Kurznachrichten Libyen – 05.05.2021

Libyen. Türkische Delegation in Tripolis / 5+5-Militärkommission in Sirte / Dezemberwahlen / Moslembruderschaft jetzt NGO

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Ihre Freitag-Redaktion

27.04.: Tschadische FACT/Mursuk. Die LNA meldet, dass schwere Kämpfe zwischen FACT und LNA im Gebiet von Mursuk (Fessan) ausgebrochen sind. Die LNA setzte Mi35 und Kampfdrohnen ein.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1386887457283747848

+ 03.05.: Türkische Delegation/Tripolis. Eine hochrangige türkische Delegation hat die libysche Hauptstadt Tripolis besucht. Dabei waren der türkische Außenminister Cavusoglu und Verteidigungsminister Hulusi Akar sowie Geheimdienstchef Hakan Fidan, der Chef des Generalstabs, General Yasar Guler, und der stellvertretende Vorsitzende der Regierungspartei Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) Efkan Ala. Es fanden Gespräche mit dem Übergangspremierminister Dabaiba und der Außenministerin al-Mangusch statt. Laut GNU wurde bei dem Treffen die Stärkung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern und Möglichkeiten zu deren Ausbau im Interesse des libyschen und des türkischen Volkes sowie die Aktivierung des Memorandum of Understanding, das zwischen den beiden Ländern im November 2019 unterzeichnet worden war, besprochen.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu rief die libysche Außenministerin al-Mangusch die Türkei zur Zusammenarbeit auf, „um die Anwesenheit aller ausländischen Streitkräfte und Söldner, die auf libyschem Boden stationiert sind, zu beenden und die Souveränität des libyschen Volkes zu wahren.“ Sie sagte auch: „Wir betonen die Bedeutung der Türkei bei der Beendigung des Krieges und der Einhaltung des Waffenstillstands“.
Cavusoglu seinerseits kritisierte diejenigen, die „suggerieren... die türkische Präsenz in Libyen sei gleichbedeutend mit der von illegitimen Gruppen“.
Zuvor hatte der türkische Verteidigungsminister gesagt, dass die türkische Armee weiterhin ihre Interessen innerhalb und außerhalb des Landes schützen wird, einschließlich in Libyen, Syrien, Irak, Zypern, Aserbaidschan, dem östlichen Mittelmeer und anderen Regionen.
https://libyareview.com/12492/high-level-turkish-government-delegation-visits-libya/
https://www.libyaherald.com/2021/05/04/high-level-turkish-delegation-visits-tripoli/
https://de.rt.com/afrika/116974-libyen-draengt-auf-abzug-auslaendischer-kaempfer-und-meint-auch-tuerkische-soeldner/
Das türkische Militär ist ebenfalls illegitim in Libyen, da die Türkei ein Abkommen mit der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis geschlossen hat, das vom Parlament hätte ratifiziert werden müssen. Dies ist niemals geschehen. Das Abkommen diente ausschließlich als Vorwand für eine militärische Intervention in einem fremden Land. Das Völkerrecht rechtfertigt nicht, militärisch in einem anderen Land zu intervenieren, so wie es die Türkei mit verschiedenen Ländern in der Region tut.
In Libyen fragen sich viele, wie es sein kann, dass die türkische Delegation in Tripolis auftritt, als gehöre die libysche Hauptstadt zur Türkei. Nun ja, Besatzungsmächte verhalten sich wohl so.
Glaubt wirklich jemand ernsthaft daran, dass sich die Türkei freiwillig aus Libyen zurückzieht?

04.05.: Syrische Söldner. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) berichtet, hat die Türkei die Rückführung syrischer Kämpfer aus Libyen vollständig ausgesetzt. Dies hat unter den Söldnern, die Libyen so schnell wie möglich verlassen möchten, zu großem Unmut geführt.
Die Aussetzung hat zu großer Unzufriedenheit unter den Söldnern geführt. Sie fordern, Libyen so schnell wie möglich verlassen zu können.
https://libyareview.com/12514/turkey-has-suspended-the-withdrawal-of-syrian-mercenaries-from-libya/

