Libyen im Mai

Libyen. Was geschah… eine unvollständige Auflistung

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Mai 2016

Nicht mehr einzeln aufgeführt werden die meisten der fast täglichen Bootsunglücke vor der libyschen Küste, bei denen viele Migranten ums Leben kommen. Sie sind nicht vergessen!


01.05. Ein Oberst der libyschen Armee, Abdullah Sweissi, wurde nahe seines Hauses in Tarhouna (85 km südöstlich von Tripolis) ermordet. Oberst Sweissi war vom Präsidialrat zum Befehlshaber des Sicherheitsteams ernannt worden, das für die Bewachung des Verteidigungsministeriums zuständig ist. Seine Familie macht eine islamistische Brigade für den Mord verantwortlich.

01.05. In Sirte soll ein Erschießungskommando des IS den Armeekommandanten Ahnaish Gaddafi und zwei weitere Soldaten ermordet haben. Der IS versucht damit, jeden Widerstand angesichts der erwarteten militärischen Offensive zu unterdrücken. Ahnaish Gaddafi war ein führendes Mitglied des Gaddafi-Stammes. Die beiden anderen Soldaten waren in Derna entführt und nach Sirte gebracht worden.
Der IS soll auch fünf Personen in Ben Jawad im Osten von Sirte getötet haben.
Die Zufahrten zu Sirte sind inzwischen vom IS vermint, der auf den Straßen auch Sandbarrieren und etliche Checkpoints errichtet hat, damit die noch verbliebenen Bewohner von Sirte die Stadt nicht mehr verlassen können.

01.05. Während die Bevölkerung in Sirte immer mehr unter den Repressionen des IS leidet, ist ein Machtkampf über den Oberbefehl der libyschen Streitkräfte ausgebrochen. Es geht dabei um die Frage, wer die militärische Führung ausübt, Generalmajor Hefter mit der Libyschen Nationalarmee oder sein Rivale Ibrahim Dschethren, der die paramilitärsiche PFG kommandiert, die die ostlibyschen Ölanlagen bewacht.

01.05. Bei der gegen den IS gerichteten Offensive von Generalmajor Hefter kamen im April in Bengasi 25 Soldaten der Saika-Spezialeinsatzkräfte zu Tode, 93 wurden verwundet.

01.05. Laut UN-SMIL (United Nations Support Mission in Libya) kamen im April in Libyen 33 Zivilisten ums Leben, 14 wurden verletzt.

02.05. JamahariyaNewsAgency: Das 50. Infanteriebataillon der Rischwana-Armee (Dschamahirija) bewegt sich auf Sirte zu.

02.05. JamahiriyaNewsAgency: Allein in den letzten 15 Tagen sind im Krankenhaus von Sebha 12 Neugeborene gestorben.

02.05. Der italienische Premierminister Matteo Renzi sagt, seine Regierung hätte monatelang dem Druck von außen widerstanden, militärisch in Libyen zu intervenieren. Immer hieß es: „Los, interveniert, schickt Flugzeuge und 5000 Leute nach Libyen.“[1]
Obwohl von Renzi nicht ausdrücklich genannt, meinte er wohl die USA, die Europa dazu drängen, die Führung bei einer Intervention in Libyen zu übernehmen. Die italienische Militärführung hätte misstrauisch auf diese ungenau definierte Mission reagiert.

02.05. 13 Ukrainern, die vormals zum medizinischen Personal in Sirte gehörten, gelang die Flucht aus der vom IS gehaltenen Stadt.
Vier andere Ukrainer werden bereits seit 2011 im Gefängnis am Mitiga-Flughafen bei Tripolis von den Abdul-Rauf-Kara-Milizen gefangen gehalten.

02.05. Drei Kinder kamen in Bengasi durch eine Sprengfalle ums Leben, eine Hinterlassenschaft der von dort vertriebenen islamistischen Milizen.

02.05. Am 2. Mai befasste sich der Journalist Eric Zuesse mit Artikeln, die die Hintergründe für den Syrienkrieg darlegen und eine Drahtzieherschaft für den Giftgasangriff auf Zivilisten in einem Vorort von Damaskus im August 2013 den USA nahelegen. Das dabei verwendete Sarin soll aus Libyen stammen.[2]

Der angesehene investigative Journalist und Pulitzer-Preisträger Seymour Hersh hat sich in zwei Artikeln, die vor einiger Zeit in der angesehenen ‚London Review of Books‘ veröffentlicht wurden, mit der Herkunft des zur Herstellung von Giftgas notwendigen Sarins, das bei einem Giftgas-Anschlag in Syrien benutzt wurde, beschäftigt. Dabei hätten sich Hinweise verdichtet, dass Hillary Clinton ihre Zustimmung gab, das später beim Anschlag verwendete Sarin aus libyschen Militärbeständen von Libyen nach Syrien zu bringen. Dem hätte ein ausgeklügelter Plan zugrunde gelegen: Die Obama-Administration konnte den Anschlag Bashar al-Assad in die Schuhe schieben und dies fälschlich als Grund für eine Invasion in Syrien nutzen.[3]

Dem Ganzen lag Hersh zufolge ein 2012 geschlossenes, geheimes Abkommen zwischen der Obama-Administration, der Türkei, Saudi-Arabien und Katar zugrunde. Hersh: „Die Vereinbarungen sahen vor, dass die Türkei, Saudi Arabien und Katar die Finanzierung übernehmen sollten und die CIA mit Unterstützung des MI6 für die Beschaffung der Waffen aus dem Gaddafi-Arsenal und deren Lieferung nach Syrien verantwortlich war.“ Die ‚rote Linie‘, die Assad nicht hätte überschreiten dürfen, war für Obama der Giftgasanschlag auf Zivilisten.

Tatsächlich hätte es aber bei dem Giftgas-Einsatz in Syrien keine ‚red line‘, sondern eine ‚rat line‘ gegeben.[4] Als ‚Rattenweg‘ wurde von der CIA ein ‚back channel highway‘, ein Schleuserweg nach Syrien, bezeichnet. Die ‚rat line‘ wurde laut Hersh 2012 genehmigt, um Waffen und Munition von Libyen über die Türkei nach Syrien zu bringen, um sie dort an die syrische Opposition zu verteilen. Viele Waffen landeten schließlich bei dschihadistischen Gruppen, von denen sich manche al-Kaida angeschlossen hatten. Die Obama-Administration hat niemals öffentlich zugegeben, hierbei eine Rolle gespielt zu haben.

Aus mehreren anderen unabhängigen Berichten geht hervor, dass sich in Gaddafis Waffenarsenal neben den herkömmlichen Waffen auch das zur Herstellung von Giftgasbomben benötigte Sarin-Gas befunden hat.

Eine wichtige Rolle bei den Lieferungen von erbeuteten Waffen aus libyschen Militärbeständen an die ‚Aufständischen‘ in Syrien spielte das US-Konsulat in Bengasi und der später ermordete amerikanische Botschafter in Libyen, Christopher Stevens, der laut Hersh über recht einzigartige diplomatische Eigenschaften (‚solely diplomatic capacity‘) verfügte. Ein anderer Journalist, Christoph Lehmann, hatte getitelt: „Top US- und Saudi-Offizielle verantwortlich für chemische Waffen in Syrien“.[5] Und weiter: „Die Beweise führen direkt ins Weiße Haus, zum Stabschefvorsitzenden Martin Dempsey, zu CIA-Direktor John Brennan, zum Chef des saudischen Geheimdienstes Prinz Bandar und zum saudi-arabischen Innenminister.“

In einem Interview[6] beschuldigt Hersh nun auch Hillary Clinton, in die in Bengasi von der CIA organisierten Waffenlieferungen inklusive des Giftgases Sarin von Libyen nach Syrien verwickelt gewesen zu sein. Der bei einem späteren Angriff auf das Konsulat in Bengasi getötete US-Botschafter Stevens wusste laut Hersh mit Sicherheit über die Waffenschieberei Bescheid. Hersh sagt: „Dieser Botschafter, der ermordet wurde, war – soweit ich das verstehe – bekannt als jemand, der sich der CIA nicht in den Weg stellt. Ich schrieb: Am Tag dieser Mission [Verschiffung des Waffenarsenals zur Weiterleitung an syrische Aufständische] hatte er sich mit dem örtlichen CIA-Boss und Vertretern der Schiffsgesellschaft getroffen. Er war mit Sicherheit involviert, sich der Sache bewusst, ein Zeuge davon, was vor sich ging. Und es ist ausgeschlossen, dass sich jemand in so einer sensiblen Position nicht irgendwie mit seinem Boss abspricht.“ Sein Boss war Hillary Clinton.

