DER SPIEGEL – und er tut es immer wieder

Libyen. In „Der Spiegel“ Ausgabe 16/2016 erschien unter dem Titel „Der gescheiterte Staat“ ein Artikel über die Situation in Libyen.

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Ein Spiegel-Artikel, der mehr verwirrt, denn aufklärt und einige Merkwürdigkeiten aufweist, zum Beispiel wenn er Regierungen, Milizen und die libysche Nationalarmee durcheinander bringt.

Richtig ärgerlich wird der Spiegel-Artikel dort, wo er seit langem und eindeutig wiederlegte falsche Behauptungen über den Hergang des Sturzes von Gaddafi und der Dschamahirija-Regierung in Libyen aufstellt. So heißt es dort: „… begehrte im Februar 2011 auch der Osten Libyens auf, der sich seit Langem von Tripolis gegängelt fühlte. Gaddafi reagierte erwartungsgemäß und schickte Heckenschützen, Artillerie und Streubomben. Es folgte ein brutaler Bürgerkrieg, der unzähligen Zivilisten das Leben kosten sollte. […] Die Intervention, die der UN-Sicherheitsrat am 17. März beschloss, hatte keinen Regimewechsel zum Ziel, sondern den Schutz der Zivilbevölkerung vor den Regierungstruppen Gaddafis. In dieser Hinsicht war die Intervention auch erfolgreich.

Eine Intervention als erfolgreich zu bezeichnen, die ein prosperierendes Land, das in Afrika reichste und fortschrittlichste in Sachen Menschenrechte, Frauenrechte, Bildungswesen und medizinische Versorgung, in Armut, Elend und Verzweiflung bombte, dazu braucht es schon ein gehöriges Maß an Chuzpe. Eine Intervention, die einen bis heute eskalierenden Bürgerkriege nach sich zog, einen gescheiterten Staat zur Folge hat, in dem sich der IS ausbreiten kann, und der bis heute geschätzt 100.000 Menschen den Tod kostete, ist der Gipfel des Zynismus.

Die Behauptungen, dass Gaddafi Heckenschützen, Artillerie schickte und Streubomben einsetzte, und dass durch den NATO-Krieg Blutvergießen verhindert worden wäre, ist bewiesenermaßen falsch. Dagegen ist belegt, dass die gewaltsamen Auseinandersetzungen mit libyschen Sicherheitskräften von organisierten und vom Ausland unterstützten Kräften provoziert wurden.

Ausschlaggebend für die UN-Resolution 1973, die die Verhängung einer Flugverbotszone zum Inhalt hatte, war die Behauptung, Gaddafi hätte 6.000 Aufständische getötet. Doch wann und von wem war dies behauptet worden?

In Genf hatte eine Sitzung des Menschenrechtsrats stattgefunden. Der Vertreter Libyens, Sliman Buchuiguir hatte sich erhoben und diese Zahl der 6.000 in den Raum geworfen. Unterstützt wurde er von einer der US-Regierung nahestehenden NGO ‚National Endowment for Democracy‘ NED, die mit Schreiben an die US-Regierung, die EU und die UNO den Ausschluss Libyens aus dem UN-Menschenrechtsrat forderte. 85 internationale Menschenrechtsorganisationen unterstützten diese Forderung mit ihrer Unterschrift. Die Saat war aufgegangen – ohne jeden Beweis für die Richtigkeit der Behauptungen.

Als nächstes wurde die Anschuldigung gegen Gaddafi in New York bei einer Sitzung des Sicherheitsrats der UN wiederholt. Als Quelle wurde der Menschenrechtsrat in Genf genannt. Mit Zustimmung Russlands und Chinas wurde deshalb am 17. März 2011 eine Flugverbotszone über Libyen verhängt. In den westlichen Medien hieß es, Gaddafi werfe Bomben ‚auf die eigene Bevölkerung‘.

Als Russland und China registrierten, dass die Flugverbotszone nicht einem humanitären Einsatz galt, sondern von der NATO dahingehend umgebogen wurde, gegen Libyen in den Krieg zu ziehen und mit NATO-Kampfflugzeuge Städte wie Bani Walid und Sirte zu bombardieren, um Gaddafi und die Dschamaharija-Regierung zu stürzen, fühlten sich beide Mächte betrogen.

