Israels Rolle in Libyen

Libyen/Israel. Israel steht im jetzigen Konflikt an der Seite von Feldmarschall Haftar, gemeinsam mit Ägypten, VAE und Saudi-Arabien.

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Neben den offenen Unterstützern Haftars gibt es auch verdeckte wie Israel, Frankreich, und die USA. Russland gibt sich neutral und hält offiziell zu allen am Konflikt Beteiligten die Gesprächskanäle offen.

Israel soll spätestens ab 2015 damit begonnen haben, sich über die VAE mit Haftar abzustimmen. Israel sei es dabei vor allem um die Eindämmung der Gefahr durch Dschihadisten auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel, die eng mit libyschen Extremisten zusammenarbeiteten, gegangen.

Militärische Kreise teilten dem Nachrichtensender The New Arab mit, dass sich Haftar unter strengster Geheimhaltung 2015 und 2016 mit Mossad-Agenten in Jordanien getroffen habe. Zu dieser Zeit habe Israel begonnen, die LNA mit Scharfschützengewehren und Nachtsichtgeräten auszustatten. Bereits 2014, nachdem Haftar die Operation „Würde“ gegen den dschihadistischen-Zusammenschluss LIFG (Libyan Islamic Fighting Group) in Tripolis gestartet hatte, soll das israelische Militär in Abstimmung mit der LNA Luftangriffe in Libyen durchgeführt haben.

Im vergangenen Jahr soll es in Amman ein weiteres Treffen Haftars mit Israelis gegeben haben, „um Absprachen im Sicherheitsbereich zu vertiefen“. Im Fokus stand dabei der Fessan, da Haftar befürchtete, Italien könne seine Einflusszone von Misrata aus in Richtung Süden ausdehnen. Middle East Monitor zitierte sogar eine Quelle, die angab, Haftar habe Israel „sichere Zentren“ in der libyschen Wüste versprochen. Der israelische Verbindungsmann sei ein Mitglied der Likud-Partei mit libyschen Wurzeln namens Oren Hazan gewesen.

ConsortiumNews sieht vier Gründe für die israelische Unterstützung Haftars. Einer sei Israels Vorliebe für „starke Männer“, mit denen geheimdienstlicher Austausch möglich sei. Zweitens festige die Unterstützung Haftars den von Israel angestrebten Bund mit den sunnitisch-arabischen Staaten, der sich gegen den Iran und dessen Verbündete wie die Hisbollah sowie gegen Islamisten richte. Ein Angehöriger der israelischen Verteidigungskräfte soll gegenüber Middle East Eye erklärt haben: „Ein Freund unseres Freundes - und ein Feind unseres Feindes - ist unser Freund. Haftar ist ein Freund Ägyptens, Jordaniens und der VAE. Und er kämpft auch gegen IS.“ Tatsächlich lässt sich anhand dieser neuen Achse auch Trumps Unterstützung für Haftar erklären. Ein Puzzlestück in Trumps „großartigen“ neuen Nahostplan.

ConsortiumNews: „Drittens erklärt auch die Möglichkeit, Geld durch lukrativen Waffenverkauf zu verdienen, Israels Interesse, Haftar zu unterstützen. Als führender Waffenhändler hat Israel Milliarden verdient, indem es Waffen verkauft und israelische Militärberater an verschiedenen von Konflikten geplagten afrikanischen Länder wie den Südsudan im Einsatz hat. Israel erweitert seine Schlagkraft in Afrika, wo es seine Rolle vertiefen und seine Beziehungen zu einer Vielzahl von Ländern stärken will. Israels Afrika-Außenpolitik erreichte im Januar einen Wendepunkt, als Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in den Tschad reiste, um Präsident Idriss Deby zu treffen und die bilateralen Beziehungen zu erneuern. Die engere Beziehung von Tel Aviv zu Haftar kann die größeren geopolitischen Interessen Israels in der Region weiter vorantreiben.“

Last but not least will sich Israel den Zugang zum libyschen Erdöl sichern. Haftar nicht nur als Verbündeter der USA, sondern als US-Bürger mit CIA-Verbindungen, dürfte ein Garant dafür sein, dass Israel den Fuß in der libyschen Erdöl-Türe hält.

Mit seiner eindeutigen Positionierung bring sich Israel nicht nur in Konflikt mit Katar, sondern auch mit der Türkei, die beide die Moslembrüder und die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis unterstützen. Dies tut offiziell auch die EU, in der Realität verhält sie sich allerdings seit einiger Zeit auffällig unauffällig und betont ausschließlich die Notwendigkeit, den Konflikt friedlich beizulegen. Auch Italien stand bisher fest an der Seite von Tripolis und Misrata, also den Moslembrüdern, um die Abfahrt afrikanischer Migranten von der westlichen libyschen Küste und damit deren Ankunft in italienischen Häfen zu verhindern. Die italienischen Energiereise ENI macht seine Geschäfte vor allem im Westen Libyens, der zum Großteil unter der Kontrolle von Milizen steht, die mit der ‚Einheitsregierung‘ verbündet sind. Mit der Schließung der italienischen Häfen für private Seenotretter und der Suche nach einer Lösung für die Verteilung der auf dem Wasser aufgegriffenen Migranten könnte sich der Druck auf Italien, die ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch zu stützen, verringern.

Wie schon in Syrien wäre Russland, das die Gesprächskanäle zu allen Konfliktparteien offengehalten hat, prädestiniert eine Verhandlungslösung unter Einbeziehung der Türkei zu suchen.

Doch bei allem wird die Bedeutung von Haftar als neuer starker Mann Libyens, so sehr ihn die Medien auch hochschreiben mögen, kolossal überschätzt. Die Gleichung: Haftar ist Libysche Nationalarmee geht nicht auf. Haftar mag zwar als der neue starke Mann von den USA, Israel und anderen am Libyen-Konflikt Interessierten herbeigesehnt werden, doch dieser Rolle wird Haftar nie und nimmer gerecht werden können.

Haftar ist abhängig vom libyschen Parlament in Bengasi, das ihn zum Oberbefehlshaber der Libyschen Nationalarmee (LNA) ernannt hat und ihn auch wieder absetzen kann. Seine schlagkräftige, gut ausgebildete und disziplinierte Armee setzt sich hauptsächlich aus Angehörigen der früheren libyschen Streitkräfte der Gaddafi-Zeit zusammen, darunter die führenden Generäle. Es wird sich in Libyen niemals ein Führer ohne die Zustimmung der Stämme und Städte durchsetzen lassen. Und die libysche Bevölkerung wird nicht vergessen, dass Haftar 2011 maßgeblich am Sturz der Dschamahirija-Regierung, am Nato-Krieg gegen Libyen und an der Ermordung Muammar al-Gaddafis beteiligt war und somit mitverantwortlich für das Desaster ist, im dem sich Libyen seither befindet. Es wird auch nicht vergessen, dass Haftar lange Jahre in den USA nahe Langley (Sitz der CIA) lebte und immer noch einen US-amerikanischen Pass besitzt. Sein Alter, er ist Mitte 70, und seine angeschlagene Gesundheit, fallen als Gründe, die gegen ihn sprechen, kaum noch ins Gewicht.

https://consortiumnews.com/2019/07/13/israels-involvement-in-libyas-civil-war/

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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