RECHT UND GERECHTIGKEIT, Überreichtum

Demokratiephilosophie ÜBERREICHTUM (PLATO) / EXZESSIVER REICHTUM                      UND DIE FRAGE NACH DER DEMOKRATIE RECHT UND GERECHTIGKEIT ARMUT REICHTUM DEMOKRATIE

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ÜBERREICHTUM (PLATO) / EXZESSIVER REICHTUM

UND DIE FRAGE NACH DER DEMOKRATIE

RECHT UND GERECHTIGKEIT

ARMUT REICHTUM ÜBERREICHTUM DEMOKRATIE

EINE SACHE DER DEMOKRATIE (-PHILOSOPHIE)

Eine Sache der Demokratiephilosophie

Vermögen Einfluß Macht Politische Maßnahmen Privatisierung Ungerechtigkeit Unternehmenssteuersenkungen Finanzliberalisierungen Deregulierung Reduzierung des öffentlichen Vermögens Privatvermögensanstieg Reichtum Armut Überreichtum (Plato) Vermögenskonzentration Marktmacht Gewinnmaximierung Einkommensungleichheitsanstieg Armutsanstieg Tod

Für Plato sind die „Überreichen“ die Lasterhaften, die Tugendlosen.

Der heutige Stand der Dinge besagt, das reichste Prozent der Weltbevölkerung besitzt beinahe so viel an Vermögen wie der ganze Rest (Credite Suisse, World Wealth Report, Figure 5, S. 9). -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Montaigne in seinen Essais: „Die Frucht des Reichtums ist Fülle, Fülle aber zeigt sich im Genughaben.“

Was aber ist genug?

Große Einkommensungleichheiten wirken sich negativ auf das ganze Gesellschaftssystem aus. Neidgefühle, Haßgefühle, Anerkennungsmangel, Gesundheitsprobleme, Depressionen, Verzweiflung, soziale Verwerfungen aller Arten, Attentate, Amok, Krankheiten, früheres Sterben.

Glück, Zufriedenheit, Angstfreiheit, Demokratie für alle, gleich!?

Harry Frankfurt meint, Reichtum ähnelt der Gefräßigkeit derer, die beim Essen mehr hinunterschlingen, als ihnen gut tut, eine „Art ökonomische Freßgier“ (Frankfurt, Ungleichheit, S. 14).

Rechtssysteme und die Forderungen nach Gerechtigkeit. Eine Philosophische Praxis und eine philosophische Frage (vielleicht?!). Für die Vorbereitung besonders hilfreich war mir eine jüngst erschienene Publikation, nämlich die von Martin Schürz: Überreichtum. Frankfurt am Main 2019, Campus Verlag. (M)Eine Empfehlung!

Die Luhmannsche "Kontingenzformel des Rechts", in der die Gerechtigkeit nicht in erster Linie (wenn überhaupt!) als Philosophem herumgeistert, sondern als konkrete Praxis diverser und diversifizierter Selbstbeschreibungen von Rechtssystemen und deren unterschiedlicher Kontextualisierungen.

Birgt das Wort und die Vorstellung davon die Möglichkeit eines Begriffes, ein präzise definierbares Begreifen von „Gerechtigkeit“?

Elemente des Bedeutens funktionieren ja nicht durch die Definierungsversuche von sogenannten Kernpunkten, sondern durch ein Netz von Oppositionen, die diese voneinander unterscheiden und aufeinander beziehen.

Saussure sagt, „Beliebigkeit“ und „Verschiedenheit“ seien zwei korrelative Eigenschaften (Saussure, Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft, S. 141).

Dieses Differenzprinzip tangiert die „Totalität des Zeichens“, was bedeutet, zu gleicher Zeit (cf. dazu im Posting meines/unseres Blogs! Link: https://disseminationsdjayphilpraxkaucic.blogspot.com/2019/11/recht-und-gerechtigkeit-armut-reichtum.html ) die Seite des Signifikats und die Seite des Signifikanten!

Die Folgen daraus sind die Nichtgegenwärtigkeit des Begriffes, der bezeichneten Vorstellung, jeder Begriff ist seinem Gesetz nach eingeschrieben in eine Kette oder ein sogenanntes System, in dem er durch das systematische Spiel von Differenzen auf andere Begriffe verweist.

Ein solches Spiel ist nicht einfach ein Begriff, sondern die Möglichkeit der Begrifflichkeit, des Begriffsprozesses an sich. Derrida nennt das, - dieses „Spiel“, - die différance (cf. Derrida, die différance, - in: Randgänge der Philosophie, Wien 1988, S. 29 ff.)

