Russlands Intentionen in Libyen

Libyen/Russland. Seit dem Besuch von Generalfeldmarschall Hefter auf einem russischen Flugzeugträger wird darüber spekuliert, inwieweit Russland seinen Einfluss im Land ausdehnen möchte.

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Der russische Flugzeugträger „Admiral Kusnezow“ hatte auf seiner Heimfahrt vor den libyschen Hoheitsgewässern einen Stopp eingelegt. Der Oberbefehlshaber der libyschen Nationalarmee, Generalfeldmarschall Hefter und seine Begleiter, der Armeekommandant Generalmajor Abdul Rassak al-Nashuri und der Luftwaffenbefehlshaber Generalmajor Adam Gerouschi, wurden auf das Schiff eingeladen und dort mit militärischen Ehren empfangen. Russland übergab medizinische Hilfsgüter, bevor Hefter bei einer Videokonferenz mit dem russischen Verteidigungsminister Schoigu unter anderem über den Kampf gegen den Terrorismus sprach.

JamahiriyaNewsAgency weist in diesem Zusammenhang am 21. Januar auf einen Artikel in der Zeitschrift „Nezavisimaja Gazeta“ hin, der sich mit dem Verhältnis Russland – Libyen befasst. Es heißt darin, Moskau werde das Waffenembargo, das über Libyen 2011 verhängt wurde, sicher nicht brechen. Denn nichts liege ihm ferner als seine Partner zu provozieren und einen neuen Konflikt mit dem Westen heraufzubeschwören. Libyen benötige keine leichten Waffen in seinem Kampf gegen Terrorismus, davon gibt es im Land mehr als genug. Was Generalfeldmarschall Hefter wirklich brauche, sind schwere Waffen wie Panzer, Artillerie und moderne Kampfflugzeuge. Moskau könnte allerdings bei der Schulung für den Gebrauch dieser Waffen und deren Instandhaltung behilflich sein.

Was das Gerede angeht, Hefter könnte Moskau das Recht für die Benutzung libyscher Marine- und Luftwaffenstützpunkte einräumen, um Russlands Einfluss in der Region zu stärken, entbehrt dies jeder vernünftigen Grundlage. Es würde den Rahmen der Provokation bei weitem sprengen.

Selbst wenn Libyen Russland vertraue, wird es niemals der Präsenz ausländischer Militärstützpunkte auf seinem Territorium zustimmen. In zu starker Erinnerung ist immer noch die Kolonialzeit, die drei Jahrzehnte dauerte und hunderttausende Opfer forderte. Libyen setze auf Freundschaft und Handel mit ausländischen Mächten, wird aber niemals seine Freiheit und Unabhängigkeit aufgeben oder territoriale Rechte abtreten.

Es sei kein Geheimnis, dass sich etliche ausländische Spezialeinheiten und Söldner in Libyen aufhalten. Im Moment hielten die Libyer noch still, denn bei dem ganzen Chaos im Land spielten diese Kräfte hinsichtlich der Machtverteilung sowieso keine Rolle. Aber sobald in Libyen ausländische Militärbasen entstehen sollten, werde unverzüglich der bewaffnete Widerstand aufgenommen. Deshalb wird Russland unter keinen Umständen diesen Weg gehen. Seine Interessen in der Region im Allgemeinen und in Libyen im Besonderen lägen nicht in der Expansion seines Einflussbereiches, sondern in der Terrorismusbekämpfung, damit die Stabilität des Landes wieder hergestellt werden kann.

Russland sehe in Hefter denjenigen, der eine Armee führt und gute Bedingungen für den Aufbau eines säkularen Staates bietet. Es sei ein ‚Irak-Szenario‘ vermieden worden, wo nach dem Fall Saddam Husseins Staatsbediensteten und Beamten ihre Lebensgrundlagen entzogen worden waren. Dank Hefter wäre auch die Kontrolle über die Öl- und Gasfelder sowie die Verladehäfen wieder hergestellt und der Rohölexport angestiegen. Dies wäre auch bei seinen Widersachern und bei der Bevölkerung gut angekommen.

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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