Reiche in England umgehen Impfstoff-Reihung

Corona-Impfung In Großbritannien fliegen reiche Menschen ins Ausland, um die Impfstoff-Regeln zu umgehen. Ein privater Club brüstet sich sogar öffentlich mit den Luxus-Trips.

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Es ist keine neue Erkenntniß, dass reiche Menschen oft dem Höhenflug anheim fallen, sich alles erlauben zu dürfen - weil sie wohlhabend sind. Ein neues Kapitel im Buch gesammelter Ereignisse schreibt nun die Corona-Krise in Großbritannien. Dort umgehen Reiche die vom Staat vorgegebene Impfstoff-Reihenfolge - weil sie es sich leisten können.

Vereinigte Arabische Emirate, Indien oder Marokko: Offiziell Geschäftsreisen

Das funktioniert so: Clubs, wie der Knightsbridge Circle (KC) - Jahresbeitrag von 25000 Pfund (28125 Euro) - bieten ihren Mitgliedern ein Luxus-Impfstoff-Reiseprogramm an, das im Mitgliedsbeitrag inbegriffen ist. Hierfür werden diese in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) oder nach Indien geflogen, wo sie eine Luxus-Villa samt Swimming Pool, Koch und Dienerschaft bewohnen können und den Impfstoff verabreicht bekommen. Zum Einsatz kommen in den VAE laut KC die Vakzine von Pfizer und Sinopharm.

In Indien wird auf Astra Zeneca für die Trips gesetzt. Zudem steht der Club in Kontakt mit Ärzten aus Indien, die passende Kliniken in Marrakesch (Marokko) aufbauen und die Impfstoffe dorthin schicken sollen - weil Visa für Marokko einfacher zu beschaffen seien. Das heißt, diese privaten Sonder-Trips haben sogar Einfluß auf die Verteilung der Impfstoff-Dosen auf der Welt. Außerdem werben einige indische Hersteller damit, dass der Impfstoff ab März frei zu kaufen sein soll. Einer davon, das Serum Institute of India, plant sogar Millionen Dosen für 8 Dollar (6,62 Euro) privat anzubieten. Zur Umgehung der britischen Reisebeschränkungen werden übrigens Geschäftsreisen als Grund angegeben - weil angeblich 40 Prozent der Mitglieder wirklich solche Kontakte in den VAE hätten.

Club betreibt eigene Rangliste

Wiederholt betont der Sprecher des Clubs, Stuart McNeill, dass man nicht jedem das Angebot gebe, sondern den Leuten, die eine Impfung nötig hätten: "Wir haben noch eine moralische Verantwortung, dass die Leute sie [die Impfung] erhalten, die sie brauchen." Er fügte hinzu, dass bislang keine Leute geimpft worden seien, die weniger als 65 Jahre alt sind. Allerdings sagte er auch, dass der Club zwar die Reihenfolge der britischen Regierung begrüße, jedoch verriet er dabei, dass der KC eine eigene Rangfolge für diese Luxus-Trips eingeführt hat. Ob diese Reihung sich also mit der offiziellen deckt, darf bezweifelt werden - und damit stellt sich wieder die Frage, wieviele Leute doch früher an die Impfung gelangen, als eigentlich angedacht?

Mittlerweile bieten Dubai und Abu Dhabi sogar private Termine für Impfungen mit dem Pfizer-Vakzin an, sogar für Ausländer. Rund 20 Prozent der Mitglieder, so McNeill, hätten das Angebot bereits genutzt - darunter Adlige, Prominente und Geschäftsführer, die "der Öffentlichkeit sehr bekannt wären."

Zu glauben, man sei als reicher Mensch über alle Regeln erhaben, ist übrigens kein britisches Phänomen allein in Corona-Zeiten: Der US-amerikanische Regisseur und Oscar-Preisträger Oliver Stone - eigentlich sehr bekannt für auch sozial-kritische Filme wie Platoon - flog Anfang des Dezember 2020 nach Russland, um sich dort mit Sputnik V impfen zu lassen - obwohl die russischen Regeln die Altersgruppe des 74-jährigen Stone noch nicht erlaubten. Dennoch bekam er die Impfung vorzeitig verabreicht.

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