Kurznachrichten Libyen – 07.07.2020

Libyen. Details über LNA-Luftangriff auf Watiya-Luftwaffenbasis / Verstrickung der ‚Einheitsregierung‘ mit kriminellen Milizen / Waffenlieferungen durch die Türkei an Libyen

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Ihre Freitag-Redaktion

Libysche Nationalarmee (LNA)

+ Am 07.07. hat die LNA Militärfahrzeuge einer Türkei freundlichen libyschen Miliz in der Nähe der strategisch wichtigen Stadt Brak asch-Schati nahe des gleichnamigen Militärstützpunktes im Süden Libyens angegriffen.

+ Am 06.07. fand in Bengasi ein großes Treffen zwischen dem Generalkommandeur der LNA, Khalifa Haftar, und den Stabschefs und Chefs aller militärischen Abteilungen des Generalkommandos und den Kommandeuren der Militärregionen und Einsatzzentralen statt.
https://twitter.com/LNA2019M/status/1280197590810853377

+ Der ägyptische Experte für militärische Luftfahrt, Mina Adel, äußert sich über Details zum Luftangriff auf den von der Türkei besetzten al-Watiya-Luftwaffenstützpunkt. Wichtig sei zunächst die Beschaffung von exakter Information über die Positionen der Luftabwehrsysteme gewesen, die von einem Militärsatelliten fotografisch erfasst wurden. Danach seien Aufklärungsflugzeuge zum Einsatz gekommen, um die Zielobjekte mit großer Genauigkeit zu bestimmen. Daraufhin könne entschieden werden, ob eine Operation Suppression of Enemy Air Defenses (SEAD) oder ein Destruction of Enemy Air Defenses (DEAD) (Unterdrückung oder Zerstörung der Luftaufklärungssysteme) sinnvoller ist, wonach sich die Auswahl der Kampfjets und der Munition richte. Die Türkei habe in Watiya über keine Frühwarnsysteme verfügt, so dass die türkischen Radargeräte, die das Hawk-System begleiten, schnell zerstört werden konnten. Die türkischen Verteidigungssysteme und Radare seien vor dem Angriff durch Störsender deaktiviert worden, da nicht eine einzige Rakete vom Luftwaffenstützpunkt in Richtung der Kampfjets, die die Operation durchführten, abgeschossen wurde.
Der Störprozess findet durch spezielle Flugzeuge statt, die die Frequenzen des Zielradars durch Geräusche und negative Störsignale abfangen und blockieren, um falsche Informationen zu senden. In diesem Fall wurden auf dem Radar mehr als 100 Flugzeuge angezeigt, obwohl tatsächlich nur eines oder zwei vor Ort waren. Das Radar kann deshalb das Hauptziel nicht ausmachen. Es sei aber auch möglich, das Radar komplett abzuschalten, das dann blind sei. Aufklärungsflugzeuge würden anschließend überprüfen, ob das gewünschte Ergebnis erzielt wurde oder ob ein nochmaliger Einsatz nötig sei.
https://almarsad.co/en/2020/07/06/military-aviation-specialist-reveals-how-turkish-air-defense-systems-were-destroyed-at-al-watiya-base/

+ Laut RT haben möglicherweise die VAE diesen Luftschlag gegen al-Watiya durchgeführt. Denn es soll sich um Dassault Mirage 2000-Kampfflugzeuge aus französischer Produktion gehandelt haben. In der Region gibt es nur zwei Länder, die über solche Kampfjets verfügen: Frankreich (im Tschad) und die VAE (in Ägypten). Aus der Türkei kam die Ankündigung von Racheaktionen.
https://deutsch.rt.com/afrika/104243-komplexer-stellvertreterkrieg-in-libyen-ankara
Der Imageschaden der Türkei, die sich gerade noch als große Militärmacht feierte, ist enorm.

