Nur wenig Beachtung finden besorgniserregende Vorkommnisse innerhalb der Flora mediterraner Gebiete. So ist seit einigen Jahren bekannt, dass der Palmenbestand des gesamten Mittelmeerraums gefährdet ist. Im Jahr 2004 tauchte der als Palmrüssler bekannte Käfer Rhynchophorus ferrugineus zum ersten Mal in Italien auf. Dieser dem Maikäfer nicht unähnliche Schädling frisst das innere Mark der Palme und killt so die Pflanze innerhalb weniger Wochen. Eine wirksame Bekämpfung existiert nicht, die Behandlung mit Insektiziden kann pro Baum hunderte von Euro kosten, garantiert keinen Erfolg und schädigt die Umwelt. Vermutlich wird der Käfer erst gestoppt, wenn im südlichen Europa keine Palmen mehr existieren.
Während der ziemlich aussichtslose Kampf gegen den Rhynchophorus ferrugineus noch im vollen Gange ist, droht der Flora in den mediterranen Gebieten nun weit schlimmeres Unheil. Diesmal handelt es sich um ein Bakterium namens Xylella fastidiosa oder Feuerbakterium, das aufgrund seiner Wandlungsfähigkeit ein großes Spektrum von Pflanzen, neben Wein auch Zitrus-, Obst- und Mandelbäume sowie Oleander und seit neuestem sogar Olivenbäume befällt. Ganz Italien ist in heller Aufregung, seit in einem Gebiet Apuliens, dem Salento, achttausend Hektar Olivenhain davon betroffen sind. Als Vektoren, d.h. Überträger, wurden Zikaden identifiziert, die am Baum nuckeln, und damit das Bakterium übertragen, das die sogenannte Pierce-Krankheit auslöst, bei der die Versorgung der Pflanze mit Wasser und Nährstoffen unterbunden wird und deshalb zuerst Blätter und Früchte, dann der ganze Baum in kurzer Zeit verdorren. Da die Bekämpfung der Überträger sehr schwierig ist, bleibt nur, die Ausbreitung einzudämmen: In den betroffenen Gebieten des Salento wurden die Olivenbäume großräumig gefällt und anschließend verbrannt.
Zuerst entdeckt wurde Xylella fastidiosa im Jahre 1892 an kalifornischen Weinstöcken, später konnte das Bakterium auch in Südamerika nachgewiesen werden. Inzwischen wird ein Befall aus nordafrikanischen Ländern wie Tunesien und Algerien gemeldet, die neuesten Horrormeldungen kommen aus Süditalien. Es wird befürchtet, dass sich von hier aus die Epidemie über ganz Europa ausbreiten könnte. In Italien hat die Landwirtschaftsministerin Nunzia De Girolamo einen Krisenstab gebildet, es wurde ein Interventionsplan erarbeitet, unter anderem sind Pflanzenhandel und -transport in den betroffenen Gebieten untersagt. Auch Brüssel wurde aktiv und hat Mittel aus einem Notfallfonds zur Verfügung gestellt. Daraus soll nicht nur der Kampf gegen Xylella fastidiosa finanziert, sondern auch die betroffenen Landwirte finanziell unterstütz werden. In Rom hat das Geschacher über die Verteilung der Mittel bereits begonnen.
Das hektische Agieren der zuständigen Behörden ist verständlich. Das großflächige Sterben der Jahrhunderte alten Olivenbäume in Apulien und andernorts in Italien oder gar in ganz Südeuropa hätte katastrophale Auswirkungen. Die Vernichtung uralter Kulturlandschaften bedeutete den wirtschaftlichen Ruin vieler Regionen, die von der Produktion des Olivenöls leben. Die Landschaft würde veröden. Hat sich der Schädling erst ausgebreitet, könnte er auf Weinberge, Mandel- und Obstbäume übergreifen, infolge der Klimaerwärmung sogar auf die Wein- und Obstbaugebiete Mitteleuropas.
Es gibt kein effizientes Mittel gegen das Feuerbakterium. Das Roden und Verbrennen befallener Bäume scheint es nicht aufzuhalten. In vielen Gärten und Plantagen zeigen sich bereits einzelne geschädigte, vertrocknete Pflanzen. Doch warum tritt das Bakterium Xylella fastidiosa gerade jetzt so massiv im Salento auf? Die Antwort liegt wohl in dem dieses Jahr besonders heiß und trocken ausgefallenen apulischen Sommer begründet. Ist Apulien sowieso schon mit die heißeste und trockenste Region Italiens, so wurden in diesem Jahr die Bäume besonders gestresst durch die wenigen Niederschläge und vielen extrem heißen Tage nicht nur in den Sommermonaten, sondern schon von Frühjahr an bis weit in den Herbst hinein. Der Stress für die Pflanzen dürfte sich durch den exzessiven Einsatz von Herbiziden und Insektiziden in der Landwirtschaft noch verstärkt und das Immunsystem der Pflanzen noch einmal geschwächt haben. Es besteht die berechtigte Befürchtung, dass Xylella fastidiosa nicht mehr gestoppt werden kann, so wie es auch nicht gelang, den niedlichen Käfer Rhynchophorus ferrugineus zu besiegen. Die Konsequenzen sind nicht auszudenken.
