Merkel und Seehofer – ein abgekartetes Spiel?

CDU/CSU. Es muss sich alles ändern, damit es so bleibt, wie es ist

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Die Merkel’sche Flüchtlingspolitik hat der rechts-außen Partei AfD bei den letzten Landtagswahlen traumhafte Ergebnisse beschert. Allerdings war es schon die Devise von Franz-Josef Strauß, der sich auch Horst Seehofer anschloss, dass es keine Partei rechts von der CSU geben darf.

Der Protest gegen die Merkel’sche Flüchtlingspolitik beschränkt sich allerdings beileibe nicht nur auf das rechte Wählervolk, sondern geht quer durch die Wähler alle Parteien. Und so wurde bei den drei Landtagswahlen vom letzten Wochenende von den Meinungsforschern vorausplanend nachgefragt, ob sich die AfD-Wähler vorstellen könnten, anstatt der AfD der CSU ihr Kreuzchen zu geben, falls diese bundesweit antreten würde. Die AfD-Wähler konnten! Ginge es den meisten AfD-Wählern doch nicht um das Programm der AfD, sondern fast einzig um das Stoppen der unkontrollierten Flüchtlingsströme nach Deutschland.

Schon länger war klar, dass Seehofer und seine CSU all die Wähler bedienen, die der Ansicht sind, die CDU-Flüchtlingspolitik laufe aus dem Ruder. Neben einer auch vorhandenen dumpfen Fremdenfeindlichkeit haben immer mehr Menschen Angst um die Sicherheit und die Sozialsysteme des Landes, fürchten sich bei einer unbegrenzten Aufnahme von Emigranten vor einer Überforderung und Spaltung der Gesellschaft sowie vor einer Flüchtlingspolitik, die auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen wird. Sie sehen sich von der eigenen Regierung nicht mehr geschützt, sondern verraten. Die Regierung sei bestenfalls hilflos oder naiv, schlimmstenfalls werde sie erpresst oder wolle sich eben nicht erpressen lassen (und dem Wunsch der Türkei nach einer Sicherheits- und Flugverbotszone zwecks weiterer Unterstützung des IS in Syrien nicht nachkommen) oder noch schlimmer, sie handle auf Wunsch einer ausländischen Macht, die die syrische Regierung noch stärker schwächen wolle, indem sie ihr Soldaten und die Mittelklasse durch Flucht entziehe.

Wie auch immer: Sehr schnell zeigten die Umfrage, dass sogar viele CDU-Parteifreunde nicht bereit waren, „Mamma Merkels“ Politik zu folgen und der ansonsten kalt planenden Machtpolitikerin auch den mitfühlenden Humanismus nicht abnahmen, der ihrer Flüchtlingspolitik angeblich zugrunde lag.

Merkel, die ihre Politik nicht ändern wollte oder konnte, verlor in der Bevölkerung zusehends an Ansehen und Rückhalt. Was tun? Vieles deutet darauf hin, dass sich CDU und CSU in dieser Situation für ein abgekartetes Spiel nach dem Motto „good cop – bad cop“ entschieden. Bei dem ganzen Gepolter von Seehofer dürfte es sich demnach um Theaterdonner handeln, mit dem die CSU all die konservativen Kräfte binden will, die von Merkels Flüchtlingspolitik entsetzt sind. Die anderen Parteien bilden die Statisten, die immer an der richtigen Stelle „Buh!“ oder „Bravo“ rufen. Und je mehr die CSU draufhaut, umso besser, denn dann ist das Presse-Echo gewiss. Diese clevere Rollenverteilung funktioniert auch in der Außenpolitik: Merkel reist nach Ankara, Seehofer nach Moskau.

Und sollte es sich in den Meinungsumfragen abzeichnen, dass die AfD wirklich zu einer Bedrohung für die CDU geführte Regierung wird und es zu einem Absturz der CDU in der Wählergunst kommt, könnte die Reißleine gezogen werden: Eine auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnte CSU könnte bei den Bundestagswahlen 2017 wie der Phönix aus der Asche emporsteigen, den Konservativen die Mehrheiten sichern und als „gutbürgerliche“ Partei die bräunelnde AfD auf um die 5 Prozent drücken. Sollte Merkel bereits gestürzt sein oder nicht wieder kandidieren, käme eventuell sogar ein Horst Seehofer als Kanzlerkandidat in Betracht. Bedrohungen von Seiten der saft- und kraftlosen linken Parteienlandschaft, die in ihrer bodenlosen Naivität alle vorbehaltlos auf den Merkel-Zug aufgesprungen sind, brauchen die Konservativen nicht zu fürchten.

Wird diese Strategie aufgehen? Wie schon Giuseppe Tomasi den sizilianischen Großgrundbesitzer in seinem Roman „Der Leopard“ angesichts massiver gesellschaftlicher Umbrüche sagen ließ: Es muss sich alles ändern, damit es so bleibt, wie es ist.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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