+ 29.04.: 5+5-Militärkommission/Sirte. In Sirte traf sich vom 25. bis 28. April die 5+5-Militärkommission in Anwesenheit der UN-Waffenstillstandsbeobachter und des UN-Sondergesandten Jan Kubis. Geleitet wurde die Sitzung vom Präsidialratsvorsitzenden Mohamed al-Menfi.
Wichtiges Thema war die Wiederöffnung der Küstenstraße, die als Meilenstein der Annäherung zwischen den östlichen Kräften und denen in Tripolis gilt. Ein Datum der Öffnung wurde nicht genannt. Die 5+5-Militärkommission warnte, sie werde eine Liste veröffentlichen, in der die Parteien und Einzelpersonen genannt werden, die die Bemühungen zur Wiedereröffnung der Küstenstraße behindern.
Es wurde die Führung einer noch aufzustellenden Joint Military Force, eine gemeinsame Streitkraft, ernannt, die ihren Sitz in Sirte hat. Die Joint Military Force soll sich aus Militärs der beiden rivalisierenden militärischen Kräfte zusammensetzen – als erster Schritt zur Schaffung einer gemeinsamen libyschen Armee.
https://libyareview.com/12348/unsmil-chief-attends-55-libyan-military-talks-in-sirte/
https://libyareview.com/12397/libyas-55-commission-threatens-to-reveal-coastal-road-spoilers/

+ 29.04.: Sirte/5+5-Militärkommission. Die Bewohner von Sirte fordern die 5+5-Militärkommission auf, die Beschlüsse zur Wiedereröffnung der Küstenstraße, zur Minenräumung und zur Freilassung von Häftlingen beider Seiten umzusetzen.
https://libyareview.com/12378/sirte-residents-demand-55-implement-agreements/

+ 02.05.: Libysches Militär. Der Parlamentarier Mohammed al-Abani kritisierte die Entscheidung des Übergangspremierministers Dabaiba, mit der Ernennung von Mohammed al-Haddad zum Generalstabschef vollendete Tatsachen geschaffen zu haben. Die LNA (Libysche Nationalarmee) habe bereits mit Generalmajor Abdul-Razeq an-Nadhouri einen vom Parlament bestimmten Generalstabschef. Der Posten könne zwar neu besetzt werden, aber nicht, solange noch an-Nadhuri den Posten bekleidet.
https://almarsad.co/en/2021/05/02/al-abani-appointing-al-haddad-as-chief-of-general-staff-was-a-mistake-by-dbaiba/

+ 05.05.: Dezemberwahlen. Al-Marsad veröffentlicht den Entwurf des Rechtskomitees des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF) zur Regelung für das Einsetzen einer Verfassung.
1. Das Referendum über den Verfassungsentwurf soll auf die Zeit nach der Wahl des neuen Parlaments am 24. Dezember 2021 verschoben werden.
2. Der offizielle Sitz des Parlaments (Repräsentantenhaus) ist die Stadt Bengasi.
3. Die Legislaturperiode des neu zu wählenden Parlaments beträgt vier Jahre und endet mit der Wahl des nächsten Parlaments auf der Grundlage der in Kraft getretenen Verfassung. Sollte dies nicht möglich sein, wird auf der jetzigen Basis gewählt.
4. Zur Wahl des Staatspräsidenten (Staatsoberhaupt) liegen zwei Vorschläge vor: eine Direktwahl durch das libysche Volk oder die Ernennung durch das Parlament. Das LPDF (75 Mitglieder) soll über diese Frage entscheiden.
5. Der Staatspräsident ernennt nach Rücksprache mit dem Parlament den Regierungschef und ist der Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1389698861472550912

+ 05.05.: Dezemberwahlen. Mitglieder des LPDF fordern, dass nach dem Eid- al-Fitr (Fastenbrechen zum Ende des Ramadan am 13. Mai) in einer persönlichen und nicht-virtuellen Sitzung durch Handaufheben darüber abgestimmt wird, ob der neue libysche Präsident direkt oder indirekt gewählt werden soll.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1389697408859316224

+ 01.05.: LPDF/Wahl. Amal Bugaighis, ein Mitglied des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF) vertritt die Meinung, dass die Sitzung, in welcher das Prozedere der Präsidentenwahl innerhalb des LPDF festgelegt wird, live im Fernsehen übertragen werden sollte. Jedes LPDF-Mitglied solle dabei öffentlich seinen Standpunkt darlegen und auch begründen.
https://libyareview.com/12446/libyans-demand-upcoming-lpdf-meeting-to-be-aired-live/
Es ist sehr schwer vorstellbar, dass es im Dezember tatsächlich zu Wahlen kommt.