03.05. JamahiriyaNewsAgency: Eine Delegation des Obersten Rates der libyschen Stämme und Städte ist in Tunesien eingetroffen, um eine Konferenz über deren Rolle bei der Eindämmung der aktuellen Krise innerhalb Libyens und in der gesamten Region abzuhalten.

03.05. JamahiriyaNewsAgency: Derzeit umzingeln bewaffnete Truppen die wenigen übriggebliebenen Al-Kaida-Kämpfer im Osten des Landes.
Um anschließend die Stadt Sirte vom IS zu befreien, werden sich Truppen aus allen Landesteilen zusammenschließen. Dies sei seit längerem geplant.

03.05. Laut einem Bewohner von Sirte, dem vor drei Tagen die Flucht nach Tripolis gelang, herrscht in der vom IS beherrschten Stadt eine humanitäre Katastrophe. Es mangle an Nahrungsmitteln, Geld und Medizin. Der IS hätte eine Frauen-Einheit aufgestellt, die die Häuser kontrolliert, um nach Satelliten-TV oder verbotenen Druckerzeugnissen zu suchen. Jeder will fliehen, allerdings müsse er allen Besitz zurücklassen.
IS-Kämpfer haben alle Ausfallstraßen von Sirte mittels Sandbarrieren geschlossen.

03.05. Es wird weiterhin in Libyen gekämpft, die Lage ist unübersichtlich. Laut Libyaherald[7] kam es heute in der Stadt Zillah, die sich 400 Kilometer südöstlich von Sirte im Dschufra-Distrikt befindet, zu Zusammenstößen zwischen Kämpfern, die der Libyschen Nationalarmee LNA zuzurechnen sind, und islamistischen Milizen aus Bengasi, die von Zijad Belaam angeführt werden.
Die Miliz ist Teil des „Revolutionären Schura-Rats“, der die letzten zwei Jahre in Bengasi gegen die LNA kämpfte. Belaam pendelte nach seiner Rückkehr aus der Türkei, wo er wegen einer Schussverletzung behandelt worden war, zwischen den Städten Misrata, Tripolis, Zillah und Sabratha.
In Zillah kämpften die „Sudan Rebel Justice“ und die „Equality Movement“ JEM, die sich der LNA angeschlossen haben und in das Gebiet vorgedrungen sind, gegen die islamistische Miliz von Belaam. JEM kämpfte 2011 auf Seiten Gaddafis.
Es heißt, In Zillah hätten sich Belaams Kämpfer zurückziehen müssen. Es hätte sich um aus Bengasi geflüchtete Dschihadisten gehandelt.
Die Libysche Nationalarmee, das heißt in diesem Fall die JEM, kontrolliert nun Zillah. In den letzten Tagen wurde berichtet, dass sich sowohl Pro-LNA-Truppen (wie Tuareg-Kämpfer) als auch Pro-Misrata-Kämpfer, in Richtung Dschufra-Distrikt bewegt hätten, um in jeweils eigenständig geplanten Operationen Sirte vom Süden her anzugreifen.
Unklar ist, ob die LNA-Hauptstreitkräfte vor Ajdabija gestoppt worden sind oder sich in der Stadt selbst aufhalten. Ibrahim Dschadhran, der Konkurrent von Generalmajor Hefter um die militärische Führung, soll Bedingungen für den Aufenthalt der LNA-Armee in Ajdabija gestellt haben.
Sowohl die Libysche Nationalarmee als auch die Misrata-Truppen wollen die ersten bei der Befreiung Sirtes sein. Es könnte zu Kämpfen zwischen den beiden kommen.

03.05. JamahiriyaNewsAgency veröffentlicht eine Stellungnahme des Libyan People’s National Movement (LPNM). Darin heißt es unter anderem, dass 1. den Leistungen der bewaffneten Kräfte zur Säuberung Libyens von Terroristen hoher Respekt gezollt wird. Alle bewaffneten Kräfte und Sicherheitsdienste sollten ihre Kräfte vereinen, um die bewaffneten Einsätze zu verstärken. 2. LPNM hält einen nationalen Dialog für wichtig, der zu echter nationaler Aussöhnung führt, welcher auf der Ablehnung von Streitigkeiten und Entschädigungen und Reparation ebenso beruht wie auf Amnestie und Freilassung von Gefangenen und der Würdigung der Märtyrer. Auf die Wichtigkeit vertrauensbildender Maßnahmen wird verwiesen. Unumgänglich sei die bedingungslose Freilassung aller Gefangenen. An dieser Stelle wird den Verantwortlichen von Misrata für die Freilassung von Gefangenen als Zeichen des guten Willens gedankt. 3. Auch islamistische Gruppen sollen in einen allgemeinen Dialog einbezogen werden, wenn sie dem Terrorismus abgeschworen und ihren guten Willen bewiesen haben.
Es kann keine nationale Aussöhnung geben, a) wenn nicht alle Gefangenen freigelassen werden, b) wenn die nationalen Prinzipien nicht gelten, c) mit jenen, die die Verantwortung für das Unglück tragen, das Libyen in die augenblickliche Krise gestürzt hat.

03.05. Emily Estelle analysiert in einem Beitrag von JamahiriyaNewsAgency, warum es nicht ausreicht, den IS aus Sirte zu vertreiben.[8] Sie schreibt, dass Sirte für den IS eine Stadt ist, die, wenn sie nicht mehr zu halten ist, durchaus aufgegeben werden kann. Der Rückzug in den Fessan sei schon geplant. Von dort aus würde der IS mit Hilfe von IS-Zellen im Nordwesten und Nordosten Libyens einen asymmetrischen Krieg beginnen, der Anschläge auf Ölanlagen oder Attentate auf weiche Ziele wie Märkte in größeren Städten beinhaltet.
Vom Fessan aus würde der IS Kampfzellen in Tunesien und Algerien unterstützen, aber auch solche im Sahelgebiet. Es könnten auch Angriffe auf französische und US-amerikanische Militärbasen im Niger erfolgen.
Vom IS angeführte Angriffe in Tunesien würden die dortige Regierung bedrohen und es dem IS ermöglichen, in den unterwickelten Provinzen an Boden zu gewinnen. Von dort könnte ebenfalls ein asymmetrischer Krieg begonnen werden, um den Staat zu destabilisieren.
Der IS würde versuchen, eine westliche Intervention zu verhindern, indem es deren militärischen Ziele in diesen Ländern angreift.
Die Befreiung von Sirte sollte also nicht gleichgesetzt werden mit der Eindämmung des IS in Libyen, denn der IS würde unverzüglich neue Fronten in ganz Nordafrika eröffnen.

05.05. In Bengasi feuerten Dschihadisten vier Mörsergranaten in eine Demonstration. Es wurden sieben Menschen getötet und an die 40 verletzt. Der Angriff scheint eine Reaktion auf den Vormarsch der Libyschen Nationalarmee LNA auf Sirte gewesen zu sein. Die Demonstranten unterstützten die LNA und protestierten gegen die Einheitsregierung in Tripolis und jede ausländische Einmischung in Libyen.

06.05. Dschihadisten erobern nach Kämpfen mit Misrata-Milizen die etwa 100 Kilometer westlich von Sirte gelegene Stadt Abu Grein. Laut Augenzeugenberichten hätte der IS in den eroberten Gebieten seine schwarze Flagge über Moscheen und der Regierungszentrale gehisst.
Insgesamt sollen drei Selbstmordanschlägen mit Toten und Verletzten erfolgt sein.

07.05. Die Libysche Nationalarmee gibt bekannt, die Kontrolle über den gesamten Dschufra-Bezirk übernommen zu haben, einschließlich des Dschufra-Militärflughafens bei Hun. Auch die Ölfelder seien gesichert.

09.05. Die Tobruk-Regierung hat damit gedroht, den Ölhafen Marsa al-Hariga bei Tobruk zu schließen. Über diesen Hafen wird der Großteil der libyschen Erdölexporte abgewickelt. Der Versuch der Tobruk-Regierung, Öl über den Hafen ohne die Institutionen in Tripolis abzuwickeln, wurde von einem amerikanischen Kriegsschiff vereitelt.
Die Ölförderung brach von ehemals 1,5 Mio. Barrel (2012) auf aktuell 340.000 Barrel pro Tag ein.

