Die Verantwortlichen für den Libyen-Krieg

David Cameron. Bericht für den Auswärtigen Ausschusses des britischen Parlaments über die Versäumnisse Camerons zu Beginn des NATO-Kriegs gegen Libyen im Jahr 2011.

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„David Cameron war letztendlich verantwortlich für den Fehlschlag, eine stimmige Strategie für Libyen zu entwickeln“, schreibt Crispin Blunt[1] in seinem Bericht für den Auswärtigen Ausschusses des britischen Parlaments über die Versäumnisse Camerons zu Beginn des NATO-Kriegs gegen Libyen im Jahr 2011.

Binoy Kampmark beschäftigt sich in einem Artikel mit dem Titel „David Cameron, Libya and Disaster“ [2] in Global Research mit dem Blunt-Bericht sowie den falschen Gründen und katastrophalen Auswirkungen des NATO-Kriegs gegen Libyen.

Innerhalb Libyens seien viele Milizen entstanden, allein in Tripolis 150, die im ganzen Land ihr Unwesen trieben und denen unglaubliche Gräueltaten zugeschrieben werden.

Der Sturz Muammar al-Gaddafis hätte aber nicht nur zum Zusammenbruch Libyens geführt, sondern auch die Verhältnisse in Mali aufgemischt und zu Gewaltausbrüchen in ganz Nordafrika und im Nahen Osten geführt.

An erster Stelle stehe der Konflikt in Nordmali, der durch Tuareg-Gruppen, die lange unter Gaddafi als Soldaten gedient hatten, ausgelöst wurde. Bis an die Zähne bewaffnet und mit Unterstützung von islamistischen Gruppen wie Ansar Dine, hätten die Tuareg versucht, einen eigenen Staat auszurufen. Diese Vorgänge hätten wiederum al-Kaida finanzierte islamistische Gruppen angezogen. Al-Kaida im islamischen Maghreb sei zu einer Bedrohung für das ganze Gebiet und auch die umliegenden Staaten geworden. Es folgte 2013 eine französische Intervention in Nordmali, die – nachdem sie sich totgelaufen hatte – in eine Friedensmission überging.

Seither sind innerhalb der sogenannten MINUSMA-UN-Mission 12.000 UN-Soldaten in Mali stationiert, die aber den Zerfall des Landes kaum aufhalten konnten. Seit 2013 hätte es über 100 Opfer gegeben, die meisten durch Landminen und Straßenbomben.

Die Schockwellen nach dem Fall von Gaddafi hätten sich auch über andere afrikanische Staaten ausgebreitet, nicht zuletzt dank eines ausufernden Waffenhandels. In Tunesien, Algerien, dem Niger, Tschad, Sudan und in Ägypten hätten militante Gruppen leichten Zugang zu Waffen aller Art gehabt.

Es hätten sich dschihadistische Gruppen mit radikalisierten Kämpfern gebildet, die nirgendwohin gehen konnten und die in dem ganzen Gebiet eine Art Dschihad-Tourismus entwickelten, um ihre Aktionen durchzuführen.

Die Aussagen von Frankreich und Großbritannien, sie hätten die Verantwortung, Libyens Wirtschaft und Politik wieder aufzubauen, seien nichts anderes als dummes Geschwätz, weil sie sich auf ignorante Weise weigerten, die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort zur Kenntnis zu nehmen. Nachdem sie das Chaos angerichtet haben, wüssten sie nicht, wie sie es wieder beseitigen könnten.

Die schuldhafte Verantwortung Camerons habe sich noch dadurch verschlimmert, dass die Intervention 2011 völlig unsinnig auf humanitären Grundsätzen wie einer ‚Verantwortung für den Schutz der Zivilbevölkerung‘ begründet war. Es sei immer klar gewesen, dass die französisch-britisch geführte Mission nur ein plausibles Alibi benötigte.

Dieses Alibi lieferte die Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrats, die „alle nötigen Maßnahmen“ autorisierte, um die Bevölkerung zu schützen. Um zuschlagen zu können, hätten sie sich also auf die Suche nach den zu schützenden Zivilisten gemacht.

Dieser hinterhältige Trick des internationalen Rechts, genannt die ‚Verantwortung zum Schutz von Zivilisten‘, hätte sofort nach den ersten Luftschlägen ausgesetzt werden müssen, denn bereits nach 24 Stunden sei dieses Ziel im März 2011 erreicht gewesen.

Doch stattdessen sei die Intervention in monströse Anstrengungen ausgeartet, die einen Regime-change zum Ziel hatten . Die Kampfhandlungen wurden keineswegs ausgesetzt, nachdem die Lage in Bengasi wieder sicher war. So sei eine zunächst kleine Intervention zum Schutz der Zivilbevölkerung in eine Politik des Regime-changes mit militärischen Mitteln ausgeweitet worden. Die dafür verantwortlichen Abenteurer sollten als Angeklagte auf den Bänken der internationalen Strafgerichtshöfe Platz nehmen.

Dieser Artikel von Binoy Kampmark ist angesichts der verschärften Situation in Syrien höchst aktuell und kann nur als Warnung dienen.


[1] www.publications.parliament.uk/pa/cm201617/cmselect/cmfaff/119/119.pdf
www.libyaherald.com/2016/09/14/uk-parliament-slates-british-and-french-intervention-in-2011-questions-uns-performance-in-stabilising-libya-but-supports-gna/

[2] http://www.globalresearch.ca/david-cameron-libya-and-disaster/5545934

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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