Es handelte sich um einen NATO-Krieg, getarnt als humanitäre Aktion der Vereinten Nationen und abgenickt durch den Weltsicherheitsrat. Die Bevölkerungen der westlichen Länder klatschten Beifall. Wenn es gegen einen sogenannten ‚Diktator‘ geht, ist man immer auf der richtigen Seite des Weltgeschehens. Seit Hitler weiß doch jedes Kind: Diktatoren müssen weg!

Nur leider stellte sich später heraus, dass die Behauptungen, die gegen Gaddafi und das libysche Militär erhoben worden waren, schlichtweg erfunden waren, ebenso wie einst die Atomwaffen Saddam Husseins, die als Grund für eine Intervention in den Irak vor der UNO herhalten mussten. Sliman Buchuiguir, der ein Gegner Gaddafis war, wollte ihn aus persönlichen Gründen stürzen. Belege für die 6.000 Toten, von Journalisten gefordert, konnte Buchuiguir bis heute nicht liefern. Als seine Quelle nannte er später Mahmoud Dschibril.

Wer war Mahmoud Dschibril? Dschibril leitete während der Ära Gaddafi den Ausschuss für wirtschaftliche Entwicklung und pflegte als Verfechter neoliberaler Wirtschaftsideen enge Verbindungen mit den USA und Frankreich. Er wechselte bei Ausbruch der Unruhen unverzüglich die Seiten und wurde Vorsitzender des in Bengasi gebildeten ‚Nationalen Übergangsrats‘ NTC. Ein anderes libysches Regierungsmitglied, Abdul Dschalil, stellte sich ebenfalls auf die Seite der ‚Aufständischen‘ und gehörte anschließend dem NTC an. Kurzzeitig wurde er sogar libysches Staatsoberhaupt. Dschalil, als ehemaliger Justizminister ein Vertreter des wirklich repressiven Flügels der libyschen Regierung, bekam in der Nach-Gaddafi-Zeit – genauso wie Abdulfatah Junis (ehemals Kommandeur der libyschen Sondereinheiten) und Rahmann al-Abhar (ehemals Generalstaatsanwalt) – im NTC Übergangsrat wichtige Posten. Der Westen erhob dagegen keine Einwände.

Zutiefst von den Vorgängen in Libyen enttäuscht und völlig desillusioniert gab Dschalil im Mai 2014 gegenüber dem Sender Al-Arabia zu: „Gaddafi gab niemals den Befehl, Demonstranten zu töten. Das taten Scharfschützen aus dem Westen: aus Frankreich, Großbritannien und den USA. Die Getöteten, die wir vorzeigten, waren Ausländer, die wir in libysche Kleidung gesteckt hatten. Niemand forderte sie zurück. Ich wusste von dem Plan als ich noch in Gaddafis Regierung war, aber zu dieser Zeit konnte ich nichts sagen. Doch das war der Plan und wir mussten ihn ausführen. Wenn dies alles bereits 2011 bekannt geworden wäre, hätten die internationale Gemeinschaft und die UN die Resolution 1973 nicht durchsetzen können.“

Aus heutiger Sicht kann man sagen, sie alle waren nur nützliche Idioten für die neuen Kolonialherren. Und genauso wird es den islamistischen Gruppierungen ergehen, die nicht schnell genug bereit sind, vor den Kolonialherren kuschen.

