Die Türkei und Katar in Libyen

Libyen/Türkei/Katar. Asharq Alawsat Kairo stellt in einem Artikel die Frage, wieso die Türkei und Katar in Libyen offen Milizen unterstützen, die Dschihadisten nahestehen.

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Und es fragt, wieso die sogenannte ‚internationale Gemeinschaft‘ dazu schweigt. Offensichtlich bestehe kein Interesse, das libysche Drama zu beenden. Internationale Geheimdienste verfügten über Beweise, die aufzeigten, dass aus Syrien und dem Irak geflohene IS-Mitglieder in die libyschen Regionen gebracht werden, die von Milizen kontrolliert werden.

Warum Erdogan in Libyen nicht aufgibt
Nachdem der arabische Frühling gescheitert ist und sich die Islamisten weder in Ägypten noch in Tunesien an der Macht halten konnten, setze der türkische Präsident Erdogan seine letzten Hoffnungen auf Libyen. Sollte es gelingen, in Libyen Islamisten an der Macht zu halten, würde dies auch großen Einfluss auf die Politik der Nachbarländer Tunesien und Ägypten haben.

Seit 2011 verstoße die Türkei auf eklatante Weise gegen das Libyen auferlegte Waffenembargo. Laut Geheimdienstinformationen seien in den letzten Wochen mehrere ukrainische Flugzeuge aus Ankara in Tripolis gelandet, die Waffen für die ‚Einheitsregierung‘ von Sarradsch transportiert hätten.

Da die ‚Einheitsregierung‘ keine Lufthoheit habe, sei sie bemüht, möglichst viele türkische Drohnen gegen die LNA zum Einsatz zu bringen. Soweit bekannt, habe Ankara bisher acht Angriffsdrohnen an die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis geliefert.

Neben Waffenlieferungen unterstütze die Türkei die Tripolis-Milizen auch mit türkischen Geheimdienstleuten. Der LNA lägen die Namen von 19 türkischen Offizieren vor, die Ankara zur Bedienung der Drohnen nach Libyen entsandt hat.

Katar wiederum war der ‚Einheitsregierung‘ beim Kauf bulgarischer Waffen und deren Versand nach Libyen behilflich. Auch habe Katar geholfen, Raketen aus französischer Produktion in LNA-Waffenlagern zu platzieren, um eine Verletzung des Waffenembargos durch Frankreich vorzutäuschen.

Der IS kehrt nach Libyen zurück
Es sei allgemein bekannt, dass die Muslimbruderschaft in Katar und mit ihr verbündete Gruppierungen derzeit Dschihadisten aus dem Irak und Syrien nach Libyen bringt. Sie würden über katarische Transportunternehmen befördert werden, und die Türkei habe ihre Flughäfen für sie geöffnet.

Erst kürzlich habe ein erst wieder in Libyen aufgetauchter IS-Ableger ein Video von Mahmoud al-Baraasi, bekannt als Abu Musab al-Libi, veröffentlicht. Baraasi, der einst in Bengasi einen IS-Ableger gegründet hatte, kündigte Angriffe auf die LNA an. Das Video, das Dutzende von Anhängern des IS-Führers Abu Bakr al-Baghdadi zeigte, war wahrscheinlich im südlichen Libyen, in der Gegend um Sebha, aufgenommen worden.

Im Mai hatte der IS die Verantwortung für den Angriff auf ein Ölfeld bei der Stadt Zilla, die rund 650 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Tripolis liegt, übernommen. Dieser Anschlag galt der LNA, die diese südlichen Regionen Libyens kontrolliert.

Was Erdogan in Libyen will
Da Erdogan zuhause an Stimmen verliere und die türkische Wirtschaft nicht mehr besonders gut dastehe, habe er ein Auge auf die libyschen Öl- und Gasvorkommen geworfen. Vor 2011, in der Gaddafi-Zeit, waren viele türkische Unternehmen in Libyen tätig und machten dort Milliarden. Damit war 2011 erst einmal Schluss. Doch dann begann Ankara, enge Beziehungen zur ‚Einheitsregierung‘ aufzubauen, um wirtschaftlich in Libyen wieder Fuß zu fassen. Durch die im April begonnene LNA-Offensive auf Tripolis sehe Erdogan jedoch seine Interessen in der Türkei gefährdet, so dass er sich militärisch immer stärker auf Seiten der ‚Einheitsregierung‘ engagierte.

Ein Ende in Sicht?
Die schwierige Situation in Libyen werde durch die Bedrohung durch den IS noch verschärft. Die dortige Sicherheitslage sei zu einer Frage der globalen Sicherheit geworden. Nun sei die internationale Gemeinschaft gefragt. Sie müsse Stellung beziehen und sich gegen die Türkei und Katar positionieren.

Die Haltung der Vereinigten Staaten bleibe vage, aber die Regierung von Donald Trump beziehe definitiv gegen die Dschihadisten Stellung. Ihr Schwerpunkt liege aber nicht in Libyen, sondern augenblicklich im Iran.

Die desaströse Lage in Libyen biete ein ausgezeichnetes Umfeld für Radikale und Dschihadisten. Der IS versuche, hier ein neues, blutiges Kapitel aufzuschlagen, diesmal direkt an der Mittelmeerküste.

https://www.addresslibya.com/en/archives/48605

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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