1999: Dosierte Demokratie

Zeitgeschichte Nach einer letzten Sitzung in Bonn zieht der Bundestag nach Berlin um. An seinem Bedeutungsverlust seit den 1950ern ändert das nichts
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 25/2019
Herbert Wehner (SPD) ließ als Oppositionsführer nichts anbrennen
Herbert Wehner (SPD) ließ als Oppositionsführer nichts anbrennen

Foto: Photothek / Imago Images

Das Grundgesetz von 1949 hat die Stellung des Bundestags im Vergleich zur Weimarer Reichsverfassung zugleich gestärkt und geschwächt. Einerseits entfiel die halbmonarchische Stellung eines Staatsoberhaupts: Anders als der Reichspräsident kann der Bundespräsident nicht mit Notverordnungen regieren. Zudem sind dem Souverän keine Möglichkeiten eingeräumt, sich durch Volksabstimmungen zu äußern (es sei denn, es ist über die Neugliederung der Länder zu entscheiden). Andererseits ist dem Bundestag ein starker Bundesrat an die Seite gestellt worden. Der westdeutsche Staat wurde auf Druck der Alliierten betont föderalistisch organisiert. Im Unterschied zum Bundesrat hatte der Reichsrat nicht das Recht, eigene Gesetzesentwürfe einzubr