+ 02.05.: Moslembruderschaft/NGO. Die Organisation der Muslimbruderschaft in Libyen erklärte, dass ihr neuer Name Revival and Renewal Society (Gesellschaft für Wiederbelebung und Erneuerung) sei und sie sich in eine NGO verwandelt habe. Kritiker merken an, dass die Moslembruderschaft damit suggeriere, ihren ideologischen Transnationalismus zugunsten von Nationalismus und Patriotismus aufgegeben zu haben.
Dazu der Leiter der libyschen Medienstiftung, Mohammed Bayo: „Ändert eure Organisationsform, wenn ihr wollt, von einer Gruppe zu einem Verein und von einer Partei zu einem Club, aber belasst es dabei, dass der 20. Tag des Ramadan ein Tag des Ruhms für den Islam ist.“ Und: „Hört auf, den Islam als Mittel zu benutzen, um die Welt zu kontrollieren“.
https://almarsad.co/en/2021/05/03/the-libyan-muslim-brotherhood-says-it-has-changed-into-ngo/
https://almarsad.co/en/2021/05/04/bayo-to-the-muslim-brotherhood-stop-using-islam-as-way-to-control-the-world/
Ein lächerlicher Versuch, innerhalb Libyens weiterhin Einfluss zu haben.

+ 02.05.: Moslembruderschaft/Mishri/UNSMIL. Vorsitzender des Hohen Staatsrats und Moslembruder Khaled al-Mishri empfing in Tripolis den UN-Sondergesandten Jan Kubis. Beide Seiten sprachen sich für die Einhaltung des Waffenstillstandes und der Wiedereröffnung der Küstenstraße aus. Allerdings machte Mishri für die Verzögerung der Öffnung der Küstenstraße die „Söldner der anderen Seite“, sprich der LNA, verantwortlich, während die 10.000 syrischen Söldner keine Erwähnung fanden. Diese sind zwischen dem Internationalen Mitiga-Flughafen und Tadschura (östlich von Tripolis) und den Militärlagern westlich von Tripolis verteilt; sie sind auch gemeinsam mit Hunderten türkischer Militärs auf dem Luftwaffenstützpunkt al-Watiya, dem Hafen von Khoms, dem Hafen und dem Flughafen von Misrata stationiert.
Laut Mishri könne man über die Entfernung der Söldner, nicht aber über das maritime und militärische Abkommen, dass die Sarradsch-Regierung (Tripolis) mit der Türkei geschlossen hat, verhandeln.
Mishri kritisierte auch, dass Bengasi einer Sicherheitsvorhut des Premierministers Dabaiba nicht erlaubt hatte, am Flughafen zu landen. [Die LNA wollte kein fremdes Sicherheitspersonal in der Stadt, sondern selbst für den Schutz von Dabaiba Sorge tragen.]
Mishri sprach sich zwar für Wahlen aus, diesen müsste aber ein Verfassungsreferendum vorausgehen.
https://almarsad.co/en/2021/05/02/mishri-mercenaries-of-the-other-side-are-the-main-obstacle-to-reopening-of-coastal-road/
Mit der Forderung, das Verfassungsreferendum den Wahlen vorzuschieben, ist eindeutig klar, dass die Moslembruderschaft keine Wahlen will. Es ist unmöglich, vor dem 24.12.21, dem anvisierten Wahltermin, noch das Prozedere eines Verfassungsreferendums zu durchlaufen.
Außerdem versucht die Moslembruderschaft für die Türkei eindeutige militärische Vorteile durchzusetzen. Indem die Türkei sich eventuell bereit erklären könnte, die 10.000 syrischen Söldner abzuziehen, will sie mit ihrem Militär im Land bleiben, um auch zukünftig die bestimmende Militärmacht im westlichen Libyen zu sein.

+ 03.05. Kubis/Moslembruderschaft. UNSMIL-Chef Jan Kubis trifft den Vorsitzenden der Partei der Moslembruderschaft, Mohammed Sawan und den Moslembruder Nizar Kawaan. Von Kawaan existieren Aufnahmen, die ihn zusammen mit dem persönlichen Fahrer von Osama Bin Laden in Derna zeigen.
https://twitter.com/MatogSaleh/status/1389274966605058052