+ Die LNA widerspricht Gerüchten, wonach die Türkei Sawknah (im Gebiet von Dschufra) aus der Luft angegriffen hätte. Es handle sich bei diesen Berichten um reine Propaganda.
https://www.addresslibya.net/archives/57575

Libysches Parlament/Übergangsregierung

Am 06.07. gab die libysche Übergangsregierung (Tobruk) bekannt, dass sie Demonstrationen gegen die türkische Intervention unterstützt und forderte auch die internationale Gemeinschaft auf, ihrer Verantwortung nachzukommen, um die Intervention der Türkei in Libyen zu beenden. Die Regierung bekräftigte ihre Entschlossenheit, die Forderungen des Volkes zu erfüllen und den Weg für die Schaffung eines Rechtsstaats und den Aufbau von Institutionen zu ebnen, um die Souveränität des Landes aufrechtzuerhalten.
https://libyareview.com/?p=4529

+ Der Sprecher des Parlamentspräsidenten, Fathi al-Mraimi, verurteilte den Besuch des türkischen Verteidigungsministers Hulusi Akar mit seiner begleitenden Militärdelegation im westlichen Libyen sowie dessen Treffen mit türkischen Soldaten am 05.07. Dies „zeigt die offensichtliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten und den Versuch, Libyen zu besetzen und auszuplündern“. Al-Mraimi forderte dazu auf, diesen Verstoß gegen das Völkerrecht zu stoppen und betonte, dass das libysche Volk dies nicht akzeptieren und es auch nicht zulassen würde, dass die Türkei ihre Ambitionen und Ziele in Libyen erreicht. Außerdem werde Ägypten das Überschreiten der mit Sirte und al-Dschufra gesetzten roten Linien nicht zulassen.
Die Intervention der Türkei in Libyen verfolge drei Ziele, die rein im Interesse der Türkei und nicht des libyschen Volkes liegen. Erstens den Raub des libyschen Vermögens angesichts des Niedergangs der türkischen Wirtschaft und des Zusammenbruchs ihrer Währung sowie eine neue Grenzziehung und einen ungebührlich hohen Anteil an den Gewässern des Mittelmeers.
Al-Mraimi wies darauf hin, dass Russland durch seinen Einfluss im UN-Sicherheitsrat und in internationalen Organisationen eine Rolle in der libyschen Krise spielen werde.
Parlamentspräsident Saleh wird zu Besuch in der Schweiz und Italien erwartet, um dort seine Position darzulegen, die das Ziel hat, auf friedlichem Wege die Kämpfe in Libyen zu beenden.
https://libyareview.com/?p=4548

+ Das libysche Parlament forderte am Montag alle libyschen Parteien dazu auf, sich vereint gegen die Gewalt zu stellen, Hassreden zu vermeiden und den Frieden zu suchen. Es soll ein Verfassungsreferendum auf den Weg gebracht werden mit dem Ziel, Präsidentschafts- und Parlamentswahlen durchzuführen.
https://libyareview.com/?p=4553

‚Einheitsregierung‘ (GNA – Government of National Accord)/Milizen/Türkei

+ Am 07.07. kommt es in Janzor (Tripolis) aus nicht bekannten Gründen zu Zusammenstößen zwischen Milizen der ‚Einheitsregierung‘.

+ Während eines Interviews wird der stellvertretende Premierminister der ‚Einheitsregierung‘, Ahmed Maitiq, mit der Aussage des Innenministers Fathi Bashagha konfrontiert, der in einem Interview sagte, dass das Budget seines Innenministeriums unter der Kontrolle von gewalttätigen Milizen stehe, was eindeutig die Verstrickungen der ‚Einheitsregierung‘ mit kriminellen Milizen zeige.
Als der Interviewer Ahmed Maitiq vorwirft, gemeinsame Sache mit diesen „zutiefst korrupten, gewalttätigen Milizen“ zu machen, meinte Maitiq, es brauche Zeit, den Einfluss dieser Milizen zu beschneiden. Diese Milizen existierten länger als die ‚Einheitsregierung‘.
Maitiq wirft ausländischen Regierungen, auch europäischen, vor, diese Milizen zu stärken. Darauf antwortet der Interviewer: „Sie haben enge Verbindungen mit diesen mörderischen Gruppen, die erpressen, die mit ihren Waffen Wohngegenden beschießen, das ist alles die Schuld Europas, auch, dass sie tief in die Korruption innerhalb Ihrer Verwaltung verstrickt sind?“ Der Interviewer verweist auch darauf, dass sich die Milizionäre in den letzten Jahren extrem bereichert haben und die Macht hauptsächlich bei den Milizen liege. Worauf Maitiq meint, dass zwar die ganze Welt zur ‚Einheitsregierung‘ stehe, aber hinterrücks viele Länder die Milizen unterstützen.
Chttps://twitter.com/LNA2019M/status/1279996658776977414?s=20
https://twitter.com/LNA2019M/status/1279996543253307392?s=20
https://twitter.com/LNA2019M/status/1279996398424010752?s=20

