Aphoristische Einwürfe

Materialismus und Moral Ethik, Moral, Sttlichkeit udgl. lassen sich gewiß setzen – aber wodurch begründen?

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Die Menschheit ist in Entwickelung von je her. Wie bei einer einzelnen menschlichen Biographie auch, hat die Menschheit Entwicklungsstufen durchgemacht und macht sie weiter durch. Für die persönliche Entwickelung heißt es: Aus Erfahrung wird man klug; aus Fehlern lernt man. Trifft das auch auf die Weltentwickelung zu?

Es stellen sich dabei die Fragen: wenn die heute Lebenden tatsächlich Erfahrungen aus ihrem Leben gezogen haben sollten, was geshieht damit, wenn sie versterben? Wird das Rad der Erfahrung von jeder Generation wieder und wieder neu erfunden? Kann Erfahrung weitergegeben werden? Wenn ja, wie übernimmt ein Mensch Erfahrungen eines anderen, ohne sie selbst gewonnen zu haben? Reichen das Erzählen des einen von seinen Erfahrungen und das sich Vorstellen dieser Erfahrungen des anderen tatsächlich aus, Einsichten daraus zu gewinnen. Nein! Das erstere sind Informationen, und Informationen sind Data. Die Summe der Data stimmt mit dem Satz der Indentität nicht überein.

Ein seltsamer Erfahrungsniederschlag ist es, welcher sich als Gepflogenheit etabliert hat, daß aber der Anspruch gemacht wird Regeln aus gemachten Erfahrungen dennoch setzen zu wollen und tatsächlich auch zu setzen. Solcherlei Satzungen gibt es sehr viele. Und gestütz werden sie allesamt qua ebenfalls gesetzter Sanktionen.

Woher aber kommt die Ansicht, daß es ausreiche, Regeln setzen zu können, ohne die Notwendigkeit der Erfahrung anderer, welche die regeln befolgen sollen, diese selbst gemacht zu haben, da doch derjenige der meint sie vollberechtigt setzen zu dürfen die Legitimation dazu seines eigenen inneren Prozesses gemachter Erfahrung selbst verdankt? Wie kann ein solcher Wahrheitsanspruch auf allgemeingültige Regelbarkeit, aus einer erlebten Erfahrung, für irgend jemand anderen überhaupt gesetzt werden! Es überführt sich dieser Anspruch selbst der Hybris und – sollte eine Satzung Anspruch geltend machen auf Regelung von Bereichen des menschlichen Verkehrs untereinander, auf Moral, Sittlichkeit, Ethik udgl. – gerade auch der Asozialität. Sie ist selbstredend contradictio in adjecto.

Ethik, Moral, Sittlichkeit, Tugenden udgl. lassen sich gewiß setzen – aber wodurch begründen?

Ein menschliches Leben, vorgestellt als Spanne in Jahren zwischen Geburt und Tod, existenzlos davor und existenzlos danach[1], wie soll solch ein vorgestelltes Leben überhaupt irgendeine Veranlassung und Neigung zu Eigen haben, sich moralisch, ethisch und sittlich zu erweisen?! Liegt denn nicht gerade jedem moralisch Skrupel zugrunde der Umstand eines Anzeichens dafür, daß das persönliche Leben als solche eine Spanne nicht gedacht werden kann, da es ansonsten ja absolut irrelevant wäre – und mit ihm jeder Anspruch auf Moral! Die Folge: wozu Erfahrung? Wozu Satzungen? Wozu Regelungen des menschlichen Verkehrs? Wozu Leben überhaupt?!

Sehe ich die Vorgänge in der Welt, so stellt sich die Frage, wie dem Guten beikommen? Meine Antwort: Die ganze Ewigkeit ernst nehmen!

Die Übel der Welt sind nicht begründet durch mangelhafte Satzungen, nicht durch noch fehlende Regelungen, alles das gibt es zum Erbrechen; nicht durch mangelhafte Sittlichkeit, Abwesenheit von Ethik und Moral, sondern durch Begründungslosigkeit von Ethik und Moral! Naturalismus kann sie nur als Täuschungen setzen.

[1] Die Vorstellung eines irgendwie seienden Lebens danach, so, wie sie in vielerlei Religionen im Schwange ist, entweder mit unmittelbar folgender Erfüllung nach dem Tode, oder mit der Zwischenstufe einer Warteposition bis zu einer später eintretenden Erfüllung („Jüngstes Gericht“), ist linear. – Und zudem halt auch nur eine ersponnene halbe Ewigkeit! Sie, diese Vorstellung, wiederspricht sich selbst. Sie erhebt Anspruch auf den Gedanken Ewigkeit und stellt dennoch linear (teleologisch) vor. Wenn Ewigkeit ewig ist, so kann diese nicht linear gesetzt werden; sie schließt mit Denknotwendigkeit die vorgeburtliche Existenz ein.

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Geschrieben von

GEBE

Von der Gewalt, die alle Wesen bindet, befreit sich der Mensch, der sich überwindet.

GEBE

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