Karl Marx legte seinen Fokus nicht auf Gerechtigkeitsdebatten mit Verteilungsfragen, sondern auf die Frage nach der Verfügungsgewalt der Produktionsmittel.

John Rawls strebte eine normative Gerechtigkeitstheorie an, eine Art Grundstruktur für gerechte Verhältnisse.

Quasi, gerechte Institutionen und wirtschaftliche Effizienz gewährleistet durch den Markt. Steuerumverteilung und staatliche Mindestwohlfahrt.

Rawls als sozialdemokratischer Philosoph des Wohlfahrtsstaates für alle. Ein weitgehend abstraktes Konstrukt von Gerechtigkeitsnormen, konzentriert auf Einkommensfragen ohne Konzepte für Vermögensgerechtigkeit.

Und Rawls‘ Theorie ist insofern eine ideologische, als sie dem Phänomen Macht und deren Einfluß auf unser aller Leben und Wirken realiter keine angemessene Aufmerksamkeit schenkt.

Rawls überlegt nirgendwo, wo denn seine „Intuitionen“ der Gerechtigkeit herkommen, woraus und wodurch sich diese formen und bilden (cf. Moira Gatens, Alenka Zupančič, Cornelius Castoriadis).

Der Gedanke, daß diese Intuitionen, auf die er sich andauernd beruft (Freud, Lacan, Foucault, Derrida u.a. gehören offenbar nicht ernsthaft in seinen Wissenshorizont), selbst nichts anderes als nebuloses Vermutungswissen und „Ideologie“ (also eine Form von Herrschaftswissen) sein könnten und meiner Ansicht nach auch sind, scheint ihm nie gekommen zu sein.

Unserer Ansicht nach müßte das Hauptaugenmerk auf die ungleichen Eigentumsverhältnisse gerichtet werden.

Nicht die Managergehälterdebatten, sondern die Eigentumsdebatten.

Die Milliardärsfrage ist zu stellen.

Plato legte eine sehr niedrige Obergrenze fest. Im amerikanischen Senat versuchte man vor Jahrzehnten den Vorschlag einer Obergrenze von 50 Millionen Dollar durchzusetzen. Wie erwartet, es scheiterte an der fehlenden Zustimmung.

Die ökonomische Freßgier war größer (vgl. Frankfurt oben!).

Georg Simmel in seiner „Philosophie des Geldes“ (S. 276) meinte, der Reiche wirkt nicht nur durch das, „was er tut, sondern auch durch das, was er tun könnte“.

Das ist durchaus auch als Drohung zu verstehen.

Judith Shklar (Über Ungerechtigkeit) erklärt dazu die meist ruhig bleibenden Verhältnisse dahingehend, daß eine gewisse Grundangst vor Veränderung in den Menschen läge, die die Überreichen als >Untugendler< (cf. Plato, Gesetze; Plato, Der Staat;) auszunützen wüßten.

Freiheit ist nicht gleich Freiheit.

Die Konservativen als Parteigänger meinen die Freiheit des Individuums als Unabhängigkeit vom Staat bzw dessen Einschränkungen und die Freiheit des Konsumenten.

Dieses Freiheitsverständnis hat als Trägeridee die Idee des Marktes und des gerechten Preises (vgl. dazu Joseph Stiglitz, den vollständigen Preis als perfekten Preis, der Marktpreis als Abbildung einer komplett vollständigen Information, die es allerdings nie geben kann, Grossman-Stiglitz-Paradoxon).

Wie Albert Hirschman (Engagement und Enttäuschung, 1988, S.142) erläutert, läßt sich im Gegensatz zum Kampf um die Macht „die Erzeugung materiellen Reichtums als ein Spiel feiern, bei dem alle Beteiligten gewinnen können“.

Ich markiere hier besonders die Vokabel „alle Beteiligten“ (man beachte die Auslassung und Ausschließung der Nichtbeteiligten, der Vermögenslosen!) und das letzte Wort „können“ (aber nicht müssen! Bei Spielen dieser Art ist der Kern der Sache immer der, daß einer oder einige gewinnen und alle anderen verlieren! Bedeutet, die Nichtbeteiligten und die meisten Beteiligten verlieren!).

Karl Marx kritisierte mit Recht die Gerechtigkeitsdebatten, die bloß und einzig zur Sache der Verteilungsgerechtigkeit Stellung bezogen, denn dort bleibt das Thema und das Problem der Vermögensentstehung unbeachtet und unbearbeitet.

Obergrenzen für privates Vermögen sind eine tiefgreifende wirtschaftspolitische Maßnahme, die an die Grundlagen und „Grundsätze“ der Vermögensakkumulation ginge. Politische Radikalität kommt selten vor. Diese Maßnahme wäre eine solche!