09.05. Der Präsidialrat der libyschen ‚Einheitsregierung‘ hat die Aufstellung einer Präsidialgarde angekündigt. Dies wird von Dschamahirija als Staatsstreich betrachtet.[9]
Die Entscheidung zur Aufstellung einer Präsidialgarde sei ein Bruch des Abkommens von Skhirat (Marokko), denn dieses hatte eine Auflösung der Milizen und ihren Rückzug aus Tripolis vorgesehen. Stattdessen werden nun die Interessen Katars und der Türkei durchgesetzt. Das Personal der neuen Präsidialgarde wird sich aus den dschihadistischen Milizen von Tripolis zusammensetzen, die nun die Grenzen, Marinestützpunkte und Flughäfen sichern sollen.
Die Libysche Nationalarmee wird sich ihre Entmachtung nicht gefallen lassen.
Siehe meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/in-libyen-exkaliert-die-lage

09.05. Sarratsch nahm an einem Treffen mit der Arabischen Liga in Kairo teil.
Begleitet wurde Sarratsch vom designierten stellvertretenden Premierminister Ahmed Maetig. Dieser will Russland für die Bekämpfung des Terrorismus um Hilfe bitten, denn Libyen habe enge Bindungen an Russland, da die meisten libyschen Führungskräfte in Russland studiert hätten.

10.05. Der Prozess gegen al-Saadi Gaddafi vor dem Berufungsgericht in Tripolis ist zum sechsten Mal verschoben worden und soll nun am 25. Mai stattfinden.

10.05. Der italienische General Paolo Serra, Militärberater von Martin Kobler, wurde am Flughafen von Zintan gezwungen, die Stadt wieder zu verlassen. Serra wollte an Gesprächen des Militärrats teilnehmen. Er wurde als „Grazianis Enkel“ beschimpft. Graziani war in der Zeit der italienischen Besatzung unter Mussolini als „Schlächter von Libyen“ bekannt.
Der Oberste Rat der libyschen Stämme und Städte rühmt die Jugend von Zintan für die Ausweisung Serras. Martin Kobler twittert: „Deeply disappointed that UNSMIL staff could not have undisturbed meetings in Zintan #Libya today…”

11.05. Stundenlange Stromausfälle legen Tripolis lahm.

11.05. Ein Autobombe explodiert in Misrata und hinterlässt einen Toten und acht Verletzte. Vermutlich handelt es sich um einen Anschlag des IS, der die Zerstörung Misratas angedroht hatte.
Bisher ist Misrata nicht gegen den IS vorgegangen, einige Milizen der Stadt scheinen sogar enge Verbindungen zu ihm zu pflegen. Da Teile von Misrata nun die ‚Einheitsregierung‘ anerkannt haben, könnte der IS hierfür Rache üben.

11.05. 2.200 Familien sind aus Sirte und Umgebung geflohen. Viele kamen heute in Bani Walid an. Das dortige Krankenhaus befindet sich in einer verzweifelten Situation, da es an allem fehlt.

11.05. Das Oberkommando der Libyschen Nationalarmee gibt in Bengasi bekannt, dass in Sirte streng geheime Operationen gegen den IS durchgeführt werden. Der IS würde versuchen, sich einen Fluchtweg nach Süden zu sichern.

13.05. Dem britischen Parlament liegt ein Bericht vor, nachdem die EU-Marine-Mission ‚Sophia‘, die 2015 mit dem Ziel gegründet worden war, illegalen Fluchtwege über das Mittelmeer zu sperren, sehr zweifelhafte Ergebnisse aufweist. Laut sputniknews.com wirke die Marine-Mission als Magnet auf Fluchtwillige und sei für das Schmugglergeschäft sogar noch nützlich. Die Kosten für die Mission ‚Sophia‘ betragen pro Jahr 12 Millionen Euro.
Laut der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX kamen im Jahr 2015 mehr als 1,8 Millionen Migranten in der EU an.

13.05. Die Washington Post berichtet, dass seit Ende vergangenen Jahres in Bengasi, Misrata und Umgebung militärische Sondereinheiten stationiert sind. Es handle sich dabei um sogenannte ‚Kontaktteams‘ zu je 25 Soldaten.

13.05. Der ehemalige britische Militärchef Lord Tugendhat hat sich gegen die Stationierung britischer Truppen in Libyen ausgesprochen. Ein militärischer Einsatz in dem Land könnte zu einem ‚Afghanistan-Desaster‘ führen.

14.05. Laut der Fox News Korrespondentin Catherine Herridge ist zu vermuten, dass Abdelhakim Belhadsch sich dem IS in Libyen angeschlossen hat und die IS-Milizen nun anführt.
Belhadsch war der Kommandant der Libyan Islamic Fighting Group LIFG und maßgeblich am Sturz Gaddafis beteiligt. Obwohl bekannt war, dass er für al-Kaida in Afghanistan gekämpft hatte, wurde er in Libyen von den USA und der NATO unterstützt und zum Chef des Militärrats in Tripolis gemacht. Sein jetziger Anschluss an den IS könnte es der Terrormiliz erleichtern, Kämpfer aus den ‚gemäßigten‘ Islamistengruppen zu rekrutieren.
Der IS soll von neu errichteten Ausbildungslagern in der Nähe der Stadt Derna konkrete Hilfe erhalten.

15.05. Ein Dozent für Kunst und Medien der Universität Tripolis wurde heute an der Straße zum Flughafen ermordet aufgefunden.
Bei dem Opfer eines zweiten Mordes handelt es sich um einen Polizeileutnant, der beim Verlassen seiner Polizeistation in Tripolis erschossen wurde.

16.05. Misrata-Milizen geben bekannt, ihnen sei heute nach heftigen Kämpfen die Rückeroberung Abu Greins vom IS gelungen. Die Luftwaffe von Misrata (wieso hat Misrata eine eigene Luftwaffe?) hätte auch Stellungen des IS westlich von Sirte bombardiert.

16.05. In Wien fand eine sogenannte ‚Stabilisierungskonferenz für Libyen‘ statt. Sie sollte zur Stützung der ‚Einheitsregierung‘ beitragen, die von den Teilnehmern als einzig legitime Regierung Libyens anerkannt wurde. Jeglicher offizieller Kontakt mit parallelen Institutionen müsse eingestellt werden. Einzig die ‚Einheitsregierung sei Ansprechpartner für Sicherheitsfragen und trüge auch die alleinige Verantwortung für die libyschen Ressourcen. [Dieser Passus bezieht sich auf die Tobruk-Regierung, die nach ihrer Flucht aus Tripolis eine eigene Nationale Öl-Kooperative und Zentralbank im Osten des Landes eingerichtet hatte. ]
In dem Kommuniqué heißt es, dass in Übereinstimmung mit der UN-Resolution 2278 Schlüsselinstitutionen wie die Zentralbank, die nationale Öl-Kooperative und die libysche Investmentbehörde unter die alleinige Kontrolle der ‚Einheitsregierung‘ gestellt werden.
Die Einsetzung einer ‚Präsidialgarde‘ wurde begrüßt und das Waffenembargo gegen Libyen soll zum Teil zugunsten der ‚Einheitsregierung‘ aufgehoben werden.
[Warum erhält diese Marionetten-‚Einheitsregierung‘ die Möglichkeit zum Waffenkauf, während sie der gewählten Tobruk-Regierung, die sich immer im Kampf gegen Dschihadsten und den IS befand, vorenthalten wurde?
Offensichtlich ist, dass die Strategie der Moslembruderschaft darin besteht, mit Hilfe von der Türkei und Katar eine Präsidialgarde aufzustellen, die die legitime Libysche Nationalarmee ersetzen soll.
Mit dieser Aufstellung einer ‚Präsidialgarde‘ soll die Auflösung der Libyschen Nationalarmee, die loyal hinter der Tobruk-Regierung (House of Representatives HoR) steht, eingeleitet werden. Seit der Ankündigung, die Stadt Sirte vom IS befreien zu wollen, eskaliert der Streit zwischen der Tobruk-Regierung beziehungsweise der Libyschen Nationarmee und der ‚Einheitsregierung‘ immer stärker.]