+ 29.04.: GNU/Militär. Der Verteidigungsausschuss des libyschen Parlaments kritisierte Treffen von Mitgliedern der GNU-Übergangsregierung mit Mohamed al-Haddad, dem Generalstabschef des westlibyschen Militärs und dessen Begleitung bei Auslandsbesuchen. Dieses Verhalten behindere die Arbeit der 5+5-Militärkommission, deren Vorrecht es sei, den Generalstabschef zu bestimmen.
https://almarsad.co/en/2021/04/29/mihoub-lafi-and-konis-meetings-with-haddad-as-chief-of-staff-undermine-consensus/

30.04.: GNU gescheitert. Die NZZ sieht die GNU gescheitert. Sie schreibt: „während die Uno die Hauptaufgabe der Einheitsregierung darin sieht, für den nächsten Dezember demokratische Wahlen vorzubereiten, geht es den libyschen Akteuren vor allem darum, sich einen möglichst großen Teil der Erdöleinkommen zu sichern. Eine gerechte Verteilung dieser Mittel wird jedoch ebenso wenig möglich sein wie die Durchführung von fairen Wahlen, bevor das staatliche Gewaltmonopol im Rahmen einer neuen Verfassung wieder hergestellt ist. Dies indes scheint ein frommer Wunsch zu sein. Libyen bleibt wohl auf längere Sicht ein zerrissener, dysfunktionaler und vielleicht auch gescheiterter Staat.
https://www.nzz.ch/international/libyen-haftar-demuetigt-die-neue-einheitsregierung-ld.1614630?ga=1&kid=nl164_2021-4-29&mktcid=nled&mktcval=164_2021-04-30
Das haben sie 2011 doch prima hinbekommen.

+ 03.05.: Haushalt 2021. Ein überarbeiteter Haushaltsentwurf ist von der GNU-Übergangsregierung an den Parlamentspräsidenten Agila Saleh übergeben worden.
https://almarsad.co/en/2021/05/03/gnu-delegation-delivers-revised-draft-budget-to-chancellor-aguila-saleh/

+ 03.05.: Generalstaatsanwalt. Der Posten des Generalstaatsanwalts wurde mit as-Siddiq as-Sur neu besetzt. As-Sur übernahm das Amt von seinem Vorgänger Ibrahim Masud. Das libysche Parlament hatte as-Sur in einer Sondersitzung einstimmig zum neuen Generalstaatsanwalt gewählt.
https://libyareview.com/12500/who-is-libyas-new-attorney-general/

+ 27.04.: Ölproduktion. Die Arabian Gulf Oil Company (AGOCO) hat den Betrieb wieder aufgenommen, nachdem die GNU-Übergangsregierung die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt hat.
Die Einnahmen aus den Ölverkäufen werden von der NOC an die CBL weitergeleitet, die die Gelder an staatliche Institutionen in den östlichen und westlichen Landesteilen verteilt.
https://libyareview.com/12361/libyas-agoco-resumes-oil-production/

+ 27.04.: AI/LNA. Amnesty International prangert die grob unfairen Militärgerichte der LNA im östlichen Libyen an, die Hunderte von Zivilisten verurteilen und die auch Folter eingesetzt hätten. „Militärprozesse gegen Zivilisten verstoßen gegen internationale und regionale Standards und sind von Natur aus ungerecht.“.
https://www.libyaherald.com/2021/04/27/military-courts-in-eastern-libya-sentence-hundreds-of-civilians-in-sham-torture-tainted-trials-amnesty-international/
In diesem Zusammenhang mutet es sehr merkwürdig an, dass sich AI nicht zu den Foltergefängnissen, den Verschleppten und von Milizen widerrechtlich Festgehaltenen im Westen Libyens, z.B. auf dem Gelände des Mitiga-Flughafen (Tripolis) äußert.

+ 02.05.: Gefangene/LNA. Die LNA kündigte an, 193 Gefangene, die im Militärgefängnis Garnada festgehalten werden, noch vor Eid al-Fidr in drei Chargen freizulassen. Die Gefangenen bekämen vorher noch Vorträge zum Thema „Mäßigung und Integration in die Gemeinschaft“.
https://libyareview.com/12481/193-prisoners-to-be-released-from-garnada-in-eastern-libya/

