Kandidatur Saif al-Islam Gaddafi: Presse-Echo

Libyen/Internat.Medien. Eine kleine Presseschau über Meldungen der letzten Tage zur Ankündigung, Saif al-Islam Gaddafi werde für das Präsidentenamt in Libyen kandidieren.

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Wen wundert’s: Sowohl der Süddeutschen online als auch dem Spiegel online ist die Kandidatur Saif al-Islams und die Hoffnungen, die das libysche Volk in ihn setzt, keine Zeile wert, ebenso findet sich nichts in der schweizerischen NZZ. Das nennt man dann wohl, die Realitäten ausblenden und die Tatsachen verschweigen. Nur die österreichischen Medien, der Standard und der Kurier, haben sich zu Meldungen durchgerungen. Ansonsten findet sich die Nachricht auf Seiten von kleineren deutschsprachigen Politaktivisten. Googeln auf deutschsprachigen Seiten nach „Saif al-Islam Libyen Wahlen 2018“ ist insgesamt unergiebig. Nicht fündig wird man bei den großen britischen und US-amerikanischen Netzmedien. Ganz anders sieht es da bei den russischen, chinesischen und afrikanischen Onlinemedien aus.

RussiaToday[1] (deutsch) bringt ein ausführliches Interview mit Khaled al-Ghwail, dem Anwalt Gaddafis, der die Kandidatur ausdrücklich bestätigt. Er sagt: „Saif al-Islam ist in der Lage, die Libyer auf der Grundlage der nationalen Interessen und der Entscheidungen, die die Libyer selbst treffen werden, zu vereinen. Dies ist ein Reformprojekt, das Libyen in einen ruhigen Hafen führen soll.“
Und: „Der Aufenthaltsort von Saif al-Islam wird aus Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben. Würde Saif al-Islam heute in der Öffentlichkeit erscheinen, würde er sicher ermordet.“
Al-Ghwail kündigte an, dass sein Klient live im Fernsehen zur gesamten libyschen Nationen sprechen wird, wenn „die Zeit reif“ ist.
„Es ist das libysche Volk, das auf der Grundlage seiner Verfassung ein solches Staatssystem und eine solche Staatsmacht bilden muss, die sie für sich als am besten geeignet hält.“ Und: „Wir wollen, dass sich die Nato dafür entschuldigt, was sie der Zivilbevölkerung angetan hat, und für die Plünderung der libyschen Reichtümer.“

XinhuaNet[2] schreibt, dass Ajman Abu Ras, Chef von Saif al-Islam Gaddafis politischem Reformprogramm, die Kandidatur von Saif al-Islam bei den Präsidentschaftswahlen verkündete. Saif al-Islam wolle seine Pläne dem libyschen Volk in einer Fernsehansprach in den nächsten Tagen erläutern. Er bestätigte, Saif al-Islam sei frei und befinde sich in Libyen.
Die Rückkehr von Saif al-Islam auf die politische Bühne sei mit verschiedenen Schwierigkeiten behaftet. Der 46-jährige Saif al-Islam sei 2015 vom Berufungsgericht in Tripolis zum Tode verurteilt worden. Etwas später habe das Parlament im Osten des Landes ein Amnestiegesetz verabschiedet, dass für alle Libyer galt, die seit 15. Februar 2011 verurteilt worden waren. Saif al-Islam wurde von der Miliz, in deren Gefangenschaft er sich befand, aufgrund dieses Amnestiegesetzes freigelassen. Unmittelbar im Anschluss daran forderte der IStGH seine Verhaftung und seine Überstellung vor das Gericht.
Zitiert wird Mohammed al-Nadschah, der eine führende Rolle bei Saif al-Islams Projekt Libya Tomorrow des Jahres 2006 inne hatte: „Saif al-Islam genießt großen Rückhalt beim libyschen Volk, trotz der Versuche der letzten Jahre, seinen Ruf zu zerstören und ihn als Kriminellen hinzustellen, der bei den Aufständen des 17. Februar gegen Muammar Libyer getötet hätte. [...] Wann immer er eine Rede hält oder ein Treffen zur Aussöhnung einberuft oder etwas Ähnliches, jeder blickt auf ihn und hört ihm zu.“
Doch die internationale Gemeinschaft sende keine Zeichen, dass sie die Rückkehr von Saif al-Islam akzeptiere. Der UN-Gesandte Ghassan Salamé habe 2017 erklärt, er werde kein Treffen mit Saif al-Islam anstreben, da dieser vom IStGH gesucht werde. Diese Haltung könnte sich ändern, wenn alle Bemühungen, die politische Krise in Libyen zu beenden, scheitern.

