Erkenntnis und Interesse als Lifestyle: 50 Jahre suhrkamp taschenbuch wissenschaft

Jubiläum 1973 erschien der erste Band in der Reihe suhrkamp taschenbuch wissenschaft. Sie stand für Methodenvielfalt und Widersprüche. 50 Jahre später mangelt es ihr an riskantem Denken, bilanziert unser Autor Georg Seeßlen
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 11/2023
Erkenntnis und Interesse als Lifestyle: 50 Jahre suhrkamp taschenbuch wissenschaft

Illustration: der Freitag

Zu den wichtigsten Instrumenten der inneren Demokratisierung einer Gesellschaft gehört die Balance zwischen der Vertiefung und Verbreitung des Wissens. Ein verbreitetes Wissen ohne Vertiefung (das heißt auch: ohne seine ständige Kritik) tendiert dazu, dogmatisch und ideologisch zu erstarren; ein vertieftes Wissen ohne Verbreitung (ohne Zugang für alle) tendiert zum Experten- und Geheimwissen. Im zu Ende gehenden Gutenberg-Zeitalter waren es vor allem gedruckte Erzeugnisse, Zeitungen, Zeitschriften und Bücher, die für eine Verbreitung des Wissens sorgten. Sie taten das indes nie auf eine allgemeine und rein diskursive Art. Presseerzeugnisse, Bibliotheken und schließlich Buchreihen verbreiten Wissen immer auch als Identifikation, nicht nur, wenn sie sich an