+ 27.04.: Migration. Das libysche Parlament reagierte betroffen auf den Tod von 130 Migranten vor der libyschen Küste, die nach einem Schiffsunglück am 24. April ertrunken waren. Es machte die Schlepperbanden dafür verantwortlich und betonte die Notwendigkeit, eine umfassende Untersuchung des Vorfalls einzuleiten und die betreffenden Behörden zur Rechenschaft zu ziehen. Die internationalen Bemühungen zur Stärkung der Seenotrettung und zur Bekämpfung der Schlepperbanden müssten intensiviert werden. Der Generalsekretär der Italienischen Demokratischen Partei, Enrico Letta, sagte, dass die Europäische Union ihre Lektion nicht gelernt habe. „Acht Jahre sind vergangen und nichts hat sich geändert“.
https://libyareview.com/12332/libyan-parliament-calls-for-investigation-into-migrants-in-a-boat-drowning-off-libyan-coasts/
https://libyareview.com/12335/italian-mp-europe-has-not-learned-its-lesson-after-recent-tragedy-off-libyan-coast/

+ 29.04.: Migration/EU. „Die EU setzt weiter auf die Zusammenarbeit von Frontex mit der libyschen Küstenwache: In einem internen Bericht des Europäischen Auswärtigen Diensts wird die Arbeit der libyschen Küstenwache im zweiten Halbjahr 2020 bilanziert. Darin heißt es: >Die Effektivität der libyschen Küstenwache konnte gesteigert werden und exzellente Ergebnisse erzielen<.“
https://www.tagesschau.de/investigativ/monitor/frontex-rueckfuehrungen-libyen-101.html
Zynischer geht es nicht mehr.

+ 30.04.: Migration. Etwa 334 Migranten sind von der libyschen Küstenwache laut UNHCR gerettet und nach Tripolis zurückgebracht worden.
https://libyareview.com/12441/334-migrants-rescued-off-libyan-coast/

+ 30.04.: Migration. Neues Deutschland schreibt: „Drei libysche Offiziere berichten laut Spiegel, dass Frontex Whatsapp-Nachrichten mit Koordinaten von Flüchtlingsbooten an sie gesendet habe. >Diese Form der direkten Absprache ist ein klarer Bruch von Europarecht<, sagte die Völkerrechtlerin Nora Markard von der Universität Münster nach Spiegel-Angaben. >Die Frontex-Beamten wissen, dass die libysche Küstenwache Flüchtende nach Libyen zurückschleppt und dass den Menschen dort Folter und unmenschliche Behandlung drohen<“.
Frontex steht seit Monaten wegen des Vorwurfs der illegalen Zurückweisung von Flüchtlingen unter Druck.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1151453.zusammenarbeit-mit-libyscher-kuestenwache-neue-vorwuerfe-gegen-frontex.html

+ 01.05.: Migration. Laut UNICEF sind in der letzten Woche 125 Kinder vor der Küste Libyens aus dem Mittelmeer gerettet worden, davon waren 114 Kinder unbegleitet.
https://libyareview.com/12431/unicef-125-children-rescued-off-coast-of-libya-in-week/

03.05.: Migration. Vor der libyschen Küste bei der Stadt Zawiya ertranken etwa fünfzig Menschen als ein Schlauchboot kenterte. Zwölf Migranten konnte die libysche Küstenwache retten.
https://libyareview.com/12486/libyan-red-crescent-50-migrants-drown-off-western-libyan-coast/

+ 26.04.: Covid-19. Das National Center for Disease Control (NCDC) gab bekannt, dass seit März 2020 3.005 Todesfälle aufgrund von COVID-19 zu verzeichnen sind.
https://libyareview.com/12337/libyas-covid-19-deaths-surpass-3000/

01.05.: Ölteppich/Tobruk. Laut dem Bürgermeister von Tobruk droht an der Küste eine Wasserverschmutzung. Große Mengen von Dieselkraftstoff bedrohten den Strand und hätten die Entsalzungsanlage der Stadt, Tobruks einziger Wasserquelle, verunreinigt. Die Gesundheit der Bewohner von Tobruk sei bedroht.
https://libyareview.com/12438/fears-of-water-pollution-due-to-oil-spill-in-eastern-libya/

+ 01.05.: Stromausfälle. Im Osten Libyens kam es zu einem weitreichenden Stromausfall, der zwischenzeitlich behoben werden konnte. Die General Electricity Company of Libya (GECOL) machte eine Explosion in einem Transformator dafür verantwortlich. Der libysche Übergangspremierminister Dabaiba behauptete, die Stromausfälle seien mit Absicht herbeigeführt worden; der Direktor der Libyschen Zentralbank (CBL) im östlichen Libyen (Bengasi) forderte eine faire und transparente Untersuchung dieser Behauptung.
https://libyareview.com/12419/libyas-eastern-central-bank-governor-calls-for-transparent-investigation-into-power-outages/
https://libyareview.com/12421/libyas-state-electricity-co-says-technical-issue-behind-blackout-in-east/