In einer Harvard-Studie „Lessons from Libya: How Not to Intervene“[1]von 2013 schreibt auch Professor Kuperman, dass Gaddafi Gewalt niemals gegen Zivilisten oder wahllos einsetzte und wie der NATO-Einsatz den Krieg um mindestens das sechsfache verlängerte: „Die damaligen Pressemeldungen übertrieben die „Todesrate“ um den Faktor zehn; sie gingen von ‚mehr als 2.000 Toten‘ während der ersten Tage der Proteste in Bengasi aus, während Human Rights Watch (HRW) später nur 233 Tote im ganzen Land zählte. Dass Gaddafi nicht die Zivilbevölkerung, sondern aufständische Kämpfer zum Ziel hatte, zeigt sich auch bei der Zahl von Verwundeten in Misrata. Dort wurden laut HRW in den ersten sieben Wochen 949 Personen verletzt, davon waren nur 30 Frauen oder Kinder. In dieser Zeit wurden in der Stadt Misrata mit einer Bevölkerung von 400.000 genau 257 Menschen getötet. Auch richtete Gaddafi kein Blutbad in einer der anderen Städte wie Aidabija, Bani Walid, Brega, Ras Lanuf, Zawija und dem Großteil von Misrata an, die seine Armee von den Rebellen vor der Nato-Intervention rückerobert hatten. Es findet sich kein Hinweis darauf, dass er dies bei der Rückeroberung der noch von Rebellen gehaltenen Stadt Bengasi vorgehabt hätte. Die weitverbreitete Meinung, das Hauptziel der Nato in Libyen wäre es gewesen, Zivilisten zu schützen ist also falsch. Es gibt genügend Beweise, die zeigen, dass es das Ziel der Nato war, Gaddafi zu stürzen, auch wenn dadurch das Leiden der Zivilbevölkerung zunahm. Im Gegensatz zu Gaddafi attackierte die Nato die libyschen Streitkräfte ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, selbst in solchen Fällen wie in Gaddafis Heimatstadt Sirte, wo die libysche Armee auf dem Rückzug war und die Nato verkündete, die Zivilisten zu schonen. Es gibt genügend Beweise, die zeigen, dass es das Ziel der Nato war, Gaddafi zu stürzen, auch wenn dadurch das Leiden der Zivilbevölkerung zunahm. Im Gegensatz zu Gaddafi attackierte die Nato die libyschen Streitkräfte ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, selbst in solchen Fällen wie in Gaddafis Heimatstadt Sirte, wo die libysche Armee auf dem Rückzug war und die Nato verkündete, die Zivilisten zu schonen. Darüber hinaus unterstützte die Nato auch dann noch die Rebellen, wenn diese wiederholt einen Waffenstillstand, den die Regierungstruppen anboten, ablehnten, obwohl dieser dazu hätte beitragen können, die Gewalt zu beenden und Zivilisten zu schonen. Erst diese militärische Hilfestellung zusätzlich zu Waffenlieferungen, militärischer Ausbildung und der Entsendung verdeckter, hunderte Mann starker Truppen aus Katar, ermöglichte es den Rebellen, Gaddafi gefangen zu nehmen und zu töten und im Oktober 2011 die Macht in Libyen zu übernehmen.

Ein falsches Verständnis ist es also, wenn gemeint wird, dass die Intervention Leben rettete und Libyen und seinen Nachbarn von Nutzen war. Denn als die Nato Mitte März 2011 in Libyen intervenierte, hatte Gaddafi bereits über den Großteil von Libyen wieder die Kontrolle zurückerlangt, während sich die Rebellen auf einem schnellen Rückzug in Richtung Ägypten befanden. Der Konflikt war sechs Wochen nach seinem Beginn so gut wie zu Ende und hatte etwa 1.000 Menschen das Leben gekostet, darin eingeschlossen Soldaten, Rebellen und Zivilisten, die ins Kreuzfeuer geraten waren. Als die Nato eingriff, konnten die Rebellen ihre Angriffe fortsetzen, was insgesamt 7.000 mehr Tote bedeutete.

Auf dem Blog ‚peds-Ansichten‘ wird in einem wirklich empfehlenswerten Artikel[2] dargestellt, wie sich in Libyen keineswegs eine Demokratie fordernde Jugend gewaltfrei für mehr Menschenrechte einsetzte, sondern vom Ausland unterstützte dschihadistische Islamisten zugange waren, die von Anfang an auf Gewalt setzten, Polizeistationen in Brand steckten und Zusammenstöße provozierten, so dass zum Beispiel in Bengasi 38 Polizisten (nicht Militär und auch nicht Oppositionelle!) in Krankenhäuser eingeliefert wurden oder 50 schwarzhäutige Soldaten der libyschen Armee in der Stadt al-Baida exekutiert wurden. Es kam zu Gewaltexzessen gegen Gaddafi-Anhänger und solche, die dafür gehalten wurden. Ein türkischer Bauarbeiter sagte zu BBC: „Wir hatten siebzig bis achtzig Leute aus dem Tschad in unserer Firma. Sie wurden mit Baumscheren und Äxten niedergemetzelt und von den Angreifern beschuldigt, für Gaddafi Truppen zu stellen. Auch die Sudanesen wurden massakriert. Wir haben es selbst gesehen.“[3]

Zu den Oppositionellen in Libyen zählten Kämpfer der LIFG (Libyan Islamic Fighting Group), die sich aus ehemaligen Mudschahedins aus Afghanistan zusammensetzt. Ihr Führer war Abdelhakim Belhadsch, der spätere Militärkommandeur von Tripolis und Soldempfänger des Emirs von Katar. Unterstützt wurden die islamistischen Gruppierungen von den im Land operierenden westlichen Geheimdiensten.

