Libyen im Juni

Monatsüberblick. Was geschah… eine unvollständige Auflistung

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Ihre Freitag-Redaktion

Juni 2016

01.06. Wütende Demonstrationsteilnehmer forderten am Grünen Platz in Tripolis, die Zentralbank müsse die ‚russischen‘ Geldscheine von der Zentralbank in Baida akzeptieren. Die Demonstration richtete sich auch gegen die ständigen Stromausfälle und das Versagen der ‚Abu-Sita-Einheitsregierung‘, etwas dagegen zu unternehmen.

01.06. Der Oberste Gerichtshof in Tripolis hat nach Beschwerden die Freilassung von sechs Gefangenen angeordnet, die wegen des Versuchs verurteilt worden waren, 2011 die ‚Revolution‘ unterdrückt zu haben. Unter den Freizulassenden befinden sich der Sekretär des Allgemeinen Volkskongresses und Justizminister unter Gaddafi sowie der ehemalige Finanzminister und Chef der Libyschen Zentralbank.

01.06. Ein Kommandeur und ein Oberst der Libyschen Nationalarmee wurden in Bengasi durch eine Mine getötet. Dabei handelt es sich um Hinterlassenschaften der Ansar al-Scharia im ehemals von ihr kontrollierten Gebieten.
Auch in den Gebieten von Ben Dschawad und Abu Grain wurden große Mengen an Landminen vom IS hinterlassen, die täglich Menschenleben kosten.
Laut Minenexperten ist Libyen nach Afghanistan heute das zweitstärkst verminte Land der Welt. Es soll sich um zehntausende Minen handeln, von denen die meisten aus italienischer Produktion stammen, und die sich nun in der Hand von IS und Ansar al-Scharia befinden.

02.06. Bei Suwara wurden die Leichen von 25 Migranten an Land gespült. Die letzte Woche war die bisher tödlichste dieses Jahres für Mittelmeerflüchtlinge aus Libyen. Bei neun Bootsunglücken starben etwa 1.100 Menschen. Insgesamt kamen 2016 bisher mehr als 2.500 Menschen im Mittelmeer ums Leben.
Die Mehrzahl der Flüchtlinge, die von Libyen aus in See stechen, kommt aus Westafrika.

02.06. 15 Kilometer vor Sirte kommt es zu schweren Kämpfen zwischen dem IS und Misrata-Brigaden, die nun von Richtung Westen nach Süden umschwenken, in Richtung Flughafen und Militärflughafen Gardabidscha.

02.06. Der Koordinator der Menschenrechtskommission der Libyschen Nationalversammlung (Libyan National Assembly/Dschamahirija), Marzouk Fakhiri, hat seine Versuche intensiviert, für die notleidende Bevölkerung Lebensmittellieferungen und medizinische Versorgung bei der UN-SMIL (United Nations Support Mission in Libyen) zu erhalten. Familien in Bani Walid, Misrata und Bengasi konnten bereits mit Hilfslieferungen versorgt werden.

03.06. Weitere 133 Leichen von Flüchtlingen, darunter auch Kinder, wurden an der Küste bei Suwara angespült.

04.06. In Bengasi finden weiterhin in einigen Stadtteilen Kämpfe mit islamistischen Milizen statt. Explosionen sind in der ganzen Stadt zu hören. Einen Tag vorher bombardierten MiGs der Libyschen Nationalarmee verschiedene Ziele.
Antiterror-Einheiten, die dem Verteidigungsministerium der ‚Abu-Sita-Regierung’ in Tripolis unterstehen, wurden von Mohamed al-Fakhri, Innenminister der Tobruk-Regierung, aufgefordert, ihre Tätigkeiten in Bengasi einzustellen. Diese Einheiten bestehen aus ehemaligen Mitgliedern der dschihadistischen Miliz ‚Revolutionärer Schura-Rat Bengasi’.

05.06. Meldungen von n-tv und al-Dschasira, dass sich ehemalige Gaddafi-Anhänger dem IS angeschlossen hätten, sind definitiv falsch! Die Dschamahirija hat sich immer scharf gegen jede Form des politischen Islams ausgesprochen.
Die Falschmeldungen werden als Propaganda-Mittel eingesetzt, um in Libyen nicht nur den IS, sondern auch die Dschamahirija bekämpfen zu können.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/der-zweite-nato-krieg-gegen-libyen

05.06. Von Misrata geführte Milizen haben den IS vom Militärflughafen Gardabidscha (15 km vor Sirte) vertrieben. Es scheint, dass auch britische Sonderkommandos im Einsatz sind.

05.06. In einem Interview mit Der Welt äußert Premier Sarradsch, dass Libyen beim Kampf gegen den IS auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen sei. Dies hätte aber nichts mit einer Militärintervention zu tun. „Wir brauchen keine Truppen aus dem Ausland auf libyschen Boden… dass wir nach Bodentruppen gefragt hätten, stimmt einfach nicht. Das ist gegen unsere Prinzipien, das wollen wir vermeiden. Unsere Streitkräfte haben nur Satellitenbilder, Geheimdienstinformationen und technische Unterstützung nachgefragt.“[1]
[Tatsächlich braucht Sarradsch auch nicht um Truppen aus dem Ausland nachfragen, die sind in Form von italienischen, britischen und amerikanischen Sonderkommandos schon längst im Land!]
Sarradsch will auch keine Flüchtlinge aus Europa nach Libyen zurücknehmen. Damit ist ein dem Abkommen mit der Türkei angelehnter Deal mit Libyen von vornherein ausgeschlossen.[2]

06.06. In den letzten Tagen kam es im Osten von Derna zu schweren Kämpfen zwischen der Libyschen Nationalarmee und dem ‚Revolutionären Schura-Rat von Derna‘, der al-Kaida nahesteht. Es wurden von der Libyschen Nationalarmee auch Kampfflugzeuge und Hubschrauber eingesetzt.
Angehörige der Tobruk-Regierung, die von den offiziellen Stellen der Stadt anerkannt wird, haben Derna ohne Probleme einen offiziellen Besuch abgestattet.

06.06. JamahiriyaNewsAgency: Der IS hat in Sirte wieder sein Hauptquartier bezogen. Die Kämpfe in den Vororten von Sirte schwächen sich ab, im Süden und Westen der Stadt kommt es weiterhin zu sporadischen Zusammenstößen zwischen dem IS und den LIFG-Milizen der ‚Abu-Sita-Regierung‘. Es mangelt an Nahrungsmitteln und Medikamenten. Die Einwohner, die noch in der Stadt ausharren, stehen unter extremen Druck. An den Verkehrsknotenpunkten wurden Checkpoints errichtet. Auffallend ist die Anwesenheit einer erheblichen Anzahl von ausländischen Söldner bei den IS-Truppen.