+ 05.05.: Türkei/Russland. In einem Telefongespräch diskutierten Putin und Erdogan die Lage in Syrien, Libyen, Berg-Karabach. Sie vereinbart, ihre persönlichen Kontakte aufrechtzuerhalten.
https://libya.liveuamap.com/en/2021/5-may-in-a-phone-call-putin-and-erdogan-discussed-syria-libya

+ 27.04.: Türkei/Neokolonialismus. Der Parlamentsabgeordnete Saad Imgheib über die Stellung der arabischen Welt zur Türkei. Obwohl die arabischen Völker während der Zeit des Osmanischen Reiches unter Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Demütigung gelitten hätten, sei das Verhältnis bis vor kurzem ausgezeichnet gewesen. Die arabischen Märkte seien eine der wichtigsten Faktoren für die türkische Wirtschaft gewesen und auch türkische Fernsehserien erfreuten sich großer Beliebtheit. Doch gehe „Erdogans Ehrgeiz über die Kontrolle der arabischen Märkte hinaus und lässt ihn davon träumen, die gesamte arabische Welt zu kontrollieren“. Und weiter: „Die türkische Einmischung in die Angelegenheiten der arabischen Länder kam mit dem Beginn des sogenannten Arabischen Frühlings, wobei er die Organisation der Moslembruderschaft in diesen Ländern als Werkzeug benutzte, um seinen Willen durchzusetzen. Glücklicherweise scheiterte das Komplott in Ägypten, dann in Syrien und Tunesien, und jetzt scheitert das Komplott in Libyen, aufgrund der feindlichen und kolonialen Politik der Türkei in der Region.“
https://libyareview.com/12353/libyan-mp-turkish-plot-to-control-libya-has-failed/

+ 29.04.: Erdogan/Nato/Islamisten/Deutschland. In der Jungen Welt schreibt Sevim Dagdelen unter dem Titel „Erdogans Pakt - Türkei und islamistischer Terror“: „Erdogans Pakt mit dem Teufel wäre nicht möglich ohne die Unterstützung der NATO für die Regime-Change-Politik der Türkei in Syrien. Die zahlreichen Kriegsverbrechen der islamistischen Organisationen gegen Kurden, Christen, Armenier und Jesiden, gut dokumentiert wie im kurdischen Afrin von internationalen Menschenrechtsgruppen, ficht die NATO, laut Präambel Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verpflichtet, nicht an. Erdogan ist in der NATO der Mann fürs Grobe. Darauf soll es keinen Hinweis geben. Wie auch nicht auf die islamistischen Mörderbanden, die in Idlib die Kontrolle ausüben.“ Und: „Die Türkei zählt allein als Profitzentrum deutscher Konzerne und geopolitisches Sprungbrett für den Nahen und Mittleren Osten.“
https://www.jungewelt.de/artikel/401345.erdogans-pakt.html

+ 27.04.: Deutschland/Sahel. Die deutsche Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer zum Einsatz in Mali: „dies sei „kein Einsatz […], von dem man sagen kann, der dauert noch ein Jahr und dann wird er beendet“. Stattdessen werde das „seine Zeit brauchen“, so eine zweimal wiederkehrende Formulierung. AKK ist auch nicht bereit, sich vom französischen „Antiterrorkampf“ […] zu distanzieren. Man brauche dort „auch den wirklich harten Kampf, die harte militärische Auseinandersetzung und Bekämpfung des Terrorismus“, so AKK. Dies übernähmen gerade die Franzosen, während Deutschland sich, auch auf Grund der politischen Vorgaben, aktuell auf die Ausbildung konzentriere.
http://www.imi-online.de/2021/04/27/flucht-aus-afghanistan-dauereinsatz-im-sahel/
Das gesamte Sahelgebiet ist wie vorhergesagt seit dem Zusammenbruch Libyens 2011 zu einer riesigen Konfliktzone geworden, in der ohne Rücksicht auf die dortige Bevölkerung militärisch „hart“ vorgegangen wird. Die Kolateralschäden und das Leiden der Einheimischen finden in der westlichen Berichterstattung so gut wie keinen Niederschlag.
Krimi-Empfehlung: https://michael-lueders.de/never-say-anything/