Es stellt sich die Frage, wer die libysche Regierung dazu bewog, noch einen Tag, nachdem die Rebellion begonnen hatte, 110 LIFG-Kämpfer zu begnadigen und aus dem Gefängnis zu entlassen. Wie bekannt, arbeiteten vor dem Februar 2011 die amerikanischen und libyschen Geheimdienste bei der Bekämpfung von IS und al-Kaida eng zusammen. Dann wechselten die USA plötzlich die Seiten. Ging hier etwas Ähnliches vor wie auch schon im Irak, als Saddam Hussein von der damaligen US-Botschafterin praktisch grünes Licht für einen Einmarsch in Kuweit bekam und sich somit in Sicherheit wiegte, denn der gemeinsame Feind von Irak und den USA war ja der Iran? Nun, bekanntlich kennen die USA keine Freunde, sondern nur Interessen.

Die USA hatten den Umsturz in Libyen von langer Hand vorbereitet. Systematisch wurden Konflikte zwischen dem Osten und der Regierung, zwischen neoliberalen Wirtschaftspolitikern und sozialistisch orientierten Dschamahirija-Anhängern geschürt, wurde im In- und Ausland versucht, Politiker und Personen aus dem Umfeld Gaddafis abzuwerben und für einen Umsturz zu gewinnen.

Bei all dem waren natürlich auch die Medien nicht unwesentlich beteiligt. Ein Pro-Gaddafi-Marsch im Juli 2011 in Tripolis, an dem zwischen einer und zwei Millionen Menschen teilnahmen (bei einer Bevölkerung von sechs Millionen) wurde komplett totgeschwiegen. Gaddafi wurde zum bösen Diktator stilisiert, der sein Volk quält und unterdrückt und endlich, endlich „weg muss“. Eine Sonderrolle nahm dabei Al-Dschasira ein, der Haussender des Emirs von Katar, bekannt durch seine umfassende Unterstützung der Moslembrüder. Al-Dschasira war für die westlichen Medien die Hauptinformationsquelle über die Vorgänge in Libyen. Der Sender berichtete über die Bombenabwürfe durch die libysche Armee, die nie bestätigt wurden, obwohl das der US-amerikanischen Satellitenaufklärung, hätten sie denn stattgefunden, ohne weiteres möglich gewesen wäre. Die russische Aufklärung konnte sogar jegliche Art von Bombenabwürfen durch libysches Militär auf Zivilisten dementieren.

Eine Rolle, allerdings in erster Linie für die westliche Berichterstattung, spielten auch die neuen sozialen Medien, vor allem ‚facebook‘, das über eine anonyme Seite mit dem Namen ‚Libyan Youth Movement‘ zu einem ‚Tag des Zorns‘ am 17. Februar aufrief. Die Seite war keine zwei Wochen vor dem Ausbruch der Unruhen angelegt worden. Allerdings war dieser 17. Februar ursprünglich als Gedenktag gegen die Mohammed-Karrikaturen angelegt worden, und zwar von der libyschen Moslembruderschaft und hatte mit Demokratiebestrebungen rein gar nichts im Sinn.

Doch was war wirklich los in Libyen, zum Beispiel im Januar 2011? Tatsächlich hieß es am 4. Januar 2011 noch in einem Bericht des UN Human Rights Council über Libyen: „Die Delegation [des UNHRC] stellte fest, dass alle Rechte und Freiheiten Bestandteil eines schlüssigen, gefestigten Rechtsrahmens sind. Die rechtlichen Garantien bilden die Basis für die Sicherstellung der Grundrechte der Menschen. Weiterhin werden Verstöße, die möglicherweise auftreten, vom Gerichtswesen verhandelt und Täter werden vor Gericht gebracht. Das Gerichtswesen gewährleistet die Rechte der Einzelnen und wird unterstützt von anderen Instanzen, in besonders bedeutender Weise von der Staatsanwaltschaft. Eine nationale Menschenrechtskommission, deren Mandat sich auf den „Pariser Prinzipien“ gründet, ist 2007 eingerichtet worden. Die vorgenannten Instanzen werden ergänzt von neu eingerichteten Mechanismen wie beispielsweise den mit dem Gesetzt Nr. 19 2001 geschaffenen zivilgesellschaftlichen Organisationen.“ (Punkt 10 des Berichts)

