Kurznachrichten aus Libyen – 26.03.2020

Libyen. Militärische Lage – Coronakrise – Übergangsregierung (Tobruk) – Einheitsregierung (Tripolis) – Verschiedenes

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Militärische Lage

+ Es fand ein großangelegter Angriff auf den westlich von Tripolis gelegenen LNA-Luftwaffenstützpunkt al-Witia durch die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ statt, der von der LNA zurückgeschlagen werden konnte. Die Milizen, die von syrischen Söldnern, die die Türkei ins Land gebracht hatte, unterstützt wurden, scheinen große Verluste erlitten zu haben. Sieben syrische Söldner wurden gefangengenommen.
Die LNA verweist darauf, dass es sich um einen massiven Bruch der Waffenruhe handelt, die zur Bekämpfung der Coronakrise vereinbart worden war.
Der Angriff auf die Luftwaffenbasis al-Witia gehört zur großangelegten Mehrfrontoffensive, die die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ seit zwei Monaten vorbereiten.

+ Bei den Kämpfen in Ain Zara innerhalb der Hauptstadt Tripolis wurde auch ein syrischer Söldner von der LNA gefangengenommen, ebenso wie an der Flughafenschnellstraße bei Tripolis. Alle gefangenen syrischen Söldner werden an Syrien ausgeliefert.

+ Die LNA (155. Bataillon und 9. Brigade) konnten bei ihrem Vormarsch am 25.3. neue Stellungen in al-Ahia-al-Barria auf der Flughafenschnellstraße in Tripoli einnehmen

+ Laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) ist die Zahl der Todesopfer der in Libyen kämpfenden syrischen Söldner auf 151 angestiegen.

+ Das Tariq-bin-Ziyad-Bataillon der LNA konnte das Tarik-Riqdalin-Militärlager, bisher von Milizen der ‚Einheitsregierung‘ gehalten, erstürmen und dort die Kontrolle übernehmen. Die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ stehen unter dem Kommando von Osama Dschuwaili.

+ Die LNA konnte die Stadt al-Assa im Westen Libyens nahe der tunesischen Grenze erobern und übernahm unter dem Jubel der Einwohner die Kontrolle über die Stadt.

+ Die LNA übernahm auch die Kontrolle über die Stadt Riqdalin, die ebenfalls westlich von Tripolis und nur in 55 Kilometer Entfernung vom tunesischen Grenzübergang Ras Adschdir (Ras Ajdir) liegt. Damit befindet sich auch ein Großteil des Westens Libyens unter der Kontrolle der LNA.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1242858292591972353

+ Ebenfalls von der LNA (Tariq-bin-Ziyad-Bataillon) eingenommen wurde die Stadt Zilten (Zelten) nahe der Grenze zu Tunesien.

+ Die LNA flog Luftangriffe auf den Mitiga-Luftwaffenstützpunkt bei Tripolis.

+ In Tripolis finden weiterhin Kämpfe statt. Die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ versuchen, das Vorrücken der LNA aufzuhalten. Nach Raketeneinschläge in Wohngegenden konnte die LNA Raketenabschussbasen der Milizen zerstören.

+ Das libysche Außenministerium (Tobruk) verurteilte die Bombardierung von Wohnvierteln in Gasir Bin Gashir und Tarhuna durch die Milizen der ‚Einheitsregierung‘. Die internationale Gemeinschaft und die UN-Sondermission für Libyen werden aufgerufen, diese eklatanten Völkerrechtsverletzungen zu verurteilen.

+ Die LNA gibt bekannt, dass bei Kämpfen ein Milizionär der ‚Einheitsregierung‘ namens Bazbika in Ain Zara getötet wurde. Bazbika war bekannt durch sein brutales Auftreten in Tripolis. Er hatte Frauen und ältere Menschen geschlagen, die vor Banken in Tripolis Schlange stehen mussten.