08.06. JamahiriyaNewsAgency: Zwei Militärjets bombardieren das Zentrum von Sirte. Starke Explosionen erschüttern die Stadt. Die Kämpfe zwischen IS und Al-Kaida-/LIFT- und Misrata-Milizen halten im Süden der Stadt an. In der ganzen Stadt kommt es zu Stromausfällen.

08.06. Die Welt berichtet in einem Artikel über die Situation in Misrata. Laut der Welt hängt nun das Schicksal Europas von dieser Stadt der Moslembruderschaft ab, die al-Kaida nahesteht und bis vor kurzem beim Kampf gegen den IS nicht gerade glänzte. Selbst der Welt scheint es nicht ganz geheuer zu sein, auf was sich die internationale Gemeinschaft als Bündnispartner in Libyen eingelassen hat. Auf die Vermutung, dass der IS mit den Flüchtlingen auch ihre Kämpfer – sprich Terroristen – nach Europa verschifft hätte, reagiert der Chef der Küstenwache, die natürlich auch in Misrata sitzt, nur mit einem Grinsen. Die Welt schreibt: „Die Beteiligung der Muslimbrüder ist der Preis, den die internationale Gemeinschaft – und allen voran die EU – für die Stabilisierung Libyens zahlt. Die länderübergreifende Vereinigung ist die Mutter aller islamistischen Organisationen. Extreme Terrororganisationen stehen den Muslimbrüdern nahe.“ Doch mit ihrer militärischen Stärke (aufgerüstet durch Katar und die Türkei) und eigener Luftwaffe ist sie „die militärische Überlebensgarantie des neuen Premiers.“ Misrata, die reiche Stadt, in der es an nichts mangelt, im Gegensatz zum restlichen Libyen, hat sich umgehend in der ‚Abu-Sita-Regierung‘ wichtige Posten wie den des stellvertretenden Premiers gesichert.[3]
Das Schicksal Europas hängt von völlig undurchsichtig agierenden, dschihadistischen Moslembrüdern ab? Armes Europa! Und noch ärmeres Libyen!
Hier wird beschrieben, auf welch brutale Weise die libysche Küstenwache ein Boot, die Seawatch II, gestoppt hat: www.heise.de/tp/artikel/48/48470/1.html

09.06. JamahiriyaNewsAgency: Der IS verschwindet wieder einmal auf mysteriöse Weise aus Sirte. Augenzeugen berichten aus der Stadt, dass sich in den frühen Morgenstunden die Kämpfer des IS aus den östlichen Gebieten der Stadt 70 Kilometer weit zurückgezogen haben. Die Milizen von Ibrahim Dschedhren (Kommandant der Sicherheitsmilizen der Ölanlagen) konnten sich frei in der Stadt bewegen, ohne auf Widerstand zu stoßen. Keinerlei Milizen bekämpften heute den IS. In allen Stadtgebieten wurde das komplette Verschwinden des IS mit Waffen und Fahrzeugen bestätigt. Wie und wohin konnten sie so schnell verschwinden? Diese verdächtigen Vorgänge werden noch dadurch verstärkt, dass es keine Meldungen über Gefangennahmen von IS-Kämpfern und über Opfer unter den IS-Kämpfern gibt.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/geheimnisvolle-vorgaenge-rund-um-sirte

Wer ist dieser Ibrahim Dschedhren, der die Miliz ‚Petroleum Facility Guards’ PFG anführt, unter deren Kontrolle viele wichtige Ölanlagen stehen?
Bei den Kämpfen 2011 war der heute 35-jährige Dschedhren der Anführer einer Miliz, die auf Seiten der Aufständischen kämpfte. Dafür wurde er 2012 von der damaligen Transnational-Regierung mit dem Posten des Kommandeurs über die ‚Petroleum Defense Guards’ (Sicherheitskräfte zur Verteidigung des Erdöls) belohnt.
Dschedhren stammt aus der Stadt Ajdabija und ist Verfechter eines föderalen Systems für Libyen. In seiner Eigenschaft als Milizen-Befehlshaber liegt es in seiner Macht, den Ölexport des Landes zu kontrollieren und die Ölhäfen nach Gutdünken zu öffnen oder zu schließen. Es wird ihm eine Mitverantwortung für die Talfahrt der libyschen Ölförderung angelastet, da er aus taktischen Gründen je der einen oder der anderen Regierung die Öl-Ausfuhr unmöglich machte. Noch loyal zur Tobruk-Regierung stehend, wollte er einen Tanker mit Roh-Öl auf dem Schwarzmarkt verkaufen, der dann allerdings von der US-Marine vor Zypern gestoppt wurde. Inzwischen ist Dschedhren umgeschwenkt und hat sich zur ‚Abu-Sita-Regierung’ bekannt. Angeblich marschiert er mit Misrata-Milizen gegen den IS in Sirte.

Nicht die Tobruk- und schon gar nicht die ‚Abu-Sita-Regierung’ kontrollieren die libyschen Ölhäfen und bestimmen, wann und wieviel Öl das Land verlässt, sondern die Kontrolle darüber obliegt Dschedhren, dem Milizenführer. Im letzten Jahr urteilte ein Mitglied des Misrata-Militärrats über ihn: „Dschedhren ist auch für uns ein Rätsel. Wir verstehen immer noch nicht, wer er – außer einem Öl-Dieb – wirklich ist.“[4]
Nun scheint Dschedhren gegen den IS in den Krieg gezogen zu sein, sein Bruder Salim Dschedhren ist allerdings Mitglied genau dieses IS’. Als im Januar 2016 die Küstenstadt Bin Jawed – die Stadt liegt nicht weit entfernt von Sidra und dem Ölhafen Ras Lanuf – vom IS eingenommen wurde, berichtete CBS, dass „IS-Kämpfer Sidra aus drei Richtungen angreifen, unterstützt von Dschedhrens Bruder, der sich dem IS angeschlossen hat.“[5]
Es wurde auch behauptet, Ibrahim Dschedhren hätte schon früher mit dem IS Verhandlungen geführt, allerdings seien diese gescheitert, da Dschedhren nicht, wie vom IS gefordert, die Kontrolle über die Öl-Anlagen aufgeben wollte.
Nun unterstützt Dschedhren also die neue ‚Abu-Sita-Regierung’, d.h. er unterstützt die schwächste der zwei, drei, vier Regierung (je nach Zählweise), die in Libyen über die schwächste Unterstützung und keine Hausmacht verfügt, sondern sich mit Haut und Haaren dschihadistischen Milizen in Tripolis und Misrata ausgeliefert hat, die mit ihrer islamistischen Ideologie dem IS näher stehen als den säkularen Gegenspielern im Osten des Landes, allen voran General Hefter.

