Keine Gerechtigkeit für Megrahi

Lockerbie/Schottland. Familie Megrahi vor Gericht gescheitert - Erneut Chance für Wahrheitsfindung verspielt

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Das schottische Gericht lehnte den Einspruch der Familie Megrahi ab, mit dem posthum die Verurteilung des libyschen Geheimdienstoffiziers Abdel Basset al-Megrahi aufgehoben werden sollte. Megrahi war für den Lockerbie-Anschlag zu lebenslanger Haft verurteilt worden, wegen schwerer Erkrankung wurde er 2009 aus der Haft entlassen und verstarb später in Libyen. Bis zu seinem Tod hat Megrahi stets jede Beteiligung an dem Anschlag bestritten.

Megrahis Sohn Ali reagierte auf die Ablehnung sehr enttäuscht. Der Anwalt der Familie erklärte, man wolle vor dem britischen Obersten Gerichtshof Berufung einlegen.

Noch am 11. März 2020 hatte die Schottische Kommission zur Überprüfung von Kriminalfällen (Scottish Criminal Cases Review Commission - SCCRC) entschieden, dass eine Berufung beim höchsten schottischen Strafgericht gegen das damalige Urteil posthum von der Familie al-Megrahis zulässig sei, denn es lägen Hinweise auf einen möglichen damaligen Justizirrtum unter anderem aufgrund eines „unangemessenen Urteils“ vor.

Laut dem britischen Guardian folgten in dem gerade laufenden Berufungsverfahren die Richter der Argumentation des britischen Außenministers Dominic Raab und gaben Lockerbie-Dokumente, die zur Aufklärung des Falles beitragen und die Unschuld von Abdelbaset Megrahi belegen könnten, nicht frei, obwohl selbst Außenminister Raab zugestand, dass die Dokumente für die Berufung relevant seien. Vermutlich hat das Fehlen dieser Dokumente zur jetzigen Ablehnung geführt.

Negativ dürfte sich auch das erneute Eingreifen der US-amerikanischen Politik ausgewirkt haben, die just im Dezember 2020 erneut die Auslieferung eines Libyers forderte, um ihn unter die Lockerbie-Anklage zu stellen. Der Anwalt der libyschen Familie Megrahi machte auf die zeitliche Überschneidung aufmerksam und stellte fest: „Wenn das Urteil gegen Megrahi gekippt würde, bräche die ganze Anklage gegen Libyen zusammen“. Es wird befürchtet, dass die erneute Anklage eines Libyers Einfluss auf die Rechtsprechung im laufenden Berufungsprozess nehmen könnte.

Diese Befürchtung hat sich nun bewahrheitet. Die Inszenierungen rund um Lockerbie haben nichts mit Gerechtigkeit und Wahrheit zu tun, aber sehr viel mit schmutzigen Intrigen und Politik.

Foto: Nelson Mandela besucht Megrahi im Gefängnis
https://twitter.com/GelaNews/status/1347842269286694914/photo/1

https://inteltoday.org/lockerbie/

https://libyareview.com/9596/scottish-court-rejects-appeal-of-libyan-convicted-of-lockerbie-bombing/
https://www.freitag.de/autoren/gela/lockerbie-neues-berufungsverfahren
https://www.freitag.de/autoren/gela/lockerbie-usa-erneut-anklage-gegen-libyer



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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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