Sirte war in nur drei Stunden befreit

Libyen/Sirte/Tripolis. Dr. Aref Ali Nayed lobt die gute Zusammenarbeit mit den örtlichen Kräften und sieht Sirte als Modell für die Einnahme von Tripolis.

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Der Vorsitzender des libyschen Instituts für angewandte Studien (Libya Institute for Advanced Studies/LIAS), Dr. Aref Ali Nayed, bestätigte am 7. Januar in einem Interview mit dem russischen Nachrichtensender Sputnik, dass die Stadt Sirte mit den umliegenden Gebieten vollständig unter Kontrolle der libyschen Nationalarmee (LNA) sei. Die LNA ist dem libyschen Parlament in Bengasi angegliedert und steht unter dem Oberkommando von Feldmarschall Haftar.

Laut Aref Nayed habe die gesamte Militäroperation nicht länger als drei Stunden gedauert. Der schnelle Erfolg sei „das Ergebnis einer kombinierten Land-, See- und Luftoperation der Armee“ gewesen, die auf der Grundlage einer „umfassenden Vernetzung von Geheimdienstoperationen plus Absprachen mit den libyschen Stämmen und sozialen Vereinigungen durchgeführt werden konnte.“

Er fügte hinzu: „Seit bekannt wurde, dass die sogenannte ‚Einheitsregierung‘ diese illegalen und ungültigen Abkommen mit der Türkei geschlossen hat, haben sich alle Stämme Libyens, einschließlich der Stämme in und um Sirte, geschlossen hinter das ordnungsgemäß gewählte Parlament und die LNA gestellt.“

Die Ankündigung der sogenannten ‚Einheitsregierung‘, dass sich Misrata-Milizen nun auf einen Angriff zur Rückeroberung von Sirte vorbereiteten, entbehren laut Nayed jeder Grundlage. Solche Versuche seien von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil die Entfernung zwischen Misrata und Sirte groß sei und über offenes Gelände führe. Misrata-Milizen würden der LNA-Luftwaffe dort schutzlos ausgeliefert sein. Misrata sei gut beraten, wenn es sich um den Schutz der eigenen Stadt kümmere und ihre Milizen aus Tripolis zurückzöge. Durch die Einnahme von Sirte sei die Verbindung von allen durch die LNA kontrollierten Gebieten im Osten, Süden und Westen sowie aus dem Zentrum des Landes, also von fast 97 Prozent des libyschen Territoriums, hergestellt worden, was die Logistik ungemein erleichtere.

Zu einer bevorstehenden türkischen Invasion in Libyen meinte Nayed, dass die türkischen Streitkräfte bereits in Libyen sind. Seit sechs Monaten kämen Spezialeinheiten für die Durchführung von Sabotageakten und anderen Spezialaufträgen wie Störung der Kommunikation ins Land, ebenso Scharfschützen, Militärausbilder, Experten für elektronische Kriegsführung und Drohnenführer. „Erdogan meint, er sei Sultan Abdul Hamid und Libyen sei Dank der Moslembruderschaft eine osmanische Provinz.“

Die Türkei habe auch Terroristen aus Nordsyrien, aus Idlib, und aus anderen syrischen Regionen per Schiff nach Tripolis gebracht. Die Schätzungen über die Anzahl der Terroristen reichen von einigen Hundert bis bereits über Tausend, die aber von der LNA systematisch bekämpft würden. Es sei sehr bedauerlich, dass die Türkei anstatt Baumaterialien und lebenswichtige Güter nach Libyen zu liefern, Terroristen ins Land brächte. Doch würden diese alle, auch in und um Tripolis, systematisch bekämpft und besiegt werden, so wie es bereits im Osten des Landes, in Bengasi und Derna, und im Süden geschah: „Die arroganten Pläne der Türkei, Libyen als osmanische Kolonie zurückzuerobern, sind zum Scheitern verurteilt.“ Nicht nur, dass die Bewohner der libyschen Städte und Oasen auf Großkundgebungen ihre Ablehnung bezeugten, sondern auch Ägypten, Griechenland, Zypern, Italien und Frankreich widersetzten sich der Türkei.

Nayed sprach Russland seinen Dank aus für dessen Haltung und seine Weigerung, sich an der „türkischen Verschwörung“ zu beteiligen. Russland hatte im UN-Sicherheitsrat in der Nacht zum 7. Januar verhindert, die LNA zu unterlaufen oder ihr Schuldzuweisungen zu geben. Er äußerte seine Zufriedenheit, dass die Zusammenarbeit mit dem ordnungsgemäß gewählten libyschen Parlament und der LNA sowie mit der offiziellen und einzigen legitimen Regierung Libyens unter der Leitung von Premierminister Abdullah Thani vor Ort so gut klappt. Das türkische Vorhaben sei zum Scheitern verurteilt.

Nayed sagte in Bezug auf die Freudenfeiern in Sirte nach der Einnahme durch die LNA, dies sei „ein guter Indikator, was nach der Befreiung von Tripolis zu erwarten ist.“ In Sirte seien „schon Schulen und Krankenhäuser wieder geöffnet, Polizei ist überall. Das Innenministerium hat erfolgreich die Kontrolle über alle Straßen und wichtigen Plätze übernommen. Die militärische Operation hat sich bereits in einen Polizeieinsatz verwandelt. In der Stadt ist vollkommene Sicherheit gewährleistet.“ Und weiter: „Die libysche Regierung unter dem Vorsitz von Abdullah al-Thini hat bereits ein Notstandskomitee für die Bereitstellung von Grundnahrungsmitteln, Wasser und medizinischer Versorgung eingesetzt. Es soll auch für die Aufrechterhaltung des Strom- und Kommunikationsnetzes sorgen. Die Koordination zwischen den militärischen Befreiungskräften und den Regierungs- und Polizeikräften funktioniert vorbildlich. Wir erwarten schon in Kürze, dass es in Tripolis durch die gemeinsamen Anstrengungen des libyschen Volkes und dessen Unterstützung durch die sozialen Vereinigungen einschließlich der Jugend von Tripolis, bald ebenso sein wird.“

Das Interview schloss Aref Ali Nayed mit den Worten: „Alle sozialen Vereinigungen und Honoratioren der Stadt haben sich gestern Abend in Sirte versammelt, um öffentlich die libysche Armee, das libysche Parlament und die legitime Regierung zu begrüßen. Sie versicherten ihre Unterstützung und ihr Engagement bei den Bemühungen um sozialen Frieden, Sicherheit und Wohlstand.
Dieses Zusammenspiel zwischen dem Parlament, der Regierung, der Armee und den sozialen Vereinigungen ist der Schlüssel zum Erfolg, von dem wir gerade in Sirte Zeuge waren. Dies wird auch der Schlüssel zum Erfolg in Tripolis und den noch verbleibenden drei Prozent libyschen Territoriums sein."

https://almarsad.co/en/2020/01/08/nayed-sirte-is-liberated-turkey-and-its-mercenaries-will-be-defeated-by-the-libyan-army/

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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