Tripolis: LNA kontrolliert südliche Bezirke

Libyen. IS-Angriff mit acht Toten in Sebha / Merkel drängt auf Lösung für Libyen / Einheitsregierung schließt Vertrag mit US-Lobbyfirma / Iran liefert Waffen für Misrata-Milizen

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+ 03.05. Die Anzahl der Todesopfer ist bei den Kämpfen um Tripolis auf 392 gestiegen, die der Verletzten beträgt etwa 1900. Laut der UN-Organisation für Migration sollen etwa 48.000 Zivilisten vor den Kämpfen um Tripolis geflohen sein.
Seit Beginn der Offensive werden 23 tote Zivilisten gezählt.

+ 03.05. Die Armee (LNA) hat weitere Truppen und schweres Geschütz an die Front gebracht.

+ 03.05. Die libysche Armee (LNA) hat vier Bezirke im Süden von Tripolis wieder vollständig unter ihrer Kontrolle. Es handelt sich um die Bezirke El-Sabia, Suk El-Sabt, El-Kasarat und El-Azizia. Laut LNA ist die Sicherheit dort gewährleistet. Zu schweren Kämpfen war es um den internatinalen Flughafen von Tripolis gekommen.

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+ 01.05. US-Militär soll in der Stadt Misrata im Nordwesten Libyens, östlich der umkämpften libyschen Hauptstadt Tripolis, eingetroffen sein. Das Militär soll aus Tunesien gekommen sein. Das teilte das libysche Portal Al-Wasat mit. Eine andere Quelle besagt, das Militär soll mit Schnellbooten im Hafen von Misrata angelandet sein.

+ 02.05. Wie schon berichtet, hat Tunesien vor fünf Wochen einen UN-Mitarbeiter namens Moncef Kartas, der für die Überwachung des gegen Libyen verhängten Waffenembargos zuständig war, verhaftet. Tunesien wirft Kartas Spionage vor. Darauf könnte sogar die Todesstrafe stehen. Es sollen bei ihm Dokumente mit Informationen gefunden worden sein, die die ‚nationale Sicherheit‘ gefährden sowie verbotene Kommunikationsgerätschaften. Dagegen bestehen die UN darauf, dass Kartas diplomatische Immunität genießt. Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat gegen die Festnahme protestiert: „Die Inhaftierung von Moncef Kartas erfolgte mit falschen Begründungen und unter Verletzung seiner Immunität. Dies wirft die ernste Frage nach Tunesiens Rechtsstaatlichkeit auf.“

+ 02.05. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach einem Treffen mit den Präsidenten der Sahel-Staaten Mali, Niger, Tschad, Mauretanien und Burkina Faso in Ouagadougou, es sei wichtig, eine politische Lösung für Libyen zu finden, da Libyen „die Wiege für neue Terroristen sein kann“. Dieses Risiko müsse vermieden werden. „Und um dieses Ziel zu erreichen, gibt es nur einen Weg: die Stabilisierung dieses Landes.“ Merkel drang dabei auf eine einheitliche Libyen-Politik aller EU-Staaten. Man müsse sich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen.
Auch Deutschland hat Interessen in Libyen, von dem es seit Jahrzehnten einen Großteil seines Erdöls bezieht. Der Wintershall-Konzern, eine Tochter von BASF, gehört zu den größten Ölproduzenten in Libyen.

Laut Merkel soll die EU auch mit der Afrikanischen Union kooperieren. Der Präsident des Niger, Mahamadou Issoufou meinte gegenüber Merkel: „Libyen ist die Ursache für die Destabilisierung der Sahelländer“.

Seit dem Sturz Gaddafis und der Dschamahirija-Regierung in Libyen 2011 ist die Sahelzone bedeutend instabiler geworden. Viele Tuareg, die für Gaddafi gekämpft hatten, zogen sich unter Mitnahme ihrer Waffen nach Nordmali zurück. Als 2013 Frankreich militärisch in Mali eingriff, flohen viele Aufständische unterschiedlicher politischer Ausrichtung nach Libyen, da dort ein rechtsfreier Raum entstanden war. Heute gilt das Gebiet als bevorzugte Schmuggelroute, sowohl für Menschen als auch für Waffen. Libyen hatte bis 2011 die Situation in den Sahelländern durch finanzielle Hilfen und den Einbezug der Tuareg in das staatliche libysche Sozialsystem befriedet.

