Libyen auf der Münchner Sicherheitskonferenz

München/Libyen. Auch Libyen war Thema auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Eingeladen waren der machtlose Fayez al-Sarradsch und der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghasem Salamé.

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Sarradsch, angekündigt als „Premierminister, Einheitsregierung von Libyen, Tripolis“, nahm ausgerechnet an einer Paneldiskussion zum Thema „Security in the Sahel: Traffick Jam?“ teil.[1] Wie er dazu etwas beitragen konnte, mag sein Geheimnis bleiben. Vielleicht konnte er den anderen Teilnehmern erklären, dass im Süden Libyens gerade sein Gegenspieler aus dem Osten, die LNA unter General Hafter, dabei ist, die Sicherheitslage zu bereinigen und seine Pseudo-Regierung null-komma-null Einfluss auf die Vorgänge im Land und an dessen Grenzen hat.

Ob er das auch Federica Mogherini erzählt hat, in der EU zuständig für auswärtige Angelegenheiten, die er ebenfalls in München traf? Jedenfalls beschwerte er sich laut Berichten bei ihr, dass die Europäische Kommission Libyen auf die Liste von Ländern gesetzt hat, die „strategische Defizite bei der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung haben“. Sarradsch fühlte sich ungerecht behandelt und meinte, er werde sein Engagement im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung von einer Delegation darlegen lassen. Wow! Dabei scheint er zu vergessen, dass, wenn er die Finanzierung der kriminellen und dschihadistischen Milizen tatsächlich stoppen würde, er keinen Tag länger in Tripolis den ‚Premierminister‘ spielen könnte. Denn in diesem Pseudoamt kann er sich nur durch die Gnade eben dieser Milizen halten.

Mogherini erklärte denn auch, sie unterstütze den UN-Sondergesandten Ghassan Salamé bei seinen Bemühungen, in Libyen eine Nationalkonferenz und in der Nachfolge Wahlen abzuhalten. Was im Klartext heißen dürfte: Wir wissen, dass Sarradsch in Libyen völlig bedeutungslos ist und halten Salamé gerade für den wichtigeren Mann.

Folgerichtig hat sich auch der russische Außenminister Lawrow laut Sputnik in München mit Ghassan Salamé, getroffen. Wie bekannt wurde, hat er Salamé zu Gesprächen nach Moskau eingeladen.

Offensichtlich hat Libyen nicht eine, zwei oder drei Regierungen, nein, Libyen hat überhaupt keine Regierung. Nach außen vertritt der UN-Bevollmächtigte Salamé das geschundene Land, während gleichzeitig die Wahlen den Libyern ständig angekündigt werden, um dann doch wieder nur verschoben zu werden, so wie man einem Hund die Wurst ständig vor die Nase hält. Lieber die unsäglichen Zustände aufrechterhalten als den Untergang mittels Stimmzetteln riskieren. Diese Strategie finden die Menschen in Libyen nicht besonders lustig.

Am Rande sei vielleicht noch erwähnt, dass sich al-Sarradsch bei der ‚Sicherheitskonferenz‘ mit der Hauptanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Fatou Bensouda, getroffen hat. Frau Bensouda beklagte, dass man sich in Libyen der Übergabe der vom IStGH Gesuchten verweigern würde. Keine Frage, dass sich Sarradsch dazu bekannte, uneingeschränkt mit dem IStGH zusammenzuarbeiten. Es wäre halt nur schwierig. Klar, wenn man null zu sagen hat.

Auch gegen Saif al-Islam Gaddafi besteht ein Haftbefehl der IStGH. Seine Anklage war 2011 rein politisch motiviert und er dürfte nach einer Generalamnestie in Libyen, unter die auch er fiel, überhaupt nicht mehr unter Anklage stehen. Wenn, ja wenn, sich der Westen vielleicht daran erinnern wollte, dass Rechtssicherheit und Demokratie Werte sind, die auch für jene Länder gelten sollten, die sie kriegerisch unterjocht haben.

Lisa Fitz mit einem Lied zur Münchner Sicherheitskonferenz im Nobelhotel Bayerischer Hof: „Im Bayerischen Hof tobt ein Maskenball von Vampiren“

https://www.youtube.com/watch?list=RDMLms8L1PBqM&v=MLms8L1PBqM

NACHTRAG: Salamé traf sich auch mit dem deutschen Staatssekretär Walter Lindner, mit der Interimspräsidentin der Weltbank Kristalina Georgieva. Sie tauschten sich darüber aus, wie die wirtschaftlichen Herausforderungen des libyschen Volkes anzugehen seien. Und Salamé traf sich mit dem Kommandeur des US-Militärkommandos in Afrika (Africom), General Thomas Waldhauser. Sie diskutierten die politische und Sicherheitslage in Libyen. In diesem Zusammenhang tauschte sich Salamé auch mit dem Außenminister von Katar Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani über den politischen Prozess in Libyen aus und informierte ihn über die nächsten Schritte des Aktionsplans der Vereinten Nationen.
https://www.libyanexpress.com/un-mission-puts-libya-crisis-at-the-top-of-key-issues-at-munich-security-conference/

[1] https://www.securityconference.de/aktivitaeten/munich-security-conference/msc-2019/agenda-und-teilnehmer/

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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