Doch auf wessen Seite steht Ibrahim Dschedhren wirklich? Wieweit gehen seine Sympathien für Islamisten, Moslembrüder oder gar den IS? Inwieweit stehen sich die beiden Brüder wirklich feindlich auf verschiedenen Seiten gegenüber? Geht es Dschedhren weniger um Ideologie als um Macht und Geld, egal unter welchen Vorzeichen? Nur soviel scheint sicher: Im Verhältnis zu den Regierungen verfügt diese undurchsichtige Figur über wirkliche Macht.

09.06. Durch Ausfälle in der Elektrizitätsversorgung kommt es auch zum Versagen der Wasserpumpen, so dass Tripolis zeitweise unter Wasserknappheit leidet.

09.06. Der Journalist Richard Galustian schreibt ein einem Artikel unter dem Titel „Wie Moskau in Libyen Einfluss auf ein Einheitsabkommen ausüben kann“, dass eine Aufhebung des Waffenembargos im UN-Sicherheitsrat nur möglich ist, wenn Russlands diesbezügliche Bedenken zerstreut werden können. Denn die partielle Aufhebung des Embargos würde nicht nur zu einer Verstärkung der Kampfhandlungen zwischen den verschiedenen politischen Parteien führen, sondern auch dazu, dass Teile der gelieferten Waffen in der Hand des IS landen. Im Endeffekt würde dies dazu führen, dass der IS gemeinsam mit den islamistischen Milizen der Abu-Sita-Regierung gegen Khalifa Hefter und seine Libysche Nationalarmee kämpfen würde. Für Russland sei die Annäherung des Westens an extremistische Gruppierungen überhaupt nicht verständlich.
Galustian sieht die östliche Tobruk-Regierung in der besseren Ausgangsposition: Sie erhielte Waffen aus Ägypten, kontrolliere ihr eigenes Öl und hätte dank Russland auch eigene Banknoten. Es sei kaum vorstellbar, dass Russland Ostlibyen schutzlos sich selber überlässt. Der Westen ignoriere wichtige politische Akteure wie Khalifa Hefter oder die Stämme, während er unverständlicher Weise islamistischen Dschihadisten und den Moslembrüdern eine überragende Bedeutung einräumt. „Lassen Sie es mich klar ausdrücken: Die internationale Gemeinschaft unterstützt die nicht existierende ‚Einheitsregierung‘ mit einem vom Westen eingesetzten Einfaltspinsels als Premierminister. Diese völlig unerfahrene Regierung war von Anfang an bei der Bevölkerung höchst unbeliebt, da sie die Einmischung des Westens in die inneren Angelegenheiten des Landes befürchtet.“[6]

10.06. Der Hafen von Sirte und Teile der Stadt scheinen von Milizen eingenommen zu sein, die loyal zur Abu-Sita-Regierung stehen.

11.06. In Tripolis wurden auf verschiedenen öffentlichen Plätzen die Leichen von zwölf brutal ermordeten politischen Gefangenen gefunden. Es handelt sich um ehemalige Gaddafisten, für die vor etwa einer Woche ein Gericht nach fünfjähriger Gefangenschaft die Aufhebung der Haft angeordnet hatte. Den Opfern war in den Kopf geschossen worden, sie trugen schwere Folterspuren und waren gefesselt. Für die Taten verantwortlich scheint die Libyan Islamic Fighting Group LIFG zu sein, die jetzt als Präsidialgarde in den Diensten der Abu-Sita-Regierung steht.
Die Morde haben ganz Libyen schockiert. In der Verantwortung steht vor allem der ‚Präsidialrat‘, der für die Übernahme der islamistischen Milizen in die sogenannte Präsidialgarde verantwortlich ist. Daneben werden auch gegen den umstrittenen Großmufti Sadik Ghariani Anschuldigungen erhoben, da er aus Protest gegen die Freilassung der Gefangenen eine Fatwa gegen sie verhängt hatte.
Die gerichtsmedizinischen Untersuchungen belegen, dass die Gefangenen 24 Stunden vor ihrem Auffinden getötet worden waren, d.h. die Morde noch im Gefängnis begangen wurden.

Dschamhirija ruft dazu auf, diese Grausamkeiten zu verurteilen. Eine umfassende Untersuchung der Verbrechen soll zur Festnahme und Bestrafung der Mörder führen. Außerdem muss die Sicherheit der noch internierten Gefangenen gewährleistet werden.

[Während die westlichen Medien über eine fragwürdige Aktion der Milizen gegen den IS in Sirte ausführlich berichten, wird dieses Verbrechen auf skandalöse Weise totgeschwiegen.]
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/grausame-verbrechen-an-gefangenen

11.06. Bei einer Explosion in Bengasi wurden zwei Zivilisten getötet und sechs verletzt. Es besteht die Befürchtung, dass es umso häufiger zu Anschlägen mit Autobomben und zu Selbstmordattentaten kommt, je mehr die dschihadistischen Milizen aus Bengasi verdrängt werden.

11.06. Der libysche Botschafter bei den Vereinten Nationen, Ibrahim Dabbaschi, sagte, dass „die Vorstellung, die ‚Einheitsregierung‘ würde die Milizen kontrollieren“, unrealistisch sei, weil die Kämpfer außerhalb jeder staatlichen Kontrolle operieren würden. Bis diese bewaffneten Gruppen nicht ein bindendes Abkommen unterzeichnet hätten, ihre Waffen abzugeben und die staatlichen Institutionen anzuerkennen, seien sie eine Bedrohung für die ‚Einheitsregierung‘.
Weiter sagte er, sollte der IS aus Sirte vertrieben werden, würde Ansar al-Scharia die Stadt übernehmen.

12.06. Ein Selbstmordattentäter hat sich 50 km hinter der Frontlinie in einem Feldhospital der Misrata-Milizen mit einem Krankenwagen in die Luft gesprengt. Vier Personen wurden getötet, weitere neun verletzt.

12.06. Laut verschiedenen Berichten konnten IS-Führer aus Sirte durch die Misrata-Linien entkommen und Richtung Süden fliehen.

12.06. Die militärische Einsatzzentrale von Misrata hat bestätigt, dass britische und US-amerikanische Spezialkräfte bei der Logistik und Aufklärung helfen.

12.06. In Tripolis hat der Großmufti Sadik Ghariani die Misrata-geführten Bunjan-Marsous-Brigaden dazu aufgerufen, nach der Vertreibung des IS aus Sirte weiter Richtung Osten zu marschieren, um das gesamte Land von ‚Gaddafi-Resten‘ zu befreien.

13.06. Der UN-Sicherheitsrat hat das Mandat für die UN-gestützte Friedensmission für Libyen (UN-SMIL) bis zum 15. Dezember 2016 verlängert.
Der Sicherheitsrat stuft Libyen weiter als „eine Bedrohung für den internationalen Frieden und die Sicherheit“ ein.

