In Libyen zeichnet sich eine Lösung ab

Libyen/Tripolis. Einberufung einer Nationalkonferenz aller Libyer für die Vorbereitung der Abhaltung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen noch in diesem Jahr.

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In den Stillstand kommt Bewegung. Gesprächsbereitschaft wird von allen Seiten signalisiert. LNA konsolidiert ihre militärische Stellung in Tripolis.

Parlamentspräsident Agilah Saleh

Am 14.06. ließ der Parlamentsvorsitzende Agilah Saleh verlauten, eine politische Lösung sollte erst nach der Einnahme von Tripolis durch die Libysche Nationalarmee (LNA) angestrebt werden.

Die Einnahme von Tripolis gestaltet sich schwierig, da mehr als zwei Millionen Libyer in Tripolis leben und sich die Milizen der 'Einheitsregierung' von Sarradsch in bewohnten Gegenden verschanzen. Saleh: "Die Armee hätte mit geballter Waffengewalt vorgehen können, aber es geht um Libyer und es soll nicht deren Blut vergossen werden, egal, was passiert." Und: "Wenn es gelänge, diese Milizen auf friedlichem Weg aus der Stadt zu holen, würde die Armee in die Kasernen zurückkehren."

Tatsächlich dürfte eine geregelte Durchführung von Wahlen unmöglich sein, solange die Hauptstadt, in der etwa ein Drittel der libyschen Bevölkerung lebt, von Milizen beherrscht wird, die die Wahlteilnahme unabhängiger und missliebiger Kandidaten verhindern würden.

Der Sozialrat des Wafalla-Stamms

Am 15.06. veröffentlichte der Sozialrat des Wafalla-Stamms, einer der größten Stämme Libyens, in Bani Walid eine Erkärung, in der er seine Bereitschaft erklärte, die nationale Verantwortung gemeinsam mit allen Patrioten mittels des Kommunikationskommitees der verschiedenen libyschen Stämme und Städte zu übernehmen. So solle die Staatskrise überwunden werden.

Der Sozialrat stehe an vorderster Stelle, wenn es um den Aufbau von militärischen Einrichtungen und die Durchsetzung eines Waffenmonopols geht, da dies dem Schutz des Heimatlandes und der Bekämpfung des Terrorismus diene. Solange Unmengen von Waffen im Umlauf sind und es keine Armee und Polizei gebe, wäre Stabilität nicht möglich.

Ausländische Interventionen lehnte der Sozialrat ab. Es brauche eine einzige Regierung, in der sich alle Teile der libyschen Gesellschaft mit all ihren politischen Zugehörigkeiten wiederfinden.

Die Vereinten Nationen und die Nachbarstaaten

Am 15.06. zeigte sich der Gesandte der UN-Sonderkommission Ghassam Salamé zuversichtlich, dass in Libyen statt einer militärischen Lösung eine politische Einigung erzielt werden könne. Seinen Optimismus führte er auf eine Reihe von Gesprächen zurück, die er mit den Außenministern der Mitgliedstaaten im UN-Sicherheitsrat und mit libyschen Führern geführt habe, darunter dem Kommandanten der LNA Khalifa Hafter und dem Regierungschef der 'Einheitsregierung' Fayez as-Sarradsch.

Am gleichen Tag trafen sich auch die Außenminister der libyschen Nachbarstaaten Ägypten, Tunesien und Algerien in Tunis. Sie äußerten in einer gemeinsamen Erklärung ihre "tiefe Besorgnis" über die Lage in Libyen und forderten gemeinsam einen sofortigen Waffenstillstand. Das libysche Militär zu vereinen, sei für die Stabilität im Land wichtig. Harsche Kritik wurde am fortwährenden Zufluss von Waffen und ausländischen Terroristen nach Libyen geübt. Die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus in der Region sollte verstärkt werden.

Der Vorsitzende der 'Einheitsregierung' as-Sarradsch

As-Sarradsch gab heute den Start einer politischen Initiative bekannt. In Abstimmung mit der UN-Sondermission für Libyen soll eine Nationalkonferenz („Multaqa Watani“) mit Vertretern aus allen Regionen abgehalten werden, um den Fahrplan für eine friedliche und demokratische Lösung zu erstellen. Das Ziel des Forums sei noch vor Ende 2019 Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abzuhalten. An der Konferenz sollen alle Libyer teilnehmen, die bereit sind, für den Aufbau eines Zivilstaats, von Demokratie, Frieden und die Einheit Libyens zu arbeiten. Außerdem werde ein Rechtsausschuss eingesetzt, der die vereinbarten Ergebnisse unter Aufsicht der UN formulieren soll. Die Intiative wird von der UN-Sondermission für Libyen begrüßt.

Die militärische Lage in Tripolis

Eine von der LNA am 15.06 veröffentlichte Videofahrt über den internationalen Flughafen von Tripolis zeigt, dass das Gelände trotz anderslautender Meldungen der ‚Einheitsregierung‘ und mehreren Versuchen, den Flughafen durch Milizen der ‚Einheitsregierung‘ zurückerobern zu lassen, dieser weiterhin fest in der Hand der LNA ist.

Die Luftwaffe der LNA hat in den letzten Tagen mehrere Ziele angegriffen, unter anderen das Hauptquartier der al-Nawasi-Miliz in Ain Zara. Die Lufthoheit dürfte eindeutig auf Seiten der LNA liegen. Daneben hat die LNA die Einnahme mehrerer Kontrollposten der für die 'Einheitsregierung' kämpfenden Milizen gemeldet.

Heute wurde die Flucht von Adel Badabra, auch Saboura, nach Tunesien bekanntgegeben. Badabra hatte eine führende Funktion bei den Fursan-Dschanzur-Milizen inne, die mit der 'Einheitsregierung' verbündet ist. Es sollen sich bereits mehrere Milizenführer nach Tunesien und in die Türkei abgesetzt haben. Der Zusammenbruch der Fursan-Dschanzur-Miliz scheint bevorzustehen und könnte einen Dominoeffekt auf die noch verbliebenen in Tripolis gegen die LNA kämpfenden Milizen ausüben.

Die Libysche Nationalarmee (LNA) startete unter der Führung von Feldmarschall Khalifa Hafter im April eine Offensive zur Einnahme von Tripolis.


http://en.alwasat.ly/news/libya/247937

https://www.addresslibya.com/en/archives/47120

http://www.addresslibya.com/en/archives/47191

https://www.libyanexpress.com/speaker-of-libyan-east-based-parliament-says-no-political-solution-in-libya-till-tripoli-is-liberated/

http://www.addresslibya.com/en/archives/47134

https://www.libyanexpress.com/un-welcomes-libyan-prime-ministers-peace-plan/

http://en.alwasat.ly/news/libya/247793





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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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