Ich muss zunächst mal sagen, ich fühle mich beim freitag zu Hause - grade auch, weil es solche Autoren wie Sebastian Friedrich gibt.
"Nebenher" bin ich auch Abonnent (und Genosse) der taz, ärgere mich aber oft wegen ihr, weil dort eine Deutungshoheit herrscht, die stark der grünen Neobourgeoisie und ihren kulturellen Befindlichkeiten auf den Leib geschneidert ist.
Um es klar zu sagen: Ich bin nicht automatisch unglücklich, wenn es rassistische Befürworter einer Vermögenssteuer gibt; oder homophobe Gegner der Zweiklassen-Medizin; oder über Verschwörungsgläubige, die die Notwendigkeit von Degrowth einsehen.
Man sieht aber vielleicht an meinen Beispielen (bzw. an Verschiebungen ihrer Kombinationen), wo die Grenzen liegen:
Verschwörungsgläubige Gegner der Zweiklassen-Medizin landen womöglich schnell bei Mythen über Bill Gates; Rassisten interpretieren Degrowth womöglich so, dass Afrikaner nicht so viel "schnackseln" dürfen; homophobe Befürworter einer Vermögenssteuer stoßen womöglich schnell an den Rand der Bevölkerungspolitik ...
Die Kombinatorik erlaubt viele solcher Gedankenspiele, und manche davon ätzen uns mehr an, manche weniger.
Was Linke sich aber nicht erlauben können, ist Maximalismus bei der Wahl ihrer Verbündeten - denn dann ist ganz schnell kaum mehr jemand übrig.
Und das gilt erst recht für Andere, die sich auf eine andere Weise als "links" sehen als man selbst.
Auch ich, Sebastian, begreife mich vorrangig darum als Linker, weil ich Sozialist bin, also gemeinsame Verantwortung, gemeinsames Risiko, gemeinsamen Gewinn, letztlich "gemeinsame Kasse" befürworte.
Ich anerkenne aber durchaus, dass Menschen sich in erster Linie als "links" begreifen, weil sie sich auf den Kampf um Rationalismus konzentrieren, um persönliche Autonomie oder um die zukünftige Bewohnbarkeit der Erde.
Und auch ganz praktisch finde ich nicht, dass eine breite sozialistische Mobilisierung leiden müsste unter einer relativ spezialisierten, nachrichtendienstlichen antifaschistischen Aktivität. Man will schon wissen, wenn ein Mitprotestler irrationale, autoritäre oder nihilistische Einstellungen hat. Transparenz hat noch nie geschadet. Dass Menschen, die sich verdienstvollerweise um diese Art von Nachrichtendienst kümmern, darin irgendwie aufgehen, wird sich kaum verhindern lassen - sie könnten diese mühsame und manchmal nicht ungefährliche Arbeit sonst vielleicht gar nicht leisten.
Mach Dir ihre Leistungen zunutze, wo es für Dich Sinn macht; mach mit ihren Informationen, was Du für richtig hältst. Und wenn sie schreien, dass das nicht genügt, musst Du das aushalten.
Aber sie sind nicht Deine Gegner, also lass die Stichelei.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.