13.06. Heute fand die Bestattung der zwölf in Tripolis erschossenen Häftlinge statt. Laut vivalibya.wordpress soll der Vorsitzende des von der UN ernannten Präsidialrats in den Mord verwickelt sein. Der libysche Aktivist Khaled Ghwell fordert die Vereinten Nationen auf, ihrer Verantwortung bezüglich der ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen nachzukommen.

13.06. Während in den meisten Gebieten von Tripolis täglich bis zu 12 Stunden Stromausfall herrscht, haben verschiedene Milizen (z.B. von Misrata, Zawija, Khoms, Dschebel Nafusa) Angestellte der Elektrizitätsgesellschaft mit Gewalt gezwungen, in den von ihnen kontrollierten Gebieten die Stromversorgung aufrechtzuerhalten. Diese Überlastung könnte zum kompletten Kollaps der Stromversorgung in Tripolis führen, warnt die Elektrizitätsgesellschaft.
In einer Fernsehansprach gestand ‚Premier‘ Sarradsch ein, dass seine Regierung immer noch keine Kontrolle über Tripolis außerhalb der Militärbasis Abu Sita habe. Die Ansprache wurde allgemein als enttäuschend bewertet.

13.06. Amnestie International hat einen Bericht über Gespräche veröffentlicht, die es mit 90 aus Libyen kommenden Flüchtlingen in Süditalien geführt hat. Die Befragten beklagten die entsetzlichen Zustände in den libyschen Auffanglagern und die Brutalität der libyschen Küstenwache. In den Auffanglagern werde misshandelt und gefoltert. Auf dem Meer aufgegriffene Flüchtlinge seien von der Küstenwache geschlagen und beschossen worden. AI: „Europa sollte nicht einmal daran denken, mit Libyen Abmachungen über die Rückführung von Flüchtlingen zu treffen, wenn es dort, direkt oder indirekt, solche schockierenden Menschenrechtsverletzungen gibt.“
Siehe meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/bericht-von-amnesty-international

13.06. Russland wird gegen jede Resolution des UN-Sicherheitsrats, die einen NATO-Einsatz in Libyen vorsieht, sein Veto einlegen, sagte Moskaus stellvertretender Außenminister Gennady Gatilov. Und ohne eine entsprechende Resolution könne es keinen legalen Einsatz in Libyen geben. „Wir haben das alles schon einmal vor ein paar Jahren erlebt und wissen, dass damals die Entscheidung des Sicherheitsrats genau zum Gegenteil von dem geführt hat, was im Dokument festgelegt war. Deshalb glaube ich nicht, dass wir dieses Mal einen Einsatz der NATO in diesem Land absegnen werden.“
Moskau hat wiederholt betont, dass die NATO die UN-Resolution 1973 vom 11. März 2011 auf illegale Weise genutzt hat, um eine Flugverbotszone zu errichten und alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, die eine fremde Besatzung ermöglichten.

14.06. Bei einer neuerlichen Versammlung des Parlaments in Tobruk waren nicht ausreichend Abgeordnete anwesend, um eine Abstimmung abhalten zu können.
Laut Fotos fanden sich in einem fast leeren Saal nur eine Handvoll Personen ein.
Die Abu-Sita-Regierung ist somit vom Parlament immer noch nicht anerkannt. Die internationale Gemeinschaft hat sich damit in die absurde Situation gebracht, dass sie Sarradsch und seine Abu-Sita-Regierung als einzig legitime Regierung anerkennt, während das Tobruk-Parlament die einzige legitime Legislative in Libyen darstellt.

14.06. Der UN-Sicherheitsrat hat einstimmig der Ausweitung der EU-Mission ‚Sophia‘ vor der libyschen Küste zugestimmt. Es sollen nunmehr nicht nur Schlepper bekämpft und Flüchtlinge gerettet, sondern auch das Waffenembargo gegen Libyen überwacht werden. Allerdings darf die Mission, die auch die Anwendung von Gewalt erlaubt, nur in internationalen Gewässern und nicht in libyschen Hoheitsgewässern tätig werden.
In Libyen sollen 20 Millionen Waffen unterwegs sein, die über Land und zu Wasser ins Land geschmuggelt wurden.

Der stellvertretende ständige Vertreter Russlands hat vor den Vereinten Nationen eine Stellungnahme abgegeben, in der er erklärte, Russland hätte sich der Resolution 2292 angeschlossen, weil es den Eindruck hatte, sie diene der Bekämpfung des illegalen Waffenhandels in Libyen. Nun hätte sich aber Enttäuschung breitgemacht, denn einige Partner wollten die Brüsseler Entscheidung auf die ‚Sophia-Mission’ ausweiten. Es gäbe einseitige Versuche, sich über die Vorgaben von Skhirat hinwegzusetzen. Dies stelle eine gefährliche Entwicklung dar, weil die Folgen der NATO-Aktionen sich negativ auf die Stabilität im Mittelmeerraum, in Nordafrika und im ganzen Nahen Osten auswirken könnten. Man denke an die weit ausgelegte Interpretation der Resolution 1973 von 2011.
Die Schaffung einsatzfähiger nationaler Streitkräfte mit einer zentralen Befehlsgewalt in Libyen würde begrüßt, bis heute existierten solche Kräfte allerdings nicht.
Ohne eine funktionierende Zentralregierung, eine loyale Armee und Polizei, wird Libyen die zukünftigen Herausforderungen nicht bewältigen können.
Die vom Sicherheitsrat vertretene Resolution scheine eine versteckte Agenda zu beinhalten, die sich gegen die Vereinigung des schon so lange leidenden Libyens richte. Jemand suche eine ‚carte blanche’, um den Waffenzustrom nach Libyen so zu kontrollieren, wie er es für richtig halte. Helfe man heute Libyern gegen andere Libyer zu kämpfen, werde man sich von einer friedlichen Lösung noch weiter entfernen. Dies zeige sich in der Anwesenheit von durch den Sicherheitsrat nicht genehmigten Militärs in Libyen sowie durch den Zufluss ausländischer Terroristen. Diese Tatsachen zu ignorieren, könne nicht akzeptiert werden.
Dass es in Libyen Kräfte gibt, die loyal zu General Hefter stehen, und die den IS und andere bewaffnete Kräfte zurückdrängen, könne ebenfalls nicht ignoriert werden.
Die Beauftragten scheinen im Kampf gegen den IS und gegen die Anwesenheit von Terroristen in Libyen nicht aufrichtig zu sein. Das Skhirat-Abkommen würde unterstützt werden, allerdings sei darin die Zustimmung des Tobruk-Parlaments vorgesehen. Trotz mehrerer Nachfragen sei darauf in der Resolution nicht eingegangen worden.
Alle Mitgliedsstaaten werden aufgerufen, nach Kräften regionale Konflikte zu lösen, den Terrorismus zu bekämpfen und nicht nur ihre eigene Agenda durchsetzen zu wollen.
Soweit der Vertreter Russlands.

