Italienische Spezialeinsatzkräfte in Tripolis

Libyen. Italien versucht verstärkt, in Zusammenarbeit mit der 'Einheitsregierung' in Libyen militärisch Fuß zu fassen und löst empörte Reaktionen aus.

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Militärkreise bestätigen, dass sich in der libyschen Hauptstadt Tripolis mittlerweile mehr als fünfhundert italienische Spezialeinsatzkräfte aufhalten, dazu kommen noch die Kräfte der Geheimdienstzentrale, die sich in der Abu-Sita-Marinebasis vor Tripolis befinden, um den Aufenthalt des Chefs des italienischen Auslandsgeheimdienstes, Alberto Manenti, abzusichern.

Die militärischen Spezialkräfte wurden unter dem Vorwand stationiert, den Präsidialrat zu schützen, der ebenfalls aus Sicherheitsgründen in der Marinebasis residiert. Die Zustimmung zum Einsatz der Spezialeinheiten gab das ‚Verteidigungsministeriums‘ der verfassungswidrig agierenden ‚Einheitsregierung‘, d.h. die militärischen Sonderkommandos aus Italien halten sich ohne rechtliche Grundlage in Libyen auf.

Deshalb hat der Kommandant der libyschen Streitkräfte (LNA) eine klare Botschaft an die italienische Regierung gesandt, dass sie unverzüglich ihr Militär aus Libyen abziehen müsse. Die Anwesenheit von italienischen Truppen unter dem Vorwand, die dortige Botschaft zu schützen, sei unakzeptabel und missachte die Souveränität Libyens.

Die italienische Zeitung Corriere della Sera hat den Einsatz von Spezialkräften in Misrata und Tripolis bestätigt.

Vordringen italienischer Kriegsschiffe in libysche Hoheitsgewässer

Auf ein italienisches Kriegsschiff, das seit einigen Tagen versucht, in den Golf von Sidra einzudringen, wurden von einem libyschen Kampfflugzeug aus Warnschüsse abgegeben.

Eine humanitäre Hilfe für Ostlibyen, die Italien angeboten hatte, wurde von der Libyschen Nationalarmee abgelehnt. Ein Armeesprecher sagte, solange sich italienisches Militär in Libyen befinde, werde keine Hilfe von Italien angenommen.

Italienische Fallschirmjäger in Misrata

Italien hat unter dem Vorwand einer humanitären Mission auch einen Militäreinsatz in Misrata gestartet. Ein Feldlazarett soll nahe des Flughafens von Misrata errichtet werden, zu dessen Schutz – es sind nur fünfzig Betten geplant – 200 Fallschirmjäger stationiert werden. Weitere 135 italienische Militärs sollen zur logistischen Unterstützung des Krankenhauses eingesetzt werden. Für eine eventuell notwendig werdende Notevakuierung sollen ein Militärflugzeug und ein Schiff im Hafen von Misrata bereitstehen.

Die ‚Einheitsregierung‘ handelt ohne Legitimation

Die vom Ausland, insbesondere auf Wunsch Italiens, Deutschlands und der USA, an allen maßgeblichen politischen Kräften in Libyen vorbei eingesetzte ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis verfügt über keinerlei völkerrechtliche Legitimation, da sie vom gewählten Parlament nicht anerkannt wurde. Sie kann sich nur auf radikal-islamistische Milizen und ausländische Spezialeinsatzkräfte stützen, hat aber keine Kontrolle über ein Territorium und kann sich auch kaum außerhalb des Marinestützpunkts Abu-Sita bewegen. Trotzdem hat diese ‚Einheitsregierung‘ entgegen des geltenden Völkerrechts ausländische Truppen nach Libyen geholt. Die Wiedereröffnung der italienischen Botschaft in Tripolis am 9. Januar war der Vorwand für die Entsendung von Spezialeinheiten, die angeblich die Botschaft schützen sollen.

Weiß man um die für die Bevölkerung Libyens so brutal und blutig verlaufende Kolonisation Libyens durch Italien, die bis zum Kriegsende 1945 andauerte, bleibt man fassungslos angesichts dieses erneuten, schamlosen Kolonisationsversuchs.

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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