreatur,
bis zu jenem Moment, da es in den Schredder geworfen wird.
Was hinten rauskommt sind wir - und manche von uns, ja ich bin so arrogant, versuchen sich wieder zusammenzusetzen und maßen sich an, sie hätten die Chance als friedliches, selbstbestimmtes Teilchen in dieser Unendlichkeit die Mechanismen des Fressen und Gefressenwerdens zu besänftigen.
Ich bin eben eine naive Träumerin, sie sich zurücksehnt in den Garten Eden, wo man von Luft und Liebe lebt.
... und bitte halten sie mir jetzt nicht die Qualen der Karotte vor, die diese vielleicht empfindet, so ich sie mit meinen unerbittlichen Zähnen zermalme und in die äzende Suppe meines Magens schlucke.
Ja, es gibt viele Einwände!
bezüglich "Betrachtungen" möchte ich hier einen - ich finde - interessanten Text empfehlen:
http://supercommunity.e-flux.com/authors/adam-kleinman/
Bitte nicht wieder "Sie". :-)
"und JEDES Kleinkind ist eine unglaublich fähige Kreatur, (..)
Absolut, das kann ich aktuell bei meinem kleinen 18monatigen Enkel sehen, den wir jetzt bei uns halbtags haben.
Ich schreibe das übrigens häufig in der Art, (wenn auch meine tiefsten Gedanken andere sind), weil ich immer mal wieder erstaunt bin, mit welcher Sicherheit über Dinge (Sachverhalte) gesprochen wird, die weit jenseits unseres Zeithorizonts liegen.
"Naive Träumerin?" Das wäre wohl nicht die beste Beschreibung, es entspricht doch mehr dem, was sich eigentlich jeder wünscht.
I want to be rendered redundant!
Im Englischen klingt das schlicht wundervoll -
wer möchte dies auf sich beziehen?
Marginalisiert, nicht notwendig, überflüssig?
Abgekürzt könnte ich meinen Traum auch so formulieren - bin nicht sehr verschlossen.... - I want to be rendered redundant!
In this System!
Gebe verwieß mich vor Längerem auf einen der hier mal schrieb - Oberham - ich bin ihm dafür dankbar, den der tickt wohl ähnlich wie ich.
dessen Motto lautete "Bedeutungslosigkeit ist immanent", keine Ahnung was aus Oberham wurde, doch sein Motto finde ich wirklich passend. (Ist er inzwischen gestorben - sein Profil existiert hier noch, doch er hat seit langer Zeit kein Lebenzeichen mehr hinterlassen....)
Also hier ist er aktiv. Und hier war er auch unterwegs.
"... fällt mir der KZ-Oberst ein, ..."
Jedem fällt wohl das ein, zudem er Affinitäten hat. Sonst würd's halt nicht einfallen.
"Ich fürchte, die Gemeinschaft besteht immer aus einer Gruppe "geführter" - die soziale Anarchie jedoch wäre eine Gemeinschaft lebendiger Geister, wobei der Geist eben der vernunftbegabte, der denkende Mensch ist ..."
Auch dazu liese sich einiges entgegnen. Etwa, a.) daß Sie anscheinend dem Begriff 'Gemeinschaft' zusätzliche Attribute beilegen, die Sie dann als Bezug für Gemeinschaft hernehmen. - Das ist so, als würde jemand den Begriff 'Apfel' privatissimo mit sauer besetzen, oder meinetwegen auch den Begriff 'Messer' mit Mord, um dann allgemein gegen Äpfel und Messer zu polemisieren. b.) Es drücken sich da mehr individuell affizierte Vorstellungen aus, als irgend etwas sonst. Als freischaffender Exorzist (zugelassen für alle religiösen und weltlichen Glaubensbekenntnisse) kann ich Ihnen gerne, falls gewünscht, meine Dienste dazu anbieten.^^
Gibt es so etwas wie einen Gegensatz zu natürlicher Obsoleszenz? Wenn ja, muss es das Werden sein. Das Werden ist immer verborgen; Riten, Feiern u.dgl. versuchen, es festzuhalten, falsche Methoden, z.B. das Gras zu ziehen, um es schneller wachsen zu lassen, versuchen einzugreifen in etwas, was verborgen geschieht und nicht von außen beschleunigt werden kann.