14.06. Laut Julian Assange zeigen weitere durchgesickerte E-Mails von Hillary Clinton, „dass die Außenministerin darauf drang, den libyschen Staatschef Muammar Gaddafi im Jahr 2011 zu stürzen, während das Pentagon in dieser Sache eher zurückhaltend auftrat. Diese Politik verfolgte Clinton offensichtlich in dem Wissen, welche Risiken mit einem Sturz der libyschen Regierung verbunden sind. <Sie [das Pentagon] haben vorausgesagt, wie die Nachkriegs-Situation aussehen wird, wie es ist, wenn ISIS das Land übernimmt>“.
In der unverschlüsselten Post über ihren privaten E-Mail-Server verschickte ‚Killary‘ auch Mails mit den echten Namen von CIA-Agenten und „sensible Informationen zum Angriff auf das amerikanische Konsulat in Bengasi“.
Laut Wikileaks würden die Beweise (auch die Befehle von Drohnenangriffen wurden über ihren privaten E-Mail-Account gesendet) ausreichen, um Clinton unter Anklage zu stellen.[7]

14.06. Der tunesische Menschenrechtsaktivist Jounis Abu Flames schreibt, der IS und die gegen ihn kämpfenden Moslembruderschaft-Milizen seien zwei Seiten ein und derselben Medaille. Die betriebene Propaganda diene dazu, die Libyer glauben zu machen, in Sirte fände ein Kampf gegen den Terrorismus statt. Dies würde aber nicht den Tatsachen entsprechen. Denn in Wahrheit stünde die Moslembruderschaft hinter den ganzen Terrormilizen, die in Libyen ihr Unwesen treiben. Es sei eine falsche Wahrnehmung, dass die ‚Einheitsregierung‘ der Moslembrüder die Stabilität in Libyen wiederherstellen würde. Diese Regierung sei illegal und hätte nicht die Zustimmung des Tobruk-Parlaments, das international anerkannt ist. Völlig klar sei, dass Tripolis vollkommen unter der Kontrolle der Milizen stehe.

15.06. Auch die Stadt Ghat im Südwesten des Landes leidet unter Stromausfällen. Die Wasserpumpen arbeiten nicht, das Trinkwasser ist bei Temperaturen gut über 40° C knapp.

15.06. Da nicht ausreichend Abgeordnete anwesend waren, ist das Tobruk-Parlament ein weiteres Mal mit dem Versuch gescheitert eine Abstimmung abzuhalten, die die Abu-Sita-Regierung bestätigen sollte. Es wurde angeführt, Sarradsch gelinge es offensichtlich nicht einmal, die Kontrolle über Tripolis zu erlangen.

16.06. In der zweiten Nacht in Folge eskalieren in Tripolis die Proteste gegen die andauernden Stromausfälle. Seit es in einigen Stadtteilen bei Temperaturen über 44° C nur noch eine Stunde Strom am Tag gibt, brennen auch Autoreifen. Es kommt zu erheblichen Verkehrsbehinderungen. Die Demonstranten machen die Abu-Sita-Regierung für das Chaos in Libyen verantwortlich. Das Elektrizitätswerk sieht keine Möglichkeit, etwas gegen die Stromausfälle zu unternehmen, und befürchtet den totalen Zusammenbruch des Stromnetzes.

16.06. JamahiriyaNewsAgency: Achmed Gaddaf Addam erklärt, der werde aufgrund der Vorgänge in Sirte und den Morden an Dschamahirija-Gefangenen in Tripolis den Dialog der nationalen Versöhnung zukünftig ablehnen und sich dem bewaffneten Widerstand anschließen.
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: www.freitag.de/autoren/gela/bewaffneter-widerstand-und-brennende-reifen

16.06. Bei einem Selbstmordattentat starben in Abu Grain (120 km südlich von Misrata) zehn Menschen. Sieben weitere wurden verwundet. Der Attentäter hatte sich vor einer Polizeistation in die Luft gesprengt.
Zwei weitere Bombenattentate in Sirte konnten verhindert werden.

16.06. Der Journalist Ernst Wolff hat in einem Artikel die Frage, wie die USA verhindern können, dass ihre Fracking-Firmen aufgrund des niedrigen Ölpreises Konkurs anmelden müssen und damit das globale Finanzgefüge ins Wanken bringen, wie folgt beantwortet: In Nigeria seien mehrere Ölquellen – nach offizieller Lesart vom IS – zerstört worden, was eine Verknappung des Angebots und eine Erhöhung des Ölpreises zur Folge hatte. So konnte auch die Zerstörung größerer Ölquellen im Nahen Osten den Ölpreis in die Höhe treiben und die Fracking-Industrie der USA und somit auch die Großbanken als deren Kreditgeber retten. Um Kriege im Nahen Osten anzetteln zu können, brauche man den IS. Die westliche Bevölkerung wird durch den IS in Angst und Schrecken versetzt und er liefert die Begründung für die Notwendigkeit, in Nahost Kriege zu führen.[8]
Nach diesem Szenario dürften die USA ein großes Interesse daran haben, die Ölförderung in Libyen komplett einbrechen zu lassen und den IS nicht wirklich zu bekämpfen: Libysches Öl auf dem Weltmarkt ließe die Ölpreise noch weiter sinken.

17.06. Amnesty International erklärte, dass die zwölf getöteten ehemaligen Gaddafi-Soldaten vor ihrem Tod nicht ihren Familien übergeben worden waren. Sie müssen also noch im Ruwaimi-Gefängnis ermordet worden sein, d.h. der Gefängnisdirektor muss in dieser Hinsicht gelogen haben.
AI erklärte weiter: „Seit 2011 werden tausende Menschen gefangen gehalten, ohne dass ihnen der Prozess gemacht wird. Viele werden ohne Anklage oder Gerichtsverfahren, gerichtliche Überprüfung oder Zugang zu Anwälten festgehalten.
AI kritisierte auch den Internationalen Gerichtshof, der, obwohl er immer noch über die libysche Gerichtsbarkeit befindet und es eine umfangreiche Dokumentation über Menschenrechtsverletzungen gibt, seine Untersuchungen nicht auf fortdauernde Verbrechen gegen das internationale Recht ausgedehnt hat.
Auch die libyschen Behörden werden aufgefordert, endlich Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesetzlosigkeit zu beenden. Es müsse eine umfassende und unabhängige Untersuchung der Morde erfolgen und die Tatverdächtigen vor Gericht gestellt werden.

