Die Kontrolle der libyschen Zentralbank

Libyen. Es folgt die Übersetzung eines Artikels von Horace G. Campbell mit dem Titel "New Push for Military Intervention in Libya - Who will Control the Libyan Central Bank?"

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Neue Bemühungen um eine militärische Intervention in Libyen – Wer wird in Zukunft die libysche Zentralbank kontrollieren?[1]

Von Horace G. Campbell[2]

Die NATO-Staaten strengen sich gerade sehr an, eine Intervention in Libyen zu ermöglichen. Im Moment besteht die Rechtfertigung darin, dass der Islamische Staat bekämpft und der Terror davon abgehalten werden muss, über das Mittelmeer nach Europa zu schwappen. Die Regierungen von Großbritannien und Frankreich stehen an vorderster Front, wenn es um die Erhöhung des Drucks geht, um die nächste Intervention durchzuführen zu können – so wie man es schon von der Zerstörung afrikanischer Gesellschaften her kennt. Um nicht außen vor zu bleiben, arbeitet auch der deutsche Staat aktiv auf eine UN-Intervention hin.

Vor diesem Frühjahr war es schwierig, eine legale Begründung für eine größere westliche Militärintervention zu liefern. Doch bei der neuen „Einheitsregierung“ geht man davon aus, sie hätte das Mandat, mit dem sie bei den Vereinten Nationen um eine Intervention nachsuchen könnte. Jede Woche finden in Europa neue Treffen statt, die den Druck erhöhen sollen, eine weitere Intervention durchzuführen, und zwar ohne dabei die Afrikanischen Union (AU) zu konsultieren. Im Januar ernannte die AU den ehemaligen tansanianischen Präsidenten Jakaja Kikwete zu ihrem Sonderbevollmächtigen für Libyen. Bei keinen Berichten und Diskussionen über eine neue UN-sanktionierte Intervention wurden bisher die Interessen der libyschen und afrikanischen Bevölkerungen berücksichtigt. Deshalb müssen die fortschrittlichen Kräfte in aller Welt gegenüber diesen neuen Bestrebungen, die zu einer weiteren Militarisierung Nordafrikas führen würden, auf der Hut sein und sich gegen Regierungen stellen, die die IS-Frage dazu nutzen, verstärkt nach den Ressourcen von Libyen und ganz Afrika zu greifen, um sie unter ihre Kontrolle zu bekommen.

Der wahre Grund für eine Intervention in Libyen

Die E-Mails der ehemaligen Staatssekretärin und gegenwärtigen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton führen der ganzen Welt die tatsächlichen Gründe für die NATO-Intervention 2011 und die Zerstörung Libyens vor Augen. Zwischen den USA und Frankreich gingen damals E-Mails hin und her, die sich mit der Notwendigkeit beschäftigten, in Libyen zu intervenieren. Eine Analyse dieser Mails liegt uns vor. In einer Mail vom 2. April 2011 informierte der Stabsmitarbeiter Sidney Blumental Clinton, dass Quellen, die den Gaddafi-Söhnen nahestehen, berichtet hätten, „dass die Regierung Gaddafi 143 Tonnen Gold und eine ähnliche Menge Silber besitzt“ und dass dieser Schatz von der Libyschen Zentralbank in Tripolis weg und näher an die Grenze zu Niger und Tschad gebracht worden war. „Dieses Gold war vor der Rebellion angehäuft worden und sollte dazu dienen, eine panafrikanische Währung, gestützt auf den libyschen Golddinar, einzuführen, als Alternative zum französischen Franc (CFA).“ Blumenthal fügte hinzu: „Laut gut informierten Personen wird diese Menge von Gold und Silber auf einen Wert von mehr als 7 Milliarden Dollar geschätzt. Französische Geheimagenten kamen diesem Plan kurz nach Beginn der Rebellion auf die Spur, und dies war einer der Gründe, die Präsident Nicolas Sarkozy veranlassten, dem Angriff auf Libyen zuzustimmen.“ Weiter heißt es in der Mail: „Diesen gut informierten Personen zufolge werden Sarkozys Pläne von folgenden Überlegungen geleitet:

