Kurznachrichten aus Libyen – 15.04.2020

Libyen. Militärische Lage - Coronakrise – Libysche Stämme und Städte – Libysche Regierung - Verschiedenes

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Militärische Lage

+ Nachdem Milizen der ‚Einheitsregierung‘ einige Küstenstädte im Westen Libyens von der LNA zurückerobern konnten, wird in diesen Städten geplündert und gebrandschatzt. Es kommt zu willkürlichen Verhaftungen von Zivilisten und öffentlichen Exekutionen.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1250167059805331457

+ LibyaDesk berichtet, dass nach der Gefangenenbefreiung in Sabrata und Sorman ein dutzend freigekommene „VIP“-Gefangene in kugelsicheren, getönten Wagen nach Zawia (im Westen Libyens, nahe der tunesischen Grenze) gebracht wurden.

+ Auch der deutsche Libyenexperte Wolfram Lacher bezeichnet das Geschehen in Sabrata und Sorman vom 13.04. als „Katastrophe“: „Ungefähr 600 Gefangene wurden in den beiden Städten befreit. Darunter politische Gefangene, aber auch Treibstoffschmuggler und Schleuser, Extremisten und Mörder.“
https://twitter.com/LNA2019M/status/1250067144513130498/photo/1

+ Das Bildungsministerium der libyschen Regierung (Tobruk) ist schockiert über die öffentliche Exekution von Professor Muhammad Abu al-Qasim Ali Abbas, durch Extremisten der ‚Einheitsregierung‘ in Sabrata. Ali Abbas war für das Erziehungswesen in Sabrata und Sorman verantwortlich.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1250091099391250432

+ LNA-Einheiten sind in Tripolis in das Abu-Slim-Viertel eingedrungen.

+ Am 13.04. schlug eine Granate im Marinestützpunkt Abu Sitta (Tripolis) ein, mehrere Geschosse landeten im Meer. Ein Schiff der italienischen Marine, die Gorgona, das nur wenige hundert Meter entfernt geankert hatte, verließ daraufhin den Hafen. Es stoppte an der Grenze zwischen libyschen Hoheitsgewässern und internationalen Gewässern. Es hieß, die Gorgona sei zur technischen Unterstützung libyscher Marineeinheiten vor Ort in Tripolis.
Was bezweckt ein Schiff des Nato-Staats Italien neben den Schiffen des Nato-Staats Türkei an der libyschen Küste?
Die LNA fordert eine offizielle Stellungnahme der italienischen Regierung bezüglich einer direkten italienischen Beteiligung an der Unterstützung von syrischen Söldnern westlich von Tripolis.

+ Wie die LNA mitteilte, hat sie mehrere syrische Söldner bei den Kämpfen um Tripolis gefangen nehmen können. Einer der Söldner habe erklärt, dass die türkischen Behörden sie auf dem Landweg von syrischen Aleppo zum Flughafen Gaziantep in der Türkei gebracht hatten. Anschließend sei es von Istanbul zum libyschen Misrata gegangen, wo sich die Söldner den Milizen der ‚Einheitsregierung‘ anschlossen.
Auch eine türkische Drohne ist von der LNA im Süden von Tripolis abgeschossen worden.

+ LNA-Truppen nahmen den syrischen Söldner „Mohammed Aidan“ gefangen. Aidan gab zu, der dschihadistischen an-Nusra anzugehören und bereits seit einigen Wochen in Misrata gewesen zu sein, bevor er sich den Milizen in Tripolis anschloss.

+ Das tunesische Militär an der Grenze zu Libyen wurde in hohe Alarmbereitschaft versetzt, um ein Übergreifen der Kämpfe zwischen LNA und Milizen der ‚Einheitsregierung‘ auf tunesisches Gebiet zu verhindern. Die tunesisch-libysche Grenze ist wegen der Covid-19-Gefährdung seit Mitte März geschlossen.

Coronakrise

+ Das National Center for Disease Control in Libyen gibt am 15.04. die neu auf Covid-19 getesteten Fälle mit 35 an.