17.06. Bei der Explosion einer Granate wurden in Bengasi drei Soldaten getötet und sieben verletzt.

17.06. An der Straße nach Sirte wurden zwei Soldaten bei einem IS-Selbstmordanschlag verletzt.

18.06. Eine neu gegründete dschihadistische Miliz, die ‚Bengasi-Verteidigungsbrigade’, hat versucht, das Industriegebiet von Ajdabija zu erobern. Sie wurde aber von Unterstützern der Libyschen Nationalarmee zurückgeschlagen. Bei dieser neuen Miliz handelt es sich um aus Bengasi geflohene Dschihadisten unter Führung von Zijad Bilem, der 2014 bei Kämpfen in Bengasi schwer verwundet und in der Türkei behandelt wurde. Seit einiger Zeit befindet er sich wieder in Libyen.
Ein Sprecher der Libyschen Nationalarmee beschuldigte den Anführer der Petroleum Facilities Guards (PFG), Ibrahim Dschedhren, der Miliz beim Eindringen in die Stadt geholfen zu haben. Dschedhren hatte sich der Abu-Sita-Regierung angeschlossen. Sein Bruder Salim, der sich dem IS angeschlossen hat, ist Bürgermeister von Ajdabija.

19.06. Die islamistische ‚Bengasi-Verteidigungsbrigade’, die aus Ajdabija abgedrängt wurde, hat Städte und Dörfer zwischen Ajdabija und Bengasi gewarnt, ihrem Marsch nach Bengasi nicht im Weg zu stehen, da sie sonst vernichtet würden. Es sollen sich auch Dschihadisten aus Tripolis der Brigade angeschlossen haben. Vier Soldaten der Libyschen Nationalarmee fanden bei Kämpfen mit der Brigade den Tod.

19.06. Ein Stromausfall und somit ein Ausfall der Wasserpumpen in den Hasawna-Bergen (südliches Libyen) hat dazu geführt, dass es in Tripolis in einigen Bezirken zwei Tage lang keine Wasserversorgung mehr gab, in anderen Bezirken kam es zu einem starken Druckabfall. In den Hasawna-Bergen befinden sich die Quellen des Man-Made-River.

20.06. Bengasi, wo es seit längerem zu täglichen Stromausfällen von bis zu acht Stunden kommt, ist nun auch von der Wasserversorgung abgeschnitten. Die Stromleitung zwischen Ajdabija und Bengasi ist wegen der anhaltenden Kämpfe zwischen der Libyschen Nationalarmee und der ‚Bengasi-Verteidungsbrigade’ unterbrochen.
In Tripolis dauern die Stromausfälle an und Teile der Stadt sind bereits seit vier Tagen von der Wasserversorgung abgeschnitten.

20.06. MiG-Flugzeuge der Libyschen Nationalarmee bombardieren Stellungen der ‚Bengasi-Verteidigungsbrigade’ südlich von Ajdabija.

20.06. Auch heute konnte das Tobruk-Parlament keine formale Sitzung abhalten, da weniger als 20 Abgeordnete anwesend waren.

20.06. Der Direktor des Krankenhauses von Bani Walid bat dringend um Hilfe, da er sonst das Krankenhaus mangels Medikamente schließen müsse. Bereits 80 Prozent des Personals mussten heimgeschickt werden. Dabei versorge das Krankenhaus auch die vielen Flüchtlinge aus Sirte, Bengasi und aus dem Wadi Zezem.
Misrata lässt jegliche Unterstützung für die Gaddafi-Stadt Bani Walid, der sie in Feindschaft verbunden ist, vermissen.

21.06. Bei der Explosion eines Munitionslagers in Garabulli sind etwa 40 Bewohner der Stadt ums Leben gekommen, viele wurden verletzt. Ausgelöst wurden die Vorgänge, als ein Kämpfer einer Misrata-Einheit nach einem Einkauf in einem Laden in Garabulli nicht bezahlen wollte und ihn beim Streit der Ladenbesitzer ins Bein schoss. Kameraden des Kämpfers zündeten daraufhin den Laden an und demolierten das Haus des Ladenbesitzers. Bei Morgengrauen griffen dann junge Männer aus Garabulli drei Militärlager von Misrata-Milizen an. Dabei kam es zur Explosion des Munitionslagers, nachdem es von Misrata-Milizen mit Granaten in Brand geschossen worden war.
Bei den Kämpfen kamen mindestens 30 Stadtbewohner ums Leben, 25 wurden verwundet. Ein Misrata-Bataillon soll sein Lager aufgegeben und sich zurückgezogen haben.
Dem Bataillon wird vorgeworfen, auch in den Menschenschmuggel verwickelt zu sein, für den Garabulli und Zuwara Drehscheiben sind.
Der Hohe Rat der libyschen Stämme und Städte hat die Vorgänge als Verbrechen bezeichnet, für das Misrata verantwortlich sei. Auch eine Gruppe Abgeordnete des Tobruk-Parlaments machte die bewaffneten ‚Terror-Milizen’ von Misrata für dieses Kriegsverbrechen verantwortlich. Ebenso hätten der Präsidialrat und Martin Kobler dafür Verantwortung zu tragen. Der Premierminister der Tobruk-Regierung, Abdullah Thinni, forderte eine Untersuchung durch eine internationale Kommission und dass die Verantwortlichen vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag gestellt werden.
Beamte aus Misrata sagten, sie seien über die Vorkommnisse entsetzt. Die Milizen hätten kriminell gehandelt und ihre Rückkehr nach Misrata sei nicht erwünscht.
Die Hauptstraße Tripoli – Misrata ist bei Garabulli wegen gewalttätiger Zusammenstöße zwischen lokalen Milizen und Misrata-Milizen blockiert.

21.06. Die von Khalifa Ghwell geführte, sogenannte ‚Regierung der Nationalen Aussöhnung’ (Government of National Salvation) sagt der ‚Bengasi-Verteidigungsbrigade’ bei ihren Angriffen auf Ajdabija ihre Unterstützung zu, denn Ajdabija und Bengasi müssten von Gaddafisten befreit werden. Diese dritte ‚Aussöhnungs-Regierung’, die ihren Sitz immer noch in Tripolis hat, wird von der internationalen Gemeinschaft aber ebenso ignoriert wie von den meisten Milizen. Die Abu-Sita-Regierung bezeichnet die Anhänger der Ghwell-Regierung als Terroristen.
Khalifa Ghwell gab der NZZ ein Interview. Darin bestritt er, aus Tripolis geflohen zu sein und seine Ämter aufgegeben zu haben. Seine ‚Regierung der Nationalen Aussöhnung’ führe weiterhin in Tripolis die Geschäfte. Die sogenannte ‚Einheitsregierung’ unter Sarradsch habe in Libyen keinerlei Autorität und Legitimität und verfüge auch über keinen Rückhalt in der Bevölkerung. Sie sei vom Ausland eingesetzt und nie vereidigt worden. Seine Ministerien führten weiterhin mit Hilfe der Miliz Libyscher Fadschr (Morgendämmerung) die Ministerien. Sie stünden kurz vor dem Sturm auf Sirte, um den IS zu verjagen. Sarradsch würde sich damit begnügen, auf Auslandsreisen zu gehen, Diplomaten zu empfangen und zu versuchen, der ‚Aussöhnungsregierung’ den Zugang zur Zentralbank zu sperren. Die Fadschr-Miliz werde keine vom Ausland eingesetzte Regierung akzeptieren. Seine Regierung führe auch Verhandlungen mit Vertretern General Hefters in Tobruk, werde jedoch dessen Beteiligung an der Macht nicht akzeptieren.

