Kurznachrichten aus Libyen – 12.02.2020

Libyen. Türkei / USA / UNO / Erdöl / Wirtschaft / Diplomatie / Krieg

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Türkei und Libyen

+ ISI-Geheimdienstbericht (Pakistan) bestätigt: Am Mitiga-Flughafen von Tripolis befinden sich türkische Bayraktar TB2 UAS (Kampf- und Aufklärungsdrohnen)
https://twitter.com/ImageSatIntl/status/1227254600656392192

+ „Laut einer Meinungsumfrage im Januar ist die die Popularität von Erdoğan auf den bisher niedrigsten Stand gesunken. Seine Beliebtheit liegt nur noch bei 43,7%, während er im Juli 2016 noch auf 67,6% Zustimmung kam. Würden jetzt Wahlen anstehen, käme das Bündnis zwischen der Erdoğan-Partei AKP und der rechtsnationalistischen MHP auf 49,1%.
Noch ist die politische Position von Erdoğan ungefährdet, dennoch gibt es eine wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung. 54,6% bezeichnen ihre persönlich wirtschaftliche Lage als schlecht, viele sehen auch die der ganzen Türkei in der Zukunft eher negativ. Die Ratingagentur »Standard & Poor's« erwartet für 2020 keine Besserung der hohen Inflation, die aktuell bei 12,15% liegt.“ Die türkische Lira habe im vergangenen Sommer innerhalb weniger Wochen 40% ihres Wertes verloren, seitdem kämpfe das Land mit einer Rezession. Die Arbeitslosigkeit liege offiziell bei 13,8%.
https://www.sozialismus.de/kommentare_analysen/detail/artikel/erdogan-als-brandstifter/
[Der Artikel geht leider nicht darauf ein, dass die Türkei ihre Wirtschaft mit Hilfe der Gelder aus Libyen zu stabilisieren sucht: „Ramzi Al-Agha, Leiter des Liquiditätskrisenausschusses der libyschen Zentralbank, gab bereits vergangene Woche bekannt, dass die libysche Zentralbank in Tripolis in den letzten Tagen vier Milliarden US-$ ihrer Barreserven als Einlage an die türkische Zentralbank überwiesen hat, ohne dafür eine Rendite zu bekommen.]“

+ Cartoon
https://twitter.com/aawsat_eng/status/1224580847350632448/photo/1

USA

+ Eine US-Air Force C-17 ist vom deutschen Ramstein kommend in Bengasi gelandet und nach drei Stunden wieder abgeflogen. Bereits Ende 2019 hatte das gleiche Flugzeug dreimal Bengasi angeflogen.
Details (sehenswert): https://www.itamilradar.com/2020/02/10/usaf-c-17a-mission-in-benghazi/

+ Der US-amerikanische Botschafter in Libyen, Richard Norland: Milizen sind eine ernsthafte Bedrohung für den Aufbau eines starken, demokratischen und einheitlichen libyschen Staates.

+ In einem Interview mit einem ägyptischen Fernsehsender äußerte sich der Befehlshaber des US-Zentralkommandos, General Kenneth McKenzie, zur Anwesenheit türkischen Militärs in Libyen und erklärte, dass ausländische Interventionen die Situation in jedem Fall komplizieren würden und daher reduziert werden sollten. Das US-amerikanische Zentralkommando werde die von der UNO ergriffenen Maßnahmen unterstützen.

Vereinte Nationen

+ Standpunkt der LNA: Verhandlungen werden als unakzeptabel abgelehnt, da dem demokratisch gewählten Parlament nur eine Minoritätenposition von 13 Stimmen bei insgesamt 40 Stimmen zugestanden wird, während terroristische Organisationen und nicht mehr im Amt befindliche Parlamentarier und andere, die von Ghassan Salamé persönlich ausgesucht wurden, eine Stimme haben.
Die Vereinten Nationen und Ghassan Salamé beleidigen das libysche Volk, das libysche Parlament und den Hohen Rat der Stammesführer. Fakten: Das Parlament kontrolliert 90 % des libyschen Territoriums, 90 % der libyschen Ressourcen und verfügt hundertprozentig über die libyschen Streitkräfte mit 174.000 Angehörigen.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1226985609874616325

Libysches Erdöl

+ Die Gewerkschaft der libyschen Erdölarbeiter bekundet ihre Solidarität mit den libyschen Stämmen und deren Schließung der Ölanlagen. Sie fordert auch die Absetzung von Mustafa Sanella als Vorsitzenden der National Oil Corporation (NOC).