Jetzt haben die G-5-Sahel-Länder eine eigene Einsatztruppe gegen Dschihadisten im Sahel gegründet, die hauptsächlich vom Westen finanziert wird und umstritten ist. Tatsächlich dürfte es vor allem um den Schutz von Ressourcen wie Öl, Gas, Uran, aber auch Gold gehen.

+ 02.05. Die Armee (LNA) gab bekannt, dass sie das Gebiet von Espiaa sichern konnte, nachdem die Tripolis-Milizen der ‚Einheitsregierung‘ geschlagen wurden. Es sollen 50 Milizenkämpfer getötet worden sein.

+ 02.05. Demonstranten in Sabrata (westlich von Tripoli) hatten die Küstenstraße blockiert, um die Durchfahrt des Konvois des UN-Gesandten Ghassan Salamé zu verhindern. Salamé war unterwegs von Ras Dschair nach Tripolis. Die Bürger protestierten mit der Blockade gegen die Ignoranz der UN-Sondermission für Libyen, die die Luftangriffe der Misrata-Milizen und der militärischen Kräfte der ‚Einheitsregierung‘ auf Wohngebiete von Zivilisten nicht verurteilte. Erst nach Eingreifen von Sicherheitskräften konnte der Konvoi seine Fahrt fortsetzen.

+ 02.05. Ein italienischer Journalist von der Zeitung Corriere della Sera hat in Turkra die Militäragentur der LNA besucht und meinte anschließend, es stünden hier „ordentliche, disziplinierte Soldaten unter einem einzigen Kommando im Gegensatz zu dem anarchistischen Chaos der Milizen, die Fayez al-Sarradsch verteidigen“.

+ 03.05. Der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassen Salamé, versuchte in einem Gespräch, Sarradsch von einem Waffenstillstand zu überzeugen. Dies lehnte Sarradsch ab. Erst müsse sich die Armee (LNA) wieder auf ihren Ausgangspunkt zurückziehen.

+ 03.05. Wie jetzt bekannt wurde, hat die ‚Einheitsregierung‘ von Sarradsch am 25. April mit der US-amerikanischen Lobbyfirma Mercury Public Affairs einen Vertrag in Höhe von 2 Mio. US-$ abgeschlossen. Mercury will vor dem US-Kongress und der Trump-Administration für ihre Kunden Lobbyarbeit leisten. Mercury will auch Interessengruppen identifizieren, die mit der ‚Einheitsregierung‘ in Verbindung treten sowie Pressearbeit leisten und bei ‚internationalen Angelegenheiten‘ tätig werden
Das Honorar beträgt 150.000 US-$ pro Monat, wobei 500.000 US-$ sofort fällig sind, zusätzlich 200.000 US-$ für Aufwendungen. Es wurde ein Einjahresvertrag geschlossen.
https://www.politico.com/newsletters/politico-influence/2019/05/02/libyas-government-hires-mercury-607647

+ 03.05. Im italienischen Feldlazarett von Misrata sollen auch international gesuchte Terroristen, die sich dem Kampf gegen die Armee (LNA) angeschlossen haben, behandelt werden. Darunter Abdelghani, bekannt als Abu Zubayr, der zum IS gehört, oder Abu al-Leith, al-Kaida im Islamischen Maghreb zugehörig, ebenso wie Abdullah Hassan al-Iraqi vom algerischen IS.

+ 04.05. In der Stadt Sebha im Süden Libyens griffen Terroristen ein Ausbildungszentrum der Armee (LNA) an. Dabei wurden acht Soldaten getötet, sechs von ihnen wurde die Kehle durchschnitten. Es soll sich bei den Angreifern um Extremisten aus dem Tschad handeln, die in Opposition zur dortigen Regierung stehen. Es heißt, es habe sich um die gleiche Gruppe gehandelt, die vor einiger Zeit den Luftwaffenstützpunkt Tamanhint angegriffen hat und zur sogenannten South Protection Force gehört, die von der ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch finanziert wird. Nach stundenlangen Kämpfen flüchteten die Terroristen Richtung Süden.
Der Angriff erfolgte kurz nach dem Bekanntwerden der Ansprache des IS-Führers Abu Bakr al-Baghdadi, der sagte, dass der IS in Libyen bewiesen habe, dass er auch nach dem Verlust seiner ehemaligen Hochburgen Bengasi und Derna noch handlungsfähig sei. Der IS hat sich zu dem Anschlag bekannt.