+ Tomas Avenarius schreibt in der SZ: „Die Türkei setzt sich als de-facto-Protektoratsmacht militärisch, politisch und wirtschaftlich immer stärker im Bürgerkriegsland Libyen fest. Die international anerkannte libysche GNA-Regierung soll laut der Zeitung Arab Weekly mit Ankara bereits ein Abkommen zur Truppenstationierung geschlossen haben. Die Vereinbarung soll den Bau türkischer Militärstützpunkte, die Ausbildung einer künftigen libyschen Armee und die Unterstützung aller Militäraktionen im derzeitigen Bürgerkrieg in dem nordafrikanischen Land umfassen. Außerdem soll es türkische Soldaten vor jeder Verfolgung durch die libysche Justiz schützen. […] Gleichzeitig kündigten die Türkei und die GNA-Regierung eine Fortsetzung ihrer jüngsten Militäroffensive an. Das Presse- und Kommunikationsamt der türkischen Regierung erklärte, die strategisch wichtige Lufwaffenbasis al-Jufra sei >ebenso wie die Stadt Sirte als nächstes militärisches Ziel< der GNA-Kämpfer bei der Offensive >Straße zum Sieg< festgelegt worden. […] Ankara hat in den vergangenen Monaten moderne Waffen, Drohnen, Truppen und mindestens 10 000 syrische Söldner ins Land gebracht. Nur der Einsatz dieser Kräfte hatte im Mai die bereits absehbare Niederlage der GNA verhindert. Die Nationalarmee Haftars hatte die Hauptstadt Tripolis wochenlang belagert und stand vor ihrer Einnahme. […] Zugleich wurde bekannt, dass Ankara offenbar auch jemenitische Söldner für die GNA kämpfen lässt. Etwa 200 Kämpfer, die der sunnitisch-islamistischen Islah-Partei nahe stünden, seien unter dem Vorwand medizinischer Behandlung über die Türkei nach Libyen gebracht worden, meldete die Online-Seite Yemen News. Die Türkei hat sich in allen arabischen Staaten mit Muslimbrüder-nahen Sunniten-Parteien verbündet, auch die libysche GNA steht den islamistischen Muslimbrüdern nahe.“
https://www.sueddeutsche.de/politik/tuerkei-libyen-truppenstationierung-1.4958431

Coronakrise

+ Die Gesamtzahl der registrierten Covid-19-Fälle ist in der südlichen Region auf 503 angestiegen. Es gebe Fälle, wo sich die Betroffenen weigerten, in den ausgewiesenen Isolationsräumen zu bleiben. Außerdem verweigerten manche Familienmitglieder von Erkrankten die Testung. Dies trage zur verstärkten Ausbreitung des Virus bei.
https://www.addresslibya.net/archives/57570

Migranten

+ Seit Anfang 2020 haben laut UNHCR-Aufzeichnungen rund 8.600 Migranten auf dem Seeweg Libyen verlassen.
https://www.addresslibya.net/archives/57573

Verschiedenes

+ RT widmet der Großdemonstration mit tausenden Teilnehmern in Bengasi am 05.07. einen Beitrag und erklärt: „Seit dem Lynchmord an dem ehemaligen Premierminister Libyens Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 sowie des NATO-Bombardements zur Unterstützung der islamistischen Aufständischen herrscht in Libyen Chaos.“ Teilnehmer werden mit den Worten zitiert:
„Ich möchte dem türkischen Volk sagen: Sie haben eure Interessen in Libyen zerstört, und Ihre Beziehung zu Libyen ist beendet, und Ihr Ruf ist zerstört worden. Der Ruf der Türken war hier gut. Wir haben türkische Gebäude und türkische Unternehmen, wir haben türkische Restaurants und wir haben türkische Arbeiter, aber jetzt ist Ihr Ansehen durch Erdoğan zerstört worden, denn er ist ein widerlicher Vertreter der Muslimbruderschaft, ein dreckiger Hund, und er hat nichts mit unserem Land zu tun.“
Ein anderer Demonstrant zur Rolle der UNO: „Ich glaube, dass unsere Botschaft stark ist und dass sie angekommen ist und Unbehagen hervorrufen wird, erstens bei der sogenannten Einheitsregierung, zweitens beim türkischen Regime und auch bei der internationalen Gemeinschaft, die sich der vom türkischen Regime in Libyen begangenen Verbrechen wohl bewusst ist, aber darüber schweigt, insbesondere beim Sicherheitsrat, der die internationale Verantwortung für den Schutz der internationalen Sicherheit und Stabilität trägt, während die vom türkischen Regime in Libyen begangenen Verbrechen nicht mehr nur eine Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität Libyens, sondern auch für die internationale Gemeinschaft darstellen.“
https://www.youtube.com/watch?v=IDZtIJiY4e8&feature=emb_logo
Slogans auf den Plakaten waren unter anderem: „Nein zur türkischen Intervention“ und „Nein zur Kolonisierung“.
https://deutsch.rt.com/kurzclips/104235-libyen-tausende-protestieren-gegen-tuerkische-intervention-erdogan/

