Saif al-Islam Gaddafi – Hoffnung für Libyen

Libyen. Vieles weist darauf hin, dass sich ein Großteil der Libyer das Regierungssystem der Dschamahirija zurückwünscht u. Saif al-Islam bei Wahlen zum Präsidenten gewählt würde.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Wie RT-arabic1 berichtet, antworteten bei einer Online-Umfrage des libyschen Magazins MandelaLibya, die über zehn Tage durchgeführt wurde und an der 71.065 Personen teilnahmen, fast 92 Prozent auf die Frage, ob man Saif al-Gaddafi bei seiner Kandidatur als Präsidenten mit dem Ziel des Wiederaufbaus des Staates und der Vollendung der in Libyen anvisierten Projekte unterstützen werde, mit „Ja“. Nur etwa acht Prozent stimmten dagegen.

Mag diese Umfrage auch nicht repräsentativ sein, so gibt sie doch ein Stimmungsbild wieder, wie es sich in Libyen immer deutlicher abzeichnet. In einem Land voller Erdöl und Erdgas, in dem es den Menschen an Strom und Treibstoff mangelt und sie über kein Bargeld verfügen können, selbst wenn ein gefülltes Bankkonto vorhanden ist, sehnt sich ein Großteil nach den guten alten Gaddafi-Zeiten zurück.2 Zeiten, in denen die Libyer ein stolzes Volk waren, stolz auf ihren Reichtum durch die Erdöleinnahmen, die allen direkt zugutekamen und die für den Bau von Wohnungen, Gesundheitsfürsorge und Bildungsprogramme ausgegeben wurden, und von denen nicht wie heute eine korrupte, vom Westen gesteuerten „Elite“ und gewalttätige Milizen profitierten. Die Libyer waren auch stolz auf die Souveränität und Unabhängigkeit ihres Landes, in der die Regierungsform der Dschamahirija für einen gerechten Ausgleich innerhalb der Stammesgesellschaft sorgte. Welch ein Unterschied zu heute, wo Libyen für einen gescheiterten Staat, Armut, Bandenunwesen, Ausbreitung des IS, Migration und völliges Chaos steht.

Diejenigen, die für den Sturz Gaddafis verantwortlich waren und von der jetzigen chaotischen Situation profitieren, fürchten nichts mehr, als dass sich die Situation im Land verändern könnte, wenn sich Saif al-Islam Gaddafi bei einer demokratischen Wahl als neuer Präsident Libyens durchsetzt. Die Aufgaben, die von dem neuen Präsidenten zu bewältigen sind, erscheinen enorm, wovon die wichtigste ist, Libyen wieder zu einem einzigen Staatswesen zusammenzufügen.

RT-arabic weist darauf hin, dass viele ausländische Massenmedien nicht müde werden, Saif al-Islam als „Sohn eines toten Despoten“ (al-Arabiya aus den VAE) zu verunglimpfen, der „sein Volk, seine Nachbarn und Partner“ ins Elend gestürzt habe. Nicht erwähnt wird, dass das Elend mit dem Nato-Krieg des Jahres 2011 über Libyen hereingebrochen ist und dieser Krieg mit den Waffen der VAE befeuert wurde. Auch die französische Presse wie „Le Point“ beklagt, dass der „Sohn eines ehemaligen Diktators“ nach der Macht greife. Als Unterstützer werden hier Moskau und „Beduinen“ ausgemacht.

Dabei hatte sich gerade der vom Westen so verhasste „Diktator“ Muammar al-Gaddafi darüber Gedanken gemacht, wie eine wirkliche Demokratie aussehen könnte. Er sprach sich in seinem Grünen Buch3 gegen die repräsentative Demokratie aus, weil durch diese Vertretungen der Wille des Volkes verfälscht und das Volk gehindert werde, direkt am demokratischen Prozess teilzunehmen. Echte Demokratie könne nur mittels der Partizipation des Volkes und nicht durch die Aktivitäten ihrer Repräsentanten erreicht werden. Das Parteiensystem stelle einen Missbrauch der Demokratie dar, denn Parteien würden die Gesellschaft spalten. Deshalb müsse alle Herrschaft vom Volk ausgehen. Aus diesem Grund wurde in Libyen ein ausgeklügeltes System von Volkskongressen und Volkskomitees geschaffen, das alle gesellschaftlichen und beruflichen Gruppierungen umfasste.

Auch in Libyen klafften Theorie und Praxis auseinander und es haperte an mancher Umsetzung der ursprünglichen Vorstellungen Gaddafis, die an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst werden mussten. Doch dank mancher Modifikation bietet sich auch heute die Regierungsform der Dschamahirija als Alternative sowohl zu den despotischen Regierungen arabischer Völker als auch zu den repräsentativen, „kapitalistischen Elitendemokratien“4 an, in denen, sind die Repräsentanten erst einmal im Amt, die Regierten kein Gehör finden, dafür umso mehr Lobbyisten das Sagen haben, und sich die „Elite“ weit über das Volk erhaben dünkt. Nach wie vor stellt die Dschamahirija eine Art Basisdemokratie dar, maßgeschneidert für eine arabische, moslemische Stammesgesellschaft. Besonders geschätzt wurde an der Dschamahirija, dass die in einem Verbund zusammengefassten Kommunen und Regionen über weitreichende Autonomie verfügten.