Ins Werden kann ich nur einsteigen, wenn ich den Moment ergreife. Jeder kennt das unangenehme Gefühl, die Reue, etwas zu früh oder gar nicht gesagt zu haben. Man hat sich nicht an das Werden angeschlossen, weil man den Moment verpasste. Die Präsenz, das Jetzt zu schnappen, ist eine Art Dauerauftrag an uns.
Wenn Gesetze immer nur hinterherhinken, können wir sie dann abschaffen? Ich weiß es nicht. Die Angst, selbst etwas zu gestalten, sitzt tief, selbst wenn man demokratisch erzogen wurde. Richtliniengetreues Arbeiten ist die Formel für Erfolg, heute. Die plumpe und dämliche Phrase, jeder Mensch sei austauschbar, zeugt davon. Zum Kleinen und Überschaubaren zurückzukehren, Anarchie als Erfahrung des Werdens - wieviel Selbsterziehung setzt dies voraus.
Dennoch: Ich bin froh, wenn mein Zahnarzt zum gegebenen Termin arbeitet, mein Auftrag an das Elektrizitätswerk, wenn ich morgens das Licht einschalte, ankommt usw.
Rilke: "Wolle die Wandlung.O sei für die Flamme begeistert/drin sich ein Ding dir entzieht, das mit Verwandlungen prunkt;/jener entwerfende Geist, welcher das Irdische meistert,/liebt in dem Schwung der Figur nichts wie den wendenden Punkt./Was sich in Bleiben verschließt, schon ists das Erstarrte..."
vox clamantis in deserto ^^
obgleich die leserinnen hier sie zu verstehen scheinen
Etwas kryptischer Text, was keinen der Kommentatoren zu iritieren scheint. Größte Probleme habe ich mit der Gleichsetzung oder zumindest mangelnden Differenzierung von Vergänglichkeit und Alterung. Periodische Vorgänge können auch Alterungsvorgänge sein (zB gedämpfte Schwingung), das ist aber die Ausnahme. Vergänglichkeit steht für Veränderung, ist eine absolute Größe. Sie wird zur Alterung (Altsein ist relativ), wenn man sie unter dem Zeitaspekt betrachtet, die Zeit liefert mit dem früher gleichzeitig das älter. Das ist aber ein rein formaler Altersbegriff. Der inhaltliche Begriff bezieht sich auf Objekte oder Ensembles, die zeitlich begrenzt sind, entstehen und vergehen. Die Prozesse des Entstehens und Vergehens definieren dann jung und alt, der Umschlagspunkt ist in der Regel nicht eindeutig. Alter ist Strukturabbau, Funktionsverlust. Hier kann man den Begriff Obsoleszenz anknüpfen. Merkwürdig allerdings, wie jemand, der dezidiert nicht dem Utilitarismus anhängt, auf die Formulierung natürliche Obsoleszenz kommt. Wird hier eine Teleologie des Biologischen unterstellt? Weder vom Einzelorganismus noch von den Mitlebewesen aus gibt es Obsoleszenz, na ja, den Blinddarm vielleicht, aber der zählt als Relikt. Altern und Tod von Tieren ist die Lebensgrundlage von Jägern und Aasfressern. Die Organe altern, obsolet werden sie nicht. Es ist eine merkwürdige Übertragung menschlicher Erfahrungen, derzufolge ein Organismus überflüssig geworden ist, wenn er sich fortgepflanzt hat (und eventuell die Nachkommen großgezogen hat). So aber wird nicht nur auf Maschinen und Einrichtungen geblickt, für die die Funktionalität ihr Existenzgrund ist, sondern auch auf die Menschen. Da sind wir bei der sozialen Obsoleszenz.
Falls es gewünscht wird, dekonstruiere ich den Text weiter.
Jedem fällt wohl das ein, zudem er Affinitäten hat. Sonst würd's halt nicht einfallen.
Zum Zitat: Wenn jede Erinnerung an eine Rezeption für Sie ein Zeichen von Affinität ist, dann bin ich in der Tat ein scheußliches Wesen, da ich mich leider an sehr, sehr viele scheußliche Dinge erinnere, die mir beim Lesen der Geschichtsbücher ins Gedächtnis gelegt wurden. Um einen extremen Zwiespalt zu beschreiben, griff ich auf dieses Bild zurück - wie sie mir unterstellen, aus inniger Zuneigung .............. was soll´s, ich möchte hier keinen bestimmten Menschen verletzten, doch hier scheint, das sich gegenseitig mit Gemeinheiten zu bewerfen, eine liebgewonnene Mode zu sein. Ein Vergnügen, das ich nicht nachempfinden kann.