+ Die libysche Zentralbank in Tripolis teilte mit, dass es im Januar aufgrund der Schließung der Ölanlagen durch die libyschen Stämme zu einem Totalausfall der Öleinnahmen gekommen ist. Deshalb seien keine Gehälter an Angestellte des öffentlichen Dienstes gezahlt worden. In Libyen betragen die Lohnkosten im öffentlichen Bereich etwa 55 Prozent des BIP. Das Erdöl ist die Haupteinnahmequelle des Landes. Laut dem Parlamentspräsidenten Aguila Saleh wurden die Ölanlagen von den Stämmen geschlossen, um eine gerechte Verteilung der Öleinnahmen zu erzwingen, die Finanzierung von Terroristengruppen, Söldnern und anderen Extremisten, die von der Türkei ins Land geholt wurden, zu unterbinden.

Libysche Wirtschaft

+ In Kairo traf sich eine libysche Wirtschaftskommission. Es bestand Einigkeit, dass sich die Fragmentierung der libyschen Institutionen und die unterschiedliche Politik nachteilig auf die Wirtschaft, insbesondere auf den Bankensektor auswirken. Die Kommission will bis zur Einsetzung einer einheitlichen nationalen Regierung weiter zu wichtigen Wirtschaftsfragen Stellung beziehen.

Diplomatie

+ Wie Sputnik berichtet, haben Russlands Außenminister Lawrow und sein deutscher Amtskollege Heiko Maas am 11. Februar in einem Telefongespräch Resolutionsentwürfe des UN-Sicherheitsrates zur Lösung des anhaltenden bewaffneten Konflikts in Libyen besprochen. Während der Gespräche bekräftigte Lawrow die Notwendigkeit, „die Aussöhnung zwischen den libyschen Kriegsparteien zu fördern, ohne die keine internationalen Initiativen erfolgreich sein können.“

+ Der italienische Außenminister Luigi Di Maio ist zu einem Besuch in Paris eingetroffen, um mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian im Anschluss an die Berliner Konferenz verschiedene internationale Fragen, insbesondere zu Libyen, zu erörtern.

Krieg

+ Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, fordert ein aggressiveres Auftreten Berlins und Brüssels in der Weltpolitik. „Dem diesjährigen Munich Security Report lassen sich nicht nur weitere Hinweise auf den beginnenden Abstieg des Westens und Appelle zu einer entschlosseneren Verteidigung von dessen bisheriger globaler Dominanz entnehmen, sondern auch Narrative, die den geforderten Kampf um eine führende Stellung in der Weltpolitik legitimieren sollen. […] Die Behauptung, mit der schwindenden globalen Dominanz des Westens drohten sich gewalttätige, das Recht verachtende Mächte die Welt zu unterwerfen, beginnt zwar in die massenmediale Weltpolitik-PR aufgenommen zu werden; sie geht allerdings mit einer erstaunlichen Großzügigkeit gegenüber den westlichen Verbrechen der Jahre seit 1990 einher. Tatsächlich wurden die drei großen offen völkerrechtswidrigen Angriffskriege der vergangenen drei Jahrzehnte von westlichen Mächten geführt: der Jugoslawien-Krieg von 1999 auf maßgebliches Drängen der Bundesrepublik; der Irak-Krieg des Jahres 2003 vor allem von den USA; der Libyen-Krieg von 2011 insbesondere von Großbritannien und Frankreich. Die Zerstörung des Irak und Libyens sowie die Kriege im Sahel gehen ursächlich auf die erwähnten westlichen Angriffskriege zurück. Die Zahl der Opfer ist immens.“
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8183/

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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