Dschihadisten verüben im Osten Anschläge

Libyen/Derna. Nachdem die libysche Nationalarmee etliche gesuchte und gefürchtete Dschahidsten getötet oder festgesetzt hat, rächen sich diese mit Autobombenanschlägen.

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Bei einem Anschlag mit zwei Autobomben in der östlichen Stadt Derna wurden mindestens 18 Menschen verletzt. Die Explosionen ereigneten sich laut Al-Arabiya in der Nähe eines Hauptquartiers der libyschen Nationalarmee (LNA).

Die LNA unter Generalfeldmarschall Haftar hatte vor einiger Zeit Derna, das von extremistischen Dschihadisten besetzt war, erobert.

Bereits Mitte April war der Leiter der Terrorismusbekämpfungsbehörde, die im Innenministerium der libyschen Regierung in Tobruk angesiedelt ist, bei einer Autobombenanschlag in Bengasi verletzt worden.

Libyen ist zum Tummelplatz für Hardcore-Dschihadisten des IS, von al-Kaida und der syrischen al-Nusra-Front geworden. So hat die LNA bekanntgegeben, dass bereits im letzten Jahr der als äußerst gefährlich eingestufte Abdelfattah Zoghbiya in Derna festgenommen werden konnte. Zoghbiya war in der Türkei wegen Verstoßes gegen das Passgesetzt im Gefängnis gewesen, bevor er 2011 nach Libyen verbracht wurde.

Ein weiterer Dschihadist, Hisham Ashmawy, war ebenfalls in Derna von der LNA festgesetzt worden und wurde nun an Kairo ausgeliefert. Ashmawy ist der meistgesuchte Dschihadist Ägyptens, dort wegen mehrerer Anschläge und Mordversuche gesucht und in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Die französische Zeitschrift Jeune Afrique hat unter Berufung auf Geheimdienstkreise berichtet, dass sich der Führer des IS, Abu Bakr al-Bagdadi,inzwischen in Libyen aufhalten soll. Auch die tunesische Nachrichtenwebsite Tunisia Digital berichtete, dass Al-Bagdadi nach der schweren Niederlage des IS bei den Kämpfen um Baghouz in Syrien nach Libyen geflohen sei. Tunesien hat seither seine Sicherheitskräfte an der Grenze zu Libyen verstärkt. Es befürchtet, dass sich bei einem Sieg der LNA in Tripolis die Dschihadisten von al-Kaida, IS und anderenExtremisten, die jetzt an der Seite der 'Einheitsregierung' kämpfen, nach Tunesien absetzen werden.

Es könnte einem fast das Gefühl beschleichen, die 'internationale Gemeinschaft' sieht wohlwollend zu, wie sich al-Kaida, al-Nusra, der IS und andere in Libyen ein Stelldichein geben, damit die LNA diese Dschihadisten entsorgt und diesem Spuk ein Ende bereitet.

Die Kämpfe zwischen Milizen der 'Einheitsregierung' und der LNA haben sich seit Samstag an verschiedenen Frontabschnitten im Süden von Tripolis intensiviert. Die Zahl der Todesopfer ist inzwischen auf 450 angestiegen, verletzt wurden etwa 2.100. Die Vereinten Nationen haben die Evakuierung von 149 Migranten nach Rom veranlasst. Die Migranten waren in Tripolis interniert gewesen.



Die Hauptstadt Tripolis ist seit dem 4. April umkämpft. Auf Seiten der ‚Einheitsregierung‘ stehen die Tripolis- und Misrata-Milizen, die die vom Ausland eingesetzte 'Einheitsregierung' stützen, und auf der anderen Seite die libysche Armee (LNA) unter General Hafter, die vom gewählten libyschen Parlament in Bengasi und einer Übergangsregierung aufgestellt wurde und den Auftrag erhielt, gegen die dschihadistisch-terroristischen Milizen, die die Hauptstadt Tripolis im Würgegriff halten, vorzugehen.

Es sollten vom 14. bis 16. April in der Stadt Ghadames Gespräche aller in Libyen aktiven politischen Parteien stattfinden, und ein Wahltermin festgelegt werden. Diese Konferenz wurde nach dem Ausbruch der Kämpfe um Tripolis von den Vereinten Nationen abgesagt. Wahlen werden seit Jahren immer wieder verschoben.

Formell sind die Tripolis-Milizen der ‚Einheitsregierung‘ gegenüber loyal. Allerdings haben die Milizen kriminelle Netzwerke gebildet, kontrollieren sowohl die ‚Einheitsregierung‘ als auch die Wirtschaft und saugen den Staat finanziell aus. Ihren Lohn erhalten sie von Ministerien oder staatseigenen Firmen. Die libysche Bevölkerung ist der Willkür dieser Milizen ausgeliefert. Heute kämpfen auch al-Kaida, die Nusra-Front und der IS auf Seiten der 'Einheitsregierung'.

Tatsächlich ist Libyen Schauplatz eines internationalen Konflikts. Katar, die Türkei und Italien stehen gegen Saudi-Arabien, die VAE, Ägypten und Frankreich. Wichtige Akteure sind die Golfstaaten, die EU, aber auch die USA und Russland mischen mit. Damit endlich wieder die libysche Bevölkerung Gehör findet und über die Politik im eigenen Land bestimmen kann, müssen so schnell wie möglich Wahlen abgehalten werden.

Seit dem Nato-Krieg gegen Libyen und der brutalen Ermordung von Muammar al-Gaddafi 2011 herrscht in Libyen Chaos.



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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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