Mohamed Abdullah, Mitglied des libyschen Parlaments, habe in einem Interview mit Xinhua gesagt, dass Saif al-Islam eine einflussreiche Persönlichkeit bei der Sicherung der Interessen bestimmter Staaten bleibe: „Die momentane komplexe Situation ist eine Herausforderung. Es besteht aber immer noch die Möglichkeit, dass es in den nächsten Monaten zu größeren politischen Veränderungen kommt, die sogar zu einer Aussöhnung zwischen den Anhängern des Regimes und denen der Rebellion führen könnte.“

AfricaNews[3] nimmt Bezug auf die einflussreiche Medienagentur Egypt Today, in der Basem al-Haschimi al-Soul , ein Sprecher der Gaddafi-Familie, sagte, dass Saif al-Islam die Unterstützung und die notwendigen Voraussetzungen habe, um das Chaos zu beenden, das Libyen seit dem Sturz seines Vaters Muammar Gaddafi im Jahr 2011 erfasst hat. Sein Programm enthalte Vorschläge, von denen Saif al-Islam hoffe, dass die Vereinten Nationen sie übernehmen. Dies würde Libyen helfen, die gegenwärtige Übergangszeit zu beenden und zu Stabilität zurückzufinden.“

LaInterVista[4]: Die Journalistin Vanessa Tomassini veröffentlicht ein Interview mit dem Anwalt Khalid al-Zaidy, der die Gaddafi-Familie vertritt. Er sagt zur Kandidatur Saif al-Islams: „Wenn Dr. Saif al-Islam Gaddafi an den Wahlen teilnimmt, wird er alle anderen Kandidaten besiegen. Das wissen alle Politiker und alle, die die libysche Politik und die Stimmung im Volk verfolgen. [...] Der Ruf nach der Kandidatur von Dr. Saif al-Islam Gaddafi ist eine Forderung des Volks. Sowohl die libyschen Stämme als auch die Städte und andere wichtige Akteure in Libyen fordern ohne Unterlass die Teilnahme von Saif al-Islam im politischen Leben, um das momentane Chaos, die Zerstörungen und die Kämpfe zu beenden. Dr. Saif al-Islam hat große Unterstützung beim Volk. [...] Er wird eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Frieden und Sicherheit in Libyen spielen und das wird sich auf den Frieden und die Sicherheit in der Region und auf der ganzen Welt auswirken. [...] Die libyschen Bürger haben ihr würdevolles Leben verloren. Es wurde durch die Nato-Intervention des Jahres 2011 zerstört, die Libyen zu Fall brachte und seine Institutionen vernichtete. Heute leiden die Libyer unter Terrorismus, illegale Immigration, Chaos und den Verlust der Sicherheit.“

Die nächste Frage an Khalid al-Zaidy bezieht sich auf die Aussage von Fadi al-Abdallah vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), der sagte: „Auch wenn Saif al-Islam Gaddafi die Präsidentschaftswahlen gewinnt, würde sich nichts ändern. Der IStGH hat einen Haftbefehl für Mr. Gaddafi ausgestellt und so werden wir weiterhin seine Verhaftung und Überstellung fordern.“ Er fügte hinzu: „Mr. Gaddafi ist noch nicht verurteilt und deshalb gilt die Unschuldsvermutung bis seine Schuld bewiesen ist.“

Dazu al-Zaidy: „Es ist doch bekannt, dass Dr. Saif al-Islam Gaddafi unschuldig ist und keine Kriegsverbrechen begangen hat, weder Völkermord, noch Massenmorde und auch keine erzwungenen Evakuierungen aus Städten. Wir denken, die Anklagen gegen Dr. Saif sind rein politischer Natur. All diese Anklagen haben das Ziel, ihn aus der libyschen Politik fernzuhalten. [...] Der einzige Beweis, wie sie sagen, sei Dr. Saif al-Islams Radioansprache via Satellit des Jahres 2011. In dieser Rede warnte er [sein Volk]. Diese Warnung wurde verzerrt als eine Drohung und Einschüchterung wiedergegeben. Das ist falsch. Er hat das libysche Volk niemals bedroht.“ [...] Schon 2016 erklärte ich, dass der IStGH-Staatsanwalt bei den in Libyen verübten Verbrechen eine ‚selektive Justiz‘ betreibt. [...] Seit Jahren befasst sich der Staatsanwalt nicht mit den vielen anderen Fällen, sondern arbeitet sich seit Jahren kontinuierlich und ausschließlich an dem Fall Saif al-Islam ab. Dabei gibt es Dokumente, Aufzeichnungen und Geständnisse von Verbrechen, die minütlich in Libyen begangen werden.“

Der österreichische Kurier[5]: „Saif al-islam Gaddafi wird bei der Präsidentschaftswahl 2018 in Libyen kandidieren. Was schon vor einigen Monaten aus Familienkreisen zu hören war, hat auch die Partei der Libyschen Volksfront am Montag in Tunis bekannt gegeben. Gaddafi hofft laut ihm nahestehenden Personen offenbar, den Einigungsprozess des zersplitterten Landes vorantreiben zu können.“

[1] https://deutsch.rt.com/afrika/67131-rt-exklusiv-gaddafis-sohn-kann-libyen-vereinen-nato/
[2] http://www.xinhuanet.com/english/2018-03/21/c_137054980.htm
[3] http://www.africanews.com/2017/12/19/gaddafi-s-son-saif-al-islam-to-run-for-libya-president-in-2018/
[4] https://www.laintervista.eu/2018/03/15/saif-al-islam-gaddafi-after-the-icc-an-exclusive-interview-with-gaddafis-lawyer-khalid-al-zaidy/
[5] https://kurier.at/politik/ausland/saif-al-islam-gaddafi-will-libyscher-praesident-werden/400008594

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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