Dass dies noch heute viele Libyer so sehen, zeigte sich auch bei einem Treffen libyscher Stammesältester aus verschiedenen Regionen, das im März 2017 in Tunesien stattfand, und an dem auch ehemalige Vertreter der Dschamahirija teilnahmen.5 Ein damaliges Mitglied hatte im Exil einen libyschen Stämme- und Städterat organisiert, der allein an ins Ausland geflohenen Libyern etwa 20.000 Mitglieder zählen soll. Noch einmal so viele Mitglieder soll es innerhalb Libyens geben.

Saif al-Islam Gaddafi wurde vom libyschen Stämme- und Städterat als Führer anerkannt, was im Hinblick auf die auf Stammesbeziehungen aufbauende, libysche Staatsform ein Zeichen der Kontinuität und des allgemeinen Vertrauens darstellt. Der von ausländischen Mächten verfolgte Plan, Libyen in drei Teile zu zersplittern, wird durch die Rückkehr von Saif al-Islam Gaddafi auf die politische Bühne zunichte gemacht. Souverän setzt er auf die Regierungsform der Dschamahirija, die es vermag, die Stämme in einem gerechten Zusammenspiel zu einen.

Auf der Homepage von Manlibya.com6 werden die Vorstellungen von Saif al-Islam und seine Visionen für die Zukunft Libyens unter dem Motto „Das Libyen von morgen“ vorgestellt. Hart wird an der politischen Aussöhnung gearbeitet. Es geht dabei um nichts weniger als Freiheit, Toleranz und echte Demokratie für die Stammesgesellschaft, sowie um Selbstbestimmung und Unabhängigkeit von ausländischen Mächten.

Saif al-Islam hat in seinem bisherigen Leben alle politischen Höhen und Tiefen erlebt: Er studierte in Großbritannien und machte dort seinen Doktor, wurde zu Zeiten der Dschamahirija als Nachfolger seines Vaters in dessen Rolle als oberster Revolutionsführer gehandelt, war 2011 während des Krieges gefangengenommen und in Gefangenschaft gehalten worden, bevor seine ehemaligen Feinde zu neuen Verbündeten wurden und ihm im Rahmen einer allgemeinen politischen Amnestie die Freiheit schenkten. Wie Manlibya schreibt, bemüht sich Saif al-Islam seither, alle Libyer – Araber, Berber, Tibu und Tuareg unter Anerkennung ihrer sprachlichen, sozialen und kulturellen Besonderheiten – zu einen und trotz unterschiedlicher Interessen sowie Stammes- und regionaler Konflikte wieder zusammenzuführen, damit endlich der Wiederaufbau des Landes beginnen kann, seine Reichtümer wieder dem eigenen Volk und den zukünftigen Generationen zugutekommen und ein Leben in Frieden und Wohlstand möglich wird. Libyen solle wieder die Heimat aller Libyer werden, Hoffnung wieder keimen und der Terrorismus besiegt werden. In diesem Sinne müssten Theorie und Praxis auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt eine Verbindung eingehen, die humanitäre Entwicklung gefördert und die internationalen Beziehungen zum Vorteil aller gepflegt werden.

Der Artikel in Manlibya nimmt auch Bezug auf die UN-Mission in Libyen, der das Recht abgesprochen wird, sich in interne libysche Angelegenheiten zu mischen. Jede internationale und regionale Einflussnahme, die den Interessen Libyens zuwider läuft, wird zurückgewiesen.

Bruderkämpfe zwischen Libyern widersprächen der Religion und den Bräuchen. „Es fließt libysches Blut, kein Libyer kann mehr in Sicherheit leben und alle leiden unter den gegenwärtigen Umständen. Der Wiederaufbau des Staates und seiner Institutionen unter Berücksichtigung der zeitgemäßen Erfordernisse ist eine notwendige Voraussetzung, dass Libyen weiterhin existieren kann.“7

Übrigens feiert Libyen am 24. Dezember den 67. Jahrestag seiner Unabhängigkeit.

NACHTRAG 25.12.2018:

Der stellvertretende russische Außenminister Mikkail Bogadanov sagte bezüglich der Kandidatur Saif al-Islam Gaddafis: „Wir unterstützen alle. Wir gehen davon aus, dass niemand isoliert und von dem konstruktiven politischen Prozess ausgeschlossen werden kann. Daher unterhalten wir Kontakte zu allen Gruppen im Westen, Osten und Süden [von Libyen].“ Und: „Historisch gesehen ist diese Gesellschaft eine Stammesgemeinschaft, das heißt, die Position verschiedener Stämme ist von großer Bedeutung. Daher denke ich, dass Dr. Saif Islam und diejenigen, die ihn unterstützen, d.h. einige Stämme in bestimmten Teilen des Landes, zusammen mit anderen politischen Parteien aus Tobruk, Tripolis und Misrata, ein integraler Bestandteil der Organisation sein sollten.“

https://sputniknews.com/middleeast/201812241070966260-party-libyan-settlement/

-------

3 Muammar al-Gaddafi „Das Grüne Buch. Die dritte Universaltheorie“

4 Rainer Mausfeld „Warum schweigen die Lämmer“, Westend Verlag 2018

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden