Gehen Quote und Qualität zusammen?

Männersache Also doch: Ein schwedischer Ökonom hat herausgefunden, dass von einer Frauenquote auch Männer profitieren können – allerdings vor allem die kompetenten
Ausgabe 22/2013
Die Quotenfrau: Auf der Überholspur?
Die Quotenfrau: Auf der Überholspur?

Foto: Oli Scarff/Getty Images

Eine Frau geht um in Europa: die Quotenfrau. Sie verdrängt den kompetenten Mann, senkt das Leistungsniveau und gefährdet damit den Wirtschaftsstandort. So will es das Klischee, das Talkshows und frustrierte Männer immer wieder kolportieren.

Der renommierte Ökonom Torsten Persson von der Universität Stockholm wollte es genau wissen. Mit seinem Team analysierte er penibel die Wahllisten aller Kommunalwahlen in Schweden seit 1988. Er wollte herausfinden, was sich ab 1993 änderte, nachdem die dortige sozialdemokratische Partei eine „Reißverschlussquote“ einführte. Frauen und Männer wurden auf der Kandidatenliste abwechselnd aufgestellt. Und siehe da, es kam ein erstaunliches Ergebnis zutage: Nicht Männer generell, sondern lediglich weniger kompetente Kandidaten hatten das Nachsehen.

Genderquoten und die Krise des mittelmäßigen Mannes nannte Persson daher vergangene Woche im Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung seinen mit Statistiken und Tabellen vollgepackten Vortrag. Die Quintessenz: Quote und Qualität sind keineswegs Gegensätze – im Gegenteil. Die zur Förderung von Frauen kreierte Quotierung dient nicht nur der sozialen Gerechtigkeit, nein, sie ist auch im höchsten Maße effizient.

Die Quote entpuppte sich als Qualitätsentwickler der Männlichkeit und somit quasi als Männerförderung. („Kompetenz“ machte Persson dabei an verschiedenen Kriterien fest: Neben der Ausbildung wurde etwa das Gehalt der Kandidaten im Vergleich zum Landesdurchschnitt in ihrem jeweiligen Beruf gemessen.)

Das gängige Vorurteil, dass mittelmäßige Quotenfrauen die kompetenten Männer ersetzen, wurde so widerlegt. Das ist auch für die Quotendiskussion in Deutschland hochinteressant, selbst wenn die Übertragbarkeit auf deutsche Verhältnisse noch zu klären wäre.

Kluge Männer wussten schon immer, dass die Frauenbewegung sie zwar herausfordert, ihnen aber auch nützt. Wenn auf Druck der Frauen das Old-Boys-Network seine althergebrachten Männerquoten verliert, dann können auch Männer davon profitieren. Allerdings nur die kompetenten.

In anderen Bereichen sind Männer ebenso Nutznießer der Kämpfe von Frauen. Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Frauen in vielen Betrieben durchsetzten, fördert nicht allein Mütter, sondern auch Väter. Und: Eine größere Sensibilität für Gewalt in der Familie schützt auch Jungen und Männer.

Der Reflex gegen feministische Forderungen ist für Männer daher nicht sinnvoll. "Geschlechtergerechtigkeit ist kein Nullsummenspiel", meinte der US-Soziologe Michael Kimmel, als er sein Buch The Guy’s Guide to Feminism in Berlin vorstellte. Ganz konsequent sollten sich die klugen Männer mit den Feministinnen verbünden. Schon aus purem Eigennutz.

Gerhard Hafner hat zuletzt im Freitag über Maskulisten und ihren Kampf gegen den Feminismus berichtet.

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