+ Russlands stellvertretender Außenminister, Sergei Wassiljewitsch Vershinin, sagte, dass die Lage in Libyen nach wie vor sehr kompliziert sei. Er betonte, dass Moskau über die Vereinten Nationen mit allen Ländern kommuniziere, die zur Beilegung der gegenwärtigen Situation in Libyen beitragen könnten.
https://libyareview.com/?p=4539

+ Laut dem afrikanischen Geheimdienst tragen die USA und Russland einen Machtkampf um die Besetzung des vakanten Postens des UN-Sondergesandten für Libyen aus. Die USA versuchen dabei, eine Doppelspitze durchzusetzen, um die stellvertretend amtierende Stephanie Williams in ihrer derzeitigen Position zu belassen.
https://www.addresslibya.net/archives/57568

+ Bei einem Besuch in der Türkei am 06.07. forderte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell alle Parteien auf, ihre im Januar auf der Berliner Libyen-Konferenz gemachten Zusagen einzuhalten. Borrell traf sich mit dem türkischen Außenminister Mevlut Kavusoglu und Verteidigungsminister Hulusi Akar traf, um alle Aspekte der bilateralen Beziehungen angesichts der jüngsten Spannungen zu besprechen.
https://libyareview.com/?p=4545

+ Bei der anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz von Borrell und Çavuşoğlu warnte Çavuşoğlu die EU, die schwierige Situation zwischen der EU und der Türkei nicht weiter zu belasten. Auch ziehe das Land in Betracht, seine Grenzen für Migranten in die EU offenzuhalten, falls die EU die Türkei weiterhin kritisiere.
https://deutsch.rt.com/kurzclips/104257-tuerkischer-aussenminister-zur-eu-kritisiert/

+ Waffenlieferungen für die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis unter Bruch des Waffenembargos

Eine exakte Darstellung von geheimen Waffenlieferungen an die ‚Einheitsregierung‘ liefert ein 146 Seiten umfassender Bericht mit dem Titel Libya: Turkey’s shadow arms deliveries von OpenFacto[1] im Juli 2020.
Anhand von sechs Fällen zeigt der Bericht auf, wie in der Türkei hergestellte schwere Waffen oder Waffen aus dem türkischen Arsenal an die ‚Einheitsregierung‘ in Libyen geliefert wurden. Zwischen Mai 2019 und März 2020 wurden fünf Lieferungen ausfindig gemacht. Weitere Lieferungen – erfolgreich ausgeführt oder nur versucht – erfolgten über den Transport mit Schiffen oder Flugzeugen. Immer dem gleichen Muster folgend, wurde versucht, die Herkunft, den Absender und die Routen zu verbergen:
- Logistik: Inanspruchnahme nicht-türkischer Schifffahrtslinien und Zusammenarbeit mit Schleppern
- Navigation: Nutzung von Wasserstraßen entlang der Küste zur Umgehung europäischer Hoheitsgewässer. Die Schiffe kommen aus dem Ausland und legen einen Zwischenaufenthalt in der Türkei ein. Das angegebene Ankunftsziel ist falsch.
- Technik: Fälschung von AIS-Daten und ‚Verdunkelung‘, um Entdeckung zu vermeiden.
- Äußere Erscheinung: Veränderung des Aussehens des Schiffes
- Personenbezogen: Wechsel von internationaler zu türkischer Besatzung, um Durchsickern von Information zu verhindern.
Militärisch: Eskorte durch türkische Militärfregatten, um Abfangen der Boote auf europäischen Gewässern oder Angriffe am Zielort zu verhindern.
- Sicherheit: Verstärkung der physischen und Online-Betriebssicherheit, um die Möglichkeiten zu miniminieren, absichtlich oder versehentlich Bilder von Schiffen, Lieferungen und Materialien nach außen dringen zu lassen.

