Deutschland will Libyen-Konferenz ausrichten

Deutschland/Libyen. Im Herbst soll in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen erneut eine Libyen-Konferenz ausgerichtet werden. Voraussichtlich soll diese Konferenz in Berlin stattfinden.

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Das kündigte der deutsche Botschafter für Libyen, Oliver Owcza, am Mittwoch auf Twitter an: „Deutschland hat bereits mit der Konsultation wichtiger internationaler Partnern begonnen. Bei ausreichenden Vorbereitungsarbeiten könnten diese Bemühungen im Herbst zu einem wichtigen Ergebnis führen.“

Auch bei der gestrigen Generaldebatte im deutschen Bundestag warnte Merkel in ihrer Rede vor der Entwicklung in Libyen, die ähnliche Ausmaße wie in Syrien mitsamt Stellvertreterkriegen annehmen könnte. Darum müsse die Staatlichkeit Libyens wiederhergestellt werden. Es müsse alles getan werden, um die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen und „Deutschland wird seinen Beitrag leisten“. Man müsse die Staatlichkeit in Libyen wieder herstellen, so schwierig dies auch sei. Laut Merkel könne durch die Lage in Libyen ganz Afrika destabilisiert werden.

Der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, hat bereits im vergangenen Monat Pläne für eine internationale Konferenz vorgestellt, auf der die ausländischen Staaten, die verschiedene gegeneinander kämpfende Gruppen unterstützen, zusammenkommen sollen. Das Ziel der Konferenz wäre es, ausländische Regierungen zur Durchsetzung eines bestehenden Waffenembargos und zu einem Waffenstillstand zu bewegen, damit erneut Gespräche über Machtverteilung und eventuelle Wahlen geführt werden könnten.

Es fand bereits im Mai 2018 in Paris eine Libyen-Konferenz statt, auf der man sich auf Wahlen geeinigt hatte, die niemals kamen, sowie eine zweite Libyen-Konferenz in Palermo im November 2019, bei der die Türkei protestierend vorzeitig die Verhandlungen verließ. Frankreich unterstützt die vom Osten aus agierende Libysche Nationalarmee (LNA) unter General Haftar, Italien die von Tripolis aus agierende ‚Einheitspartei‘ unter as-Sarradsch, die von Milizen und der Moslembruderschaft kontrolliert wird. Die LNA erhält hauptsächlich Unterstützung von Ägypten und den VAE, die ‚Einheitsregierung‘ von der Türkei und Katar.

Deutschland wird als neutraler Vermittler wohl für eine gute Idee gehalten, da sich Deutschland 2011 im UN-Sicherheitsrat gemeinsam mit Russland und China bei der Abstimmung über eine „Flugverbotszone“ in Libyen der Stimme enthielt. Außerdem hat die deutsche Kanzlerin Merkel innerhalb der EU beträchtlichen Einfluss.

Allerdings hatte sich der deutsche UN-Sonderbotschafter für Libyen Martin Kobler, der diesen Posten von 2015 bis 2017 bekleidete, eindeutig auf Seiten der Moslembruderschaft und der Einheitsregierung positioniert. Kobler stolperte von einer Peinlichkeit in die andere und scheute auch nicht die enge Zusammenarbeit mit al-Kaida-Leuten wie Belhadsch oder Ali Salabi, und flog zu Treffen mit diesen LIFG-Kämpfern (Libyan Islamic Fighting Group) sogar nach Istanbul, wo neben der Machtergreifung durch die ‚Einheitsregierung‘ auch die Ermordung von ehemaligen Gaddafi-Offizieren in Tripolis nicht nur geplant, sondern anschließend auch ausgeführt wurde. Damals schrieb ich: „Gratulation! Libyen hat eine neue Regierung und deren Chef heißt Martin Kobler! Er regiert ab sofort das Land in altrömischer Prokonsul-Manier!“ 2017 war Kobler nicht länger haltbar.

Deutschland wird also das Vertrauen von Erdogan genießen, mit dem Merkel noch gestern telefonierte. Die Absprachen dürften getroffen sein. Und damit Merkel nur ja nicht aus der Spur gerät, hat die Türkei in den letzten Tage gleich einmal etliche tausend syrische Migranten vom türkischen Festland in Richtung auf die in Sichtweite gelegene griechische Insel Lesbos in See stechen lassen und damit gedroht, es könnten noch viele folgen, falls die EU die eingegangenen Verpflichtungen nicht einhält. Diese Verpflichtungen dürften sich nicht nur auf die von der EU an die Türkei zu zahlenden Gelder beziehen, sondern dürften auch Absprachen über die Unterstützung der Moslembruderschaft in Libyen miteinbezogen haben.

https://de.reuters.com/article/deutschland-libyen-idDEKCN1VW25H
https://www.freitag.de/autoren/gela/dschihadisten-sollen-in-libyen-an-die-macht
https://www.freitag.de/autoren/gela/libyen-im-maerz-1

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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