21.06. Die Mission ‚Sophia’ vor der Küste Libyens wird ausgeweitet, das haben die Außenminister der EU auf einer Sitzung in Luxemburg beschlossen. Hinzukommen soll die Hilfe beim Aufbau einer libyschen Küstenwache und Marine.

22.06. Eine Gruppe Jugendlicher aus Garabulli zerstörte einen Checkpoint der Misrata-Milizen auf der Straße Richtung Gasr al-Akhjar.

22.06. Laut der Displacement Tracking Matrix (DTM) befinden sich in Libyen 425.250 Menschen auf der Flucht, 80 % von ihnen stammen aus den Städten Bengasi, Sirte, Tawerga und Derna. Die Gegenden, die am meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, sind Bengasi, Bani Walid, Al-Baida und Abu Salim. Hauptfluchtursachen sind verschlechterte Sicherheitsbedingungen, v.a. durch den militärischen Konflikt um Sirte, Verschlechterung bei der öffentlichen Grundversorung (Wasser, Strom), verschlechterte wirtschaftliche Situation (hohe Inflation, Mangel an Bargeld, ausbleibende Lohnzahlungen).
Auf Spannungen zwischen den Bewohnern der Städte, die viele Flüchtlinge aufgenommen haben, und den Flüchtlingen gibt es noch keine Hinweise. Allerdings führen die Benzinknappheit und der schlechte und unsichere Zustand der Straßen zu schwierigen Bedingungen für den Transport von Waren und Hilfsgütern.
Daneben wird berichtet, dass 258.025 Personen auch wieder an ihre Wohnorte (v.a. nach al-Maja, Assahrah, Bengasi, al-Asisijah und Sawani bin Adam) zurückgekehrt sind. Diese stehen vor der schwierigen Aufgabe, ihre Häuser und Gemeinden wieder aufzubauen.
Die Zahl der Migranten in Libyen beträgt 264.014. Sie sind verstreut auf 516 verschiedene Orte. Drei Prozent werden in Gefangenenlagern festgehalten. Die meisten Ausländer, 22 Prozent, stammen aus dem Niger. Der Anteil von Syrern liegt bei nur einem Prozent.
Libyen ist ein Land, das von komplexen Migrantenrouten und –bewegungen gekennzeichnet ist, da Migranten Libyen sowohl als Durchgangsland betrachten als auch als Zielland. Viele nehmen auch immer wieder Ortswechsel innerhalb Libyens vor.

23.06. An dem Begräbnis von zwölf Opfern der Explosion eines Munitionslagers am 21.6. , ausgelöst durch eine Misrata-Miliz, nahmen heute Tausende Bewohner von Garabulli teil. In den nächsten Tagen folgen weitere Begräbnisse, bei denen mit noch mehr Teilnehmern gerechnet wird.

24.06. In ganz Tripolis verschärfen sich – vor allem seit den Geschehnissen in Garabulli – die massiven Proteste gegen die Anwesenheit von Misrata-Milizen in der Stadt. Im Westen der Stadt kommt es zu Straßenblockaden, Autoreifen brennen.
Nachdem ein Kind erschossen wurde, das mit seinem Vater im Auto unterwegs war, kommt es zu Zusammenstößen zwischen verschiedenen Milizen.

24.06. Bei einer Bombenexplosion vor dem Krankenhaus in Bengasi finden fünf Menschen den Tod, 13 weitere werden verletzt. Das Attentat geht vermutlich auf den IS oder Ansar al-Scharia zurück, die in den letzten Wochen herbe Verluste durch die Libysche Nationalarmee hinnehmen mussten.

24.06. Ein weiteres wichtiges IS-Hauptlager wurde in Ganfuda von der Libyschen Nationalarmee erobert. Es erfolgten dort auch verstärkt Luftangriffe.

24.06. Ein Pressefotograph wurde in Gwrasha von einem Scharfschützen erschossen.

24.06. Sputik News berichtet, dass der für das Africa Commando (AFRICOM) vorgeschlagene General Thomas Waldhauser bei einer Befragung vor dem amerikanischen Kongress sagte, er unterstütze eine stärkere militärische Präsenz in Libyen. Er vertrat die Meinung, dass die Anwesenheit des IS in Libyen für die USA eine permanente Bedrohung darstelle. Er fügte hinzu, dass es keinen Sinn mache, dass Land nicht zu bombardieren. Für seine Aussagen wurde Waldhauser große Zustimmung zuteil.

24.06. JamahariyaNewsAgency: Libyen braucht keine ausländische Intervention. Wenn alle ausländischen Kräfte sofort das Land verlassen und aufhören, in Libyen Terroristen zu finanzieren und zu unterstützen, sowie den Versuch unterlassen, eine illegitime Regierung dem libyschen Volk aufzuzwingen, um damit ein gewähltes Parlament und die Libysche Nationalarmee zu verdrängen, und die Stämme und die libysche Armee ungehindert zusammenarbeiten ließen, würde Libyen innerhalb kürzester Zeit von allen dschihadistischen Terroristen befreit sein und das Land wäre wieder vereint.

25.06. General Hefter erklärte in Bengasi, er sei der Überzeugung, die Mehrheit der Menschen in Misrata wünschten sich Frieden. Man dürfe Milizenkommandeuren nicht trauen, die behaupteten, die Stadt Misrata zu vertreten. „Wir alle haben Verwandte, Freunde und Geschäftspartner in Misrata. Wir werden sie niemals fallen lassen.“ Diese Aussagen werden als Friedensangebot an Misrata gedeutet. Hefter meinte, es gäbe auch in Tripolis Milizenführer, mit denen die Armee begrenzt zusammenarbeiten könne, zum Beispiel mit dem Anführer der Rada-Security-Force, die den Flughafen kontrolliert. Allerdings sei eine Zusammenarbeit mit der Libyan Islamic Fighting Group LIFG völlig ausgeschlossen, da sie ein al-Kaida-Ableger sei.