Siehe meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/in-libyen-exkaliert-die-lage

Allerdings sagte der russische Botschafter für Libyen, Molotkov, dem italienischen Fernsehsender RAI: "Es ist verfrüht zu sagen, dass das Waffenembargo bald aufgehoben wird, da es vom UN-Sicherheitsrat beschlossen werden und eine weite Spannbreite von Kriterien und Bedingungen erfüllen muss." Die Vereinbarungen müssten jetzt erst schriftlich ausgearbeitet werden.
In Wien ist auch der neue von al-Sarradsch ernannte Außenminister Taher Sidschala anwesend. Sidschala war bereits in der Ära Gaddafi Außenminister.

17.05. Die JamahiriyaNewsAgency gibt zur Wiener ‚Stabilisierungskonferenz für Libyen‘ folgende Erklärung ab:
„Der Sinn dieses Treffens war es, den imperialistischen Staatsstreich zu Ende zu bringen, eine illegitime Regierung zu legitimieren und Regelungen für eine ständige ausländische Besatzung Libyens zu erstellen. [ …] Obwohl es sich um eine reine Propagandaveranstaltung gehandelt hat, sind die Folgen für die Souveränität Libyens verheerend.
Ein Beobachter merkte an, dass es kein Zufall ist, dass dieses Treffen, am hundertsten Jahrestag der Unterzeichnung des Sykes-Picot-Abkommens stattfand.
Für das Empire ist dies ein Sieg. Für die freien Menschen in Libyen eine offene Kriegserklärung.“[10]

17.05. Der von Sarradsch geführte Präsidialrat will nicht länger auf die Zustimmung des Tobruk-Parlaments warten, sondern rief die ‚Einheitsregierung‘ dazu auf, mit der Arbeit zu beginnen.
[Der Präsidialrat hat dabei völlig ignoriert, dass diese ‚Einheitsregierung‘ ohne die Zustimmung von Tobruk illegal ist.]
Die vor drei Monaten vorgestellte Ministerliste wurde nicht verändert. Verteidigungsminister wird Mahdi Ibrahim al-Barghathi. Es gibt 18 Minister, daneben drei spezielle Minister und fünf Vizepräsidenten.

17.05. Laut dem ‚Corriere della Sera‘ will Italien die Entsendung von Truppen nach Libyen bis zur Schaffung politischer Stabilität verschieben. Berichte des italienischen Geheimdienstes über die weiterhin bestehende hohe Unsicherheit im Land hätten diesen Beschluss nahegelegt.

17.05. Der türkische Parlamentarier Eren Erden legte Dokumente vor, die beweisen, dass die türkische Behörden Mitglieder des IS unterstützt. Sie erhielten in der Türkei medizinische Betreuung, Wohnungen und Geld.

17.05. Innerhalb weniger Stunden werden über 1.100 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet, die auf dem Weg von Libyen nach Italien waren.

17.05. Die beiden nationalen Öl-Kooperativen – eine in Tripolis und eine in Bengasi – sind am 16.5. übereingekommen, miteinander zu kooperieren, um die Ausfuhr von Öl aus Libyen zu ermöglichen. Allerdings ist fraglich, ob dieses Abkommen auch einhalten wird. Im Moment kann keine der beiden Öl-Kooperativen Öl exportieren, da sie sich gegenseitig blockieren. Im Westen des Landes sind die Pipelines von Zintan-Milizen geschlossen worden, im Osten wird der einzige Exporthafen, der sich im Moment in Betrieb befindet, von beiden Öl-Kooperativen blockiert: Die Tobruk-Regierung lässt keine Tanker der Tripolis-Öl-Kooperativen beladen und die ‚Einheitsregierung‘ lässt mit westlicher Hilfe keine Schiffe auslaufen, die von der Tobruk-Öl-Kooperative beladen wurden.
Trotz der Vereinbarungen von Wien weigert sich die Tobruk-Regierung, mit der Sarradsch-Administration zusammenzuarbeiten. Ölfelder, die mit anderen Öl-Terminals im Osten Libyens verbunden sind, stehen unter der Kontrolle der Libyschen Nationalarmee von Khalifa Hefter. Er wird einem Ölexport kaum zustimmen, wenn die Erträge an die Zentralbank in Tripolis gehen, die von Sarradsch und seiner Einheitsregierung kontrolliert wird.
Es ist unklar, wen die in Wien ansässige OPEC als libyschen Vertreter akzeptieren wird: Die OPEC hat eigentlich die Öl-Kooperative von Bengasi als die legale Vertretung Libyens anerkannt, allerdings behauptet jetzt die UNO, dass nur mit der Öl-Kooperative von Tripolis verhandelt werden darf, da diese vom Präsidialrat kontrolliert würde.

17.05. In einem Interview mit ‚Russia-today‘ sagt die Autorin Diana Johnstone, dass die von der internationale Gemeinschaft und der UN eingesetzte ‚Einheitsregierung‘ in Wahrheit ein Instrument der US-Regierung sei.[11] Die Regierung nenne sich zwar ‚Einheitsregierung‘ – es gäbe aber keine ‚libysche Einheit‘. Deshalb handle es sich um eine Regierung der ‚internationalen Einheit‘, die es den USA ermögliche, in Libyen den IS zu bekämpfen. Dieser befinde sich aber nur in Libyen, weil die USA das Land bombardiert haben. Ein Zirkelschluss: Die USA schaffen Chaos, um anschließend Soldaten in das Land zu entsenden.
Und Abayomi Azikiwe, Herausgeber der ‚Pan-African News Wire‘ meint, dass vor fünf Jahren das Pentagon, die CIA und die NATO erst extremistische Organisationen in Libyen ermöglicht hätten. Innerhalb von sieben Monaten wären 10.000 Bomben auf Libyen abgeworfen worden. Das hätte dem IS den Weg geebnet. Wie sollten sie jetzt eine Lösung haben für dieses von ihnen selbst geschaffene Problem?
Und Marko Gasic, ein Kommentator der internationalen Politik, verweist auf das Chaos, das in Libyen herrscht, auf Allianzen, die ständig wechseln und die man kaum vorhersehen kann. Es mache überhaupt keinen Sinn, Waffen in das „troubled Libyan water“ zu bringen. Das würde nur die eine Seite ermutigen, die andere anzugreifen. Es gäbe noch mehr Flüchtlinge, neue Probleme in Libyen und in der ganzen Region. Denn natürlich würde mit den Waffen nicht nur der IS angegriffen werden. Wenn jemand Waffen hat, richte er sie auf alle seine Feinde, um seine Interessen zu verteidigen. Dies führe zu noch mehr Instabilität in Libyen und eine Verringerung für die Chance, eine Lösung zu finden, die alle Seiten einschließt. Durch Waffenlieferungen würde die Polarisierung nicht geringer, sondern größer werden.

17.05. DjamahiriyaNewsAgency: Die Präsidialgarde ist eine terroristische Organisation, die nicht legitimiert oder bewaffnet werden darf.

17.05. Khalifa Hefter, vom Tobruk-Parlament zum Oberkommandanten der Libyschen Nationalarmee ernannt, sagte in einem TV-Interview: „Die Entscheidungen der ‚Einheitsregierung‘ sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben werden. Sie gehen mich nichts an.“ Denn die ‚Einheitsregierung‘ sei vom Tobruk-Parlament nicht – wie vorgeschrieben – anerkannt worden. Hefter lehnte auch die Präsidialgarde des Präsidialrats ab. Er wolle seine Zeit auch nicht mit einem Treffen mit Martin Kobler verschwenden: „Ich vertraue der Armee und der Polizei und nicht einem UN-Beamten.“ Er wolle der Armee, die von der NATO-Intervention 2011 schwer getroffen worden sei, zu ihrem ehemaligen Ansehen zurückverhelfen. Die Libysche Nationalarmee repräsentiere alle Libyer. Für den Terrorismus in der Welt machte Hefter die Moslembruderschaft verantwortlich. Seine Aufgabe sei es, Terrorismus und Moslembruderschaft zu bekämpfen.