  1. Dem Wunsch, einen größeren Anteil an der libyschen Ölproduktion zu erhalten
  2. Den Einfluss Frankreichs in Nordafrika zu vergrößern
  3. Die innenpolitische Situation in Frankreich zu verbessern
  4. Die Position des französischen Militärs in der Welt wieder zu behaupten
  5. Den Befürchtungen seiner Berater, Gaddafi könne langfristig Frankreich als die beherrschende Macht im frankophonen Afrika verdrängen, Rechnung zu tragen.“[3]

Frankreich und Deutschland sind nicht nur an den riesigen Öl und Gasvorkommen unter der libyschen Wüste interessiert, sondern auch an den Süßwasserreserven unter dem nubischen Sandstein-Aquifer-System (NSAS). Mit den Fortschritten der Solartechnologie möchten die europäischen Länder auch das Gebiet der Sahara kontrollieren, um dort in Zukunft Sonnenenergie für europäische Verbraucher zu erzeugen. Es sind die riesigen Ressourcen, die Libyen zu einem lohnenden Objekt für eine UN-Intervention machen. Vor 1945 hatte Großbritannien wie auch die anderen imperialistischen Staaten in Europa ein starkes Interesse an Libyen. Heute stellt das Vorhaben der Afrikanischen Union, einen eigenen Währungsfond zu schaffen und eine gemeinsame Währung einzuführen, eine direkte Bedrohung der französischen Wirtschaftsinteressen in Afrika dar. In den letzten vierzig Jahren hielt sich Deutschland damit zurück, als europäische Polizei aufzutreten. Diesen Job hatte es an Frankreich delegiert. Aber unter den besonderen Umständen der europäischen Banken- und Finanzkrise sollten die Deutschen nicht länger abseits stehen. Daher rühren die neuen Bestrebungen, die Deutschen zu einem gemeinsamen Handeln mit den Franzosen zu bewegen. Deshalb wurde auch letzte Woche der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault bei seinem Besuch in Tripolis vom deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier begleitet. Ein verzweifelter Versuch, dem neu installierten Premierminister von Libyen, Fajis Sarradsch, und den Mitgliedern des Präsidialrates einen legalen Anstrich zu verpassen.

Als die NATO 2011 in Libyen intervenierte, war Deutschland nicht beteiligt, aber heute, nach der europäischen Banken- und Finanzkrise, können es sich die Deutschen nicht mehr leisten, bei einer möglichen Plünderung afrikanischer Ressourcen außen vor zu bleiben. Um den Deutschen bei einer neuerlichen europäischen Intervention in Libyen einen Platz in der ersten Reihe zu sichern, ernannte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Martin Kobler, einen deutschen Diplomaten, zum Sonderbeauftragten der United Nations Support Mission in Libya (UN-SMIL). Vorher war Kobler auf dem Schauplatz des größten europäischen Raubzugs in Afrika tätig: im Kongo. Unter dem Druck der Europäer haben sich einige Libyer zu einer Regierung der Nationalen Einheit (Government of National Accord GNA) zusammengefunden, die – falls als legale Autorität anerkannt – den Westen zur Bekämpfung des IS in Libyen einladen kann. Diese neue Regierung von Fajiz Sarradsch verfügt nicht über genügend militärische Einsatzkräfte, um ihrem Anspruch gerechtzuwerden, wirklich eine Kontrolle über Libyen zu haben. Der Einsatz von westlichen Truppen ist zum Schutz des neuen Premierministers und den Mitgliedern seiner Fraktion, genannt Präsidialrat, geplant. In der Zwischenzeit bereitet das US-Finanzministerium Sanktionen gegen jene militärischen Gegenspieler vor, die sich nicht hinter den neuen Präsidialrat stellen wollen.

Seit der NATO-Intervention des Jahres 2011 haben die europäischen Staats- und Regierungschefs nach einem neuen Mandat für eine Intervention gesucht. Jetzt benutzen sie die Migrantenflut nach Europa ebenso wie die Ausbreitung des IS in Libyen zur Rechtfertigung ihrer Intervention. Als in dieser Woche 500 Migranten bei dem Versuch, Europa von Libyen aus zu erreichen, ertranken, diente dies den Europäern als ein weiterer Grund, für ein entschiedeneres Vorgehen in Libyen zu plädieren. Seit 2014, als plötzlich der IS in Libyen „auftauchte“, operieren verschiedene französische, britische und italienische Spezialeinsatzkommandos in Libyen, aber um eine richtige Militärintervention anzuordnen, braucht es eine „glaubhafte“ Regierung in Tripolis.