Der Schutz der Menschenrechte ist in der Libysch-Arabischen Dschamahirija sichergestellt. Das beinhaltet nicht nur politische Rechte sondern auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Die Libysch-Arabische Dschamahirija kann sich auf ihre wegweisenden Erfahrungen auf dem Feld der Verteilung des Wohlstands und des Rechts auf Arbeit berufen.“ (Punkt 11 des Berichts)

„Die Delegation [des UNHRC] weist darauf hin, dass Frauen in der Libysch-Arabischen Dschamahirija hoch angesehen sind und ihre Rechte von allen Gesetzen und der Gesetzgebung garantiert werden. Diskriminierende Gesetze wurden aufgehoben. Libysche Frauen besetzen herausragende Positionen im öffentlichen Bereich, dem Justizwesen, der Staatsanwaltschaft, bei der Polizei und im Militär. Die libysche Gesetzgebung sichert auch die Rechte der Kinder, lässt Kindern mit besonderen Bedürfnissen, Älteren und Behinderten besondere Aufmerksamkeit zukommen.“ (Punkt 12 des Berichts)

„Illegale Einwanderung ist eine der größten Herausforderungen, denen sich das Land gegenübersieht. Illegale Einwanderung hat negative Auswirkungen auf den Staatshaushalt, die Entwicklung, die Gesundheit, die Umweltprogramme und die soziale Stabilität. Die Libysch-Arabische Dschamahirija erwartet die Koordination und Kooperation mit den betroffenen Ländern, insbesondere mit Europäischen Ländern, die Ziel der Flüchtlinge sind, um umfassende Programme aufzubauen, die sich mit den wirtschaftlichen und sozialen Ursachen dieses Phänomens befassen und den Flüchtlingen helfen, sich in ihren eigenen Ländern niederzulassen, indem ihnen Arbeitsgelegenheiten geboten werden und ihre Länder mit Entwicklungsplänen unterstützt werden.“ (Punkt 13 des Berichts)

„Die Libysch-Arabische Dschamahirija stellte fest, dass Gesetze auf der Basis der im Großen Grünen Dokument verankerten Prinzipien die Meinungsfreiheit sicherstellen. Artikel 5 fördert die Freiheit, wobei in Artikel 8 festgelegt ist, dass „jeder Bürger das Recht hat, seine Meinung öffentlich in den Volkskongressen und den Massenmedien zu äußern …“. In Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit ist jeder Bürger, Mann oder Frau, der das Alter von 18 [Jahren] erreicht hat, berechtigt zur Mitgliedschaft in den Basisvolkskongressen, und hat aufgrund dieser Mitgliedschaft das Recht ihre oder seine Meinung zu jedem Thema zu äußern. Des Weiteren werden angesichts der wachsenden Informationsnetze Einschränkungen der Meinungsfreiheit ohnehin hinfällig….“ (Punkt 16 des Berichts)

Die Religionsfreiheit wird gewährleistet getreu den Grundrechten und dem Grünen Dokument, das festlegt, dass Religion ein privater, geistlicher und persönlicher Wert ist und eine direkte Beziehung zum Schöpfer darstellt.“ (Punkt 17 des Berichts)[4] (Hervorhebungen durch die Verfasserin)

Aber vielleicht war ja gerade dies – neben der Gier nach Öl, Wasser, Geld und Gold – das Problem? Sollte verhindert werden, dass sich Libyen mit dem Modell seiner Dschamahirija zum afrikanisch-arabischen Vorzeigestaat entwickeln und als Vorbild für andere Staaten dienen könnte? Als Gegenmodell zu den meisten Staaten der arabischen Welt, die oft trotz ihres Öl-Geldes in einem rückwärtsgewandten Islamismus zu ersticken drohen? In der eigenen Bevölkerung und der der schwarzafrikanischen Länder erfreute sich Gaddafi auch dank seiner Großzügigkeit großer Beliebtheit und in Europa war er wieder hoffähig. Das galt es zu unterbinden.

Wenn es die afrikanischen und arabischen Länder jetzt nicht schaffen, sich gegen den neuen Kolonialismus zur Wehr zu setzen, dann sind all die Opfer, die in den Unabhängigkeitskriegen des letzten Jahrhunderts gebracht wurden, umsonst gewesen. Nur wenn sich die Libyer in ihrem Libyen behaupten, kann der neue Kolonialismus gestoppt werden. Das Rad der Geschichte darf nicht zurückgedreht werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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