17.05. In einem Interview mit dem in Frankreich erscheinenden katholischen Magazin ‚La Croix‘ sagte Papst Franziskus, dass die Art und Weise, wie der Westen versuche, sein Demokratiemodell auf Libyen zu übertragen, dessen Art zu leben nicht respektiere.[12] Der Papst meinte auch, dass die Intervention des Westens zum Sturz Gaddafis die Situation im Land verschlimmert hätte. In Libyen existierten Stammesstrukturen. „In Anbetracht des gegenwärtigen islamistischen Terrorismus, sollten wir die Art hinterfragen, in der wir ein zu westliches Demokratiemodell in Länder exportieren, in denen es strengere Machtausübung gab.“

18.05. Eine MiG-Maschine stürzte – laut offiziellen Angaben aufgrund technischer Probleme – beim Landeanflug auf den Militärstützpunkt von Tobruk ab. Zwei Menschen starben bei dem Absturz. Bereits am 14.5. war ein Rettungshubschrauber auf diesem Militärstützpunkt abgestürzt.

18.05. Ein in seiner Offenheit schockierender CNN-Film zeigt, wie US-Spezialkräfte von Sizilien aus „eine neue und vitale Front gegen den IS“ starten: „US-Spezialkräfte und Überwachungsflüge operieren über Libyen und an Land: Der Westen führt Sicherheitsoperationen im Land durch, um Libyens verzweifelten Kampf gegen den IS zu unterstützen.“ Spezialeinsatzkräfte hätten ihre Präsenz im Land kürzlich erhöht. Augenzeugen und libysche Behörden hätten CNN bestätigt, dass diese sich nahe der Stadt Misrata befänden, wo etwa ein Dutzend Soldaten von einer Basis nahe der Stadt aus operieren. Verschiedene Teams befänden sich in der Gegend um Tripolis und Misrata und im Osten des Landes. Sie würden die ‚Einheitsregierung‘ von Faijez al-Sarradsch unterstützen. Es sei allerdings unklar, was genau der Einsatz in Libyen beinhaltet, denn die Durchführung von Luft- und anderen Angriffen sei nur begrenzt möglich.
CNN begleitete die Misrata-Milizen auf ihrer Fahrt Richtung Sirte.

http://edition.cnn.com/2016/05/18/middleeast/libya-isis-us-special-forces/

18.05. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) veröffentlicht unter dem Titel „We Feel We are Cursed: Life under ISIS in Sirte, Libya“ (‚Wir sind verdammt: das Leben in Sirte unter dem IS ‘) einen 41 Seiten umfassenden Bericht. Seit der IS Anfang 2015 die Herrschaft über Sirte erlangte, wurden mindestens 49 Menschen hingerichtet, darunter Gefangene und politische Opponenten sowie Personen, die der Spionage, der Gotteslästerung sowie der Hexerei beschuldigt wurden. Von den IS-Kämpfern werden Lebensmittel, Geld, Benzin und Medikamente beschlagnahmt ebenso wie Häuser der Bewohner von Sirte, die auch gezwungen werden, ihre Töchter mit IS-Milizionären zu verheiraten. Zwei Drittel der ehemals 80.000 Einwohner haben inzwischen die Stadt verlassen.
Der IS hat auch viele Kämpfer von Milizen entführt, von denen wohl die meisten getötet wurden. Dabei handele es sich um Kriegsverbrechen und um Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Die Einwohner von Sirte beschreiben, wie sie terrorisiert werden. Es komme zu öffentlichen Köpfungen und Kreuzigungen. Eine sogenannte ‚Moralpolizei‘ patrouilliert durch die Straßen der Stadt und überprüft die verhängten Verbote wie zu rauchen, Musik zu hören, sich zu parfümieren, Alkohol zu trinken, Auch die Kleiderordnung von Frauen werde überprüft. Die ganze Stadt lebe in Angst und Schrecken.
Es fehle an Drogeriemärkten, im Krankenhaus arbeiten keine Ärzte und Schwestern mehr, es mangle an Medikamenten. Der Universitätsbetrieb wurde eingestellt.
Es wird gefordert, dass der UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen IS-Mitglieder und deren Unterstützer erlässt, die gravierende Verbrechen in Libyen begangen haben.
Der gesamte Report findet sich hier: Download the full report in English

18.05. Vier Personen wurden beim Geldabheben in einer Bank in Tripolis erschossen und zehn verletzt. Eine lokale Miliz, von der die Menschen angenommen hatten, sie wären für die Sicherheit verantwortlich, hatte das Feuer auf die Bankkunden eröffnet.

18.05. Auf der Küstenstraße nach Sirte wurden bei einer Reihe von Zusammenstößen 32 Mitglieder während der von Misrata geführten ‚Al-Bunjan Al-Marous‘ Operation, die vom Präsidialrat gegen den IS gestartet worden war, getötet und weitere 50 Personen verletzt.

19.05. Die Stadt Abu Grain (140 km westlich von Sirte) und zwei nahegelegene Dörfer sollen von Milizen der neuen ‚Einheitsregierung‘ vom IS befreit und die IS-Kämpfer nach Sirte zurückgetrieben worden sein.

19.05. Die JamahiriyaNewsAgency befasst sich mit der Einsetzung einer neuen ‚Einheitsregierung‘, einer Präsidialgarde und deren Bewaffnung: Kriegsvorbereitung
Die Vereinigten Staaten seien nicht daran interessiert, den IS zu bekämpfen, sondern setzten tatsächliche terroristische Vereinigungen mit legitimen Widerstandsbewegungen gleich. Fälschlicherweise sei behauptet worden, dass sich der Grüne Widerstand in Libyen mit dem IS zusammengetan habe. Tatsächlich wahr sei, dass der Grüne Widerstand immer und ohne jede Ausnahme gegen alle Erscheinungen des politischen Islams eingetreten ist und ihn bekämpfte, unabhängig unter welchem Namen er auftrat. Der Grüne Widerstand wisse, dass alle Fraktionen des politischen Islams eine Bedrohung für die Sicherheit und Souveränität des Landes darstellen.

Außerdem würden durch die US-Waffenlieferungen für die vom Ausland geschaffene und eingesetzte ‚Einheitsregierung‘ mit ihrer aus der Miliz der libyschen Morgendämmerung bestehenden ‚Präsidialgarde‘ in Wahrheit Terroristen bewaffnet. Gleichzeitig würde der legitimen Libyschen Nationalarmee die nötige Unterstützung entzogen, um wirkungsvoll gegen den IS in Libyen vorgehen zu können.

Der Artikel gibt folgendes Zitat wieder: „Wir beziehen uns auf das Treffen in Istanbul unter dem Patronat des türkischen Geheimdienstes, an dem eine Anzahl von [terroristischen] Milizenführern teilnahmen, unter ihnen Abdul Rauf (‚Attribution Bataillon‘), Abdul Ghani Alkklar, Junta-Chef Abu Salim und Khaled al-Scharif, die ‚Libyan Islamic Fighting Group LIFG und weitere militärische Anführer des Ahalboss-Bataillons, der Brigade Mahjoub, die zusammen mit der libyschen Morgendämmerung die Milizen in der Hauptstadt Tripolis stellen.

Während dieses Treffens stellte Khaled al-Scharif sein Projekt [Schaffung der Präsidialgarde] vor und erläuterte, dass die ‚Nationale (Präsidial)garde‘, die zunächst aus 10.000 Mitglieder extremistischer Milizen [Terroristen] gebildet werde, den Auftrag erhalte, die Hauptstadt und ihre Vororte zu sichern, um die Arbeit der … von Farradsch geführten Regierung zu ermöglichen. Diese Milizen stehen unter dem Schutz des Präsidialrats seit dessen Ankunft auf der Marinebasis bei Tripolis Ende März.

Obwohl diese Entscheidung [eine Präsidialgarde zu schaffen] angeblich auf der politischen Vereinbarung, die in der marokkanischen Stadt Skhirat am 17. Dezember 2015 getroffen wurde, beruht, […] verletzt diese Entscheidung das Skhirat-Abkommen, das ausdrücklich die Entwaffnung der Milizen [terroristischer Milizen] und ihre Entfernung aus Tripolis und anderen libyschen Städten vorsieht… Der OS missbraucht diese Vereinbarung für seinen eigenen Plan, die Interessen, Pläne und Machenschaften der Katar-Türkei-Achse durchzusetzen… Es entspricht der Strategie der Moslembruderschaft, eine Nationalgarde in Zusammenarbeit mit der Türkei und Katar zu schaffen, um die legitime Libysche Nationalarmee zu ersetzen.