+ Laut der LNA wurde das al-Kaida-Mitglied Ayoub Bu Ras, das als Milizenführer auf Seite der ‚Einheitsregierung‘ kämpfte, in Tripolis getötet.

+ Bei der Bombardierung eines Gefängnisses am 24.03. in Tripolis wurden mehrere Insassen getötet. In dem Gefängnis saßen gefangene LNA-Soldaten ein. Auch Wärtern wurden verletzt.

+ Der LNA ist es gelungen, ein unbekanntes Flugobjekt westlich von Adschdabaja abzuschießen

Coronakrise

+ Libyens Nationales Zentrum für Seuchenkontrolle bestätigte den ersten Fall von Covid-19 in Libyen. Ein 73-jähriger Mann, der am 5. März über Tunesien aus Saudi-Arabien nach Libyen zurückgekehrt war, wurde positiv auf das Coronavirus getestet.
Jeder, der mit einem Coronavirus-Patienten in Kontakt kam, soll unter Quarantäne gestellt werden.
Es ist höchstwahrscheinlich, dass es mehr Coronafälle gibt, die ohne Symptome verlaufen oder nicht getestet werden, und sich so das Virus still und heimlich verbreiten kann.

+ Der libysche Erziehungsminister Fawzi Boumiris (Tobruk) hat die Schließung aller Bildungseinrichtungen bis zum 11. April verlängert.

+ Das libysche Komitee zur Bekämpfung des Coronavirus hat ein Pendeln zwischen Städten und Regionen bis auf weiteres verboten.

+ Chinesische Experten schulen libysche Ärzte in der Diagnose und Behandlung von Covid-19. Zu den Experten zählt auch Dr. Jiao Jie, der Präsident des Internationalen Krankenhauses der Universität Peking.

+ Tunesien: Wie der tunesische Handelsminister Mohamed Msilini bekanntgab, wurde ein Frachtschiff, das mit Alkohol zur Herstellung von Desinfektionsmitteln beladen war, auf hoher See gekapert. Gerüchte, der Frachter sei von Italienern gekapert worden, bestätigte Msilini nicht. In Tunesien gibt es bisher 75 bestätigte Coronafälle.

Übergangsregierung (Tobruk)

+ Yusuf al-Aqouri, Leiter des parlamentarischen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, warnte, dass das mit der Türkei geschlossene Militärabkommen eine gefährliche Eskalation verursacht habe. Die Öleinnahmen würden verschwendet.
https://almarsad.co/en/2020/03/23/parliamentary-foreign-committee-accuses-gna-of-continued-violations-of-ceasefire-agreement/

‚Einheitsregierung‘ (Tripolis)

+ Sami al-Atrasch, Berater der ‚Einheitsregierung‘ und von as-Sarradsch, hat auf Medien, die der ‚Einheitsregierung‘ nahestehen, in der Kyrenaika, in Ägypten, den VAE und allen anderen Ländern, die mit dem demokratisch gewählten Parlament und der LNA in Verbindung stehen, zu Selbstmordattentaten aufgerufen.

Verschiedenes

+ Das Öl geht aus: Das ölreiches Libyen ist von extremer Brennstoffknappheit betroffen und der Schwarzmarkt floriert. Die Verluste aus der Sperrung der Ölanlagen übersteigen 3,5 Milliarden US-$.
Die libyschen Stämme haben die Ölanlagen stillgelegt, da mit den Einnahmen die syrischen Söldner und die Waffenhilfe der Türkei bezahlt wurden.

+ Der US-Botschafter in Libyen, Richard Norland, äußerte die Besorgnis der USA über den Einsatz ausländischer Söldner in Libyen. Damit seien Libyens Souveränität und Unabhängigkeit bedroht. Der Botschafter betonte auch, dass es nicht der Wille des libyschen Volkes sei, von fremden Militärs besetzt zu werden. Dies sei auf die Türkei und Russland gemünzt gewesen. Washington sei mit allen ausländischen Parteien im Kontakt, um den Konflikt zu lösen.
https://libyareview.com/?p=879

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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