Tripolis, Sirte und Misrata

Libyen. Die Kämpfe intensivieren sich. LNA-Luftangriffe auf Stellungen der Milizen der 'Einheitsregierung'.

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Seit Samstag kommt es in Tripolis zu schweren Kämpfen zwischen Milizen der ‘Einheitsregierung’ und der LNA. Die LNA fliegt weiterhin Luftangriffe gegen Milizen-Stellungen südlich von Tripolis und Sirte, auch der Mitiga- und der Misrata-Luftwaffenstützpunkt wurden bombardiert, da sich dort türkische Drohnen befinden. Heute werden LNA-Luftangriffe auf Stellungen der ‘Einheitsregierung’ in Gharyan vermeldet.

Tripolis

Laut SpecialeLibia.it sind vor vier Tagen schwere Kämpfe um die libysche Hauptstadt Tripolis ausgebrochen. Wie ein Sprecher der Libyschen Nationalarmee (LNA) unter Feldmarschall Haftar vermelden ließ, hat die LNA große Fortschritte im Vormarsch auf das Stadtzentrum erzielen können, während die Tripolis Protection Force (TPF), eine Miliz der ‚Einheitsregierung‘, den Angriff zurückgeschlagen haben will. Bei Luftangriffen der LNA sollen große Mengen an Waffen und Munition der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ zerstört worden sein.

Der LNA-Bodenoffensive ging ein Raketenangriff auf den Mitiga-Flughafen voraus. Der Sprecher der LNA, Ahmed Mismari, hatte über soziale Netzwerke eine „Nachricht an die Milizen“ von Tripolis gerichtet: Es gebe einen Punkt, an dem man noch umkehren könne und einen Punkt, an dem dies nicht mehr möglich sei. Sie sollten darüber nachdenken.

Die Kämpfe verlagern sich immer näher in das Zentrum von Tripolis und konzentrieren sich auf die Gebiete von Abu Selim, Triq al-Matar und al-Khilat.

Sirte

SpecialeLibia.it berichtet über die Militarisierung der Stadt Sirte, dem Geburtsort von Muammar al-Gaddafi: Obwohl Sirte unter dem Bürgermeister der Stadt bisher versuchte, sich aus dem militärischen Konflikt zwischen der Libyschen Nationalarmee (LNA) und den Milizen der ‚Einheitsregierung‘ aus Tripolis und Misrata herauszuhalten, wurde vor Kurzem der Ältestenrat aufgefordert, sich in einer Erklärung gegen die LNA unter dem Kommando von Feldmarschall Haftar auszusprechen. Der Ältestenrat, der 28 Stämme vertritt, lehnte dies ab. Es sei nicht möglich, sich gegen die eigenen Kinder zu stellen, die sich der Libyschen Nationalarmee angeschlossen hätten.

Der Golf von Sirte mit dem libyschen Ölhalbmond wird von der LNA kontrolliert. Die in der LNA-Kommandozentrale von Ras Lanuf diensttuenden Militärs stammen zu etwa achtzig Prozent aus Sirte. Die Stadt Sirte selbst wird dagegen von Milizen aus Misrata kontrolliert, die der LNA feindlich gegenüberstehen und teilweise Verbindungen zu al-Kaida nahen Gruppen haben.

Sirte liegt genau in der Mitte zwischen West- und Ostlibyen und hat sich stets als neutral verstanden, weder einverstanden mit der ‚Einheitsregierung‘, noch der LNA verbunden. Doch auf Druck der Milizen aus Misrata wird die Stadt dazu gezwungen, sich als Standort für Militärbasen auf Seiten der ‚Einheitsregierung‘ gegen die LNA zu positionieren. Es wird befürchtet, dass die ‚Einheitsregierung‘ von Sirte aus Angriffe gegen die nahegelegenen Ölfelder und Stützpunkte der LNA startet.

Misrata rüstet dazu die Stadt Sirte militärisch auf. Schon im letzten Jahr hatte Ibrahim Dschidran und seiner Miliz Petroleum Facility Guards einen Angriff auf Ras Lanuf gestartet. Von Sirte aus wurde auch im letzten Jahr der LNA-Militärstützpunkt al-Dschufra angegriffen. Die LNA konnte die Attacke zurückschlagen. Dschufra ist als Nachschubbasis der LNA bei ihrem Kampf um Tripolis von großer Bedeutung.

Nur wenige Stunden nach dem Angriff auf Dschufra führte die LNA mit Unterstützung der VAE Luftangriffe gegen Stellungen der ‚Einheitsregierung‘ in den südlichen Vororten von Sirte aus. Angegriffen wurde der Flughafen Gardabya, wo sich das Hauptquartier der Sirte Protection Force befindet, und andere Stellungen der Misrata-Milizen.

Mindestens vier weitere Luftangriffe wurden in den folgenden Wochen geflogen. Vor kurzem bombardierte eine VAE-Drohne die Gegend nahe des Verwaltungssitzes des Man-Made-River-Projekts. Die jetzigen Luftangriffe starteten erst sechs Monate, nachdem die LNA im April ihre Belagerung der Hauptstadt begonnen hatte und erst nachdem die Misrata-Milizen anfingen, die Militarisierung von Sirte massiv voranzutreiben. Immer mehr Milizen wurden in die Stadt verlegt und das politische Klima verschärfte sich. Die Bevölkerung wurde eingeschüchtert, Häuser durchsucht. Seit Anfang September sind mindestens 14 Menschen verschwunden.

Da die LNA keinerlei Anzeichen erkennen ließ, Sirte anzugreifen, dient die Massierung von Kämpfern offensichtlich dem Zweck, von Sirte aus Angriffe auf Stellungen der LNA im Ölhalbmond zu führen.

Misrata

Laut dem Address Journal kam es vor etwa einer Woche zu einem Sondertreffen zwischen Delegationen des LNA-Generalkommandos und der Stadt Misrata mit dem Ziel, die militärische Lage zu beruhigen. Besprochen wurde die Möglichkeit, dass sich die Misrata-Milizen aus Tripolis zurückziehen und die Stadt Misrata so von Luftangriffen und Kämpfen verschont bliebe. Letzteres sollte Feldmarschall Haftar persönlich der Stadt zusichern.

Der Ausgang der Gespräche wurde positiv beurteilt. Die Delegation von Misrata sagte, sie würde die Vereinbarungen innerhalb von 72 Stunden nach Erhalt der erforderlichen Garantien umsetzen. Allerdings behinderten Extremisten in Misrata die Durchsetzung einer friedlichen Lösung.

Feldmarschall Haftar hatte schon mehrmals betont, dass denjenigen, die sich aus den Kämpfen heraushalten und die weiße Flagge hissen, nichts geschieht.

https://specialelibia.it/2019/10/03/una-notte-di-scontri-violenti-a-tripoli/

https://specialelibia.it/2019/10/02/i-gruppi-armati-di-misurata-stanno-militarizzando-sirte/

https://www.addresslibya.com/en/archives/50904

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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