Drei Regierungen in Libyen

Seit der Ermordung Gaddafis im Oktober 2011 gab es verschiedene Versuche, eine glaubhafte libysche Regierung zu installieren. Das erste Experiment, der Nationale Übergangsrat (National Transitional Council NTC) scheiterte an den 1.700 Milizen, die sich über das Erdöl zerstritten und deren Kämpfe die Fassade eines sogenannten Übergangsprozesses schredderten, der vom State Department verordnet worden war. Der Diplomat Christopher Stevens, Dreh- und Angelpunkt bei der Zusammenarbeit mit den anderen Imperialisten, strengte sich sehr an, den Dschihadisten der Libyan Islamic Fighting Group LIFG einen legalen Anstrich zu geben, als die CIA und Stevens das östliche Gebiet von Derna zur Durchgangsstation für Dschihadisten machte, die zum Kämpfen von Libyen nach Syrien geschickt werden sollten. Der sogenannte IS in Libyen bedient sich der gleichen Infrastruktur, die von den Vereinigten Staaten zur Destabilisierung Nordafrikas und Westasiens aufgebaut wurde. Hinter den 1.700 Milizen in Libyen, die nach 2012 entstanden, können verschiedene ausländische Mächte wie Großbritannien, Frankreich, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Sudan, Türkei und Ägypten ausgemacht werden. Aus diesen verschiedenen Milizen traten zwei rivalisierende Gruppen hervor, die für sich die Führung beanspruchten. Die eine Gruppe operierte im östlichen Teil von Libyen unter der anerkannten Führung von General Khalifa Hefter. General Hefter war aus Virginia/USA nach Libyen zurückgekehrt, um die Rebellion gegen Gaddafi anzuführen, und hatte im Osten Libyens eine Brigade namens „Würde“ etabliert. Die zweite um die Macht in Libyen rivalisierende Gruppe waren jene Kräfte im Westen des Landes, die Tripolis und die Zentralbank mit ihren Gold- und Devisenreserven kontrollierten. Diese Gruppe wurde von den Misrata-Brigaden dominiert und von Katar unterstützt. 2014, bevor der IS ins Gespräch kam, hatte sich General Hefter bei den USA stark in Szene gesetzt und erhoffte sich deren Unterstützung, aber Jack Lew, der Finanzminister, setzte als Alternative auf die Tripolis-Regierung, die das Geld kontrollierte.

Zwei Jahre später, nach den Enthüllungen über den Dschihadisten-Transfer von Libyen nach Syrien mit Hilfe der USA beziehungsweise der CIA, tischte man der Welt die Geschichte von einer neuen Bedrohung Libyens in Form des Islamischen Staates auf. Bezeichnenderweise entstand diese neue „terroristische Bedrohung“ in der Stadt Sirte, also an jenem Ort, in dem die Geburt der Afrikanischen Union im Jahre 1999 ihren Ursprung genommen hatte. Um der Behauptung, der IS sei die Hauptgefahr in Libyen, Nachdruck zu verleihen, tauchten im Februar und April 2015 spektakuläre Bilder von der Köpfung christlicher Kopten durch den IS in Sirte auf. Danach intensivierten die Militaristen ihre Anstrengungen, die Vereinten Nationen zur Unterstützung einer neuerlichen Intervention in Libyen zu drängen.

Die USA steigen auch offiziell ein

Großbritannien, die USA und Frankreich hatten Spezialkommandos in Libyen im Einsatz, aber um international und propagandistisch davon profitieren zu können, mussten die Interventionstruppen offiziell von den US-Militärs und den Geheimdiensten unterstützt werden. Einige Stabschefs warben beim Präsidenten der Vereinigten Staaten aggressiv um den Einsatz von mehr Mitteln in Libyen. Der Präsident lehnte mit dem Argument ab, man könne nicht noch mehr Truppen und Spezialeinsatzkräfte in ein Land schicken, in dem es keine Regierung gibt. Durch dieses Zögern sahen sich die Franzosen dazu veranlasst, die Bemühungen zur Installierung einer „Einheitsregierung“ zu intensivieren. Durch den Vorsitzenden der Vereinigten Generalstäbe unter Druck gesetzt, sich stärker in Libyen zu engagieren, gab Präsident Barak Obama zunächst dem „Atlantic“ ein Interview, indem er die Gründe darlegte, warum er das Gefühl hatte, dass die Europäer unzuverlässige Militärpartner seien.[4]