+ 04.05. Der UN-Sondergesandte Ghassan Salamé sagte, dass libysche Journalisten in Libyen zunehmend mit der Androhung von Gewalt konfrontiert sind. Laut der UN-Sondermission wurden Journalisten in Libyen „wiederholt Schikanen ausgesetzt. Es wurde die Ausstellung von Presseausweisen abgelehnt oder diese nicht anerkannt und die Visaerteilung verweigert; sie wurden mit Spionagevorwürfen, Diskriminierung und Androhung von Tod oder Gewalt konfrontiert. Auf erschreckende Weise wurden Journalisten auch geschlagen, gefangengenommen und ohne Anklage inhaftiert, entführt und bei der Ausübung ihres Berufs getötet“.

+ 04.05. Der ägyptische Präsident al-Sisi und der italienische Ministerpräsidenten Conte haben bei einem Telefongespräch die jüngsten Entwicklungen in Libyen erläutert. Es habe Einigkeit bestanden, dass Terrorismus, das Milizenunwesen und bewaffnete Gruppen beseitigt werden müssten. Interventionen des Auslands sollten unterbunden und Waffenschmuggel und das Eindringen ausländischer Kämpfer verhindert werden.

+ 04.05. Das Außenministerium der Übergangsregierung (Beida/Ostlibyen) verurteilte den Iran für die Unterstützung der Misrata-Milizen, die über den Hafen der Stadt liefe. Ein Schiff namens Sahar E-CORD sei im syrischen Hafen Latakia ausgelaufen und über einen Zwischenstopp in der bulgarischen Hafenstadt Burgas am 23. April in Misrata eingetroffen. Das Schiff sei mit leichten und schweren Waffen, Sprengstoff und mehr als zwanzigtausend Raketen beladen gewesen, bestimmt für den Kampf terroristischer Gruppierungen gegen die libysche Armee (LNA).

+ 04.05. Der Sprecher der ‚Einheitsregierung‘ von Tripolis, Mohamed Gnounou, sagte, dass die ‚Einheitsregierung‘ die Türkei und andere Staaten um militärische Unterstützung gebeten habe. Es seien alte Übereinkünfte mit der Türkei über die militärische Zusammenarbeit reaktiviert worden.

+ 04.05. US-Präsident Trump plant, die Muslimbruderschaft als terroristische Vereinigung zu listen. Auf diese Liste kommen Gruppierungen, die für terroristische Aktivitäten verantwortlich sind, die US-Bürger oder die nationale Sicherheit der USA gefährden. Ägyptens, Saudi-Arabien und VAE haben die Moslembrüder bereits zu Terrororganisationen erklärt, während Türkei und Katar die Moslembrüder unterstützen.

Die Hauptstadt Tripolis ist umkämpft, auf Seite der ‚Einheitsregierung‘ stehen die Tripolis- und Misrata-Milizen, die die vom Ausland eingesetzte 'Einheitsregierung' stützen, und auf der anderen Seite die libysche Armee unter General Hafter, die vom gewählten libyschen Parlament in Bengasi und einer Übergangsregierung aufgestellt wurde.

Formell sind die Tripolis-Milizen der Einheitsregierung gegenüber loyal. Allerdings haben die Milizen kriminelle Netzwerke gebildet, kontrollieren sowohl die ‚Einheitsregierung‘ als auch die Wirtschaft und saugen den Staat finanziell aus. Ihren Lohn erhalten sie von Ministerien oder staatseigenen Firmen. Die libysche Bevölkerung ist der Willkür dieser Milizen ausgeliefert.

Tatsächlich ist Libyen Schauplatz eines internationalen Konflikts. Katar, die Türkei und Italien stehen gegen Saudi-Arabien, die VAE, Ägypten und Frankreich. Wichtige Akteure sind die Golfstaaten, die EU, aber auch die USA und Russland mischen mit. Damit endlich wieder die libysche Bevölkerung Gehör findet und über die Politik im eigenen Land bestimmen kann, müssen so schnell wie möglich Wahlen abgehalten werden.

Seit dem Nato-Krieg gegen Libyen und der brutalen Ermordung von Muammar al-Gaddafi 2011 herrscht in Libyen Chaos.

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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