Amazon Studios: Vorsprechen mit Ahnenpaß

Rassismus Amazon Studios wird das Casting durch eine Stammbaumprüfung ersetzen. Verkauft wird dies als Minderheitenförderung, doch in Wahrheit ist es Rassismus in Reinform.

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Kommentar - Minderheiten sollen gefördert werden. Die zig als Geschlechter fehlbezeichneten sexuellen Orientierungen berücksichtigt werden. Das Fernsehbild durch Diversität bereichert werden. Viel hat sich Amazon Studios auf die Fahnen geschrieben, als die Führungskräfte die neuen Richtlinien für ihre Filme beschlossen haben.

Künftig sollen Rollen nach der Abstammung und sexuellen Orientierung ihrer Figuren besetzt werden, die Schauspieler haben also exakt der Figur zu entsprechen. Eine schwule Figur darf nur von einem Schwulen gespielt werden und ein Mexikaner nur von einem Mexikaner. So soll jede Rolle ethnisch korrekt besetzt sein und eben sexuell orientiert gleich mit. Schauspielerisches Können rückt da wohl in das zweite Glied.

Was Amazon als humanitäre Tat verkauft ist in Wirklichkeit versteckter Rassismus in Reinform, denn Minderheiten werden so erst recht in einen sehr engen Rahmen von Rollen gesperrt - niemals könnte ein Chilene einen mexikanischen Latino spielen. Nein, er muß Chilene bleiben. Der schwule Schauspieler dürfte dieser irrsinnigen Logik nach außerdem nie wieder einen Heterosexuellen spielen - das wäre in den 1950ern für den beliebten Schauspieler Rock Hudson, der an der Seite von Doris Day und in Abenteuerfilmen brillierte, das Aus gewesen.

Außerdem stellt sich die Frage: Was ist, wenn eine Rolle bezüglich dieser Merkmale nicht näher festgelegt wurde, weil es für das Drehbuch völlig unwichtig ist - wie bei vielen Nebenrollen der Fall? Soll das etwa anti-rassistisch und anti-diskriminierend sein, daß nun erst recht gefördert wird, jede Figur eines Filmes in allen Einzelheiten der Ethnizität und Sexualität zu kennzeichnen?

Wem soll das darüber hinaus etwas bringen? Hasst man Lesben, weil man sie kaum im Fernsehen sieht und liebt man sie, wenn man sie bei Amazon Studios nun ständig sehen wird, weil irgendwelche Figuren als solche erkannt werden können? Findet man Schwule endlich akzeptabel, weil man weiß, dass der Schaupspieler hinter der schwulen Figur selbst homosexuell ist?

Da fragt man sich doch, ob den Entscheidern bei Amazon nicht bewusst ist, daß diese Maßnahme mehr einer Ausgrenzung als einer Eingliederung von Minderheiten gleicht. Fast könnte man meinen, daß Amazon bewusst herausfinden will, welcher Art die Bewerber auf ihre Rollen denn gestrickt sind, um Minderheiten erst recht als solche zu kennzeichnen. Ob der bekannte englische Darsteller Robert Shaw sich allerdings nicht als rassistisch abgelehnt gefühlt hätte, wenn er die Rolle des deutschen Oberst im Film Panzerschlacht in den Ardennen (1965) aufgrund seiner Abstammung nicht bekommen hätte, darf bezweifelt werden. Er spielte herausragend und überzeugend, was auch seinem deutschen Synchronsprecher zu verdanken ist - ein Aspekt der hier übrigens völlig ausgeblendet wird, aber viel zur Wahrnehmung einer Figur beiträgt. Der berühmte Charlton Heston jedenfalls klagte einmal, daß es "unverschämt rassistisch" von der Gewerkschaft sei, daß man einem westlichen weißen Schauspieler die Rolle als Eurasier (!) im Bühnenstück Miss Saigon verweigerte - also aufgrund der Abstammung. Er verließ daraufhin die Gewerkschaft Actor's Equity Association (Gewerkschaft für Gleichberechtigung von Schauspielern).

Wenn bei Amazon Studios nun der nächste Film im Umfeld des Deutschen Reiches zwischen 1933 und 1945 gedreht wird, lässt sich jedoch deutlich absehen, wie die Bewerbung der Schauspieler für die Figuren der SS-Soldaten auszusehen haben: Statt eines Lebenslaufes sollten diese Bewerber besser einen Ahnenpaß beifügen - und eidesstattlich versichern, daß sie, zumindest öffentlich, nicht schwul sind. Wo kämen wir hin, wenn ein blonder und blauäugiger Franzose oder Pole in diese Rolle schlüpfen dürfte - gleichgültig, wie gut er sie verkörpert. Das deutsche Publikum wäre wohl arg irritiert und würde sich von Amazon Studios sicherlich rassistisch außen vor gelassen fühlen.

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