Konfrontiert mit weitergehenden Forderungen des Nationalen Sicherheitsestablishments, wiederholte Obama bei Fox News seine Aussage, dass sein größter außenpolitischer Fehler die Entscheidung gewesen sei, sich der UN-NATO-Zerstörung Libyens anzuschließen. Barack Obama war sich bewusst, dass dies eine gute Möglichkeit war, die von Katar unterstützten Fraktionen im Westen des Landes mit denen von der CIA, Ägypten und den Vereinten Arabischen Emiraten unterstützten Fraktionen im Osten mittels der neu geschaffenen „Einheitsregierung“ zusammenzuführen. Barack Obama machte klar, dass er ebenso wenig mit bestimmten Teilen des Militärs wie mit der aus Clinton, Jack Keane und David Petraeus bestehenden Fraktion übereinstimmte, die eine Ausweitung der Interventionen in Afrika und in der Levante wollten. Folgt man allerdings der Logik der militärischen Führung des internationalen Systems, das die Finanzen der USA stützen wollte, ist es falsch, die Intervention in Libyen als Fehler zu bezeichnen.

Es ist der selbe Imperativ, der dafür sorgt, dass während eine massive Propaganda bezüglich der Bedrohung durch den IS läuft, gleichzeitig den Mitgliedern des Golf-Kooperationsrats, die den Aufmarsch und die Stellungswechsel des IS finanzieren und ermöglichen, kaum Aufmerksamkeit zuteil wird. Für die progressiven Kräfte ist es jetzt an der Zeit, auch Hillary Clinton öffentlich anzuprangern, um ihre aktive Zusammenarbeit mit Sarkozy bei der Zerstörung Libyens aufzudecken. Die aktuelle Gowdy-Congressional-Untersuchung zur Aufklärung der Morde in Bengasi wird nicht die Rolle, die Hillary Clinton und David Petraeus in Bengasi spielten, offenlegen. Es obliegt den progressiven Kräften, diese Informationen einem weiten Kreis bekannt zu machen.

Wie die Afrikanische Union ignoriert wird

Während die westlichen Medien ausführlich über die Rolle von Martin Kobler berichten, herrscht Stillschweigen über die Rolle von Jakaya Kikwette, dem Bevollmächtigten der Afrikanischen Union für Libyen. Während 2011 die NATO-Intervention in vollem Gange war, schlug die Afrikanische Union eine Roadmap vor, die Libyen den Frieden bringen sollte. Diese Roadmap hat immer noch Gültigkeit und Kikwette und die AU müssen entscheiden, ob sie in dem Drama um die Zerstörung Libyens weiterhin nur Zuschauer sein wollen. Als vor dreißig Jahren die Militärmaschinerie des Apartheidregimes die Bevölkerung von Südafrikas aufs Schlimmste misshandelte, hat sich die tansanianische Führung unter Julius Nyerere nicht vor der Verantwortung gedrückt, alle zur Verfügung stehenden politischen, diplomatischen und sonstige Möglichkeiten auszuschöpfen, um dem Menschen verachtenden Vorgehen des Apartheitsregimes Einhalt zu gebieten. Und ähnliches geschah, als die westlichen Mächte den Verwüstungen in der Demokratischen Republik Kongo mit einer AU-Eingreiftruppe entgegentraten, deren Kern aus südafrikanischen, tansanianischen und malawischen Soldaten bestand. Durch das Eingreifen der AU-Truppen konnte den marodierenden und den Kongo plündernden Milizen ein gewisses Maß an Zurückhaltung auferlegt werden.

Trotz der beschränkten Mittel und dem Mangel an militärischen Ressourcen dürfen Tansania und Kikwette als AU-Sondergesandter ihre Rolle als internationale Player bei der Frage der Entsendung von europäischen Truppen nach Libyen nicht preisgeben. Der UN-Sicherheitsrat bleibt in der Frage einer westlich-europäischen Intervention in Libyen gespalten. Dieser Sicherheitsrat hat sich in Libyen bereits diskreditiert als bekannt wurde, dass der ehemalige UN-Sondergesandte für Libyen, Bernardino Leon, einen hochbezahlten Job in den Vereinigten Arabischen Emiraten angenommen hatte und dafür seinen Posten mitten in den Verhandlungen über eine nationale libysche Regierung hinschmiss. Nachdem Leon ein Jahr damit verbracht hatte, einen Dialog zwischen den zwei rivalisierenden libyschen Regierungen in Gang zu bringen, kündigte er plötzlich seine Stellung im November letzten Jahres, um einen Job in den Vereinten Arabischen Emiraten anzutreten, bei dem er ein Gehalt von über 1.000 US-$ pro Tag bezieht. Das sind also die Motive derer, die in Libyen Frieden schaffen wollen.