Es heißt in dem Bericht, dass Untersuchungen auf eine klare Verletzung des Waffenembargos durch die Türkei hindeuten. „Wir sind in der Lage, die Lieferung einer großen Anzahl gepanzerter Militärfahrzeuge, die von BMC Otomotiv Sanayi ve Ticaret AS hergestellt wurden, sowie andere tödliche Waffen, die von Pro-Einheitsregierungsmilizen entgegengenommen wurden, zu identifizieren. Der Transport wurde von einem türkischen Unternehmen durchgeführt, das sich offiziell auf Obst- und Gemüsetransporte spezialisiert hat, die aber auch Waffenhandel für andere bewaffnete Gruppen, angeblich auch für die russische Sicherheitsfirma Wagner, durchführen.“

Das Flugzeug ER-BAJ scheint Teil einer sich wiederholenden Transportverbindung zwischen der Türkei und Libyen zu sein. Es wird von Zivilluftfahrtunternehmen betrieben, die schon früher am Waffenhandel beteiligt waren:
- das libysche Unternehmen GASG/Global Air Transport, von dem bekannt ist, dass es Waffen nach Libyen und Somalia transportierte, hat die 747 Boeing gechartert, dessen
- Eigentümer Aerotranscargo ist, ein moldauisches Unternehmen, das beschuldigt wurde, schon Waffen nach Libyen und Syrien geliefert zu haben.

Es ergaben sich Indizien für eine mögliche Beteiligung von MV SINGLE EAGLE am Waffentransit, die zeigen:
- Die Türkei scheint mit der Lieferung neuer Ausrüstung an Libyen gegen das Waffenembargo zu verstoßen:
- Flugabwehrsysteme Hawk und Korkut, die sich auf der MV Single Eagle befanden
- Pikanterweise ist dieses Schiff mit der deutschen Tochtergesellschaft der libanesischen Abou-Merhi-Gruppe verbunden, nämlich der AML Ship Management GmbH

Die MV ANA, die im Besitz einer albanischen Reederei ist, war Ziel eines Luftangriffs im Hafen von Tripolis, als es angeblich Waffen für die ‚Einheitsregierung‘ löschen wollte. Später wurde der Versuch unternommen, eine zweite Lieferung der MV ANA zu verbergen, indem sie ihren Namen in MV PRAY ändert, neu lackiert und seine IMO-Nummer auf dem AIS-System gefälscht wurde. Es stellt sich die Frage an die Internationalen Seeschifffahrtsorganisation, wie es zur Registrierung der IMO-Nummern kam und wieso das Schiff unter tansanischer Flagge fahren konnte.

Bei den sechs verdächtigen und von OpenFacto untersuchten Fällen handelt es sich um: MV Amazon, ER-BAJ, MV Single Eagle, MV BANA, MV ANA und MV PRAY.

OpenFacto schreibt: „Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts wurde ein anderes Schiff – die MV Cirkin (IMO: 7728699), das zu AVRASYA SHIPPING CO LTD gehört – beim Transport verdächtiger Ladungen aus der Türkei in zwei verschiedene Häfen beobachtet. Am 28. Mai 2020 schaltete das Boot sein AIS-System aus und brachte angeblich türkische Panzer in den Hafen von Misrata. Während einer zweiten Fahrt der MV Cirkin kam es zu einem Disput mit einem griechischen Schiff, das eine Waffenkontrolle durchführen wollte und mit Berufung auf die Immunität des türkischen Schiffes daran gehindert wurde. Das Schiff kam im Juni im Hafen von Misrata an.
Der Bericht endet: „In der Hälfte der Fälle waren die Reedereien bereits sanktioniert worden, als sie im Auftrag anderer, sowohl libyscher als auch internationaler Auftraggeber, tätig waren. Einige Reedereien scheinen besonders aktiv zu sein. Die meisten Schiffe wurden auf der gesamten Fahrt oder auf Teilstrecken von türkischen Fregatten begleitet. Die letzte Fallstudie der MV Pray weist möglicherweise die Beteiligung einer Logistikabteilung der türkische Streitkräfte bei der Be- und Entladung von Gütern vor und nach der Reise nach Libyen auf.

Alles in allem scheinen die sechs untersuchten Fälle klare Verletzungen des UN-Waffenembargos für Libyen durch die Türkei darzustellen.

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[1] OpenFacto ist eine gemeinnützige Organisation zur Förderung und Unterstützung von OSINT (OpenSourceIntelligence; Nachrichtengewinnung aus frei verfügbaren Quellen und deren Analyse) zur Unterstützung von Nachrichtenredaktionen, Universitäten und NGOs in der frankophonen Community.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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