+ 04.05.: Frontex/Drohnen. „Eine Aufklärungsdrohne soll zukünftig Boote mit Geflüchteten im zentralen Mittelmeer aufspüren, Hauptauftragnehmer ist der Airbus-Konzern. Die Reichweite der eingesetzten Heron 1 ermöglicht Flüge auch vor den Küsten Nordafrikas.“ Stationiert werden sollen die Drohnen auf Malta.
Und: "Vertragsnehmer ist demnach der deutsche Ableger des Rüstungskonzerns Airbus, der die Heron 1 bereits vor zwei Jahren in einem Pilotprojekt auf Kreta für Frontex geflogen hatte. Airbus stellt die Drohne auch der Bundeswehr in Afghanistan und Mali zur Verfügung. Dort wird die Heron 1 lediglich bei Starts und Landungen von Airbus-Techniker:innen gesteuert, für Frontex liegt der gesamte Flug komplett in deren Verantwortung."
Weiter: „Derzeit will Frontex außerdem für zwei Millionen Euro insgesamt 20 Quadrokopter beschaffen. Die Nutzlast der kleinen Geräte soll rund sieben Kilogramm betragen, Einsatzorte sind die Land- und Seeaußengrenzen der Europäischen Union.“
https://netzpolitik.org/2021/erster-test-in-malta-frontex-drohnen-im-anflug/

+ 29.04.: Tschad. IMI setzt sich unter dem Titel „Tschads Langzeit-Herrscher stirbt, Sohn übernimmt, Frankreich billigt“ mit der Situation im Tschad auseinander.
http://www.imi-online.de/2021/04/29/tschads-langzeit-herrscher-stirbt-sohn-uebernimmt-frankreich-billigt/
Ob durch Mord, Putsch oder Wahlen, inzwischen bestimmen im gesamten Afrika ausländische Mächte, allen voran Frankreich und die USA, wer in welchem Land an die Macht kommt. Menschenrechte und Demokratie sind dabei die am wenigsten gefragten Kriterien, die Regierenden müssen in erster Linie zur bedingungslosen Zusammenarbeit mit dem Westen bereit sein.

+ 03.05.: Frankreich/Sarkozy/Moslembrüder. Ibrahim Bait al-Mal war der Kommandeur des Sirte-al-Dschufra-Einsatzzentrums der ehemaligen ‚Einheitsregierung‘. Nun sprach er über ein Treffen mit dem damaligen französischen Präsidenten Sarkozy im Februar 2011. Bait al-Mal war zu dieser Zeit Sprecher des Militärrats in Misrata. Eine Delegation der bewaffneten Gruppen reiste damals nach Paris, wo auch ein Treffen mit Sarkozy im Elyseepalast stattfand. Anwesend waren auch Mitarbeiter des französischen Geheimdienstes und Katars Militärattaché in Paris. Mit dem französischen Kommunikationsfirma Alcatel wurden die Möglichkeiten besprochen, die Kommunikation innerhalb Libyens zu stören.
Es wurde zugesichert, die Kämpfe auch während des Ramadan fortzusetzen. Bait al-Mal bat Frankreich um militärische Unterstützung für die Schlacht um Tripolis. Sarkozy schlug vor, dass Waffen und Munition nicht direkt aus Frankreich, sondern über Katar geliefert werden sollten. Bait al-Mal beschwerte sich bei Katars Militärattaché, dass beispielsweise gepanzerte Fahrzeuge im Osten Libyens verblieben und nicht nach Misrata geschickt wurden.
Auch heute kommandiert Bait al-Mal das Sirte-al-Dschufra-Einsatzzentrum und besteht darauf, dass die Küstenstraße, die das östliche und westliche Libyen miteinander verbindet, wegen der Anwesenheit ausländischer Kämpfer nicht geöffnet wird.
https://www.afrigatenews.net/article/%D8%B7%D9%84%D8%A8-%D8%AE%D9%84%D8%A7%D9%84%D9%87-%D8%AF%D8%B9%D9%85-%D9%81%D8%B1%D9%86%D8%B3%D9%8A-%D8%A8%D9%8A%D8%AA-%D8%A7%D9%84%D9%85%D8%A7%D9%84-%D9%8A%D9%83%D8%B4%D9%81-%D9%83%D9%88%D8%A7%D9%84%D9%8A%D8%B3-%D9%84%D9%82%D8%A7%D8%A1-%D8%AC%D9%85%D8%B9%D9%87-%D8%A8%D8%B3%D8%A7%D8%B1%D9%83%D9%88%D8%B2%D9%8A/?fbclid=IwAR3VhKG1ksOlqt9fye1VC48xCdDXVgl3Gn1afCio0lAdwT-9jy3cN5XT6zE