Der UN-Sicherheitsrat sollte zumindest zur Kenntnis nehmen, dass es solange keine weitere europäische Intervention in Libyen geben sollte, bis genau geprüft wurde, welche Lehren aus der Verhängung der UN-Resolution zu ziehen sind, die der NATO 2011 das Mandat für eine Intervention erteilte. Sarkozys Gründe für die Intervention sind nun bekannt. Es obliegt jetzt der Gruppe der 77, sich an vorderster Stelle gegen Interventionstruppen zu stellen, wenn diese Truppen aus den Ländern kommen, die seit dem Jahr 2011 in die Verwüstung des Landes verwickelt sind. Daneben müssen sich die diplomatischen Anstrengungen der Afrikanischen Union darauf konzentrieren, die militärischen Kräfte aus Katar und den Emiraten, die in Libyen einen Stellvertreterkrieg führen, zum Rückzug aus dem Land zu bewegen. Die Entwaffnung von Milizen kann erst dann funktionieren, wenn ausländische Akteure wie die Türkei, der Sudan und Katar gewaltsam zum Verlassen Libyens gezwungen wurden.

Nächste Woche [A.d.Ü.: vermutlich ist damit der EU-USA-Gipfel vom 26.3.2016 in Brüssel gemeint] starten Deutschland, Frankreich und Großbritannien einen erneuten Versuch, die Obama-Administration dazu zu bewegen, der Entsendung von Truppen zuzustimmen. Laut dem englischen „Guardian“: „Der Obama-Gipfel mit den europäischen Staats- und Regierungschefs hat eine umfangreiche Tagesordnung, aber die Anwesenheit des italienischen Premierministers Matteo Renzi legt nahe, dass Libyen dabei im Fokus stehen wird, einschließlich der Notwendigkeit, den IS zu bekämpfen und die Migrationskrise in den Griff zu bekommen.“

Innerhalb des nationalen US-Sicherheitsestablishments gibt es noch einige, die den Einsatz einer neuerlichen europäischen Intervention kritisch sehen. Frederic Wehrey, ein ehemaliger Mitarbeiter des „Middle East Program“ der „Carnegie Stiftung für internationalen Frieden“, der letzten Monat als Zeuge vor dem Kongress auftrat, stellte fest: „Alarmierende Einschätzungen des IS in Libyen sollten nicht zu übereilten und plumpen Interventionen führen. Selbst wenn sich der IS in Libyen ausbreitet, wird es ihm nicht gelingen, die Unzufriedenheit weiter Teile der Bevölkerung für sich nutzen zu können.“

Könnte es sein, dass sich die französischen Militärbehörden zwar dieser Realität bewusst sind, trotzdem aber eine neue Militärintervention brauchen, um die Aufmerksamkeit von der drohenden Krise des französischen Bankensystems abzulenken? Die Afrikanische Union sollte bei diesem Drama nicht nur Zuschauer sein. Wäre Julius Nyerere nur Zuschauer des Apartheitsystems gewesen, wäre Afrika heute nicht in der Lage, über eine Währungsunion und eine Gemeinschaftswährung zu diskutieren. Die progressiven Kräfte in Nordamerika und Europa sollten ihr Augenmerk auf die Machenschaften jener Kräfte richten, die die Ermächtigung zur Zerstörung Libyens gegeben haben.

Aus dem Englischen: Angelika Gutsche


[1] http://www.counterpunch.org/2016/04/22/new-push-for-military-intervention-in-libya-who-will-control-the-libyan-central-bank/
und: https://jamahiriyanewsagency.wordpress.com/2016/04/22/new-push-for-military-intervention-in-libya-who-will-control-the-libyan-central-bank/

[2] http://www.counterpunch.org/author/horace-g-campbell/

[4] http://www.theatlantic.com/magazine/archive/2016/04/the-obama-doctrine/471525/

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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