+ Erbost zeigte sich der ehemalige libysche Botschafter in Saudi-Arabien, Mohammed al-Qashat über den türkischen Präsidenten Erdogan. Ohne auf die Corona-Pandemie zu achten, würden weiterhin Terroristen und Söldner von Syrien nach Libyen transportiert. Erdogan gehe es nur um den Zugriff auf libysche Ressourcen, ohne auf die schreckliche humanitäre Lage im Land Rücksicht zu nehmen. Es sei Erdogan auch egal, ob Libyer an Corvid-19 erkrankten.

Libysche Stämme und Städte

+ Der Rat der Honoratioren in Zintan nahm am 14.04. zu den in Surman und Sabrata durchgeführten Gräueltaten der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ wie Hinrichtungen, Vertreibungen und Brandschatzungen Stellung. Diese stünden in eklatantem Widerspruch zu islamischen und menschlichen Werten. Noch schlimmer sei, dass „die Banden hunderte von Kriminellen, Terroristen, Dieben und Banditen sowie Anführer von al-Kaida, IS und Ansar asch-Scharia freigelassen haben.“ Diese seien einst aus Bengasi, Derna und Sirte geflohen und prahlten nun damit, von Erdogan Hilfe in Form von Waffen und syrischen Söldnern zu bekommen.
Man müsse deshalb weiterhin auf der Seite der Wahrheit stehen und die LNA unterstützen, „um Libyen von den Milizen, Mördern und Kriminellen zu befreien, damit alle Libyer gleichberechtigt in Freiheit und Würde und unter dem Schutz der Menschenrechte leben können. Eine verlorene Schlacht bedeutet nicht, den Krieg zu verlieren.“
https://almarsad.co/en/2020/04/14/zintan-council-turkish-backed-ansar-al-sharia-and-isis-release-hundreds-of-terrorists-in-surman-and-sabratha/

Libysche Regierung (Tobruk)

+ Die libysche Regierung in Tobruk wirft dem türkischen Präsidenten Erdogan vor, dass er mit der Unterstützung extremistischer Gruppen in Tripolis gegen das Völkerrecht verstoße.

Verschiedenes

+ Der EU-Sprecher sagte: „Wir sind uns des Ernstes der Lage in Libyen bewusst“.

+ Nachdem die Blockade des Man-Made-Rivers, der wichtige libysche Städte mit Wasser versorgt, in Schwerif (Fessan) wieder aufgehoben wurde, beschuldigt der Bürgermeister von Schwerif, Hassan al-Gaddafi, den Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, Fathi Bashagha, durch die Beendigung mehrerer Projekte für das Versagen des Sicherheitsstrukturen und der Polizeikräfte in der Stadt verantwortlich zu sein.
Hassan al-Gaddafi, dessen Bruder auf dem Weg nach Tripolis entführt worden war, sagte in einer Live-Sendung am 13.04., dass verschiedene Parteien versucht hätten, diese Entführung für politische Zwecke zu nutzen. Die Stadt Schwerif werde aber nicht zum Leiden der libyschen Bevölkerung beitragen.
https://almarsad.co/en/2020/04/14/head-of-ash-shwayrif-municipality-confirms-resumption-of-man-made-river-water-pumping-to-tripoli/

+ Die Erdölproduktion in Libyen ist laut der National Oil Corporation (NOC) auf 80.510 Barrel/Tag zurückgegangen. Die finanziellen Verluste betragen insgesamt mehr als 4 Milliarden US-$. Die libyschen Stämme und Städte halten die Ölfelder und Verladehäfen seit Mitte Januar geschlossen, um zu verhindern, dass die ‚Einheitsregierung‘ mit den Öleinnahmen Waffenlieferungen und Unterstützung aus der Türkei und syrische Söldner finanziert.

+ Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF hat etwa 122 Tonnen medizinische Hilfe für Frauen und Kinder auf den Weg nach Libyen gebracht.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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