Ein anderer Plan, der von den Führern dieser Milizen geschmiedet wurde und der mit der Zerstörung des libyschen Armeekommandos einhergeht, beinhaltet die Mordkampagne, deren Ziel Offiziere in Tripolis waren.“

Der Autor des Artikels kommt zu dem Schluss, dass sowohl die Vereinigten Staaten als auch die Vereinten Nationen auf konspirative Weise

- die libysche Souveränität an sich reißen
- einen Staatsstreich zu Ende bringen, den sie vor fünf Jahren mit dem brutalen Mord an Muammar al-Gaddafi begonnen haben
- die Moslembruderschaft als offizielle Regierung an die Macht bringen
- und Terroristen die Aufgabe übertragen, diese zu beschützen

Er endet mit den Worten: „Dies ist eine Regierung, die in Libyen niemand will. Eine Regierung, die Libyen zu einem noch gefährlicheren Land machen wird. Eine Regierung, die für die benachbarten Staaten eine größere Bedrohung darstellt.

Dieser verräterische Akt ist nichts anderes, als wenn das islamische Kalifat selbst seine schwarze Flagge über Tripolis gehisst hätte, während die Vereinten Nationen und Staatsoberhäupter von über zwanzig Ländern sich in Wien getroffen haben, um sich vor ihm und all seinem Horror zu verbeugen.“
https://jamahiriyanewsagency.wordpress.com/2016/05/19/preparing-for-war/

19.05. Die hochgeachtete libysche EU-Botschafterin, Farida Allaghi, ist zurückgetreten. Sie sagte, sie könne angesichts der politischen Situation in Libyen nicht länger schweigen. Sie sehe die Rolle der internationalen Gemeinschaft in Libyen sehr kritisch, besonders die der EU. Eine Anzahl Brüsseler und internationaler Amtsträger würden für die Krise in Libyen die Verantwortung tragen. Sie hätte schon früher aufgeben wollen, aber sie sah sich als Vertreterin der libyschen Frauen.

19.05. Durch ein Mörsergeschoss, das auf einer Kreuzung in Bengasi einschlug, wurden drei Zivilisten getötet und neun weitere verletzt, drei von ihnen schwer. In der Stadt halten sich noch vereinzelt Dschihadisten auf, obwohl der Großteil von ihnen durch die libysche Nationalarmee aus der Stadt gedrängt wurde.

20.05. Die ‚Einheitsregierung‘ ist gegen den Plan Deutschlands, libysche Soldaten in Tunesien durch die Bundeswehr ausbilden zu lassen. Die Ausbildung solle auf libyschem Staatsgebiet erfolgen. Dies meint auch Tunesien. Das Nachbarland hat Angst, es könnten sich unter den Auszubildenden Terroristen befinden, die so nach Tunesien gelangten. Diese Angst erscheint durchaus berechtigt angesichts der Zusammensetzung der neuen ‚Präsidialgarde‘, die vorwiegend aus al-Kaida nahestehenden Milizen der Hauptstadt Tripolis besteht.
[Es wird immer absurder: Die Bundeswehr bildet angehende Terroristen aus!]
Auch London ist sich uneins mit Berlin und möchte, dass Milizen von britischen Spezialeinheiten auf libyschem Gebiet ausgebildet werden. Die NATO-Staaten sind sich auch nicht einig, inwieweit die NATO bei Ausbildung der Armee und der Bekämpfung von Waffen- und Flüchtlingsschmugglern involviert werden soll. Klar ist, dass die NATO [!] bei der Installierung eines libyschen Verteidigungsministeriums und bei der Ausbildung der Polizei und Küstenwache helfen will.

22.05. Der Chef der libyschen Nachrichtenagentur LANA in Tripolis, Ahmed Saad, ist wegen Betrugs und Korruption verhaftet worden. Die libysche Zeitung Libyaherald meint, da es in Libyen gerade extrem unwahrscheinlich sei, wegen Korruption belangt zu werden, dürften politische Gründe hinter der Verhaftung stecken. Ahmed Saad könnte beim neuen ‚Präsidialrat‘ in Ungnade gefallen sein.
Es gibt noch eine zweite LANA-Agentur mit Sitz in Beida.

22.05. In dem Ort Sorman (50 km westlich von Tripolis) und im Wadi Rabie (nahe dem internationalen Flughafen von Tripolis) kam es zwischen Befürwortern und Gegnern der ‚Einheitsregierung‘ zu Gefechten mit Toten und Verletzten. Die Einwohner wurden aufgefordert, ihre Häuser nicht zu verlassen.

23.05. In der ‚Times of Oman‘ schreibt Richard Galustian‘ über die beschlossenen Waffenlieferungen an die ‚Einheitsregierung‘: Diese ‚Einheitsregierung‘ sei ein potemkinsches Dorf, da der Präsidialrat bzw. die ‚Einheitsregierung‘ über keinerlei Territorium verfüge, weder in Tripolis noch irgendwo sonst in Libyen, mit Ausnahme eines Bunkers auf dem Marinestützpunkt Abu Sita. Ihre militärischen Kräfte bestünden aus verschiedenen Milizen aller extremistischen Schattierungen der Städte Tripolis, Zuwaia und Misrata und, was am bedeutsamsten sei, aus Kämpfern der LIFG, die al-Kaida und der Moslembruderschaft zuzurechnen sind. Gefährlich sei, dass der IS Freunde unter den Milizen der ‚Einheitsregierung‘ hat.
Noch unverständlicher werde die Bewaffnung dieser Gruppen im Hinblick darauf, dass die Libysche Nationalarmee in den letzten zwei Wochen fast alle Ölhäfen im Osten des Landes wie Hariga, Zeutina, Brega und Ras Lanuf unter ihre Kontrolle gebracht hat. Die Marionettenregierung von Abu Sita sei also gar nicht in der Lage, Erdöl ohne das Einverständnis der Libyschen Nationalarmee zu verschiffen.
Eine wichtige Sonderrolle spielen dabei auch die Milizen von Zintan im Nordwesten Libyens, die loyal zur Libyschen Nationalarmee stehen.
Warum die „Tripolis-Morgendämmerung-Mischmasch-Extremistenführung“ trotzdem von den USA, der UN und der EU bewaffnet werde? Zum einen könnte damit die ostlibysche Kyrenaika dazu provoziert werden, ihre Unabhängigkeit von Libyen zu erklären, zum anderen – und das sei der wahrscheinlichere Grund – würden die extremistischen Gruppierungen der ‚Einheitsregierung‘ mit den neuen Waffen nicht den IS, sondern ihren Feind, die Libysche Nationalarmee angreifen.
Sicher sei jedenfalls, dass die ‚Einheitsregierung‘ keinerlei Einheit für Libyen bringen werde.
http://newsclick.in/international/libyan-quagmire-inevitably-continue
[Vielleicht sind ja gerade die großen Erfolge der Libyschen Nationalarmee in der letzten Zeit der Grund für die Bewaffnung ihrer dschihadistischen Feinde in Form der ‚Nationalgarde‘, mit deren Hilfe die Nationalbank und die libysche Ölkooperative in Tripolis unter den Einfluss des Westens gebracht werden soll.]

23.05. Die ‚Einheitsregierung‘ hat bei der EU offiziell Hilfe beim Wiederaufbau der Küstenwache und der Sicherheitskräfte des Landes beantragt.

23.05. Die EU-Außenminister beschließen die Ausweitung des ‚Sophia‘-Mandats. Das Mandat, das in internationalen Gewässern Schlepperboote stoppen und zerstören kann, soll um ein Jahr verlängert und ausgeweitet werden. Neben dem Aufbau einer Küstenwache soll auch das US-Waffenembargo überwacht werden, von dem allerdings die ‚Einheitsregierung‘ und ihre islamistische Präsidialgarde ausgenommen sind. Voraussetzung für die teilweise Aussetzung des Embargos ist allerdings eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrates, der auch Russland zustimmen müsste.

24.05. Der Stabschef der Libyschen Nationalarmee, Abdul Razak al-Nazhuri, sagte anlässlich einer Absolventenfeier von 1.600 Spezialkräften in der Stadt Zintan, dass die Libysche Nationalarmee nur noch zehn Kilometer von Tripolis entfernt sei und die Hauptstadt bald befreien werde. Es hieß, die Absolventen kämen aus allen Landesteilen. Zintan und seine Milizen stehen an der Seite der Libyschen Nationalarmee und des Tobruk-Parlaments.
Al-Nazhuri sagte, es könne nur ein vereintes Libyen und nur eine libysche Armee und Polizei geben. Dies sei die Botschaft an die neue ‚Einheitsregierung‘: Eine vom Ausland eingesetzte Regierung werde nicht akzeptiert.