+ 30.04.: Militärische Intervention/Afrika. Antikrieg schreibt, dass inzwischen „das Pentagon direkte militärische Beziehungen zu allen vierundfünfzig Nationen Afrikas (mit Ausnahme von Eritrea und Simbabwe) aufbaute. In den 1990er Jahren begannen die USA mit der Ausbildung der Streitkräfte von Mali in der Sahelzone.“ Und weiter: „Die Pan-Sahel-Initiative der USA, später die Trans-Saharan Counterterrorism Initiative, war der Deckmantel, hinter dem sich das Pentagon verbarg, um mit seinem NATO-Verbündeten und Malis ehemaligem Kolonialherrn Frankreich Aufstandsbekämpfungsoperationen in Mali durchzuführen und zu leiten. Die Tuareg streben seit über einem Jahrhundert in der einen oder anderen Form nach einem unabhängigen Staat, der derzeit als Azawad bezeichnet wird.“
Und: „Die aktuelle UN-Resolution verleiht den militärischen Aktivitäten der westlichen Nationen in Mali den Anstrich von Seriosität, ähnlich wie es vergleichbare Resolutionen früher in Afghanistan und Malis Nachbarland Elfenbeinküste taten. […] Vor neun Jahren applaudierte die Washington Post den gleichzeitigen militärischen Interventionen des Westens in Libyen und der Elfenbeinküste und befürwortete eine Wiederholung in Mali. Es scheint, als hätten die wichtigsten NATO-Mächte ihren Rat beherzigt.
Nicht unbedingt gegen den Terrorismus, aber entschieden gegen den russischen und chinesischen Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent.“
http://www.antikrieg.eu/aktuell/2021_04_30_natostaaten.htm

+ 27.04. Bündnisbildung MENA. Thierry Meyssan schreibt über die Veränderungen innerhalb von Bündnisbildungen in der MENA-Region. „Diese Veränderungen, wenn sie fortgesetzt werden können, werden Zeit erfordern. Allerdings stellen sich nun die Vereinigten Arabischen Emirate und Israel auf der einen Seite, Saudi-Arabien und der Iran auf der anderen Seite, eine neue Frage: Sollen sie sich nicht alle auf eine neue Gefahr vorbereiten: den Expansionismus der Türkei und Katars?
Aus diesem Grund haben die Vereinigten Arabischen Emirate und Israel ein Bündnis mit Griechenland und Zypern geschlossen, während Saudi-Arabien und der Iran geheime Gespräche begonnen haben. Ägypten (Vertreter der Arabischen Liga, der einige dieser Länder angehören) und Frankreich (Vertreter der Europäischen Union, deren Mitglieder oder Partner die anderen Teilnehmerländer sind) wurden an einem Vorbereitungstreffen, dem Forum Philia in Athen, beteiligt. Diese vollständige und brutale Umkehrung der Allianzen erfolgt so diskret wie möglich. Aber sie passiert.
Das wichtigste Ereignis ist die Militärische Allianz zwischen Griechenland und Israel auf der einen Seite, der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens andererseits.“
https://www.voltairenet.org/article212911.html

+ 05.05.: Salafistische Vereine/Deutschland. „Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat den salafistischen Verein Ansaar International und alle Teilorganisationen der islamistischen Vereinigung verboten. Zur Begründung des Verbots hieß es aus dem Innenministerium, die Spendensammlungen von Ansaar seien in der Absicht erfolgt, diese an terroristische Vereinigungen im Ausland weiterzugeben, insbesondere an die an-Nusra-Front in Syrien, an die palästinensische Hamas sowie an asch-Schabaab in Somalia.“
Seehofer: „Wer den Terror bekämpfen will, muss seine Geldquellen austrocknen.“
https://de.rt.com/inland/117013-seehofer-verbietet-salafistischen-verein-ansaar/

04.05.: Abzug aus Afghanistan. „Die NATO beendet ihren 20-jährigen Krieg am Hindukusch und lässt ihr Einsatzgebiet in katastrophalem Zustand zurück.“ Es herrscht „weithin Konsens über das Scheitern des 20-jährigen NATO-Krieges am Hindukusch“.
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8588/

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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