Horst, der Helfer

CSU Für Seehofer und die CSU ist die Zeit der Kraftmeierei vorbei

Drei Institutionen an Donau und Isar sind in letzter Zeit durch Krisen aufgefallen: der 1. FC Bayern München, die CSU und die Bayerische Landesbank. Dies ist in aufsteigender Linie - das Wichtigste zuletzt - zu erörtern.

Bayern München ist so reich, dass es sich zwei komplette Erste Mannschaften leisten kann. Es gibt aber ausländische Clubs, die finanziell noch viel besser ausgestattet sind. Deshalb war der Münchner Verein zwar immer wieder die Nr. 1 in Deutschland, international ist er weniger erfolgreich. Als es national allmählich an einem Gegengewicht fehlte, wurde der FC Bayern unkontrolliert und lief sogar in der Bundesliga ein paar Wochen hinterher. Der aus den USA engagierte Star-Trainer bemüht sich um Verschlankung. Tatsächlich geht es wieder aufwärts: In der selben Woche, in der die Christlich-Soziale Union einen neuen Vorsitzenden wählte, hat Bayern München zwei Spiele gewonnen, eines davon in der Champions League.

Horst Seehofer ist der Jürgen Klinsmann der CSU. Dass er vor einem Jahr durch ein grobes Foul im Wettbewerb um Stoibers Nachfolge gegen Erwin Huber unterlag, hat ihm genützt. Die Wahlniederlage vom September 2008 muss er sich nicht anlasten lassen. Mit ihm gewinnt die CSU die Möglichkeit zur Erneuerung. Soweit persönliche Eigenschaften in der Politik von Belang sind, liegt diese Chance auch an dem als Retter akzeptierten Vorsitzenden und Ministerpräsidenten, der fast schon überdimensioniert in einer provinziell gewordenen Umgebung wirkt.

Dass er mit der FDP regieren muss, ist ein Glück für ihn: So ist er unabhängiger von der CSU, die ihm bei einer absoluten Mehrheit das Leben schwer gemacht hätte (abgesehen davon, dass er dann auch gar nicht erst ihr Vorsitzender und Ministerpräsident geworden wäre). Zu seinen vordringlichen Aufgaben wird es gehören, die Spaltung des christlich-sozialen Potentials rückgängig zu machen. Sie entstand durch den Aufstieg der Freien Wähler aus der Kommunal- in die Landespolitik. Unter einem Ministerpräsidenten Seehofer könnte das eines Tages vielleicht wieder Vergangenheit sein.

Parteitaktisch sieht es also gar nicht so schlecht aus für die CSU und damit auch für die Union als Ganze. 2009 wird Angela Merkel wieder in ihrer schwächsten Rolle auftreten: als Wahlkämpferin. Seehofer könnte da zum wertvollen Helfer werden, ohne ein Konkurrent zu sein. Anders steht es mit den realen Gestaltungsmöglichkeiten in Bayern jenseits der Parteien-Konstellation. Von Anbeginn hat die CSU dort Industriepolitik gemacht. Marktradikale haben dies Stoiber vorgeworfen, zum Beispiel als er die Max-Hütte in Sulzbach-Rosenberg retten wollte. Für Seehofer ist der Spielraum enger geworden. Das zeigt die Affäre um die Bayern-LB.

Dieses Institut betrieb - wie die West-LB in Nordrhein-Westfalen, die Helaba in Hessen, die Landesbank Baden-Württemberg und andere - regionale Wirtschaftsförderung. Den privaten Geschäftsbanken passte das schon lange nicht. Die Europäische Union tat ihnen schließlich 2005 den Gefallen und verbot die Gewährträgerhaftung durch die öffentliche Hand für Landesbanken und Sparkassen. Letztere konnten sich bislang behaupten. Einige Landesbanken versuchten, den drohenden Bedeutungsverlust dadurch zu kompensieren, dass sie als allgemeine Finanzdienstleister ihrerseits die Konkurrenz zu den Geschäftsbanken auch überregional aufnahmen. Dazu gehörte das Jonglieren mit riskanten Papieren. Der Strategiewechsel kam dem Ehrgeiz der Ministerpräsidenten entgegen: Sie hofften, dass ihre Landesinstitute - und damit sie selbst - große Player würden. Der Crash an den Finanzmärkten hat diesen Träumen ein Ende gemacht.

In der neuen Aufgabe wurde nichts gewonnen, für die alte - die regionale Wirtschaftspolitik - bleibt jetzt weniger übrig als zuvor. In Bayern zeigt sich überdies, dass es wohl doch nichts werden wird mit dem vielerorts prophezeiten Übergewicht des Staates über das große Geld. Die Regierung hat es noch nicht einmal geschafft, den Vorstandsvorsitzenden der Landesbank abzulösen. Das wäre zwar ohnehin nur Populismus gewesen, doch das Scheitern zeigt ein reales Kräfteverhältnis: Seit Jahrzehnten wurde der Staat aus den Märkten hinausgedrängt. Dieselben Akteure, die ihn nicht mehr haben wollten, rufen ihn jetzt zur Reparatur, ohne dass sein Einfluss real zunimmt. Die kraftvolle staatliche Wirtschaftspolitik von einst wird es in Bayern wohl nicht mehr geben können. Auch hier wird es - wie bei der Neuorientierung von CSU und FC Bayern - bei einer Neuordnung auf etwas niedrigerem Niveau bleiben müssen, ohne dass man sich mit der bloßen Verwaltung eines Erbes (wie durch Beckstein und Huber) begnügen muss. Das ist realistischer als die alte folkloristische Kraftmeierei, die Statur des Chefs passt dazu, und insofern sind die Aussichten doch recht günstig.

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