25.05. Der Vorsitzende des vom Ausland eingesetzten Präsidialrats, Fajez Sarradsch, besucht Doha, die Hauptstadt Katars. Vorher suchte er in der Türkei, in den Vereinten Arabischen Emiraten und in Saudi Arabien Unterstützung für seine ‚Einheitsregierung‘, die inzwischen von weiten Kreisen als ‚Regime‘ bezeichnet wird.
Sarradsch wird vorgeworfen, sich ausschließlich auf Reisen außerhalb Libyens aufzuhalten. Das Tobruk-Parlament geht nun rechtlich gegen die ‚Einheitsregierung‘ vor, während die Libysche Nationalarmee auf Tripolis zu marschiert, um die Hauptstadt mit militärischen Mitteln von der ‚ausländischen Besatzungsmacht‘ zu befreien.

26.05. JamahiryaNewsAgency: Die Familien der Führer islamistischer Milizen verlassen per Flugzeug in Richtung Türkei oder über den Landweg nach Tunesien die libysche Hauptstadt Tripolis.
Auch die Familie von Khaled al-Scharif (Libyan Islamic Fighting Group LIFG) sei in die Türkei geflogen. Zwei mögliche Gründe werden genannt: Milizen von al-Scharif und Belhadsch hätten sich in Richtung Süden in Bewegung gesetzt. Oder: Es werden immer mehr Anführer von dschihadistischen Milizen in Tripolis getötet, die für Gräueltaten und Massaker in den letzten fünf Jahren in Tripolis verantwortlich waren.
Khalid al-Scharif war am 11. Januar 2013 zum stellvertretenden Verteidigungsminister ernannt worden. Er arbeitete zusammen mit dem Militärrat in Tripolis, der von Abdel Hakim Belhadsch geführt wurde. Aus dem Militärrat ging die Nationalgarde hervor, die eng mit der Justizverwaltung zusammenarbeitete und die Gefangenenlager kontrolliere, einschließlich des verrufenen Al-Hadba-Gefängnisses.
Während des Treffens im März in Istanbul schlug al-Scharif vor, Offiziere der libyschen Armee in Tripolis zu ermorden. Tatsächlich wurden einige Offiziere Opfer des Mordkomplotts. Ziel war es, die legitime Libysche Nationalarmee durch seine Nationalgarde zu ersetzen.
Die Al-Kaida-LIFG-Nationalgarde dürfte über etwa 10.000 Kämpfer verfügen und stellt nun das Hauptkontingent der von der Wiener Konferenz abgesegneten Präsidialgarde.

26.05. JamahiriyaNewsAgency: Der Hohe Stammesrat im Fessan gab bekannt, den Süden der Region gegen die Bedrohung durch den IS und kriminellen Banden sichern zu wollen. Da der Präsidialrat in Tripolis nur zur weiteren gefährlichen Erosion der Sicherheit beigetragen habe, würde er vom Hohen Rat nicht anerkannt, ebenso wenig wie die Präsidialgarde. Der Fessan würde sich durch eine eigene Armee schützen, die die gesamte südliche Region verteidigen wird und ausschließlich dem Hohen Stammesrat verpflichtet ist. Eine zentrale Kommandozentrale sei eingerichtet, von der aus alle Operationen geleitet werden.

26.05. Der Prozess gegen Saadi Gaddafi wird zum sechsten Mal verschoben und soll jetzt am 12. Juli stattfinden. Die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen, die sich mit willkürlicher Haft befasst, hat die sofortige Freilassung aller Gefangenen von al-Hadba, einschließlich Saadi Gaddafi, gefordert, da deren Festnahmen und Gerichtsverfahren gegen alle internationalen Gesetze und Normen verstoßen hätten.

26.05. Die Staatsanwältin des Internationalen Gerichtshofs, Fatou Bensouda, sagte vor dem UN-Sicherheitsrat, dass im Hinblick auf dauerhafte Friedensbestrebungen sowohl Gerichtsbarkeit als auch Zuständigkeiten und Abschreckung bei der Gesetzesausübung in Libyen eine kritische Rolle spielten. Die Regierung müsse dazu ermutigt werden, Pläne und Strategien zur Bekämpfung der Gräueltaten vorzulegen und in die zuständigen Institutionen investieren.
Bensouda drängte die ‚Einheitsregierung‘, die Überstellung von Saif al-Islam Gaddafi an den Internationalen Strafgerichtshof ohne weitere Verzögerungen voranzutreiben. Da Saif al-Islam in Zintan inhaftiert und somit für den libyschen Staat nicht greifbar ist, ist die Aufforderung für die Überstellung direkt an den Kommandanten des Bataillons gerichtet worden, der für die Bewachung Saif al-Islams in Zintan zuständig ist.
Ebenso soll der ehemalige libyschen Sicherheitschef Abdullah Senussi nach Den Haag überstellt werden.
Sowohl Saif al-Islam als auch Senussi wurden im Juli letzten Jahres von einem Gericht in Tripolis, bei dem weitere 35 andere Angehörige der Dschamahirija-Administration vor Gericht standen, zum Tode verurteilt. Der Prozess wurde vom UN-Sondermission für Libyen, von Human Right Watch und von Amnesty International als fehlerhaft, unfair und intransparent bezeichnet.

26.05. Salwa el-Daghili wurde vor Kurzem als libysche Vertreterin bei der UN-Menschenrechtskommission in Genf vom stellvertretenden Außenminister der ‚Einheitsregierung‘ abberufen. Salwa el-Daghili will aber ihren Posten weiter ausüben, da sie sich nur den Entscheidungen des Tobruk-Parlaments, der einzig legitimen Vertretung des libyschen Volkes, verpflichtet fühlt.
Es ist unklar, ob es ihr gelingen wird, ihren Posten zu behalten, denn die UN muss die Vertreter der jeweiligen Staaten anerkennen oder ablehnen. Und laut Martin Kobler ist nur die Einheitsregierung berechtigt, Repräsentanten zu benennen.
[Und Kobler ist ja im Moment tonangebend, was in Libyen Sache ist und was nicht.]

26.05. Es gibt jetzt in Libyen nicht nur drei Regierungen, sondern auch zweierlei Banknoten.Die Tobruk-Regierung hat in Russland neue Geldscheine im Wert von vier Milliarden Libysche Dinar für die Zentralbank in Baida drucken lassen. Diese Banknoten wurden zunächst von der ‚Einheitsregierung‘ abgelehnt, dann schwenkte sie um und erkennt sie nun doch an. Die ‚russischen‘ Banknoten, die ab 1. Juni in Umlauf kommen, haben im ganzen Land Gültigkeit.
Es gibt seit dem Staatsstreich 2014 zwei Zentralbanken, eine in Tripolis und eine in Baida.
Die Entscheidung der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis dürfte die USA verärgert haben, denn deren Botschaft erklärte die neuen Scheine zum Falschgeld, da die internationale Gemeinschaft nur die Zentralbank in Tripolis anerkenne.
Für die Zentralbank in Tripolis druckt Großbritannien die Scheine. In ganz Libyen herrscht Bargeldmangel, da niemand mehr sein Geld auf die Bank bringt, sondern es zu Hause hortet. Liegt es vielleicht daran, dass viele Libyer die Angst umtreibt, dass das Geld nicht mehr da ist, das sie einst in der Bank eingezahlt hatten?

27.05. JamahiriyaNewsAgency: Eine Gruppe von Stammesältesten hat in der im Süden Libyens gelegenen Stadt Ubari eine Versammlung abgehalten, um die Möglichkeiten für die Schaffung eines ‚Höchsten Rats im Fessan‘ zu beraten. Berichte, dass auf der Versammlung der Fessan zum föderalen Staat erklärt worden sei, wurden verneint. Die Zukunft des Fessan würde erst auf einer weiteren Sitzung entschieden werden. Laut einer Stellungnahme wolle der Hohe Rat im Fessan einen Militärgouverneur ernennen, der für die Armee, Polizei, Gerichtsbarkeit, Grenzsicherung sowie Öl- und Gasfelder innerhalb der Region verantwortlich ist. Insgesamt hätten etwa 120 Delegierte an dem Treffen teilgenommen, darunter wenige Tubu und Tuareg.
Der Ältestenrat ebenso wie der Schura-Rat in Sebha und zivile Gesellschaftsorganisationen verurteilten jede Art von Föderalismusbestrebungen. Sie selbst seien für die nationale Einheit. Libyens Öl und Wasser gehöre allen Libyern, sagten sie.

