Tripolis: Drohnenangriff auf Munitionsdepot

Libyen. Steigende Zahlen von Toten, Verwundeten und Geflohenen / Katar und Türkei unterstützen Tripolis- und Misrata-Milizen / Starker Anstieg der Lebensmittelpreise

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27.04. Die Anzahl der Todesopfer ist bei den Kämpfen um Tripolis auf über 270 gestiegen, die der Verletzten beträgt etwa 1.300. Laut der UN-Organisation für Migration sollen etwa 38.000 Zivilisten vor den Kämpfen um Tripolis geflohen sein.

28.04. Die libysche Armee (LNA) hat einen Luftangriff auf ein mutmaßliches Munitionsdepot der Tripolis-Milizen durchgeführt. Auch andere militärische Einrichtungen wurden von einer mit Lenkraketen bestückten Drohne ins Visier genommen. Mehrere Explosionen waren zu hören.

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+ 26.04. Es gibt neue Beweise, dass von Katar und der Türkei unterstützten Gruppen an den Kämpfen um die libysche Hauptstadt an Seite der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ kämpfen. Es soll sich dabei größtenteils um Söldner aus Eritrea, der Türkei und Ecuador handeln, die von Ankara und Doha logistisch unterstützt werden. Kämpfer, die von der libyschen Armee (LNA) gefangengenommen worden waren, trugen ihre türkischen Pässe bei sich. Somit scheint bewiesen, dass sich die Türkei massiv in die Kämpfe um Tripolis einmischt.

+ 26.04. Khalid Bakir, Mitglied der dschihadistischen Benghazi Defence Brigades (BDB) wurde in Tripolis bei Kämpfen von der libyschen Armee (LNA) getötet.

+ 26.04. Die libysche Armee (LNA) erklärte, sie habe dutzende gestrandete afrikanischer Wanderarbeitern verschiedner Nationalitäten evakuiert, die in die Kampfzone um Tripolis geraten waren.

+ 27.04. Generalmajor Khairi al-Tamimi von der libyschen Armee (LNA) war beim erfolgreichen Abschluss der Ausbildung von Offizieren der Sondereinheiten sowie der Special Tasc Force in Jordanien anwesend.

+ 27.04. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ (Médecins Sans Frontières, MSF) hat die Evakuierung der Internierungslager in Tripolis gefordert, die unter der Aufsicht der „Einheitsregierung“ stehen. Die in die libysche Hauptstadt Geflüchteten und Migranten müssten gerettet und außer Landes gebracht werden.

+ 27.04. Die Sprecherin für Nordafrika des US-Verteidigungsministeriums sagte, dass das Hauptziel in Libyen darin bestehe, alle terroristischen Gruppen zu beseitigen, damit Libyen vereinigt werden und ein demokratischer Staat aufgebaut werden kann.

+ 27.04. Während die Preise für Lebensmittel und andere Güter stark stiegen, wurde der Mindestlohn von 450 Dinar seit mehr als acht Jahren nicht erhöht. Es wird gefordert, den Mindestlohn auf mindestens 2500 Dinar/Monat anzuheben, damit libysche Familien davon leben können.
Die Situation für die libysche Bevölkerung dürfte sich mit Beginn des Ramadan im nächsten Monat verschlimmern.

+ 27.04. Der Innenminister der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis gab bekannt, dass das Auslieferungsverfahren des Bruders von Salman Abedi, dem Selbstmordattentäter von Manchester, nach Großbritannien aufgrund der Kämpfe eingestellt wurde.

+ 27.04. Der Sprecher des Oberkommandos der libyschen Armee, al-Mesmari, sagte, dass sechs Luftangriffe der ‚Einheitsregierung‘ auf Stellungen der libyschen Armee nahe Tripolis geflogen wurden. Der Terrorismus in Libyen gehe nicht nur die Libyer etwas an, sondern die ganze Welt. Die Armee bekämpfe in Tripolis Ansar al-Scharia, al-Kaida und die al-Nusra-Front, so kämpften zum Beispiel bei den Dschanzour-Milizen auch auch al-Kaida-Leute mit.
Ein libysches Kriegsschiff wurde von der Armee (LNA), nachdem es in Sirte war, in den Hafen von Ras Lanuf entsandt. Dem gingen Berichte voraus, es wäre vor der Küste ein Kriegsschiff unbekannter Herkunft gesichtet worden.

+ 27.04. Nachdem ein iranisches Schiff, dass im Hafen von Misrata anlegte, von der ‚Einheitsregierung‘ beschlagnahmt wurde, forderte der Sprecher der libyschen Armee, Mismari, den UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Salamé, auf, bekanntzugeben, welche Ladung das Schiff geladen hatte. Vermutet wurden Waffen und Kämpfer an Bord, die die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ unterstützen sollten.