Der hübsche Käfer, der da fliegt, er ist kein Maikäfer, sondern ein übler Schädling, und der betörende Gesang der Zikade ist nicht mehr der Backsound für romantische Urlaubsnächte in südlichen Gefilden, sondern die unheilvolle Ankündigung des Vertrocknensund Absterbens Jahrtausende alter Kulturpflanzen.
Die internationale Klimakonferenz findet vom 11. bis 22. November 2013 in Warschau/Polen statt. Ergebnisse werden nicht erwartet.
www.sueddeutsche.de/wissen/aggressiver-schaedling-italien-zittert-vor-dem-palmenruessler-1.76908
http://www.cnr.berkeley.edu/xylella/overview/diseaseOverview.html
http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Pflanze/Schaedling-bedroht-Olivenbaeume-in-Italien_article1383501647.html
http://bari.repubblica.it/dettaglio-news/21:27-21:27/4424707
https://www.youtube.com/watch?v=gwk4aZ5RBxQ
Kommentare 7
Wir sollten auch aufhören, von Klima"wandel" zu reden. Das Klima "wandelt" sich nicht. Es gibt kein "anderes" Klima für diesen Planeten.
Schädlinge, welch seltsame Bezeichnung.
"Erst stirbt die Palme, dann der Olivenbaum" ... und dann der Mensch, wenn er nicht aufhört seinem Wahnsinn vom unendlichen Wachtum uns dessen destruktiven Methoden zu folgen, wenn er nicht anfängt die Industialisierung abzulehnen, wenn er nicht zu Werten findet, die mit Leben , auch von Bäumen, vereinbar sind.
Ansonsten wäre es auch schon egal, ob es noch Oliven und Plamen in Apulien gibt oder nicht, meinen Sie nicht auch?
Dann einfach alles auf den "Klimawandel" zu schieben ist Schwachsinn in hoher Potenz, zumal es in Apulien vor etwa 900 Jahren und auch vor etwa 1800 Jahren mindestnes genauso warm war wie jetzt. Wir können davon ausgehen, dass es damals Olivenbäume gab, oder?
Teil der Wahrheit wird - wie in vielen Bereichen der Natur - die Leichtigkeit sein, mit der eine Spezeis heute den Globus umrunden kann.
Bei mir hier in Südfrankreich ist alles voller amerikanischer Fische, Krabben, Krebse, Schildkröten, Aligatoren, Wasserpflanzen, ( alles Süßwasser) you name it ... sowie asiatischer Hornissen, Palmen, Bambusarten, Bakterien und Viren ... all dies äusserst resistent und invahisant, weil aus extermeren Ökosystemen in mildes Klima eingewandert. Daher wird die heimische Flora und Faune im wahrsten Sinne des Wortes aufgefressen und vernichtet. Der Globalismus findet nicht nur auf der finanziellen Ebenen statt. Einer seiner destruktivsten Kerne ist der internationale Transport von Konsumgütern.
sorry : die Globalisierung war gemeint
Ich habe Ihren Beitrag im Julius-Hensel Blog gelesen und war überrascht, dass er auch im FREITAG zu lesen ist.
Wie Sie wissen, ist dieses Phänomen eines die Existenz vernichtenden Wandels momentan auch bei anderen Kulturpflanzen zu beobachten, beispielsweise bei den Kautschuk-Bäumen in Asien.
Es ist nicht sicher, ob es eine Frage des Klimas ist. Es könnte auch eine Frage sein, die sich aus dem veränderten Gesamtbild aller Lebewesen und Mikroorganismen ergeben, was normal wäre, aber deshalb nicht weniger bedrohlich ist.
Sehr geehrte Frau Gutsche,
Sie haben natürlich recht, auch den Klimawandel in Ihre Überlegungen einzubeziehen. Es gibt ein großes Aber. Das da lautet, dass nicht nur Apulien betroffen ist, sondern ganz Italien. Und dass die Olivenbaumpflanzungen in den letzten 15 Jahren (dank der Mode des nativen Olivenöls extra vergine d.o.p.) sich mehr als verdoppelt haben: Mono- in Reinkultur. Dass dann ein einziges Bakterium reicht, einen ganzen Wirtschaftszweig (und ich meine das so, und nicht nur die Agrikultur) zu ruinieren, dürfte vom Kartoffelkäfer bis zu entsprechenden Rebenkrankheiten doch mittlerweile zum Allgemeinwissen gehören. Dürfen wir also auch davon ausgehen, dass die italienischen Großgrundbesitzer in der Hoffnung auf das große Geschäft mit dem Olivenöl (das sich in minderer Qualität durchaus als Schmiermittel zu industriellen Zwecken verwenden läßt) mal wieder jede Vernunft haben fahren lassen?
Beste Grüße, MS
Danke, Angelika, für diesen Artikel!!! Ich habe ihn via Google (auf der Suche nach dem Bakterium) gefunden und mich sehr gefreut, als ich Deinen Namen daneben gelesen habe :-)
Über den Rest Deines Beitrags habe ich mich allerdings weniger gefreut :-(
Liebe Grüße, Martin von www.umdiewelt.de