27.05. Griechenland will in den nächsten Tagen seinen Luftraum für Maschinen der libyschen Luftwaffe sperren. Italien und Malta haben bereits ihre Lufträume gesperrt. Dies könnten bereits Vorbereitungen für einen möglichen NATO-Einsatz sein.

28.05. Als der Präsident des Staatsrates (Tripolis), Abdulrahman Sewehli, sich vor Ort über den Kampf gegen den IS bei Abu Grain informieren wollte, traf sein Konvoi mit einer Misrata-Miliz zusammen. Ein Streit über die Anerkennung der ‚Einheitsregierung‘ artete schnell in handfeste Kampfeshandlungen aus. Sewehli konnte mit seinen Leuten entkommen und wurde verletzt nach Tripolis ausgeflogen.
Zeitgleich wurde in Tripolis kurzfristig der Sohn von Sewehli entführt.

28.05. Seit drei Tagen kommt es in Tripolis zu anhaltenden Stromausfällen, die zuletzt bis zu 18 Stunden dauerten. Während die staatliche Elektrizitätsgesellschaft technische Probleme als Gründe angibt, erklärt die Gewerkschaft der Elektrizitätsangestellten, es werde gestreikt, da seit Wochen keine Gehälter mehr gezahlt worden seien.
Die Stromausfälle untergraben die Glaubwürdigkeit der neuen ‚Einheitsregierung‘, ebenso wie das Fehlen von Bargeld in den Banken. Die immer mehr um sich greifende Unzufriedenheit äußert sich in den sozialen Medien in Aufrufen zum Generalstreik.

28.05. Um die Ortschaft Nadschila (westlich des Internationalen Flughafens von Tripolis) kam es am zweiten Tag in Folge zu Zusammenstößen zwischen den die Libysche Nationalarmee unterstützenden Warschefana-Kämpfern und Milizen aus Misrata und Janzouri. Es könnte sich dabei um den Beginn der Operation zur Befreiung von Tripolis durch die Libysche Nationalarmee handeln.
Die Frontlinie zwischen den Warschefana und den Kräften, die jeweils in Tripolis an der Macht sind, verläuft seit 2014 um den Ort Nadschila.

28.05. In einem Artikel des britischen ‚Independent‘ wird eine parlamentarische Debatte eingefordert, die sich mit den geheimen Kriegen Großbritanniens in Nahost beschäftigt. In den Krieg zu ziehen, wäre eine der weitreichendsten Entscheidungen, die ein Land treffen könne. Das britische Volk würde es verdienen, darüber informiert zu werden, wohin die Regierung Truppen entsendet, welche Gefahren damit verbunden sind und was das Ziel der Kampfeinsätze sein soll.

29.05. Milizen aus Misrata erklärten, das Elektrizitätswerk in den Außenbezirken von Sirte erreicht zu haben. Sie sollen von ausländischen Spezialeinheiten dabei unterstützt worden sein. Kräfte der ‚Einheitsregierung‘ sollen damit begonnen haben, Sirte zu umzingeln. Es sollen auch Luftangriffe auf Sirte geflogen worden sein.
Dazu JamahiriyaNewsAgency: Augenzeugenberichten widersprechen dieser Darstellung. Es sei in Sirte die ganze Nacht über ruhig geblieben, vom IS sei keine Spur zu sehen gewesen. Fraglich sei, wie das von Martin Kobler, Paolo Serra und Milizen der Einheitsregierung heute beschlossene Vorgehen gegen den IS in Sirte aussehen soll, wenn Kämpfe mit dem IS vermieden werden. Erklären ließe sich dies allerdings durch die Nähe der IS-Milizen mit den al-Kaida- und LIFG-Kämpfern, die nun in der ‚Nationalgarde‘ dienen. Sollte Sirte durch diese dschihadistischen Kräften vom IS ‚befreit‘ werden, wäre anschließend eine zweite Befreiung nötig.

29.05. In den letzten Tagen sind bei Bootsunglücken vor der libyschen Küste fast 900 Menschen bei dem Versuch, nach Italien zu flüchten, ertrunken.

30.05. Nach heftigen Kämpfen mit Toten und Verletzten ist es der PFG gelungen, die beiden Städte Ben Dschawad und Nofilidscha vom IS zurückzuerobern. Dies sei der erste Schritt auch für die Rückeroberung Sirtes. Die Städte waren erst im Januar an den IS gefallen.
Die PFG ist eine einige tausend Mann starke, paramilitärische Miliz, die die Ölhäfen im Osten Libyens bewacht. Tatsächlich ist sie inzwischen ein unabhängiger militärischer Mitspieler um die politische Macht in Libyen. Ihr Oberkommandant Ibrahim Dschethren steht mit General Hefter und seiner Libyschen Nationalarmee in Konkurrenz um die militärische Führung. Zunächst unterstützte Dschethren die ostlibysche Tobruk-Regierung, hat nun aber umgeschwenkt und sich mit der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis verbündet.
Innerhalb der PFG gibt es verschiedene Aufsplitterungen.
Ibrahim Dschethren ist der Bruder des Bürgermeisters von Ajdabija, Salem Dschethren.

30.05. Die Zeitung libyaherald.com zieht nach zwei Monaten Sarradsch eine bittere Bilanz:
Die Libyer hätten Fajez al-Sarradsch, Ahmed Maetig und alle anderen Mitglieder des Präsidialrats gehörig satt, die nur von einer Sitzung zur nächsten in alle Hauptstädte fliegen, und die sie nur im Fernsehen zu sehen bekämen.
Die der ‚Einheitsregierung‘ anfangs durchaus wohlwollend gesinnte Zeitung zieht das Resümee, dass die vom Ausland eingesetzte ‚Einheitsregierung‘ gescheitert sei und das Land nicht einigen könne.
Der Autor endet mit der Feststellung: „Der einzige Gewinner zum Bedauern Libyens wird die Internationale Gemeinschaft sein. Sie wird den IS in Sirte bekämpfen können und wird einen Deal abschließen, um die illegale Migration aus Libyen zu bekämpfen – während die Libyer noch tiefer im politischen Morast versinken.“[13]
Siehe auch meinen Blog-Beitrag: https://www.freitag.de/autoren/gela/bittere-bilanz-nach-zwei-monaten-sarradsch


Quellen (soweit nicht anders angegeben): libyaherald.com – jamahiriyanewsagency.wordpress.com – libyaobserver.ly – vivalibya.wordpress.com – en.libyachannel.com – deutsch.rt.com – derstandard.at – de.sputniknews.com – corriere della Sera – parstoday.com – welt-im-blick.de – washington post – zdf.heute – cnn.com – heise.de – der spiegel – newsclick.in – independent.co.uk –libyaobserver.ly – handelsblatt.com - libyaschannel.com

Bei vielen Nachrichten wird kein direkter Quellenbezug angegeben. Der Grund liegt darin, dass die Verfasserin häufig verschiedene Quellen verkürzt zu einer Nachricht zusammenfasst.






[1] https://libyaherald.com/2016/05/02/italian-pm-says-he-fought-pressure-for-libyan-military-action/ [2] https://off-guardian.org/2016/05/02/seymour-hersh-says-hillary-approved-sending-libyas-sarin-to-syrian-rebels/

[3] http://www.lrb.co.uk/v35/n24/seymour-m-hersh/whose-sarin

[4] http://www.lrb.co.uk/v36/n08/seymour-m-hersh/the-red-line-and-the-rat-line

[5] http://nsnbc.me/2013/10/07/top-us-and-saudi-officials-responsible-for-chemical-weapons-in-syria/

[6] http://www.alternet.org/world/exclusive-interview-seymour-hersh-dishes-saudi-oil-money-bribes-and-killing-osama-bin-laden

[9] https://vivalibya.wordpress.com/2016/05/10/presidential-guard-place-extremist-militias-in-power-to-destroy-the-libyan-national-army/

[11] https://deutsch.rt.com/afrika/38337-libyen-un-sicherheitsrat-gibt-grunes/

[13] https://www.libyaherald.com/2016/05/30/two-months-on-from-serrajs-tripoli-arrival-libyans-still-live-in-fear-and-little-hope/

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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