Tuareg-Band tritt in den Kammerspielen auf

Tinariwen: Wagnis der Münchner Kammerspiele gelungen!

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Der nicht unumstrittene Intendant der Münchner Kammerspiele, Matthias Lilienthal, war wieder einmal wagemutig. Er hat die Tuareg-Band Tinariwen aus der kleinen Veranstaltungshalle Ampère, wo Tinariwen noch letztens auftrat, an die Kammer Eins, erste Adresse der Münchner Theater, geholt.

Wer beim letzten Auftritt der Tuareg-Band im ausverkauften Ampère dabei war, wo sich die Besucher vor der Bühne drängten und begeistert mitgingen, während sich andere an der Bar bedienten und der ganze Raum sich immer mehr in eine amorph wogende Menge verwandelte, fragte sich, wie solch ein Konzert auch in dem eng bestuhlten Saal der Münchner Kammerspiele gelingen kann.

Dass dies eine Veranstaltung der anderen Art ist, macht schon im Foyer das Outfit der Besucher deutlich: statt Anzug, Krawatte und Festkleid prägen im ausverkauften Haus Jeans, Pullover und lockere Freizeitkleidung das Bild. Tinawiren hat seine Fans dabei.

Als die Besucher ihre Plätze einnehmen, gibt es ein ziemliches Durcheinander, da bei der dunklen Saalbeleuchtung die Sitznummerierung nicht lesbar ist. Etliche Besucher kommen erst im letzten Moment und drängeln sich noch durch die Reihen, als die ersten Töne erklingen. Die letzten Wein- und Biergläser werden nachgefüllt, auch dies gehört sonst nicht zu den Gepflogenheiten der Kammerbesucher.

Das Bühnenbild ist perfekt: hell leuchtende Sterne auf dunkelblauem Himmelsgrund, darüber wenige Schriftzeichen in Tamaschek, der Tuareg-Schrift.

Pünktlich und fast unbemerkt betreten die sechs Musiker in traditioneller Kleidung mit Gesichtsschleier die nachtdunkle Bühne, nehmen ihre Instrumente auf und beginnen ihr Spiel: traditionelle Tuareg-Musik, elektrisch verstärkt.

Und spätestens beim dritten Song kann man sich des Sogs dieser fast gleichtönigen Musik mit ihrem zum Mitklatschen zwingenden Rhythmus nicht entziehen. Die Interaktion zwischen Künstlern und Publikum funktioniert. Die Bewegungen der Musiker sind sparsam und unaufgeregt, mit Ausnahme kleiner Tanzeinlagen, die vom Publikum begeistert aufgenommen werden.

Die Beleuchtung ist perfekt, ebenso der Sound. Das Publikum überlässt sich den fast tranceartigen Zuständen, die diese Musik auszulösen vermag. Auch wenn man die poetischen Texte nicht versteht, erahnt man die melancholisch-sehnsüchtigen Seelenzustände, ausgedrückt durch diese virtuos gespielte Tuareg-Musik, die eine weite, einsame Wüstenlandschaft, die Heimat der Musiker, wiederspiegeln. Auf den begeisterten Applaus, der auf jedes Lied folgt, wird mit einem höflichen „Dankeschön“ geantwortet.

Nach fast zweistündigem Konzert wird in den engen Zwischengängen des altehrwürdigen Theaters getanzt, das restliche Publikum steht, klatscht und wiegt sich rhythmisch im Takt. Es kann nicht genug bekommen. Tinariwen funktioniert auch in den Kammerspielen.

Dankeschön!

https://www.youtube.com/watch?v=DJbr0W8_X0k

https://www.muenchner-kammerspiele.de/inszenierung/konzert-tinariwen

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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