26.06. Drei Stadträte von Ajdabija haben die Absetzung des Bürgermeisters Salim Dschedhren gefordert. Salim Dschedhren ist der Bruder von Ibrahim Dschedhren, dem Anführer der Petroleum Facilities Guard (PFG). Salim Dschedhren wird vorgeworfen, sein Amt zu seinem eigenen Vorteil missbraucht zu haben. Die Stadträte seien auch gegen Gespräche gewesen, die Dschedhren in Tripolis mit der Abu-Sita-Regierung’ geführt hat. Denn sie weigerten sich, jemanden anzuerkennen, der die Libyan Islamic Fighting Group LIFG oder die Moslembruderschaft unterstützt.
Die drei Stadträte werden von den Stämmen der Gegend ebenso wie von anderen Stadträten unterstützt.
Siehe auch 09.06.: Ibrahim Dschedhren

26.06. Sarradsch gibt zu, dass sich ausländisches Militär in Libyen aufhält. Er schließe eine Bitte nach weiterer Verstärkung nicht aus, diese stehe aber nicht unmittelbar bevor.

26.06. General Khalifa Hefter ist nach einem Aufenthalt in Kairo, wo ihm die ägyptische Regierung logistische und Waffenhilfe sowie Unterstützung bei der militärischen Ausbildung zusagte, weiter nach Moskau geflogen, um Ersatzteile für Kampfjets und Waffen zu erbitten. Voraussichtlich wird Moskau nicht bereit sein, das UN-Waffenembargo zu brechen, aber die Libysche Nationalarmee wohl technisch und mit geheimdienstlichen Informationen unterstützen.

27.06. Ein Arzt aus dem Sudan ist in Kufra erschossen aufgefunden worden. Er war an Armen und Beinen gefesselt und hatte Verletzungen am Kopf.

27.06. In Tripolis haben Mitarbeiter des Strafvollzugs einen 24-Stunden-Streik begonnen und damit gedroht, alle Gefangenen auf freien Fuß zu setzen, wenn sie weiterhin kein Geld für die Versorgung der Gefangenen mit Essen bekommen. Es drohten sonst in den Gefängnissen Hungeraufstände.

27.06. Schwere Artilleriegefechte werden aus dem Ganfouda-Distrikt in Bengasi gemeldet. Dort haben sich noch Kämpfer von IS, Ansar al-Scharia und Bengasi-Revolutions-Schura-Rat verschanzt. Aus islamistischen Posts im Internet lässt sich schließen, dass die Islamisten die Schlacht um Bengasi als definitiv verloren ansehen.

27.06. Die Verteidiger von Saif al-Islam Gaddafi gaben in Den Haag eine Pressekonferenz, in der sie über die politische Situation in Libyen und die dortige Menschenrechtssituation berichteten.

28.06. Bengasi-Gate: Ein 800 Seiten umfassender Bericht über die Vorgänge um den Angriff auf das amerikanische Konsulat in Bengasi 2012 und die Rolle, die Hillary Clinton dabei spielte, wurde vom Untersuchungsausschuss des Kongresses veröffentlicht. Dabei kam es zu dem überraschenden Ergebnis, dass die verbliebenen Mitarbeiter der Botschaft letztendlich von Gaddafi-Leuten gerettet und in Sicherheit gebracht worden waren.
Ein damaliger Vermittler aus Bengasi sagte aus: „Wir sahen ein, dass die Situation auf dem Gelände unhaltbar war. Wir hatten nicht genügend Schützen und es gab zu viele Verletzte.“ Und weiter: „Der Trupp, der uns kurz nach dem Beschuss des Nebengebäudes mit Mörsergranaten zu Hilfe kam, konnte das gesamte Personal des Außenministeriums und der CIA sicher zum Flughafen bringen. Dieser Trupp, bekannt als militärischer Geheimdienst Libyens, kam mit 50 schwer bewaffneten Fahrzeugen.“
Das amerikanische Außenministerium hatte unter Clinton lokale Milizen unter Vertrag genommen, die nicht bereit waren, die US-Amerikaner zu befreien. Diese Milizen hätten zwei Tage vor der Ankunft des Botschafters in Bengasi angekündigt, sie würden das Gelände nicht mehr absichern. In dem Bericht heißt es, dass stattdessen ein Trupp des libyschen militärischen Geheimdienstes, von deren Existenz die CIA bis zu dem Angriff nichts ahnte, die US-Amerikaner in Sicherheit gebracht hätten. Der Trupp bestand aus früheren Offizieren des Gaddafi-Militärs, die sich aus Angst, von Milizen ermordet zu werden, versteckt hatten und sich so ruhig wie möglich verhielten, um ihre Anwesenheit in Bengasi nicht zu verraten. Der Bericht vermerkt: „Genau jene Libyer, die die USA während der Revolution entmachtet hatten, waren die einzigen, die in der Nacht des Bengasi-Angriffs den USA zur Seite standen – und damit wahrscheinlich dutzende Leben retteten.“[9]

Der Ausschussbericht wirft Hillary Clinton in diesem Zusammenhang schwere Versäumnisse vor, unter anderem auch, dass die US-Regierung erst Tage nach dem Anschlag zugab, dass der Angriff in Bengasi keine spontane Reaktion einer aufgebrachten Menschenmenge auf einen islamfeindlichen Film gewesen war, sondern ein von langer Hand geplanter Terroranschlag.
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/06/29/libyen-bericht-erhebt-schwere-anschuldigungen-gegen-hillary-clinton/

Da vor dem NATO-Krieg gegen Libyen eine enge Zusammenarbeit zwischen den libyschen Geheimdiensten und der CIA im Kampf gegen den dschihadistischen Islamismus bestand, könnten persönliche Kontakte zum Eingreifen des libyschen Geheimdienstes geführt haben. 2011 waren etliche Mitarbeiter des amerikanischen Außenministeriums und der CIA gegen den Verrat an Gaddafi.


Aus: needfultruth.wordpress.com – jamahiriyanewsagency.wordpress.com – libyaherald.com – vivalibya.wordpress.com – libyaagainstsuperpowermedia.org – heute.de – deutsch.rt.com – süddeutsche zeitung – deutsche-wirtschaftsnachrichten.de – standard.at – welt.de – heise.de – cbsnews.com – sputnik-news.com – neue züricher zeitung


[4] https://needfultruth.wordpress.com/2016/01/08/the-us-helped-overthrow-libya-in-2011-heres-whats-happening-there-now-2/

[5] http://www.cbsnews.com/news/isis-libya-oil-fields-port-siddra-sirte/

[7] https://deutsch.rt.com/nordamerika/38910-wikileaks-gegen-killary-genug-beweise/

[8] www.heise.de/tp/artikel/48/48550/1.html

[9] https://libyaagainstsuperpowermedia.org/2016/06/29/gaddafi-loyalists-not-the-libyan-government-or-u-s-aligned-rebels-rescued-americans-in-benghazi/

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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