Das Problem der Renditen!

Größere und große Vermögen erzielen höhere Renditen und „wachsen“ quasi von selbst. Die Differenz zu den Wachstumsraten des Arbeitseinkommens vergrößert sich fast automatisch, - automatenhaft!

Karl Marx legte seinen Fokus nicht auf Gerechtigkeitsdebatten mit Verteilungsfragen, sondern auf die Frage nach der Verfügungsgewalt der Produktionsmittel.

Unser derzeit jüngster Spieler und beliebtester Spieler auf dieser politischen Bühne mit dem Hang zum Reich/Arm – Spiel, der österreichische Exkanzler und bald vermutlich Wiederkanzler Kurz empfahl Immobilieneigentum sogar als Ausweg aus der Altersarmut!!! (cf.: https://derstandard.at/2000065348368/Eigenheim-fuer-Junge-immer-spaeter-leistbar. Zynismus pur.

Wir erinnern uns an die Fannie Mae und Freddie Mac Turbulenzen 2008

( http://news.bbc.co.uk/2/hi/business/7502184.stm ).

Die Eigenheimbesitzerkrise (Eigentum auf Pump, Projekt einer Eigentümergesellschaft aus den 90ern, Eigenheimbesitzer ohne Einkommen und Job und bald auch wieder ohne Eigenheim durch Kredite und naives Marktvertrauen.

Die Frage nach der Demokratiephilosophie.

Die Frage und die Sache der Demokratie.

Ohne den sogenannten freien Tausch auf dem Markt wäre unser heutiges Wirtschaftssystem nicht denkbar.

Alle ProduzentInnen und KonsumentInnen begegnen sich als frei und gleich und treffen in ihrem jeweils spezifischen Interesse nach individueller Interessenverwirklichung die für sie jeweils besten Entscheidungen.

Der klassischen Schule der Nationalökonomie zufolge dient das freie Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage auf dem Markt dabei zeitgleich dem Interesse der Gesellschaft nach bestmöglicher Güterversorgung.

Nach Adam Smith die sogenannte „unsichtbare Hand“ des Marktes.

Gibt es diese „invisible hand“ tatsächlich?

Wir denken Nein. Es handelt sich bei diesem Handelsrelationalismus um Ideologie, versuchte Mythologie und auch um ein bißchen „Volksverblödung“ (?!)

Die Orientierung an marktspezifischen Handlungslogiken, mehr oder weniger verdeckten Ausbeutungslogiken und zahllosen Disparitäten gewann im Verlauf der Geschichte der politischen als ökonomischer Macht immer mehr an Dominanz und auch wenn heute Donald J. Trump das pazifische Handelsabkommen TPP aufgekündigt hat und das transatlantische Freihandelsabkommen TTIPP (offiziell: Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft, englisch: Transatlantic Trade and Investment Partnership) vorerst nicht weiter verhandelt wird, wird die „Logik“(!?) der „freien Marktwirtschaft“ auch in Zukunft ein Grundpfeiler des westlichen Freiheitsversprechens sein, – persönlicher Freiheit und Individualität.

Mit allen demokratischen Werten westlicher Demokratien.

Das ist nicht wenig.

Ich frage aber immer gern für wen?!

Zweifellos für relativ viele Menschen in diesen Staaten mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Das gebe ich gerne zu. Und das ist wichtig und nicht kleinzureden. Aber die vielen Tausenden und Millionen Menschen, die hier in diesen westlichen Ländern nicht dabei sind, auch im vielbesprochenen Deutschland! Was ist mit diesen!

Da geht unsere Politik flugs darüber hinweg und die meisten von uns schauen schnell weg.

Darüber wird wenig nachgedacht. Und das freut und nützt die politische äußerste Rechte und spielt damit in der gesellschaftlichen und politischen Arena.

Die Rechte wächst.

Die relative Armut bleibt und wächst da und dort sogar beträchtlich. Zum Beispiel in Frankreich. Die Umverteilungsmaschine verteilt nach oben!!!

Das nährt die Faschisten und die Rassismen genau wie die Reichtumsvermehrer allüberall. Global.

Die Milliardärszahlen steigen jedes Jahr weltweit um fast 20 %!

Mehr dazu lesen Sie bitte auf meinem Blog:

https://disseminationsdjayphilpraxkaucic.blogspot.com/2019/11/recht-und-gerechtigkeit-armut-reichtum.html

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Gerhard Kaucic Djay PhilPrax

Dr. phil. Gerhard Kaučić (Jg.59), Philosoph, Schriftsteller, Praktische Philosophie, Dekonstruktion, Wien et au-delà Philosophische Praxis 1989ff.

Gerhard Kaucic Djay PhilPrax

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