Erst stirbt die Palme, dann der Olivenbaum

Xylella fastidiosa In Apulien sterben Olivenbäume. Schuld daran ist das sogenannte "Feuerbakterium" Xylella fastidiosa. Werden Olivenbäume zu Opfern des Klimawandels?

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Erst stirbt die Palme, dann der Olivenbaum

Foto: MOHAMMED ABED/ AFP/ Getty Images

Nur wenig Beachtung finden besorgniserregende Vorkommnisse innerhalb der Flora mediterraner Gebiete. So ist seit einigen Jahren bekannt, dass der Palmenbestand des gesamten Mittelmeerraums gefährdet ist. Im Jahr 2004 tauchte der als Palmrüssler bekannte Käfer Rhynchophorus ferrugineus zum ersten Mal in Italien auf. Dieser dem Maikäfer nicht unähnliche Schädling frisst das innere Mark der Palme und killt so die Pflanze innerhalb weniger Wochen. Eine wirksame Bekämpfung existiert nicht, die Behandlung mit Insektiziden kann pro Baum hunderte von Euro kosten, garantiert keinen Erfolg und schädigt die Umwelt. Vermutlich wird der Käfer erst gestoppt, wenn im südlichen Europa keine Palmen mehr existieren.

Während der ziemlich aussichtslose Kampf gegen den Rhynchophorus ferrugineus noch im vollen Gange ist, droht der Flora in den mediterranen Gebieten nun weit schlimmeres Unheil. Diesmal handelt es sich um ein Bakterium namens Xylella fastidiosa oder Feuerbakterium, das aufgrund seiner Wandlungsfähigkeit ein großes Spektrum von Pflanzen, neben Wein auch Zitrus-, Obst- und Mandelbäume sowie Oleander und seit neuestem sogar Olivenbäume befällt. Ganz Italien ist in heller Aufregung, seit in einem Gebiet Apuliens, dem Salento, achttausend Hektar Olivenhain davon betroffen sind. Als Vektoren, d.h. Überträger, wurden Zikaden identifiziert, die am Baum nuckeln, und damit das Bakterium übertragen, das die sogenannte Pierce-Krankheit auslöst, bei der die Versorgung der Pflanze mit Wasser und Nährstoffen unterbunden wird und deshalb zuerst Blätter und Früchte, dann der ganze Baum in kurzer Zeit verdorren. Da die Bekämpfung der Überträger sehr schwierig ist, bleibt nur, die Ausbreitung einzudämmen: In den betroffenen Gebieten des Salento wurden die Olivenbäume großräumig gefällt und anschließend verbrannt.

Zuerst entdeckt wurde Xylella fastidiosa im Jahre 1892 an kalifornischen Weinstöcken, später konnte das Bakterium auch in Südamerika nachgewiesen werden. Inzwischen wird ein Befall aus nordafrikanischen Ländern wie Tunesien und Algerien gemeldet, die neuesten Horrormeldungen kommen aus Süditalien. Es wird befürchtet, dass sich von hier aus die Epidemie über ganz Europa ausbreiten könnte. In Italien hat die Landwirtschaftsministerin Nunzia De Girolamo einen Krisenstab gebildet, es wurde ein Interventionsplan erarbeitet, unter anderem sind Pflanzenhandel und -transport in den betroffenen Gebieten untersagt. Auch Brüssel wurde aktiv und hat Mittel aus einem Notfallfonds zur Verfügung gestellt. Daraus soll nicht nur der Kampf gegen Xylella fastidiosa finanziert, sondern auch die betroffenen Landwirte finanziell unterstütz werden. In Rom hat das Geschacher über die Verteilung der Mittel bereits begonnen.

Das hektische Agieren der zuständigen Behörden ist verständlich. Das großflächige Sterben der Jahrhunderte alten Olivenbäume in Apulien und andernorts in Italien oder gar in ganz Südeuropa hätte katastrophale Auswirkungen. Die Vernichtung uralter Kulturlandschaften bedeutete den wirtschaftlichen Ruin vieler Regionen, die von der Produktion des Olivenöls leben. Die Landschaft würde veröden. Hat sich der Schädling erst ausgebreitet, könnte er auf Weinberge, Mandel- und Obstbäume übergreifen, infolge der Klimaerwärmung sogar auf die Wein- und Obstbaugebiete Mitteleuropas.

Es gibt kein effizientes Mittel gegen das Feuerbakterium. Das Roden und Verbrennen befallener Bäume scheint es nicht aufzuhalten. In vielen Gärten und Plantagen zeigen sich bereits einzelne geschädigte, vertrocknete Pflanzen. Doch warum tritt das Bakterium Xylella fastidiosa gerade jetzt so massiv im Salento auf? Die Antwort liegt wohl in dem dieses Jahr besonders heiß und trocken ausgefallenen apulischen Sommer begründet. Ist Apulien sowieso schon mit die heißeste und trockenste Region Italiens, so wurden in diesem Jahr die Bäume besonders gestresst durch die wenigen Niederschläge und vielen extrem heißen Tage nicht nur in den Sommermonaten, sondern schon von Frühjahr an bis weit in den Herbst hinein. Der Stress für die Pflanzen dürfte sich durch den exzessiven Einsatz von Herbiziden und Insektiziden in der Landwirtschaft noch verstärkt und das Immunsystem der Pflanzen noch einmal geschwächt haben. Es besteht die berechtigte Befürchtung, dass Xylella fastidiosa nicht mehr gestoppt werden kann, so wie es auch nicht gelang, den niedlichen Käfer Rhynchophorus ferrugineus zu besiegen. Die Konsequenzen sind nicht auszudenken.

Der hübsche Käfer, der da fliegt, er ist kein Maikäfer, sondern ein übler Schädling, und der betörende Gesang der Zikade ist nicht mehr der Backsound für romantische Urlaubsnächte in südlichen Gefilden, sondern die unheilvolle Ankündigung des Vertrocknensund Absterbens Jahrtausende alter Kulturpflanzen.

Die internationale Klimakonferenz findet vom 11. bis 22. November 2013 in Warschau/Polen statt. Ergebnisse werden nicht erwartet.

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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