+ 27.04. Al-Mismari, Sprecher der libyschen Armee (LNA), sprach sich gegenüber der italienischen Zeitung Corriere della Sera gegen die italienische Militärpräsenz in Libyen aus: „Für uns ist es ganz klar, dass das italienische Militärkrankenhaus und die vierhundert italienischen Soldaten, die es überwachen, sofort aus Misrata abziehen müssen. Es handelt sich dabei um keine humanitäre Mission, sondern um eine Unterstützung von extremistischen Milizen, die gegen unsere libysche Nationalarmee Krieg führen.“

+ 27.04. Der türkische Ministerpräsident Erdogan sagte, er werde alles in seiner Macht stehende tun, damit Libyen in kein neues Syrien verwandelt wird, soll heißen, Erdogan unterstützt nach Kräften die Misrata- und Tripolis-Milizen der ‚Einheitsregierung‘.

+ 28.04. Laut der britischen Agentur Euro Porter Politics unterstützen von Katar bereitgestellte Milizen die Tripolis-Milizen der ‚Einheitsregierung‘ von Sarradsch. Dem Bericht zufolge wird der Gesamtwert an katarischen Waffen für militante Milizen in Libyen in den Jahren 2011 bis 2017 auf 750 Millionen Euro geschätzt. Die Agentur wies darauf hin, dass eine der größten dieser Milizen, die Special Deterrence Brigade, für die Entführung von vier Journalisten verantwortlich ist, die für Reuters und Agence France-Press tätig sind. Die Entführung der Journalisten erfolgte als Reaktion auf Artikel, die sich mit der Beteiligung dieser Milizen am Menschenhandel beschäftigten.

+ 28.04. Der russische Präsident Putin hat sich am Rande des Seidenstraße-Treffens mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping über die Situation in Libyen ausgetauscht. Ebenfalls Gespräche mit Putin führte der italienische Premierminister Giuseppe Conte. Conte schlug Putin eine Zusammenarbeit bei der Lösung der libyschen Krise vor.

+ 28.04. Die libysche ‚Einheitsregierung‘ kündigt einen Gegenangriff der Tripolis-Milizen auf Stellungen der libyschen Armee (LNA) an. Ein Waffenstillstand werde von der ‚Einheitsregierung‘ abgelehnt, solange sich die libysche Armee nicht in ihre alten Stellungen zurückgezogen hat.

+ 28.04. Während in Sabrata, Sorman und anderen Orten die Regionalwahlen, die in einem Teil Libyens abgehalten werden sollten, verschoben wurden, konnten in Sebha die Wähler zu den Urnen gehen. Der regionale Sprecher der libyschen Armee (LNA) sagte, die Armee sei bereit, zukünftig auch nationale Wahlen in jeder Gemeinde zu sichern. Die Armee würde sich weder in die Wahlen einmischen, noch wolle sie eine Militärdiktatur errichten.

Die Hauptstadt Tripolis ist umkämpft, auf Seite der ‚Einheitsregierung‘ stehen die Tripolis- und Misrata-Milizen, die die vom Ausland eingesetzte 'Einheitsregierung' stützen, und auf der anderen Seite die libysche Armee unter General Hafter, die vom gewählten libyschen Parlament in Bengasi und einer Übergangsregierung aufgestellt wurde.

Formell sind die Tripolis-Milizen der Einheitsregierung gegenüber loyal. Allerdings haben die Milizen kriminelle Netzwerke gebildet, kontrollieren sowohl die ‚Einheitsregierung‘ als auch die Wirtschaft und saugen den Staat finanziell aus. Ihren Lohn erhalten sie von Ministerien oder staatseigenen Firmen. Die libysche Bevölkerung ist der Willkür dieser Milizen ausgeliefert.

Tatsächlich ist Libyen Schauplatz eines internationalen Konflikts. Katar, die Türkei und Italien stehen gegen Saudi-Arabien, die VAE, Ägypten und Frankreich. Wichtige Akteure sind die Golfstaaten, die EU, aber auch die USA und Russland mischen mit. Damit endlich wieder die libysche Bevölkerung Gehör findet und über die Politik im eigenen Land bestimmen kann, müssen so schnell wie möglich Wahlen abgehalten werden.

Seit dem Nato-Krieg gegen Libyen und der brutalen Ermordung von Muammar al-Gaddafi 2011 herrscht in Libyen Chaos.

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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